Ich bin alles andere als ein Experte für »Star Trek« und Konsorten. Als Kind sah ich einige Folgen von »Raumschiff Enterprise«, wie die Serie damals einfach genannt wurde. Später fand ich »The Next Generation« cool und sah davon rund zwei Dutzend Folgen. Das war's, mehr kenne ich nicht.
Was mir an der Serie und ihrem Umfeld aber immer gefiel, waren manche Details. Dazu zählten charakteristische Geräusche: Wenn sich an Bord der Enterprise eine Tür öffnete oder schloss, machte es immer »Wuuuusch«. Es gab ebenso spezielle Geräusche für den Kommunikator oder das Beamen. Man musste nicht einmal hinschauen, um zu wissen, was gerade geschah, wenn ein entsprechendes Fiepen zu vernehmen war.
Ich machte mir aber nie einen Kopf darüber, dass diese Geräusche von jemand entwickelt werden mussten. Bei »Star Trek« war es ein spezieller Mann, der auch für Filme wie »Mission: Impossible« oder Serien wie »Dallas« als Sound-Entwickler tätig war. Im Gedächtnis blieben seine Geräusche für die populäre Science-Fiction-Fernsehserie.
Der Mann hieß Doug Grindstaff, und ich las seinen Namen heute zum ersten Mal. Er hat fünf Mal einen »Emmy« gewonnen, witzigerweise aber nie für eine »Star Trek«-Folge. Er starb am 23. Juli in Arizona – Grindstaff wurde 87 Jahre alt. In einem entsprechenden Artikel im »Hollywood Reporter« las ich erstmals etwas über seine Arbeit.
Endlich haben die zischenden Türen für mich ein Gesicht. Damit ist mehr von seiner Arbeit in meinem Kopf hängen geblieben als der Job mancher Schauspielerin und manches Schauspielers.
Es passiert einiges um mich herum, und nicht alles gefällt mir. Vieles fasziniert mich, vieles interessiert mich – und das soll Thema dieses Blogs sein.
31 Juli 2018
30 Juli 2018
Die Whiskey Foundation aus Bayern
Aus München und Umgebung kommt eine Band, der man nicht zutraut, dass sie aus Bayern stammt – sie klingt viel zu international. Die Rede ist von The Whiskey Foundation, deren Platte den schönen Titel »Blues & Bliss« trägt und im November 2017 veröffentlicht worden ist. Die acht Stücke darauf sind teilweise ganz schön lang, erweisen sich vor allem als musikalisch sehr abwechslungsreich und sind alles andere als modern.
Die musikalische Bandbreite auf der Platte ist groß, so dass man meinen könnte, man habe es mit mehreren Kapellen zu tun. Mal gibt es klassischen Blues-Rock, der aus den 60er-Jahren stammen könnte, dann wabert ein ProgRock aus den Boxen, der klingt, als hätten sich die Musiker mithilfe einer Zeitmaschine in die 70er-Jahre zurück versetzt.
Das abschließende Stück »Soul Man«, das ohnehin recht lang ist, kann dafür als gutes Beispiel dienen: Da gibt es sogar ein Schlagzeugsolo, was für mich normalerweise ein »No Go«-Kriterium ist, hier aber passt. Bei anderen Stücken wird die Orgel eingesetzt oder tröten irgendwelche Bläser dazwischen; es wird fleißig mit verschiedenen Klängen experimentiert. Bei »Funk The Boogie« setzt eine Mundharmonika – so hört es sich für mich an – noch weitere Akzente.
Das alles serviert die Band sehr vielseitig und ideenreich. Eigentlich ist das ja nicht »meine« Musik, aber die Platte steckt so voller Spielfreude, dass ich mir das gern anhören kann. Und wer sich für ProgRock begeistern kann, sollte hier auf jeden Fall reinhören. Auf ihrer Website bietet die Band genügend Beispiele an, die ihre Vielfalt zeigen.
Die musikalische Bandbreite auf der Platte ist groß, so dass man meinen könnte, man habe es mit mehreren Kapellen zu tun. Mal gibt es klassischen Blues-Rock, der aus den 60er-Jahren stammen könnte, dann wabert ein ProgRock aus den Boxen, der klingt, als hätten sich die Musiker mithilfe einer Zeitmaschine in die 70er-Jahre zurück versetzt.
Das abschließende Stück »Soul Man«, das ohnehin recht lang ist, kann dafür als gutes Beispiel dienen: Da gibt es sogar ein Schlagzeugsolo, was für mich normalerweise ein »No Go«-Kriterium ist, hier aber passt. Bei anderen Stücken wird die Orgel eingesetzt oder tröten irgendwelche Bläser dazwischen; es wird fleißig mit verschiedenen Klängen experimentiert. Bei »Funk The Boogie« setzt eine Mundharmonika – so hört es sich für mich an – noch weitere Akzente.
Das alles serviert die Band sehr vielseitig und ideenreich. Eigentlich ist das ja nicht »meine« Musik, aber die Platte steckt so voller Spielfreude, dass ich mir das gern anhören kann. Und wer sich für ProgRock begeistern kann, sollte hier auf jeden Fall reinhören. Auf ihrer Website bietet die Band genügend Beispiele an, die ihre Vielfalt zeigen.
