30 Juli 2019

Bei den italienischen Thermen

Wenn man in einem Hotel am Strand ist, kann man es gut aushalten, ohne viel von der Kultur eines Landes mitzubekommen. Immerhin gab es in direkter Nähe des Hotels, in dem ich auf Rhodos weilte, die Thermen von Kallithea – und die besuchte ich dann doch auch mal.

Kurzer Blick ins Touristen-Lexikon: Während der Zeit, in der die Italiener die Insel Rhodos beherrschten, erbauten diese eine Thermenanlage. Es gab warme Quellen, die schwefelhaltig waren und denen man eine Heilwirkung nachsagte. Diese orientierte sich rein optisch an der römischen Zeit und wurde 1929 eingeweiht. Während des Krieges wurde sie größtenteils zerstört. Seit 2007 gibt es die Anlage in einer renovierten Version, ein schöner Ort für Touristen vor allem.

Der Spaziergang zu den Thermen lohnt sich wirklich – oder auch die Busfahrt, denn es gibt eine Bushaltestelle einige Dutzend Meter vor der Tür. Man hat die Anlagen wirklich schön aufgebaut; man sieht ihnen an, dass sie vor bald hundert Jahren sehr eindrucksvoll gewesen sein müssen. Schöne Steinmuster bedecken den Boden, in den Gängen hängen Ausstellungen mit Bildern, die auch die frühere Zeit der Insel zeigen.

Ein Spaziergang durch die Anlage lohnt sich ebenso: die Gebäude sind piekfein hergerichtet, und die Gärten laden zu einem Bummel ein. Man hat zudem immer wieder einen schönen Blick auf die Bucht und kann von anderen Punkten aus weit aufs Meer hinausblicken.

Beim Abschluss meines Rundgang saß ich an der Bar, die direkt an der Bucht liegt. Dort gab's alle möglichen Getränke, man konnte auch essen. Es lief »chillige« Elektromusik, die wirklich passte, wenn man so ganz locker irgendwo sitzen und beispielsweise seinen Kaffee genießen wollte. Das mochte ich sehr.

Übrigens machte es durchaus Spaß, das Gelände von der anderen Seite zu betrachten: Dort konnte man über einen steinigen Weg spazieren, nicht unbedingt für Flip-Flops geeignet, an dessen Ende es jeweils schöne Blicke über die Bucht hinüber zu den Thermen gab.

29 Juli 2019

Punk der kalifornischen Schule

Ich musste lange überlegen, als ich zum ersten Mal gefragt wurde, wann und bei welcher Gelegenheit ich die kalifornische Band D.I. schon einmal gesehen hatte. Wahrscheinlich war es 1989 oder 1990 in Pforzheim, bei einem Konzert im »Kupferdächle«, aber meine Erinnerung war nicht hundertprozentig sicher.

Ich entschied mich, allen zu erzählen, es sei dreißig Jahre her – das hörte sich dann doch gut an. Und ich wollte nicht noch einmal dreißig Jahre warten, um D.I. ein weiteres Mal zu sehen.

Also fuhr ich am Sonntagabend, 28. Juli 2019, in die Oststadt, um in der dortigen »Alten Hackerei« sowieso gleich mal wieder auf viele Bekannte zu treffen, auch Leute, die ich teilweise seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr gesehen hatte. Solche »alten« Bands holen dann Leute aus der Versenkung, über die ich mich doch freue. (Häufig erkenne ich das Gesicht noch, kann den Namen aber nicht zuordnen.)

Als ich eintraf, spielte die erste Band bereits. Sie stammte aus Lahr – das liegt zwischen Karlsruhe und Freiburg, also in relativer Nähe – und nannte sich Social Anxiety Disorder, freundlicherweise mit S.A.D. abgekürzt. Die vierköpfige Band lieferte Punk, der schwer nach dem Kalifornien der 80er-Jahre klang: melodiös, mit Schmackes gespielt, mit einem Basser, der nicht zu Unrecht in der Mitte der Bühne stand – sehr knallig gespielt – und einem Sänger, der witzige Ansagen machte. Hinterher kaufte ich mir noch die EP der Band; ich fand's eh unfassbar, dass ich von den Leuten, die ja allesamt nicht mehr so superjung waren, noch nie gehört hatte.

War bei S.A.D. die Stimmung im Konzertraum noch ein wenig unterkühlt, füllte sich der Raum bei D.I. sehr schnell. Man muss klar sagen: Die alten Herren hatten allesamt ein wenig Bauch angesetzt und wirkten nicht mehr ganz so sportlich wie vor dreißig Jahren – aber das galt ja auch für Leute wie mich, von daher konnte ich das kaum kritisieren. Dafür legten sie gleich vom ersten Ton an sehr dynamisch los, und all meine Zweifel waren schnell weggewischt.

Die Band machte das, was sie schon früher gut konnte. Die großen Hits der alten Zeit wurden knallig serviert, die Stop-and-Go-Stücke der frühen 80er-Jahren knüppelten die Musiker mit einer großen Spielfreude ins Publikum. Die Band grinste und lachte, man machte Faxen, und das Publikum grölte und tobte und jubelte.

Zwischendurch wurde an den verstorbenen Steve Soto – von den Adolescents – erinnert und das Stück »Amoeba« gespielt. Der Grund war ein ernsthafter, ja, ein trauriger; die kannten sich ja seit Jahrzehnten. Aber das großartige Stück wurde dann trotzdem abgefeiert.

Ich stand anfangs in meiner Ecke, dann hüpfte ich irgendwann auf und ab, und nach einiger Zeit schwang ich mein Tanzbein ein wenig großzügiger. Anders gesagt: Als das Konzert zu Ende war, hatte ich keinen trockenen Faden mehr am Körper. Aber was sollte ich da auch machen? Kurzum: großartiges Konzert mit einer supergut aufgelegten Band.

28 Juli 2019

Eine Totengräber-Tasse

Aus der Serie »Ein Bild und seine Geschichte«

Wie schon oft erwähnt: Volker Langenbein, von Beruf langjähriger Totengräber, hat seine Erinnerungen und Gedanken aufgeschrieben – und ich habe daraus mit ihm ein Buch gemacht. Das ist seit einigen Wochen auch ganz offiziell im Buchhandel erhältlich, veröffentlicht hat es der Hirnkost-Verlag.

Weil er sich so über das Buch freute, ließ mir Volker ein besonderes Geschenk zukommen: eine Kaffeetasse mit Motiven aus dem Buch, unter anderem dem Cover. Die nahm ich mit ins Büro, und dort werde ich künftig aus ihr meinen Kaffee trinken.

Ich finde das geschickt, denn damit vereine ich zwei wichtige Dinge: die Arbeit an einer Serie, die mir seit meiner Jugend sehr am Herzen liegt (links im Bild), und die Arbeit an Buchprojekten, die ich halt mache, weil ich Lust darauf habe, und nicht deshalb, weil ich damit Reichtümer erwerben kann. Das Bild illustriert das hoffentlich ganz gut.

Der Autor feierte übrigens am Samstagabend seinen fünfzigsten Geburtstag. Ich war eingeladen, trank einige Bier mit seinen Freunden und Kollegen, musste die entsprechenden Fragen über mich ergehen lassen (»und du verdienst dein Geld echt mit Büchern?«) und amüsierte mich sehr.

27 Juli 2019

Romantik am Rheinhafen

Ich fahre gern mit dem Rad durch die Gegend, leider nicht so oft, wie ich es gern tun würde. Aber das alljährliche Gejammer zu diesem Thema möchte ich dieses Mal nicht anstimmen. Immerhin schaffe ich es, ab und zu in Gegenden meiner Wahlheimat zu kommen, die ich vorher nicht kannte.