29 Juli 2018
Fahrrad-Partystresser
Die Qual der Wahl machte mir die Planung des Samstagabends ganz schön schwer. An diesem 28. Juli schien halb Karlsruhe eine einzige Festveranstaltung zu sein. Ich entschied mich dazu, körperliche Betätigung mit dem Trinken alkoholischer Getränke zu verbinden. Und damit ich nicht planlos durch die Gegend radelte, bemühte ich vorher Google-Maps.
Das Programm wies mir eine Strecke aus, die ich noch nie gefahren war, und so düste ich am frühen Abend los. Ich kam gut durch und erreichte nach einer starken halben Stunde – für rund elf Kilometer – das Gelände des »Pfinzfatals«. Auf einem Wiesengrundstück finden dort seit vielen Jahren Partys statt, bei denen sich allerlei Menschen auf einer improvisierten Bühne austoben.
Ich kam zu spät, um die Real Turds zu sehen – eine Band, die immerhin auf mehrere Tonträger zurückblicken kann und die an diesem Tag noch mal spielen sollten. Also trank ich Bier und unterhielt mich gut mit den vielen Leuten, die ich auf dem Gelände kannte.
Dann traten Gelt et Nelt auf die Bühne. Die zwei Männer aus der Pfalz machen Lieder in pfälzischem Dialekt, in denen es um junge Frauen, Alkohol und Kotzen geht. Das alles wird mit schrecklichen Reimen, Schlagzeug und Gitarre kombiniert – wenn die zwei Herren nicht sowieso gleich Hip-Hop mit haarsträubenden Texten bringen. Bisher fand ich die Band doof, an diesem Abend war ich betrunken genug, um mich großartig zu amüsieren.
Danach fuhr ich zurück, über die stockdunklen Wiesen blieb ich recht langsam, weil ich nicht weit sah. Aber ich kam zu einer vernünftigen Zeit zum alljährlichen Fest der Wagenburg. Punkrock dröhnte, Bier floss in Strömen, ich traf wieder viele Bekannte, trank einiges und machte, dass ich weiterkam, bevor ich Ausfallserscheinungen haben würde.
Von dort aus nahm ich eine Strecke, die zeitweise durch den Hardtwald führte – die kürzeste Entfernung nach Neureut. Dummerweise war es im Wald stockdunkel, und ich sah nicht viel. Das machte ich dadurch wett, dass ich sowieso nicht mehr nüchtern war.
Ich erreichte die »Mika« zu einem Zeitpunkt, als dort schon alle Bands fertig waren und es nichts mehr zu essen gab. Das Wohnprojekt in der Nordstadt, ursprünglich gegründet von Leuten aus der linksalternativen Szene, ist auch schon 20 Jahre alt – ich kannte einige der Anwesenden, trank noch mal zwei Bier.
Der Heimweg war dann ein wenig mühsam und dauerte länger als die vorherigen Etappen, obwohl es die kürzeste Etappe war. Aber wer sein Fahrrad schiebt, ist halt einfach nicht so schnell – und mit dem vielen Bier und der lauten Musik im Kopf war das vielleicht auch besser so ...
Das Programm wies mir eine Strecke aus, die ich noch nie gefahren war, und so düste ich am frühen Abend los. Ich kam gut durch und erreichte nach einer starken halben Stunde – für rund elf Kilometer – das Gelände des »Pfinzfatals«. Auf einem Wiesengrundstück finden dort seit vielen Jahren Partys statt, bei denen sich allerlei Menschen auf einer improvisierten Bühne austoben.
Ich kam zu spät, um die Real Turds zu sehen – eine Band, die immerhin auf mehrere Tonträger zurückblicken kann und die an diesem Tag noch mal spielen sollten. Also trank ich Bier und unterhielt mich gut mit den vielen Leuten, die ich auf dem Gelände kannte.
Dann traten Gelt et Nelt auf die Bühne. Die zwei Männer aus der Pfalz machen Lieder in pfälzischem Dialekt, in denen es um junge Frauen, Alkohol und Kotzen geht. Das alles wird mit schrecklichen Reimen, Schlagzeug und Gitarre kombiniert – wenn die zwei Herren nicht sowieso gleich Hip-Hop mit haarsträubenden Texten bringen. Bisher fand ich die Band doof, an diesem Abend war ich betrunken genug, um mich großartig zu amüsieren.
Danach fuhr ich zurück, über die stockdunklen Wiesen blieb ich recht langsam, weil ich nicht weit sah. Aber ich kam zu einer vernünftigen Zeit zum alljährlichen Fest der Wagenburg. Punkrock dröhnte, Bier floss in Strömen, ich traf wieder viele Bekannte, trank einiges und machte, dass ich weiterkam, bevor ich Ausfallserscheinungen haben würde.
Von dort aus nahm ich eine Strecke, die zeitweise durch den Hardtwald führte – die kürzeste Entfernung nach Neureut. Dummerweise war es im Wald stockdunkel, und ich sah nicht viel. Das machte ich dadurch wett, dass ich sowieso nicht mehr nüchtern war.
Ich erreichte die »Mika« zu einem Zeitpunkt, als dort schon alle Bands fertig waren und es nichts mehr zu essen gab. Das Wohnprojekt in der Nordstadt, ursprünglich gegründet von Leuten aus der linksalternativen Szene, ist auch schon 20 Jahre alt – ich kannte einige der Anwesenden, trank noch mal zwei Bier.
Der Heimweg war dann ein wenig mühsam und dauerte länger als die vorherigen Etappen, obwohl es die kürzeste Etappe war. Aber wer sein Fahrrad schiebt, ist halt einfach nicht so schnell – und mit dem vielen Bier und der lauten Musik im Kopf war das vielleicht auch besser so ...
28 Juli 2018
Blutiger Mond über Karlsruhe
Es war ein Himmelsschauspiel, das bei tropischen Temperaturen viele Leute auf die Balkone und auf unseren Platz zog: Ab 21.30 Uhr bezogen wir – mit gekühltem Riesling aus der Pfalz – am Freitagabend, 27. Juli 2018, unsere Position auf dem Balkon. Rechts und links richteten sich Nachbarn in unserem Wohnblock ebenso ein. Wir waren so schlau und hatten ein Fernglas dabei.
Anfangs sah man den Mond gar nicht, weil er sich hinter Bäumen versteckte. Als er hinter dem Baum langsam zu sehen war, schimmerte er rötlich. Blutigrot war nichts, aber der rötliche Schimmer war schon faszinierend.
Auf dem Platz liefen Leute hin und her, alle sommerlich bekleidet. »Kannst du was sehen?«, wurde gerufen, ideale Positionen wurden gesucht. In Gruppen standen sie auf dem Rasen oder auf dem Gehsteig und blickten zu dem Himmelsschauspiel hoch.
Nach einiger Zeit war der Mond weg. Finster war es im Südosten, so richtig dunkel. Die Schaulustigen verzogen sich. Wir blieben, tranken Wein und redeten und schauten durch das Fernglas.
Irgendwann war der Mond wieder zu sehen. Zuerst schimmerte es rot, dann sahen wir wieder nur Flecken; irgendwann kamen leichte Wolken auf, irgendwann zischte die ISS in einem Affenzahn über den Himmel. Dann sahen wir die Mondsichel in einem hellen Weiß – und so beobachteten wir bis kurz vor Mitternacht, wie der Mond langsam wieder aus dem Schatten der Erde hervorkam und sich bald in seiner ganzen Pracht wieder präsentierte. Auch der Mars war schön zu sehen.
Ich empfand das Ganze als ein beeindruckendes Himmelsschauspiel. Und genoss die Stunden auf dem Balkon mit dem schönen Blick in den südöstlichen Himmel ... (Fotos machte ich keine. Die Bilder habe ich ja im Kopf.)
Anfangs sah man den Mond gar nicht, weil er sich hinter Bäumen versteckte. Als er hinter dem Baum langsam zu sehen war, schimmerte er rötlich. Blutigrot war nichts, aber der rötliche Schimmer war schon faszinierend.
Auf dem Platz liefen Leute hin und her, alle sommerlich bekleidet. »Kannst du was sehen?«, wurde gerufen, ideale Positionen wurden gesucht. In Gruppen standen sie auf dem Rasen oder auf dem Gehsteig und blickten zu dem Himmelsschauspiel hoch.
Nach einiger Zeit war der Mond weg. Finster war es im Südosten, so richtig dunkel. Die Schaulustigen verzogen sich. Wir blieben, tranken Wein und redeten und schauten durch das Fernglas.
Irgendwann war der Mond wieder zu sehen. Zuerst schimmerte es rot, dann sahen wir wieder nur Flecken; irgendwann kamen leichte Wolken auf, irgendwann zischte die ISS in einem Affenzahn über den Himmel. Dann sahen wir die Mondsichel in einem hellen Weiß – und so beobachteten wir bis kurz vor Mitternacht, wie der Mond langsam wieder aus dem Schatten der Erde hervorkam und sich bald in seiner ganzen Pracht wieder präsentierte. Auch der Mars war schön zu sehen.
Ich empfand das Ganze als ein beeindruckendes Himmelsschauspiel. Und genoss die Stunden auf dem Balkon mit dem schönen Blick in den südöstlichen Himmel ... (Fotos machte ich keine. Die Bilder habe ich ja im Kopf.)
27 Juli 2018
Erinnerungskultur im Wald
Fahre ich mit meinem Rad durch die Gegend, sehe ich immer wieder Dinge, von denen ich bislang nichts wusste. Meist handelt es sich um Gebäude, die ich noch nicht kannte, oder um Leute, die sich verhaltensauffällig durch Wald und Wiese bewegen.
Als ich dieser Tage den Karl-Knierer-Weg entlangfuhr – ich wollte nur eine Stunde durch den Wald flitzen, mehr nicht – und mich daran erfreute, welche Kurven der Weg auf einer eigentlich flachen Strecke nahm, kam ich an einem Stein vorbei. Fast hätte ich ihn nicht wahrgenommen, aber im letzten Moment erkannte ich die Inschrift.
Ich hielt an und betrachtete ihn genauer. Tatsächlich!, mitten im Wald steht bei Karlsruhe ein Stein, dessen Inschrift auf eine Heldentat des damaligen Prinzen von Baden verweist. Dieser erlegte dort im Jahr 1885 einen Dammbock. Beeindruckend ...
Spannend finde ich dabei tatsächlich, dass man damals für so etwas ein Denkmal errichtete – ist in diesem Jahr sonst nichts Relevantes passiert? – und dass man es heute noch finden kann. Sage mir bitte keiner, in Deutschland gäbe es keine Erinnerungskultur ...
Als ich dieser Tage den Karl-Knierer-Weg entlangfuhr – ich wollte nur eine Stunde durch den Wald flitzen, mehr nicht – und mich daran erfreute, welche Kurven der Weg auf einer eigentlich flachen Strecke nahm, kam ich an einem Stein vorbei. Fast hätte ich ihn nicht wahrgenommen, aber im letzten Moment erkannte ich die Inschrift.