Vor allem in direkter Nähe von Karlsruhe überrascht es mich, wie oft es schöne Ecken gibt: kleine Naturschutzgebiete, Altrheinarme, wahre Urwaldregionen mit wild wucherndem Grün, ein kleiner See, der sich auf einmal vor einem öffnet. Das erfreut mich, dann halte ich an, lasse meinen Blick schweifen, genieße die relative Ruhe. (Meist hört man im Hintergrund ja trotzdem eine Autobahn oder die Südtangente …)

Typisch für Karlsruhe ist allerdings: Egal wo man ist und egal wie schön der Fleck Erde auch sein mag – es ist garantiert irgendwo Industrie zu sehen. Das Heizkraftwerk, die Raffinerie, sonst irgendetwas, das den Ausblick verschandelt. Aber damit muss ich wohl leben. (Das Motiv ist in der Nähe des Ortsteils Knielingen aufgenommen worden.)

26 Juli 2019

Was man auf einem Berg so findet …

Manchmal muss ich einfach auf einen Berg steigen; mag sein, dass ich als gebürtiger Schwarzwälder dazu verpflichtet bin. Als ich auf Rhodos urlaubte, eigentlich darauf eingestellt, faul am Strand herumzugammeln und gelegentlich ins Wasser zu hüpfen, verlockte mich ständig der Berg, der sich hinter dem Hotel erhob. Und eines Morgens beschloss ich dann doch, einfach mal hochzugehen, um zu schauen, was es auf der anderen Seite zu sehen gab.

Also zog ich los. Die Straße führte in einer breiten Serpentine den Berg hoch, über eine längere Strecke durch einen Buschwald hindurch. Zeitweise kam ich mir vor, durch eine öffentliche Müllkippe zu spazieren: Rechts und links der Straße türmten sich Plastikflaschen, Dosen und anderer Mist. Immerhin ließen die Müllberge nach, als ich aus dem Wäldchen hinaus kam und rechts und links nur noch karge Büsche, Steine und Dreck zu sehen waren.

Ich durchquerte einen Steinbruch, kam am eingezäunten Gelände eines Militärgeländes vorbei – ein Funkmast bildete hier das Zentrum – und folgte dann einer Piste, die auf dem Hügelkamm entlangführte. Auf der einen Seite hatte ich einen schönen Blick über den gesamten Strand von Faliraki mit seinen vielen Hotels, an dessen Ende sich der eigentliche Ort im Dunst verlor. Auf der anderen Seite sah ich über sanfte Hügel hinweg bis zur Hauptstadt Rhodos, so dass ich das Gefühl hatte, die halbe Insel von oben betrachten zu können.

Irgendwann kam ich zu einer Kirche, einem hübschen Gebäude, das mitten auf dem Hügelkamm lag. Laut Google Maps handelt es sich dabei um die »Profitou Ilia Koskinou Monastery«, wobei mir diese Angaben ja nicht viel nutzten. Ich fand das Gebäude hübsch, schaute es mir von außen an, genoss eine Weile die Fernsicht und ging dann weiter.

Am Ende des Hügelkamms traf ich letztlich nur noch auf verlassene Bunker: uralte Anlagen, wohl aus dem Zweiten Weltkrieg, mutmaßlich von der Wehrmacht an dieser Stelle platziert. Kein Wunder: Von diesem Hügel aus konnte ich nicht nur die Stadt Rhodos überblicken und viele Kilometer der Küste, ich hatte auch die komplette Meeresstraße im Blick.

Aber der Blick auf die Reste des Zweiten Weltkrieges verdarb mir dann doch den eigentlich schönen Ausflug auf den Berg ...

24 Juli 2019

Balkanmucke mit viel Trötengetröte

Eigentlich bin ich kein Freund der sogenannten Balkanmucke, auch Balkan-Beats genannt, gern als »Turbofolk« betitelt, und wenn ich eine Weile länger nachschaue, finde ich garantiert noch ein halbes Dutzend weiterer Begriffe. Aber Shantel & Bucovina Club Orkestar – das sagte sogar mir etwas. Und so willigte ich gern ein, am Dienstagabend, 23. Juli 2019, in die Oststadt von Karlsruhe zu fahren, um mir dort die Band beim diesjährigen »Zeltival« anzuschauen.

Die Temperaturen waren tropisch; in Karlsruhe hatten wir abends um 20 Uhr noch um die 34 Grad. Hunderte von Leuten hielten sich im Garten des »Tollhauses« auf, tranken Wein und Bier und Cocktails, aßen Flammkuchen und Bratwürste. Als Shantel und seine Band anfingen, strömten die Leute in den Saal, der sehr gut gefüllt war.

Vom ersten Ton an hatte die Band ihr Publikum im Griff. Der Sänger, der auch auf der Gitarre spielte, heizte mit seinen Ansagen an; Schlagzeuger und Bassist hielten eifrig mit. Hervorragend war allerdings die Bläsersektion: drei Leute, die knalligen Sound spielten, der einen nicht still stehen ließ.

Von Anfang an tanzten die Leute, nach einiger Zeit bewegte ich mich auch. Wenn man vom Herumstehen schon schwitzte, konnte ich auch hüpfen. Dazu bot sich die Musik an: Meist war es knallige Balkanmucke, der Überhit »Disko Partizani« hat eine ordentliche Verbreitung gefunden. Immer wieder aber wechselte die Band zum klassisch klingenden Rock'n'Roll, den sie ebenfalls gut beherrschte.

Irgendwann schien der Saal zu kochen, alle waren verschwitzt. Immer wieder verließen Menschen den Saal, weil sie es nicht mehr aushielten, kamen aber bald wieder zurück. Shantel machte den üblichen Quatsch, den heutige Bands wohl gerne machen: Man lässt das Publikum laut »Yeah« rufen und klatschen, man lässt die Leute in die Knie gehen und wieder aufspringen, man holt junge Frauen auf die Bühne …

Das war dann alles nicht so meine Sache – aber weil ich hinten stand, machte es mir auch nichts aus. Als ich gegen 23 Uhr das »Zeltival«-Gelände verließ, troff ich vor Schweiß. In der überhitzten Nacht störte das dann allerdings nicht gerade.

23 Juli 2019

Arbeitssuche im Frühjahr 1981

Ein wenig unschlüssig wartete ich im Eingangsbereich des Supermarktes. Leute standen an den Kassen an, Musik dudelte aus Lautsprechern, alles kam mir groß und unübersichtlich vor.

Ein großer Typ mit Schnauzer und langem weißem Kittel eilte auf mich zu. »Kann man Ihnen helfen?«

Ich stellte mich vor und sagte, ich hätte angerufen. »Ich wollte fragen, ob Sie einen Job für mich haben.«

»Müssen Sie nicht in die Schule?«

Im Frühjahr 1981 wirkte ich recht jung, dabei war ich bereits 16. Ich schilderte dem Mann, der mir deutlich älter vorkam, aber noch keine 25 war, mein Problem: »Ich hab meine Lehre geschmissen, und jetzt brauche ich 'nen Job. Auf die Berufsschule gehe ich bis zum Ende des Schuljahres weiterhin.«

»Das heißt, Sie können jede Woche vier Tage arbeiten.« Als ich nickte, fragte er: »Und wann können Sie anfangen?«

»Theoretisch gleich.«

»Sehr gut.« Er rieb sich die Hände. »Dann gehen Sie hier ums Gebäude rum. Hinten, bei der Tankstelle und bei der Lagerrampe ist der Herr Bieger. Bei dem melden Sie sich und sagen ihm, Sie seien fürs Leergutlager da.« Er machte eine wegwerfende Geste. »Um die Formalitäten kümmern wir uns später. Wenn Sie wollen, haben Sie den Job sofort.«

Ich nickte, bedankte mich und machte mich auf den Weg. Die Sonne knallte auf mich herunter. An der Lagerrampe saß ein blonder Typ auf dem Gabelstapler, den er in den Schatten gefahren hatte, und rauchte eine Zigarette; er war höchstens ein Jahr älter als ich. Erwartungsvoll sah er mir entgegen.