Ich hielt an und betrachtete ihn genauer. Tatsächlich!, mitten im Wald steht bei Karlsruhe ein Stein, dessen Inschrift auf eine Heldentat des damaligen Prinzen von Baden verweist. Dieser erlegte dort im Jahr 1885 einen Dammbock. Beeindruckend ...
Spannend finde ich dabei tatsächlich, dass man damals für so etwas ein Denkmal errichtete – ist in diesem Jahr sonst nichts Relevantes passiert? – und dass man es heute noch finden kann. Sage mir bitte keiner, in Deutschland gäbe es keine Erinnerungskultur ...
26 Juli 2018
Als das »Ulcus Molle Info« hundert wurde
Vom »Ulcus Molle Info« hörte ich erstmals in den späten 70er-Jahren. Das sei so eine Zeitschrift, in der es um sogennante Underground-Literatur ginge, wurde mir erzählt. In linken Science-Fiction-Fanzines fand ich erste Hinweise auf das Blatt, und irgendwann zu Beginn der 80er-Jahre abonnierte ich das Blatt.
Seine große Zeit hatte es damals schon hinter sich. Das »Ulcus Molle Info« war in den 70er-Jahren durchaus wichtig – wer damals Literatur aus kleinen Verlagen lesen wollte, war auf diese Zeitschrift angewiesen. In den 80er-Jahren konnte man die Bücher aus kleinen Verlagen bereits im regulären Buchhandel bestellen.
Ich fand das Heft trotzdem toll. Es hatt einen anarchistischen Charme, jede Seite hatte ihr eigenes Layout. Manche Seiten sahen aus, als seien sie von einem pofessionellen Grafiker gestaltet worden, andere wirkten so, als hätten drei Schüler ihre erste Zeitung gebastelt. Ich mochte das Durcheinander, weil es für Abwechlung stand.
Vor allem aber lieferte das Blatt mir Gedanken, auf die ich nicht selbst gekommen wäre und die mir weder in der Schule noch im Elternhaus vermittelt wurden. Die Ausgabe 100, die im Sommer 1985 erschien, ist hierfür ein gutes Beispiel – im Prinzip war das »Ulcus Molle Info« eben ein Fanzine, aber eines für Literatur-Interessierte im weitesten Sinn.
Herausgeber war Josef Wintjes, von allen nur »Biby« genannt, ein eifrig rauchender Mann mit kräftigem Schnauzer, den ich ein einziges Mal im Rahmen einer Minipressen-Messe in Mainz kennenlernen sollte und der Mitte der 90er-Jahre starb. Er hatte seinen eigenen Blick auf manche Dinge, glaubte immer noch an die Alternativ-Szene, die aber bereits in den 80er-Jahren zerrieben erschien: Die erfolgreichen Autoren wechselten in die großen Verlage, die Kleinverlage lösten sich teilweise auf.
Wintjes schrieb in der Nummer hundert mehrfach darüber, dass er sein Konzept ändern müsse. Ihm war klar, dass er sich anders positionieren musste, wollte er mit seinem Buch- und Zeitschriftenvertrieb überleben. (In der Folge brachte er neue Zeitschriften heraus und versuchte sich an Anthologien.) Zwischen Buch- und Zeitschriftenbesprechungen, zwischen dem Angebot seines Versandhandels und zahlreichen Kleinanzeigen gibt es längere Texte, in denen Wintjes auf die Vergangenheit zurückblickt.
Die Nummer 100 des »Ulcus Molle Infos« wirkt heute wie ein Abgesang auf die 70er-Jahre, die damals schon lange vorüber waren. Die einzelnen Seiten – teilweise wild gestaltet, teilweise durchaus künstlerisch – vermitteln aber immer noch den Eindruck einer brodelnden Szene. Irgendwie schade, dass es so etwas nicht mehr gibt ...
Seine große Zeit hatte es damals schon hinter sich. Das »Ulcus Molle Info« war in den 70er-Jahren durchaus wichtig – wer damals Literatur aus kleinen Verlagen lesen wollte, war auf diese Zeitschrift angewiesen. In den 80er-Jahren konnte man die Bücher aus kleinen Verlagen bereits im regulären Buchhandel bestellen.
Ich fand das Heft trotzdem toll. Es hatt einen anarchistischen Charme, jede Seite hatte ihr eigenes Layout. Manche Seiten sahen aus, als seien sie von einem pofessionellen Grafiker gestaltet worden, andere wirkten so, als hätten drei Schüler ihre erste Zeitung gebastelt. Ich mochte das Durcheinander, weil es für Abwechlung stand.
Vor allem aber lieferte das Blatt mir Gedanken, auf die ich nicht selbst gekommen wäre und die mir weder in der Schule noch im Elternhaus vermittelt wurden. Die Ausgabe 100, die im Sommer 1985 erschien, ist hierfür ein gutes Beispiel – im Prinzip war das »Ulcus Molle Info« eben ein Fanzine, aber eines für Literatur-Interessierte im weitesten Sinn.
Herausgeber war Josef Wintjes, von allen nur »Biby« genannt, ein eifrig rauchender Mann mit kräftigem Schnauzer, den ich ein einziges Mal im Rahmen einer Minipressen-Messe in Mainz kennenlernen sollte und der Mitte der 90er-Jahre starb. Er hatte seinen eigenen Blick auf manche Dinge, glaubte immer noch an die Alternativ-Szene, die aber bereits in den 80er-Jahren zerrieben erschien: Die erfolgreichen Autoren wechselten in die großen Verlage, die Kleinverlage lösten sich teilweise auf.