»Einen Herrn Bieger such' ich«, sagte ich, ohne zu grüßen.

Der Typ lachte. »Das bin ich.« Er sah wohl, dass ich das nicht gleich kapierte. »Bei uns ist es üblich, dass man die Nachnamen nennt und sich vielleicht trotzdem duzt. An der Kasse also gern mal ›Frau Maier‹ und trotzdem duzen. Ich bin der Jörg.«

»Ich soll mich hier melden. Wegen einem Leergutlager oder so.«

Er lachte. »Da bist du bei mir richtig.« Er sprang von seinem Stapler herunter und reichte mir die Hand. »Kannst du mit dem Ding hier umgehen?«

Ich schüttelte den Kopf.

Es wurde ein spannender Nachmittag. Ich lernte, ein wenig mit dem Stapler zu fahren. Der Herr Bieger und ich transportieren Paletten mit Bier und Milch, zwei Jugendliche im Lager eines Supermarktes. Es wurde eine spannende Zeit …

Seneca-Akten als Kostenlos-Heft

Aus der Serie »Gratis Comic Tag 2019«

Das Schöne an einem »Gratis Comic Tag« ist ja, dass man sich über neue Comics freuen kann, auf die man selbst nicht gekommen wräre. Beispielsweise hätte ich mir »Seneca Akte II« nicht gekauft, weil ich mit dem Zeichenstil nichts anfangen kann. Dabei ist die Geschichte, die Michael Feldmann in diesem Heft erzählt, ziemlich gut.

Es ist ein Thriller, erzählt aus der Perspektive einer jungen Reporterin. Diese ermittelt bei heiklen Themen; sie berichtet aus Kriegsgebieten und bringt Bilder mit, die sie nicht veröffentlichen darf. Sie fühlt sich verfolgt, und der Psychiater glaubt, sie bilde sich alles nur ein.

Doch es scheint irgendwie zu stimmen. Und so verbinden sich der rätselhafte Tod von Uwe Barschel im Jahr 1987 mit dem Bürgerkrieg in Libyen – wo sich der Comic allerdings mit den Jahreszahlen vertut – oder dem Irak-Feldzug der Amerikaner zu einem paranoiden Gemisch.

Die spannende Geschichte wird in einem Schwarzweiß-Stil präsentiert, in dem Farbe als stets kleines Element eingesetzt wird. Das ist durchaus originell, mir gefallen die Zeichnungen vor allem der Menschen allerdings nicht sonderlich gut. Aber als »Teaser« für das Comic-Album im The Next Art Verlag ist das zwanzig Seiten umfassende Heft sehr gut geeignet.

22 Juli 2019

Für ein Konzert aufs Fest

In den 90er-Jahren war »das Fest« in Karlsruhe für mich eine Sensation, auf die ich mich wochenlang im Voraus freute. In den Nuller-Jahren klang meine Begeisterung ab: zu viele Menschen, auf einmal irgendwelche Zäune ums Gelände. In den Zehner-Jahren besuchte ich »das Fest« kein einziges Mal, und das lag nicht am Eintrittspreis. Für mich hatte die Veranstaltung ihren Charakter verloren, vielleicht war ich auch einfach zu alt geworden.

An diesem Wochenende allerdings schnappte ich mir dann doch mein Rad und fuhr in Richtung Festgelände, stellte es einige hundert Meter vom Eingang entfernt ab, wurde durchgewinkt – weil ich keine Tasche dabei hatte – und war um 21 Uhr auf dem Gelände. Dort steuerte ich direkt die Feldbühne an. Es war Freitagabend, 19. Juli, und ich wollte mir einmal wieder Fjørt ansehen.

Ich unterhielt mich kurz mit der einzigen Person, die ich kannte, dann legte die Band schon los. Der wuchtige Sound – mehr Metal als Hardcore für meinen Geschmack – kam auch auf der Open-Air-Bühne zur Geltung. Die drei Männer auf der Bühne machten klare Ansagen, und dank der guten Anlage verstand man zumindest Teile der deutschsprachigen Texte; die sind ja clever genug, dass sich das lohnt.

Anfangs waren vielleicht tausend Personen vor der Bühne versammelt, es wurden dann immer mehr. Ein Kreis bildete sich, in dem ein harmloser Hüpf-Pogo ausgetragen wurde. Harmlos ist hier positiv gemeint – bei der Musik hätten schließlich einige Violent-Dance-Pappnasen dabei sein können. Aber so sprangen auch junge Frauen durch den Mob, die nicht gleich von einer Windmühle zur Seite gewischt wurden.

Während es langsam dunkel wurde, feuerten Fjørt ein Stück nach dem anderen ab; die politischen Aussagen waren nach wie vor klar. Am Ende bedankte sich die Band mehrfach bei dem Publikum, das deutlich größer geworden war.

Ob's nun 2000 oder 3000 Leute waren, konnte ich nicht beurteilen. Es war eh relativ: Am Hügel und vor der Hauptbühne dürften sich zu diesem Zeitpunkt 40.000 oder 50.000 Leute aufgehalten haben.

Danach hatte ich das Brausen und Summen der Boxen im Kopf, ein Grinsen war in meinem Gesicht geradezu festgetackert. Als ich durch die warme Nacht nach Hause radelte, war ich sicher, dass sich dieser kurze Trip zum »Fest« absolut gelohnt hatte. Hoffentlich auch für die Band.

19 Juli 2019

Wenn Punk auf Bossanova trifft …

Seit Jahren mag ich die Musik von Nouvelle Vague. Dass die Band in diesem Jahr mal wieder in Karlsruhe auftrat, wollte ich nutzen, sie endlich einmal live zu sehen. Also fuhr ich am Donnerstagabend, 19. Juli 2019, in die Oststadt, wo ich das »Zeltival«-Gelände betrat.

Wie sich schnell zeigte, war das Konzert gut gefüllt. Schon im Garten waren alle Sitzgelegenheiten belegt, saßen Hunderte von Leuten herum, tranken oder aßen in schönster Vorfreude. Und wie es sich gehörte, war dann auch prompt bei der »Vorgruppe« nicht so viel los, einige wenige hundert Leute standen aber vor der Bühne.

Dabei lohnte sich Charlotte Brandi durchaus. Die junge Frau stand allein mit einem elektrischen Klavier auf der Bühne, spielte sensibel und zerbrechlich klingende Lieder und sang in ausdrucksstarker Stimme dazu. Ich fand die Musik gut, werde mir das auch noch einmal in aller Ruhe anhören, fand dann aber das flotte Stück, mit dem sie aufhörte, besser als die ruhigen Lieder.

Als dann Nouvelle Vague auf die Bühne kamen, war die Halle rappelvoll; keine Ahnung, wie viele Leute es waren. Die Musiker fingen an, die Sängerinnen kamen später hinzu, dann wurde der Sound echt intensiver. Die Musik blieb zurückhaltend, also eher Gitarre und Klavier, keine Elektronik. Dafür richtete sich die komplette Aufmerksamkeit auf die Sängerinnen, die beide tolle Stimmen hatten.

Damit interpretierten sie klassische Stücke aus der Punk- und Wave-Zeit in ihrer speziellen Art neu; ob das nun »echter« Bossanova ist oder nicht, bleibt mir da eher egal. Sie kriegten es auf jeden Fall hin, Stücke von den Buzzcocks und den Dead Kennedys so zu spielen, dass sie die Klassiker nicht verhunzen, sondern neu interpretieren. Dazu kamen amüsante Ansagen in englischer Sprache, unterbrochen von gelegentlichen Wörtern in Deutsch.