Wintjes schrieb in der Nummer hundert mehrfach darüber, dass er sein Konzept ändern müsse. Ihm war klar, dass er sich anders positionieren musste, wollte er mit seinem Buch- und Zeitschriftenvertrieb überleben. (In der Folge brachte er neue Zeitschriften heraus und versuchte sich an Anthologien.) Zwischen Buch- und Zeitschriftenbesprechungen, zwischen dem Angebot seines Versandhandels und zahlreichen Kleinanzeigen gibt es längere Texte, in denen Wintjes auf die Vergangenheit zurückblickt.
Die Nummer 100 des »Ulcus Molle Infos« wirkt heute wie ein Abgesang auf die 70er-Jahre, die damals schon lange vorüber waren. Die einzelnen Seiten – teilweise wild gestaltet, teilweise durchaus künstlerisch – vermitteln aber immer noch den Eindruck einer brodelnden Szene. Irgendwie schade, dass es so etwas nicht mehr gibt ...
25 Juli 2018
Graffito im Wald
Auf der Landstraße zeigte das Thermometer in meinem Auto noch 32,5 Grad, in Karlsruhe drin waren es 34 Grad. Weil ich schon schwitzte, wenn ich nur blöd herumsaß, entschloss ich mich, mir für das Schwitzen einen vernünftigen Grund zu geben: Ich setzte mich aufs Rad und fuhr in den Wald.
Ich nahm die Grabener Allee nach Norden. Wie immer, wenn ich auf dieser Strecke durch den Wald fuhr und das Forschungszentrum passierte, fand ich es amüsant, dass man an einem Graben entlangfuhr, wenn man zu dem Dorf namens Graben kommen wollte. Von Graben aus fuhr ich über Neudorf und irgendwelche schmalen Wald- und Wiesenwege bis nach Rußheim, dort in dieses Elisabethenwörth und von diesem Winkel des Altheins recht flott zurück.
Unterwegs überquerte ich eine Straße, sah ein Graffito und musste echt lachen. Ich zückte mein Smartphone und fotografierte es. »Krebs für Gauland« ist keine sehr nette Aussage, aber dass jemand das Zitat einer Punk-Band aus Karlsruhe im Wald irgendwo hinsprüht, das fand ich dann doch lustig.
Und so hatten die zweieinhalb Stunden Fahrt, die ich bei recht schweißtreibenden Temperaturen absolvierte, auch noch einen humoristischen und punkrock-spezifischen Aspekt ...
Ich nahm die Grabener Allee nach Norden. Wie immer, wenn ich auf dieser Strecke durch den Wald fuhr und das Forschungszentrum passierte, fand ich es amüsant, dass man an einem Graben entlangfuhr, wenn man zu dem Dorf namens Graben kommen wollte. Von Graben aus fuhr ich über Neudorf und irgendwelche schmalen Wald- und Wiesenwege bis nach Rußheim, dort in dieses Elisabethenwörth und von diesem Winkel des Altheins recht flott zurück.
Unterwegs überquerte ich eine Straße, sah ein Graffito und musste echt lachen. Ich zückte mein Smartphone und fotografierte es. »Krebs für Gauland« ist keine sehr nette Aussage, aber dass jemand das Zitat einer Punk-Band aus Karlsruhe im Wald irgendwo hinsprüht, das fand ich dann doch lustig.
Und so hatten die zweieinhalb Stunden Fahrt, die ich bei recht schweißtreibenden Temperaturen absolvierte, auch noch einen humoristischen und punkrock-spezifischen Aspekt ...
24 Juli 2018
Martin Krist im Interview
Aus der Serie »Drei Fragen an …«
Martin Krist kenne ich seit gut zwanzig Jahren, so richtig unterhalten haben wir uns aber erstmals im vergangenen Sommer beim LiteraturCamp in Heidelberg. Ein zweites Gespräch schloss sich in diesem Sommer an – Martin hielt beides Mal vielbeachtete Vorträge.
Nachdem er viele Jahre für verschiedene Verlage geschrieben hat, ist er nun erfolgreicher Selfpublisher. (Dieser Tage erschien sein aktueller Roman »Stille Schwester«.) Ich wollte wissen, warum er das tut, ob er es schon bereut und ob sich das neue Engagement eigentlich auszahlt. Wir führten das Interview per Mail.
Frage: Nachdem du jahrelang erfolgreich in verschiedenen Verlagen publiziert hast, bist du jetzt als Selfpublisher unterwegs. Ging's dir da nur um die Freiheit, oder hast du damit auch ein anderes Einkommen?
Martin Krist: Sowohl als auch. Einerseits hat sich bei mir ein Frust angestaut über die Verlage, bei denen vielfach nur noch Chaos herrscht, Fehler passieren, meine Arbeit kaum eine Wertschätzung erfuhr. Und obendrein schränkten sie mich dann auch noch ein in ihrer verzweifelten Suche nach dem nächsten, großen, schnellen Erfolg. Getreu der Devise: Schreib das, was gerade angesagt ist, oder ...
Auf der anderen Seite ging es mir natürlich um ein anderes, besseres Einkommen. Denn zuletzt hatte ich bei den Verlagen nur noch Angst um meine Existenz. Wie geht es weiter? Was wird nächste Jahr? Will der Verlag mich weiterhin?
Dieser Druck ist jetzt weg. Ich weiß ganz genau, was nächstes Jahr passieren wird. Und ich alleine bin dafür verantwortlich, mit all meiner Kraft, vor allem aber mit all meinen Ideen, meiner Kreativität, meiner Professionalität, die nicht fortwährend ausgebremst wird.
Frage: Auf dem LitCamp sagtest du sehr pointiert, der Buchhandel solle sterben. Das klingt schon sehr negativ. Woher diese Wut?
Martin Krist: Wut ist der falsche Ausdruck. Eher: Enttäuschung. Oder: Resignation. Wenn der Buchhandel trotz meiner intensiven und, ja, auch finanziellen Bemühungen nicht bereit ist, sich auf mich – oder grundsätzlich: auf neue Entwicklungen – einzulassen, dann ist mir der Buchhandel auch egal. Wenn er sich nicht ändern will, kann ich es auch nicht ändern. Dann wird er über kurz oder lang eben sterben. So einfach ist das.
Frage: Derzeit läuft es ja ganz gut für dich – Deine Bücher verkaufen sich, und du hat als Selfpublisher ein gutes Auskommen. Aber was wäre, wenn ein Verlag auf dich zukäme und dir ein vernünftiges Angebot machen würde?
Martin Krist: Diese Frage wurde mir inzwischen schon mehrmals gestellt. Ganz ehrlich: Dieses Angebot müsste schon sehr, sehr vernünftig sein, damit ich es mir überlege. Mit dem, was die Verlage mir in der Vergangenheit geboten haben – und hey, das waren durchaus Vorschüsse im fünfstelligen Bereich – locken sich mich nicht mehr hinter dem Ofen hervor. Dafür genieße ich viel zu sehr meine Freiheit.
Martin Krist kenne ich seit gut zwanzig Jahren, so richtig unterhalten haben wir uns aber erstmals im vergangenen Sommer beim LiteraturCamp in Heidelberg. Ein zweites Gespräch schloss sich in diesem Sommer an – Martin hielt beides Mal vielbeachtete Vorträge.
Nachdem er viele Jahre für verschiedene Verlage geschrieben hat, ist er nun erfolgreicher Selfpublisher. (Dieser Tage erschien sein aktueller Roman »Stille Schwester«.) Ich wollte wissen, warum er das tut, ob er es schon bereut und ob sich das neue Engagement eigentlich auszahlt. Wir führten das Interview per Mail.
Frage: Nachdem du jahrelang erfolgreich in verschiedenen Verlagen publiziert hast, bist du jetzt als Selfpublisher unterwegs. Ging's dir da nur um die Freiheit, oder hast du damit auch ein anderes Einkommen?
Martin Krist: Sowohl als auch. Einerseits hat sich bei mir ein Frust angestaut über die Verlage, bei denen vielfach nur noch Chaos herrscht, Fehler passieren, meine Arbeit kaum eine Wertschätzung erfuhr. Und obendrein schränkten sie mich dann auch noch ein in ihrer verzweifelten Suche nach dem nächsten, großen, schnellen Erfolg. Getreu der Devise: Schreib das, was gerade angesagt ist, oder ...
Auf der anderen Seite ging es mir natürlich um ein anderes, besseres Einkommen. Denn zuletzt hatte ich bei den Verlagen nur noch Angst um meine Existenz. Wie geht es weiter? Was wird nächste Jahr? Will der Verlag mich weiterhin?
Dieser Druck ist jetzt weg. Ich weiß ganz genau, was nächstes Jahr passieren wird. Und ich alleine bin dafür verantwortlich, mit all meiner Kraft, vor allem aber mit all meinen Ideen, meiner Kreativität, meiner Professionalität, die nicht fortwährend ausgebremst wird.
Frage: Auf dem LitCamp sagtest du sehr pointiert, der Buchhandel solle sterben. Das klingt schon sehr negativ. Woher diese Wut?
Martin Krist: Wut ist der falsche Ausdruck. Eher: Enttäuschung. Oder: Resignation. Wenn der Buchhandel trotz meiner intensiven und, ja, auch finanziellen Bemühungen nicht bereit ist, sich auf mich – oder grundsätzlich: auf neue Entwicklungen – einzulassen, dann ist mir der Buchhandel auch egal. Wenn er sich nicht ändern will, kann ich es auch nicht ändern. Dann wird er über kurz oder lang eben sterben. So einfach ist das.
Frage: Derzeit läuft es ja ganz gut für dich – Deine Bücher verkaufen sich, und du hat als Selfpublisher ein gutes Auskommen. Aber was wäre, wenn ein Verlag auf dich zukäme und dir ein vernünftiges Angebot machen würde?
Martin Krist: Diese Frage wurde mir inzwischen schon mehrmals gestellt. Ganz ehrlich: Dieses Angebot müsste schon sehr, sehr vernünftig sein, damit ich es mir überlege. Mit dem, was die Verlage mir in der Vergangenheit geboten haben – und hey, das waren durchaus Vorschüsse im fünfstelligen Bereich – locken sich mich nicht mehr hinter dem Ofen hervor. Dafür genieße ich viel zu sehr meine Freiheit.
23 Juli 2018
HIGH aus Tübingen
Was für ein Brett! Die Band nennt sich HIGH – in Versalien geschrieben –, kommt aus der beschaulichen Universitätsstadt Tübingen und veröffentlichte im August 2016 die EP »High Spirits In Sick Times«. Es war der zweite Tonträger der Band, die Auflage betrug nur 500 Exemplare.