Für das deutschsprachige Publikum wurde in der Zugabe übrigens noch der »Eisbär« von Grauzone gespielt, was ich sehr gelungen fand. Insgesamt war's eine großartige Veranstaltung mit einer richtig guten Stimmung.

Drachen-Fantasy mit Ragna Crimson

Aus der Serie »Gratis Comic Tag 2019«

Ich gebe nicht auf: Auch wenn ich mit dem Stil der meisten Mangas grundsätzlich meine Schwierigkeiten habe, versuche ich es immer wieder. Mir ist klar, dass es sich um eine eigenständige Kunstform handelt, aber ich komme nicht so richtig ran. Das merkte ich bei »Ragna Crimson« erneut – das ist ein Fantasy-Comic, zu dem es beim »Gratis Comic Tag 2019« ein kostenloses Heft gab.

Erzählt wird die Geschichte von Ragna und Leo; die beiden jungen Leute sind Drachenjäger. Leo ist ein kleinwüchsiges Mädchen und gilt als »das Wunderkind mit der Narbe im Gesicht«, wird von den Menschen bestimmt und bewundert. Auch Ragna bewundert Leo – doch dann verwandelt er sich irgendwie und wird ebenfalls zu einem besonderen Kämpfer.

Weit aufgerissene Augen, ebensoweit aufgerissene Münder, knallige Speedlines und eine kindliche Kämpferin: Daiki Kobayashi schöpft in diesem Comic aus den Motiven, die mir mittlerweile aus vielen Mangas bekannt sind. Das sieht weder schlechter noch besser aus als in anderen Mangas: viel Dynamik, viel Action, viel Geschrei ....

Der Verlag bezeichnet es als »Dark Fantasy«, und ich bin sicher, dass viele Manga-Fans diesen Comic mögen werden. Meine Tasse Bier war's dann doch nicht.

18 Juli 2019

Ein Tag am Mont Saint-Michel

Es gibt Gründe, warum keine organisierte Reise nach Nordfrankreich ohne einen Besuch auf der kleinen Insel direkt vor der Küste auskommt: Der Mont Saint-Michel ist einen Besuch absolut wert, und das bekam ich zu spüren, als ich selbst dort war. Man muss es klar sagen: Der Besuch lohnt sich, noch mehr aber lohnt sich der Blick auf die Insel und den Klosterberg.

Erst einmal der Reihe nach … Wenn man vom Land her auf die Küste zufährt, vor der die Insel liegt, sieht man sie schon früh auftauchen. Von Pontorson aus führt die Straße direkt auf die Insel zu, und man sieht schon früh ihre Spitze, und während man sich nähert, wird sie einfach immer größer und eindrucksvoller. Kein Wunder, dass viele Touristen auf dieser Straße dazu neigen, abrupt anzuhalten, um ein Foto zu schießen – aber damit muss man offenbar rechnen.

Man stellt sein Auto auf einem öffentlichen Parkplatz ab, dann wird man von einem Bus direkt zur Insel gefahren. Der Bus hält auf der Brücke, die die Insel mit dem Festland verbindet; von dort aus hat man einige hundert Meter, die von den meisten Besuchern schon für zahlreiche Fotos genutzt werden. Wenn man diesen Weg geht, zählt das allgegenwärtige Klicken der Kameras zur Begleitmusik.

Schafft man es, die vielen Menschen zu ignorieren, die einen umgeben, lohnt sich der Besuch der Insel tatsächlich. Die steilen Wege, die den Berg hinaufführen, die schönen alten Gebäude, der sensationelle Blick in die Weite, die öffentlich zugänglichen Klosteranlagen – das ist beeindruckend und bleibt gut im Gedächtnis.

(Ich nahm mir vor, einmal abends oder frühmorgens zu der Insel zu fahren, wenn die Straßen und Gassen menschenleer sind. Venedig beispielsweise ist dann toll, wenn man auch einige Nächte dort verbringt. Im Tagesverkehr ist es ein Alptraum. So ähnlich stelle ich es mir bei dieser Gemeinde vor.)

Seien wir ehrlich: Am faszinierendsten ist der Mont Saint Michel aus der Ferne. Die Insel mit dem Klosterberg strahlt durch die Nacht. Wenn man über die Dörfer in dieser Gegend der Normandie fährt, kann man immer wieder anhalten und den Anblick genießen. Das ist sehr beeindruckend!

17 Juli 2019

Einige Sätze zu Camilleri

Die Nachricht hörte ich heute morgen im Radio: Der italienische Schriftsteller Andrea Camilleri ist gestorben, er wurde 93 Jahre alt. Ich habe viele Bücher von ihm gelesen, auch einige Kurzgeschichten, und ich mochte sein Werk sehr. Deshalb war ich traurig über seinen Tod.

Camilleri wurde vor allem durch die Krimis bekannt, in denen sein Commissario Montalbano in einer Kleinstadt auf Sizilien ermittelt. Aus der Montalbano-Reihe, die bei Lübbe erscheint, habe ich gut ein Dutzend Bücher gelesen. Auch wenn sich viel wiederholt – man kennt irgendwann die Macken der einzelnen Charaktere in- und auswendig –, ist es eine gelungene Reihe: mal durchaus witzig, dann wieder politisch extrem ernsthaft.

Lieber las ich die historischen und politischen Romane, die beispielsweise bei Wagenbach veröffentlicht werden, aber auch in anderen Verlagen. In ihnen spießte Camilleri das Leben auf Sizilien in satirischer Weise auf, zeigte historische Verwicklungen und aktuelle politisch-gesellschaftliche Verwerfungen. Immer wieder kritisierte der Autor in seinen Büchern die aktuelle Politik seiner Heimat.

Ich bin sicher, er wird Italien vor allem wegen seiner politischen Aussagen fehlen. Ich werde mal sehen, welche Romane ich noch nicht von im kenne, und bei Gelegenheit wieder einen durchschmökern. In Erinnerung an einen lesenswerten Schriftsteller!

Für »Voltron« bin ich zu alt

Aus der Serie »Gratis Comic Tag 2019«

Es hilft ja alles nichts, ich muss es mir eingestehen: Für manche Dinge bin ich einfach zu alt, oder ich bin zur falschen Zeit geboren. Wäre ich heute acht oder zehn Jahre alt, wäre es ja durchaus möglich, dass ich so etwas wie »Voltron« irgendwie cool fände. Schaue ich mir das heute an, bin ich eher verwirrt.

Bei »Voltron« handelt es sich um eine erfolgreiche Fernsehserie, die mit schnellen Animationen und Science-Fiction-Effekten arbeitet. Fünf Teenager erleben allerlei Abenteuer in den Tiefen des Allts – 'tschuldigung, es geht ja immer gleich um das ganze Universum –, bei denen mächtige Roboter eine wichtige Rolle spielen. Die dazu gehörenden Comics werden hierzulande von Cross Cult veröffentlicht. Beim »Gratis Comic Tag 2019« gab's hierzu ein »Voltron«-Sonderheft.

Klar, es ist ein Heft aus der Reihe »Comics für Kids«, da darf ich mich nicht wundern. Ich kann leider weder mit dem platten Zeichenstil noch der arg einfachen Handlung etwas anfangen. Für Kinder ist es womöglich ein idealer Einstieg in die Science Fiction, weshalb ich froh bin, dass es solche Fernsehserien und Comics gibt. Es muss einem nicht alles gefallen ...

16 Juli 2019

Der Hexenwürger von Blackmoore

Dass ich ein klammheimlicher Fan der »John Sinclair«-Hörspiele bin, habe ich schon oft genug ausgeplaudert und gebeichtet. Bei der Hörspielfolge 101 war's mir zeitweise doch zu derb; ich hörte »Der Hexenwürger von Blackmoore« zwar bis zum Ende an, fand das Ganze aber zu brutal und gewaltpornografisch.