Sechs mal bolzt die Band einen rasenden Trash-Punk auf die Menschheit los. Der Sänger brüllt, die Gitarre knallt, Schlagzeug und Bass bollern ununterbrochen; das ist schnell und laut und so aggressiv, dass es eine wahre Freude ist. In den kurzen Stücken, deren Texte man durch Anhören nicht verstehen kann, geht’s um »Seggl auf Rädern« und andere lebensnahe Themen.
Das ist Hardcore, wie man ihn anfangs der 80er-Jahre in den USA erfunden hat. Zeit für emotionale Ausbrüche oder Metal-Soli hat da niemand – und das ist dann auch gut so. HIGH machen Rabauken-Hardcore, wie ich ihn mir immer noch anhören kann. Ich hoffe, dass bei den Konzerten der Band dann auch ordentlich was los ist … gesehen habe ich HIGH leider noch nie.
Sechs mal bolzt die Band einen rasenden Trash-Punk auf die Menschheit los. Der Sänger brüllt, die Gitarre knallt, Schlagzeug und Bass bollern ununterbrochen; das ist schnell und laut und so aggressiv, dass es eine wahre Freude ist. In den kurzen Stücken, deren Texte man durch Anhören nicht verstehen kann, geht’s um »Seggl auf Rädern« und andere lebensnahe Themen.
Das ist Hardcore, wie man ihn anfangs der 80er-Jahre in den USA erfunden hat. Zeit für emotionale Ausbrüche oder Metal-Soli hat da niemand – und das ist dann auch gut so. HIGH machen Rabauken-Hardcore, wie ich ihn mir immer noch anhören kann. Ich hoffe, dass bei den Konzerten der Band dann auch ordentlich was los ist … gesehen habe ich HIGH leider noch nie.
Künftig auch Interview in meinem Blog
Ich habe schon oft darüber gesprochen, dass dieser Blog hier nichts anderes ist als die direkte Fortsetzung meines Punkrock- und Egozines, das von 1986 bis 2006 erschienen ist. Das heißt: Ich schreibe über Dinge, die mich interessieren, und ich nehme dazu einen sehr subjektiven Blick; alles andere wäre falsch.
Dabei entsteht kein Journalismus, es ist auch keine anspruchsvolle Literatur – aber es ist ein Blick auf die Welt, der von jahrzehntelanger Sozialisation durch Science Fiction und Punkrock, Comics und Bier geprägt worden ist. Und so, wie es im alten ENPUNKT-Fanzine immer mal wieder ein Interview gab, möchte ich das im ENPUNKT-Blog fortführen.
Unter der Rubrik »Drei Fragen an ...« sollen diese kurzen Interviews kommen. Ich möchte Autorinnen und Autoren vorstellen, Musiker, Künstler, vielleicht auch ganz normale Leute – zu denen ich eben eine persönliche Bindung oder Beziehung habe. Lasst euch überraschen ... morgen geht's los.
Dabei entsteht kein Journalismus, es ist auch keine anspruchsvolle Literatur – aber es ist ein Blick auf die Welt, der von jahrzehntelanger Sozialisation durch Science Fiction und Punkrock, Comics und Bier geprägt worden ist. Und so, wie es im alten ENPUNKT-Fanzine immer mal wieder ein Interview gab, möchte ich das im ENPUNKT-Blog fortführen.
Unter der Rubrik »Drei Fragen an ...« sollen diese kurzen Interviews kommen. Ich möchte Autorinnen und Autoren vorstellen, Musiker, Künstler, vielleicht auch ganz normale Leute – zu denen ich eben eine persönliche Bindung oder Beziehung habe. Lasst euch überraschen ... morgen geht's los.
22 Juli 2018
Früh-80er-Jahre-Hardcore in Karlsruhe
Erstaunlicherweise habe ich Musik aus den späten 70er-Jahren besser im Kopf als den Sound der frühen 80er-Jahre. Das merkte ich, als ich am Samstag abend, 21. Juli, unterwegs zur »Alten Hackerei« war. Zwei Bands sollten spielen, die anfangs der 80er-Jahre mit ihrem Hardcore in den USA für Aufmerksamkeit sorgten, und mir fiel so gut wie kein Stück der beiden Bands ein.
Es herrschten tropische Verhältnisse an diesem Abend; es war nicht einmal sonderlich heiß, dafür sehr schwül. Auch wenn man sich im Konzertraum nicht viel bewegte, schwitzte man recht schnell. Gegen den Durst trank ich ein Bier, dann schaute ich mir die erste Band an.
Dr. Know waren nie eine meiner Lieblinge gewesen. Dieser ruppige und abgehackte Sound, bei dem immer eine geradezu sägende Gitarre dazwischen haut, war mir nie ins Ohr gegangen. An diesem Abend sah ich die Band zum ersten Mal – wobei von der Originalbesetzung ja eh nur noch eine Person übrig war. Ich fand's durchaus mitreißend, der schnelle Hardcore war knallig gespielt, und ins Publikum geriet ein wenig Bewegung.
In der Pause unterhielt ich mit vielen Leuten und kam nicht gleich zum ersten Stück in den Konzertraum. Der war anständig gefüllt, aber ich konnte locker nach vorne durchgehen. Dort sah ich dann MDC zum wiederholten Mal in meinem Leben – einer der guten Auftritte der Band sogar, vielleicht sogar einer der sehr guten.