Klar, wenn es um die Hexenprozesse geht und die Auswirkungen auf die heutige Zeit – bei »John Sinclair« tauchen natürlich heutzutage allerlei »echte« Hexen auf –, kann man schon mal derb erzählen. Folter und Pein waren durchaus üblich, wenn es darum ging, angebliche Hexen zu verfolgen.

Dieses Hörspiel scheint sich an der Qual aber geradezu zu weiden. Es geht mit Folter, Tod und Geschrei los und setzt sich dann auch so fort. Frauen werden entführt und gequält, sie leiden fürchterlich.

Da stellt sich dann schon die Frage, ob man Grausamkeiten so ausführlich präsentieren muss. Klar, es ist »Horror«, von daher passt es zu einem Gruselhörspiel; aber mir war's schlicht zu viel des realistischen Schreckens.

Seien wir mal positiv: Immerhin kommt das Hörspiel mit der Nummer 101 – der erste Teil eines Zweiteilers – mal ohne monströse Höllenfürsten, Vampirkaiser und andere Überwesen aus. Es überführt einen Heftroman aus dem Jahr 1983 in ein modernes Hörspiel; da müssen natürlich die Handlungselemente von damals vorkommen. Und wahrscheinlich war's damals eben so brutal.

Aber ich bin da offenbar ein Weichei. So gut das Hörspiel gemacht ist, zu derb kam es mir vor. Wer allerdings auf Splatterfilme und Deathmetal steht, könnte genau deshalb dieses Hörspiel mögen ... Die Zusammenhänge mit dem restlichen »John Sinclair«-Universum sind so gehalten, dass man sie gut verstehen kann.

Ein wichtiges Buch zu einem wichtigen Thema

Um es vorwegzunehmen: Man muss kein Wirtschaftswissenschaftler sein, um das Thema zu verstehen, um das es hier geht – ich bin ja auch keiner. Man sollte aber ein grundsätzliches Interesse an den Themen mitbringen, die unsere Welt umtreiben. In diesem Fall geht es um die Wirtschaft, um die Art und Weise also, wie Geld und Waren alle Menschen dieser Erde verbinden.

Aaron Sahr ist übrigens auch kein Wirtschaftswissenschaftler. Der Mann ist Soziologe. Und er kommt aus dieser Richtung auf sein Thema – er schreibt über den »Keystroke-Kapitalismus«, so auch der Titel seines extrem lesenswerten Sachbuches. Es geht darum, dass Banken gewissermaßen »aus dem Nichts« neues Geld erschaffen können, das letztlich nur den Reihen zugute kommt.

Was ich in den 80er-Jahren in der Schule gelernt habe, ist auch das, was die Mitglieder unserer Regierung im Kopf haben, wenn sie von der Wirtschaft und den Banken reden. Das ist aber falsch. Ich habe noch geglaubt, dass eine Bank nur dann Kredite vergeben kann, wenn sie genügend Einlagen hat. Spätestens bei der großen Krise im Jahr 2008 war mir klar, dass das nicht stimmt …

In seinem Buch zeigt Aaron Sahr, wie private Vermögen und Schulden zusammenhängen, vor allem aber, wie Banken praktisch ununterbrochen neues Geld schaffen können, ohne auf die wirkliche Ökonomie Rücksicht nehmen zu müssen. Geld wird per Tastendruck erzeugt, also mit einem »Keystroke«.

Wenn man das mal kapiert hat, macht die Lektüre des Buches allerdings noch weniger Spaß als am Anfang … Sahr legt dar, wie bei den Banken das Geld aus dem Nichts erschaffen wird, wie die Banken damit jonglieren, wie sie dafür sorgen, dass es immer mehr Geld gibt.

Er zeigt, wie sich der Kapitalismus in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat: Immer mehr Geld wird von der Finanzwirtschaft geschaffen, nicht von der eigentlichen Arbeitswelt. Dieses neue Geld konzentriert sich natürlich nicht bei den arbeitenden Menschen, sondern bei den Wohlhabenden.

Insgesamt ist das Buch »Keystroke-Kapitalismus« vor allem als Diskussionsband zu verstehen, nicht unbedingt als grundlegendes Sachbuch zu Finanzfragen. Der Autor kennt sich aus, und er liefert Gedankenanstöße. Das ist bei so einem Thema wichtig und richtig – danach kann ich als Lesender ja eh entscheiden, wie ich mich weiter verhalten möchte.

Spannend!

15 Juli 2019

Excessive Visage sind originell

Gelegentlich klagen Menschen in meinem sozialen Umfeld darüber, dass die »Musik von heute« so langweilig und berechenbar sei. Seit Jahren habe es keine Innovation mehr gegeben, alles stehe still, und nichts sei mehr neu und frisch. Dass das eine sehr eigene Sicht der Dinge ist, brauchen wir nicht zu diskutieren …

Aber spätestens, wenn ich mir die Platte »You Are Lost Anyway« von Excessive Visage anhöre, weiß ich, dass es originelle Musik gibt. Die klingt zwar manchmal wie in den 70er-Jahren, als man schon mal originelle Musik machte, und häufig kann ich mir das gar nicht anhören – aber insgesamt ist die schräge Mischung aus Jazz und Pop und irgendwelchen Experimenten ansprechend.

Schaue ich mir an, wie die Stücke entstehen, leuchtet mir einiges ein: Zuerst nahm die Band das Schlagzeug auf, ohne vorher komponiert zu haben, und darauf schichtete man den Bass, die Gitarre und das Keyboard, wodurch sich erst eine Komposition formte. Zuletzt schrieb man gemeinsam die Texte, die dann darüber gesungen wurde – erst am Ende wurden die Texte und die Komposition finalisiert.

Das klingt nicht nur in der Beschreibung spannend, das ist auch in der Musik spannend. Ein fiebriges Schlagzeug, eine hektische Gitarre, die manchmal sehr ätherische Stimme der Sängerin. Man kann die Musik im Auto hören, man muss sich darauf einlassen.

Wenn es poppig wird wie in »Buried in Gold«, schwingt sich die Stimme der Sängerin gewissermaßen auf das hektische Schlagzeug. Bei »Polished Eyes« zeigt die Band auch ein Gespür für Melodien. Aber Hitqualitäten im poppigen Sinn entwickelt sie nie – das ist auch sichtlich nicht das Ziel.

In tiefen Wäldern Träumen lauschen

Aus der Serie »Gratis Comic Tag 2019«

Dieser Comic ist ein Beispiel dafür, was so ein »Gratis Comic Tag« leisten kann: Ich hätte mir nie einen Comic aus China zugelegt, der einen so – für mich seltsamen – Titel trägt. »In tiefen Wäldern Träumen lauschen« stammt von der Autorin und Zeichnerin Zhang Jing, Jahrgang 1983, und ihre Geschichte spielt in einem fiktiven China, in einem der alten Königreiche, ohne dass klar ist, in welcher Zeit sie genau spielt. Eine Prinzessin erzählt einem Affen von dem schönen Mann, den sie kennengelernt hat und heiraten möchte ...

Das ist tatsächlich die gesamte Geschichte, die in großen, eher ruhigen Bildern erzählt wird. Der Stil ist »realistisch« insofern, dass keinerlei spaßigen und verzerrenden Elemente auftauchen, doch die Gescichter sind zu ebenmäßig und gleichzeitig zu starr; das ist ein spezieller Stil der Künstlerin, mit dem ich mich nicht anfreunden konnte. Aber er ist eigenständig, ebenso die ruhige Geschichte. Immer wieder zeigt Zhang Jing das Gesicht der Prinzessin, ihre großen Augen, das strahlende Lächeln, die Freude und den Übermut.

Erschienen ist dieser Comic bei Chinabooks, und das erste Heft macht auf jeden Fall neugierig auf andere Comics aus China, Hongkong und Taiwan. Eine schöne Entdeckung für mich, wenngleich sie meinen Geschmack nicht getroffen hat!

14 Juli 2019

Rechtschreibkorrektur an der Wand

Dass man bitteschön das Cannabis legalisieren solle, das ist eine Forderung, die ich seit meiner Schulzeit kenne. »Gebt das Hanf frei!« und dergleichen kamen erst später. Aber während meiner Schulzeit bekam ich zum ersten Mal mit, wie die Diskussion um Cannabis-Produkte geführt wurde.

Polizisten hielten Schüler an, durchsuchten sie auf offener Straße, kratzten ihre Pfeifen auf, wenn sie etwas Derartiges in der Tasche hatte. Eine örtliche Hardrock-Band, die man heute wohl eher unter die Rubrik »Spaß-Rocker« einordnen würde, schrieb das Lied »Legalize Erdbeereis«, was unsereins damals unglaublich lustig fand. Wir schrieben 1979 und 1980, und wenn das in der Schulsporthalle gespielt wurde, fand man sich auch als Zuhörer ganz schön rebellisch.

2019 haben die Cannabis-Befürworter die Sprühdose entdeckt. Das Bild zeigt ein Graffito in einer Straße der Weststadt von Karlsruhe. Schön finde ich nicht unbedingt den Schreibfehler, sondern den Versuch, ihn zu korrigieren: Sogar der brave Cannabis-Freikämpfer ist offenbar ein pragmatischer Verfecher der korrekten Rechtschreibung. Wunderbar!

13 Juli 2019

Was heißt denn Gelegenheitsautor?

Es gibt eine Frage, die mir einmal im Halbjahr gestellt wird. Zuerst nahm ich sie nicht so ernst und machte blöde Witze, wenn ich sie hörte – aber jetzt muss ich sie doch einmal kurz anreißen: Warum bezeichne ich mich eigentlich als Gelegenheitsautor?

Ganz einfach: Ich bin kein Schriftsteller, ich bin Redakteur. Das steht so in meinem Arbeitsvertrag. Als Redakteur verdiene ich mein Geld, damit verbringe ich den größten Teil meiner Arbeitszeit. Wenn ich noch Lust und Nerven und Zeit habe, schreibe ich eigene Texte; mal werden das Kurzgeschichten, selten ergeben sich sogar Gedichte, alle paar Jahre entsteht sogar ein Roman.

Man könnte sagen, ich schreibe gelegentlich. Ich bin kein reiner Amateur mehr, das ist sicher, weil ich doch mit einem gewissen professionellen Verständnis an meine Schreiberei herangehe. Vom Profi bin ich aber meilenweit entfernt – nicht zuletzt deshalb, weil dazu ja auch das Einkommen zu zählen hätte. Also stehe ich dazwischen.

Ich bin übrigens aus guten Gründen kein Selfpublisher – ich finde es toll, wenn Leute ihre Texte selbst veröffentlichen, scheue aber die zusätzliche Arbeit. Also kann ich von mir nur sagen, dass ich ein »Gelegenheitsautor« sei. Meiner Ansicht nach reicht das.

12 Juli 2019

Zweimal Cumbia am Abend

Als ich am Donnerstagabend, 11. Juli 2019, das »Zeltival«-Gelände in Karlsruhe erreichte, sah das Wetter ein wenig regnerisch aus. In der Tat sollte es im Verlauf des Abends ab und zu nieseln. Das tat der guten Laune der Besucher aber keinen Abbruch: Es waren Leute anwesend, die ich aus der »Alten Hackerei« und von Punk-Konzerten her kannte, dazu viele spanisch sprechende Menschen, insgesamt eine bunte Mischung aus Jung und Alt, »szenig« und »normal«.

Als erste Band traten die Kumbia Queers aus Argentinien auf die Bühne: fünf junge Frauen und ein junger Mann, der sich stark im Hintergrund aufhielt. Die Band hatte vor vielen Jahren mit Punkrock angefangen, spielte jetzt aber ihre spezielle Art des südamerikanischen Cumbia-Sounds: durchaus knallig, manchmal schepperig, vor allem dann schräg, wenn die Orgel ihre quäkenden Töne ins Publikum abfeuerte.

Es wurde viel getanzt, die schnelle Show auf der Bühne sprang auf das Publikum über. Bei der schnellen Cumbia-Version des Dead-Kennedys-Knallers »California Ueber Alles« wirkten aber vor allem die älteren Konzertbesucher ein wenig überfordert. Zum Ausgleich lieferte die Band noch eine skurrile Cumbia-Version von »La Isla Bonita« von Madonna. Die Mischung war schräg, die Stimmung großartig; mir machte das sehr viel Spaß.

Weniger punkig, dafür mit wesentlich mehr modischem Stilbewusstsein traten dann La Yegros auf die Bühne. Eine Sängerin und drei Begleitmusiker lieferten eine etwas ernsthafter wirkende Cumbia-Version. Die Stücke gefielen mir auch, aber die knallige Energie der vorherigen Band brachten La Yegros nicht herüber.

Der Einsatz eines Akkordeons oder eine Percussion-Einlage mit allen Musikern sorgte für gute Laune; die Stimmung im Saal war hier auch sehr hoch. Es wurde weniger gehüpft und mehr getanzt, die Band lieferte schon einen Kontrast. Trotzdem: zwei interessante Bands aus Argentinien, die gute Laune verbreiteten!

Eine Single von Simon Spector

Aus der Serie »Gratis Comic Tag 2019«

Der Comic-Autor Warren Ellis ist mir seit den 90er-Jahren ein Begriff, mit »Transmetropolitan« schuf er damals das, was man heute einen »modernen Klassiker« nennen würde. Seither folgten zahlreiche weitere Comics. Zuletzt erfand er eine Reihe von abgeschlossenen Comic-Kurzgeschichten, die er jeweils in einem anderen Umfeld ansiedelte und mit anderen Künstlern umsetzte. Veröffentlicht werden diese hierzulande vom Dantes-Verlag.

Das sollte man tatsächlich wissen, bevor man sich auf die Lektüre von »Simon Spector« einlässt. Dabei handelt es sich um eines der Hefte, die es beim »Gratis Comic Tag 2019« gab; ich habe es endlich gelesen. Warren Ellis erzählt darin die Geschichte eines speziellen Helden in einer vergleichsweise nahen Zukunft. Um einen Fall zu lösen, muss er spezielle Medizin zu sich nehmen – wofür er einen hohen Preis zu bezahlen hat.

Gezeichnet wurde die spannende Geschichte von Jacen Burrows in knalligen Schwarzweiß-Bildern, die mich sehr oft an »Sin City« erinnern. Auf graue Zwischentöne verzichtet der Künstler fast völlig, klare Schwarzweiß-Kanten herrschen vor. Die wirken insbesondere bei der Action sehr »stylish« und geben der gesamten Geschichte einen besonderen Schwung.

Mich machte »Simon Spector« erst einmal sehr neugierig. Die anderen Kurzgeschichten, die Ellis mit verschiedenen Zeichnern erarbeitet hat, werden ebenfalls vom Dantes-Verlag veröffentlicht; ich denke, die wären allesamt etwas für mich ... schauen wir mal.

11 Juli 2019

Die neunte Enpunkt-Ausgabe

Im März 1988 war ich arbeitslos, ich hatte Zeit. Von meiner Afrikareise war ich zurück, ein wenig Geld hatte ich noch übrig, vor allem hatte ich viel Zeit. Also schrieb ich in einem einzigen Gewaltakt von mehreren Tagen, an denen ich abends in Freudenstädter Kneipen versumpfte, die Ausgabe neun meines Fanzines ENPUNKT zu Ende, das ich am Monatsende zum Kopieren nach Passau schickte. Mit vierzig Seiten hatte das Egozine auch einen ordentlichen Umfang, ich ließ 150 Exemplare herstellen.

Das ironische Titelbild von Matthias Langer machte schon klar, was der Schwerpunkt des Heftes sein würde: Ich war über zwei Monate in Westafrika gewesen, hatte dabei viel gelernt und gesehen, und in meinem Egozine berichtete ich darüber. Weitere Themen waren Punkrock und Science Fiction – im Prinzip schrieb ich in all den Jahren meines Egozines über diese Dinge, daran änderte sich nur wenig.

Im Impressum berichtete ich übrigens das Cover. Der Untertitel meines Heftes sei nämlich in Wirklichkeit dieser hier: »Unabhängiges intellektuelles Magazin für Science Fiction, Chaos, Punk und Dosenbier«. Wer das seltsam findet, dem sei gesagt, dass der Humor der 80er-Jahre auch mir heute oft unverständlich ist.

10 Juli 2019

Der gute Geist zum neunzehnten

Das verwirrt mich ein wenig: Ich habe offenbar vergessen, meinem Drang sofort nachzugeben, eine aktuelle Veröffentlichung bekanntzugeben. Deshalb muss ich das schleunigst nachholen: In der Ausgabe 144 des OX-Fanzines ist Folge 19 meines Fortsetzungsromans »Der gute Geist des Rock'n'Roll« erschienen, vom OX immer noch schlichtweg als »Peter Pank« bezeichnet.

Worum geht's denn diesmal? Um eine junge Frau, die der nicht mehr ganz so junge Held meines Romans im Keller eines besetzten Hauses kennengelernt hat. Dort hat er eine sogenannte Jungle Party besucht, weil er noch einige Biere trinken wollte – wobei er feststellen muss, dass er mit dieser »modernen Musik« einfach nicht viel anfangen kann.

Und so stolpert er über Laura, die offenbar Studentin ist, und bewegt sich mit ihr durch die nächtliche Stadt. Spannung beim Leser soll – so mein Kalkül – unter anderem dadurch aufkommen, weil sie offenbar von jemandem beobachtet werden ...

Folge den Wolken nach Nord-Nordwest

Aus der Serie »Gratis Comic Tag 2019«

Das ist mal ein origineller Ansatz für einen Manga – von dieser Comic-Richtung verstehe ich allerdings zu wenig, um das seriös beurteilen zu können. Die Geschichte von »Folge den Wolken nach Nord-Nordwest« siedelt Aki Irie nämlich in Island an, sie wirkt recht erwachsen.

Dort lebt der Held dieses ungewöhnlichen Mangas, ein junger Mann, der offenbar mit Autos sprechen kann. In dem Heft, das es zum »Gratis Comic Tag 2019« gab, sitzt er allerdings recht lange auf einer Straße herum, wartet darauf, dass ihm jemand hilft, und führt Selbstgespräche.

Das klingt nicht sonderlich spannend, ist aber toll gezeichnet. Die Hauptfigur erweist sich als nachdenklicher junger Mann, eher schlacksig als muskulös, der einer geheimnisvollen Mission folgt. Die Zeichnungen sind recht realistisch, die phantastischen Elemente – die ich bislang vor allem vermuten kann – werden dezent eingesetzt, verbunden mit der beeindruckenden Natur in Island.

Tatsächlich ist »Folge den Wolken« sowohl erzählerisch als auch zeichnisch nicht mit den bisherigen Mangas zu vergleichen, die ich bislang kenne. Das Heft zeigt eine eher ruhig erzählte Geschichte, in der es zwar auch die typisch-dynamischen Bewegungsabläufe gibt, die aber bislang ohne überzogene Action auskommt. Ein interessantes Heft!

09 Juli 2019

Conan als Gratis-Comic

Aus der Serie »Gratis Comic Tag 2019«

Ich finde die aktuelle »Conan«-Renaissance höchst interessant. Klar: Robert E. Howard, der Autor, ist seit mehr als 70 Jahren tot, die Texte sind also rechtefrei zu haben. Dass es jetzt aber gleich mehrere Comic- und Buchveröffentlichungen gibt, finde ich trotzdem interessant. Eine davon erscheint im Splitter-Verlag, und im Rahmen des »Gratis Comic Tages 2019« gab es auch ein entsprechendes Heft.

Die Geschichte »Jenseits des schwarzen Flusses« ist eine klassische Geschichte von Robert E. Howard, die von Mathieu Gabella für den Comic adaptiert worden ist. Die Story ist hart, es fließt viel Blut, und sie zeichnet Conan als schlauen Barbaren, der sich im Zweifelsfall auch für bedrohte Zivilisten einsetzt; sie lässt aber auch Raum für Verständnis für die Gegner. (Was angesichts dieser 30er-Jahre-Fantasy nicht selbstverständlich ist.)

Anthony Jean setzte das Ganze in Zeichnungen und Farben um; das wiederum ist extrem gut gelungen. Die Bilder sind realistisch, wobei die Szenen ja zumeist in der Nacht spielen und der Künstler dabei besonderen Wert auf ausdrucksstarte Gesichter legt. Damit entsteht ein sehr spannender Fantasy-Comic, der auf die neue »Conan«-Reihe im Splitter-Verlag aufmerksam macht. (Mir gefielen auch die Skizzen und auch das Nachwort im Anhang zu dem Gratis-Heft.)

Eine Qualle als Graffito-Motiv?

Fahre ich mit dem Rad durch Karlsruhe und die nähere Umgebung, sehe ich immer wieder schöne Graffiti. Dieser Tage fielen mir einige ausgesprochen gelungene Motive in der Oststadt auf, ganz in der Nähe des »Kulturparks« oder wie auch immer das Areal nun benannt wird. Keine Ahnung, wie »temporär« sie sind und wie lange sie wirklich erhalten bleiben.

Ein Graffito im Querformat gefiel mir besonders gut: Es zeigt eine Reihe von Details, die miteinander durch eine braune Grundfarbe verbunden sind. Ein Teil dabei wirkt, als habe man einen Außerirdischen porträtieren wollen. Schon klar, es ist eher eine Qualle, diese aber mutet wie ein Alien an. Das gefiel mir natürlich besonders gut – deshalb zeige ich dieses Bild an dieser Stelle hier ...

08 Juli 2019

Feiern am Rastplatz

»Das sieht noch nicht aus wie Afrika«, sagte der Typ mit dem dunkelblonden Vollbart und setzte sich zu mir. Er hatte zwei Dosen Bier in der Hand, frisch gekauft offenbar, und schob mir eine über den Tisch.

Ich nickte. »Und die Temperatur stimmt auch nicht.«

Er nickte ebenfalls und öffnete seine Bierdose. »Die andere ist für dich.«

Nachdem ich meine Dose geöffnet hatte, stießen wir an, dann tranken wir. Das kühle Bier schmeckte mir, auch wenn mich das Wetter eher nach einem heißen Getränk gieren ließ.

Ich schaute in die Nacht hinaus. Ein kalter Wind trieb feinen Regen über den Rastplatz, der so aussah, als würde er bald in Schnee übergehen. Die Temperaturen lagen knapp über dem Gefrierpunkt.

In dem Bus, den wir bis nach Westafrika transportieren wollten, war es warm. Wir hatten die Türen verschlossen, und nachdem wir gekocht hatten, hing in der Luft noch der Geruch nach mexikanischem Feuertopf – irgendeine Konserve – und Gas. Auf den gebastelten Betten, die wir auf den umgebauten Sitzreihen errichtet hatten, würden wir in der Nacht nicht zu sehr frieren.

»Wir sind heute nicht weit gekommen«, sagte der andere. »Bis Westafrika sind's noch einige tausend Kilometer.«

Ich lachte trocken. »Gestern morgen bin ich von dort aufgebrochen.« Ich wies in die Dunkelheit, wo irgendwo der Schwarzwald anfing. »Nach Bayern, wo wir den Bus hergerichtet haben.« Am Morgen hatte sich eine Panne an die andere gereiht, und wir waren mit einer riesigen Verspätung aufgebrochen.

Die Nacht würden wir auf der Raststätte Pforzheim verbringen, wir lagen hinter jeglichem Plan zurück. Noch war ich optimistisch. Es würde alles klappen: die Reise nach Afrika, die Abenteuer, die auf mich warteten, die Fahrt durch die Sahara. Aber es war dennoch ernüchternd gewesen, sich in der Toilette der Rastanlage zu waschen und die Zähne zu putzen.

»Du hast heute Geburtstag, haben mir die anderen gesagt.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Der andere hob seine Dose an.

»Ja«, sagte ich. »Ich werde heute 24.«

»Kein optimaler Start ins neue Jahr.«

Wir stießen an und tranken. »Das kannst du laut sagen«, meinte ich und wischte mir Schaum vom Mund. »Aber es kann eigentlich nur besser werden.«

Er grinste. »Na dann: alles Gute!«

So begann mein fünfundzwanzigstes Lebensjahr. Am 9. Dezember 1987. Auf einem Rastplatz bei Pforzheim.

07 Juli 2019

»Werner« als Gratis-Comic und ...

Aus der Serie »Gratis Comic Tag 2019«

In der ersten Hälfte der 80er-Jahre mochte ich die »Werner«-Comics sehr: Ihr Stil war »undergroundig«, die Geschichten fand ich lustig. Es ging um lustige Fahrten mit dem Motorrad, viel Bier und den Ärger mit der Polizei. Ideal für spätpubertierende junge Leute aus der süddeutschen Provinz. Später verlor ich die »Werner«-Comics aus den Augen, wie so vieles; meine Bücher habe ich verliehen und nie wiederbekommen – wie das halt so war.

Der gute alte »Werner« ist aber wieder da; die alten Bände werden neu aufgelegt, es gibt auch neue Geschichten. Und zum »Gratis Comic Tag« gab's ein kostenloses Thema mit dieser Figur. Veröffentlicht wurde die klassische Geschichte »Sportstudio am Mittwoch«, dazu kamen einige Cartoons.

Die Story an sich fand ich früher unfassbar lustig; heute ist der Witz ein wenig antiquiert, und zeichnerisch ist das halt doch »gaaaanz frühe 80er-Jahre«. Aber wenn man sich auf den chaotischen Humor einlässt, entlockt einem die Geschichte doch so manchen Grinser.

Die Rückseite machte mir dann doch klar, dass das nicht mehr meine Welt ist. Zum »Werner Renne 2019« gibt's ein großes Festival, und als wichtigste Band werden die Böhsen Onkelz angekündigt. Was Kim Wilde bei dem Festival verloren hat, weiß ich nicht; bei Bands wie Eisbrecher oder Kärbholz denke ich auf jeden Fall, dass man da eine andere Zielgruppe ansprechen will als Leute wie mich. Die 80er-Jahre sind halt vorüber ...

06 Juli 2019

Wie ich Jungle By Night besuchte

Der Freitagabend, 5. Juli 2019, war ein wunderbarer Sommertag. Die Luft war warm, es ging eine leichte Brise, wir hatten eine gute Stimmung. Mit den Rädern fuhren wir quer durch die Stadt, um zum »Tollhaus« zu radeln, einem Kulturzentrum in der Oststadt.

Dort findet jedes Jahr das Zeltival statt, ein Musik-Festival, das teilweise im Zelt abläuft. Wir wollten uns Jungle By Night anschauen, eine Band aus den Niederlanden, die es zwar auch schon einige Jahre gibt, von der ich aber noch nie zuvor gehört hatte. Musikalisch schien es nicht meine Tasse Bier zu sein, aber ich hatte Lust auf Musik und Bier bei schönem Wetter.

Der Garten des »Tollhauses« war voller Buden und Sitzgelegenheiten. Wir holten uns etwas zu essen, trafen uns mit Freunden, ich trank mein erstes Bier – ein »Alpirsbacher«, hurra! –, und nachdem ich das getrunken hatte, holte ich mir ein zweites, und wir schauten uns die Band an. Jungle By Night machten eine Mischung aus flotten Bläsersätzen, poppigen Melodien und nach Karibik klingendem Sound. Im weitesten Sinne also eine Art von IndiePop, die viele Leute gut tanzbar waren.

Wieviel Leute im Publikum waren, versuchte ich erst gar nicht herauszufinden, mehrere hundert auf jeden Fall, altersmäßig bunt gemischt von Teenagern bis Grauhaarigen. Viele tanzten, andere standen nur herum, weitere saßen im Garten. Nachdem wir einige Zeit zugesehen hatten, gingen wir auch in den Garten.

Wir tranken Bier und Wein, wir unterhielten uns, im Hintergrund spielte die Band – es war wie eine angenehme Pop-CD, die im Hintergrund lief, sicher nicht der Effekt, den die Band sich wünschte, aber dennoch sehr nett. Und so verstrich der Abend, irgendwann war das Konzert vorüber, das Publikum strömte aus dem Zelt, und wir tranken und redeten weiter.

Man kann nicht sagen, dass mich Jungle By Night begeisterten; ich bekam von der Band zu wenig mit. Aber sie gab einen schönen Anlass, sich mal wieder auf die Straße und auf ein Konzert zu bewegen, und unterhielt ausgesprochen gut.

05 Juli 2019

Spannendes Crowdfunding-Projekt

Zu den vielen Themen, die ich mir während des LiteraturCamps in Heidelberg notierte, zählte auch eine Aktion, für die zwei Frauen verantwortlich zeichnen, die ich seit Jahren kenne: Sonja Rüther ist Autorin und Herausgeberin, während Hanka Leo als freiberufliche Lektorin arbeitet. Gemeinsam haben sie das Projekt »Unknown« ins Leben gerufen.

Der Untertitel macht vielleicht klarer, worum es geht: »Unknown – Erzählungen unbekannter Herkunft«. Noch konkreter ist das Anliegen der beiden: »Brauchen gute Geschichten den Namen ihrer Autorin oder ihres Autors?« Letztlich geht es um die alte Diskussion, ob man an der Schreibe wirklich erkennen könnte, ob ein Mann oder eine Frau den jeweiligen Text verfasst haben.

Mit dem Projekt wollen die beiden herausfinden, ob man Texte so lesen kann, dass man nicht in Kategorien von Geschlechtern denkt. Ist es möglich, eine Geschichte »einfach so« zu lesen, ohne zu wissen, welche Autorin oder welcher Autor wirklich dahinter steht? Deshalb sollen Geschichten von bekannten Schriftstellern und Schriftstellerinnen veröffentlicht werden – ohne die Namen der Betreffenden: zuerst in Form von Heften, dann als Buch, natürlich auch als E-Book.

Um dem Projekt eine eigene Dynamik zu verleihen, wurde eine Crowdfunding-Aktion gestartet, die schon guten Zulauf erreicht hat. Aber natürlich läuft die Aktion noch einige Tage – also kann sich jede'r beteiligen, der oder die Lust auf diese Herausforderung hat.

Auf der Internet-Seite bei Kickstarter wird das Ganze ein wenig klarer und gleichzeitig ausführlicher erklärt als hier von mir. Also bitte direkt bei Kickstarter nachlesen, was sich hinter »Unknown« verbirgt!