Der Sänger hatte an diesem Abend einen starken Auftritt, er wirkte charismatisch, und wenn er ins Mikrofon röhrte, klang das glaubhaft und mitreißend. Leider verstand man von seinen Ansagen nicht viel, aber das ging mir auch früher bei den Stücken so: Um zu verstehen, was MDC meinte, musste man die Textblätter lesen. Dann kapierte man, dass hinter »John Wayne Was A Nazi« oder »No More Cops« ein sarkastisch-kritischer Blick auf die amerikanische Gesellschaft existierte, der sogar recht schlau argumentiert wurde.
An diesem Samstagabend verstand ich zu wenig von dem, was er meinte. Dass die Band den aktuellen Präsidenten nicht gerade schätzt, war allerdings schnell klar. Ich fand den Auftritt auf jeden Fall klasse, ich hüpfte ein wenig auf der Stelle und war Ende völlig verschwitzt. Ein schönes Konzert!
Es herrschten tropische Verhältnisse an diesem Abend; es war nicht einmal sonderlich heiß, dafür sehr schwül. Auch wenn man sich im Konzertraum nicht viel bewegte, schwitzte man recht schnell. Gegen den Durst trank ich ein Bier, dann schaute ich mir die erste Band an.
Dr. Know waren nie eine meiner Lieblinge gewesen. Dieser ruppige und abgehackte Sound, bei dem immer eine geradezu sägende Gitarre dazwischen haut, war mir nie ins Ohr gegangen. An diesem Abend sah ich die Band zum ersten Mal – wobei von der Originalbesetzung ja eh nur noch eine Person übrig war. Ich fand's durchaus mitreißend, der schnelle Hardcore war knallig gespielt, und ins Publikum geriet ein wenig Bewegung.
In der Pause unterhielt ich mit vielen Leuten und kam nicht gleich zum ersten Stück in den Konzertraum. Der war anständig gefüllt, aber ich konnte locker nach vorne durchgehen. Dort sah ich dann MDC zum wiederholten Mal in meinem Leben – einer der guten Auftritte der Band sogar, vielleicht sogar einer der sehr guten.
Der Sänger hatte an diesem Abend einen starken Auftritt, er wirkte charismatisch, und wenn er ins Mikrofon röhrte, klang das glaubhaft und mitreißend. Leider verstand man von seinen Ansagen nicht viel, aber das ging mir auch früher bei den Stücken so: Um zu verstehen, was MDC meinte, musste man die Textblätter lesen. Dann kapierte man, dass hinter »John Wayne Was A Nazi« oder »No More Cops« ein sarkastisch-kritischer Blick auf die amerikanische Gesellschaft existierte, der sogar recht schlau argumentiert wurde.
An diesem Samstagabend verstand ich zu wenig von dem, was er meinte. Dass die Band den aktuellen Präsidenten nicht gerade schätzt, war allerdings schnell klar. Ich fand den Auftritt auf jeden Fall klasse, ich hüpfte ein wenig auf der Stelle und war Ende völlig verschwitzt. Ein schönes Konzert!
21 Juli 2018
Common Cause aus Norwegen
Hardcore der klassisch-amerikanischen Schule ist nicht totzukriegen, und alle paar Jahre wird ein neues Revival verkündet. Zumindest bei der norwegischen Kapelle Common Cause geschah die Gründung in den Nuller-Jahren nicht aus Revival-Gründen: Die fünf Musiker hatten allesamt vorher in anderen Bands gespielt.
Als Common Cause knallten sie 2005 ein Demo-Tape heraus, 2006 kam sofort die erste EP. Die trug den schönen Titel »Statement of Purpose«, wurde ursprünglich auf einem belgischen Label veröffentlicht und bietet sechs mal knalligen Hardcore. Das klingt alles ein wenig nach New York in den späten 80er-Jahren, die Burschen haben in ihrer Jugend sicher viel Youth Of Today gehört, und das ist nicht die schlechteste Referenz.
Textlich setzte man auf die englische Sprache und die bekannten Inhalte: Die Band formulierte ihr Unbehagen mit der aktuellen Weltlage, forderte zu »Reflection and Change« auf oder schrieb über ihr eigenes »Coming of Age«. Das mag man ausgelutscht oder gar belanglos nennen, originell ist es sicher nicht.
Wer aber auf den klassischen Hardcore steht, wird von der Band hervorragend bedient. Ich fand und finde die EP großartig – sie ist in dieser Version bei Powered Records erschienen und längst vergriffen. Aber es gibt ja Bandcamp, wo man sich alles anhören kann, sowie eine CD, auf der auch die Demo-Aufnahmen gebrannt wurden ...
Als Common Cause knallten sie 2005 ein Demo-Tape heraus, 2006 kam sofort die erste EP. Die trug den schönen Titel »Statement of Purpose«, wurde ursprünglich auf einem belgischen Label veröffentlicht und bietet sechs mal knalligen Hardcore. Das klingt alles ein wenig nach New York in den späten 80er-Jahren, die Burschen haben in ihrer Jugend sicher viel Youth Of Today gehört, und das ist nicht die schlechteste Referenz.
Textlich setzte man auf die englische Sprache und die bekannten Inhalte: Die Band formulierte ihr Unbehagen mit der aktuellen Weltlage, forderte zu »Reflection and Change« auf oder schrieb über ihr eigenes »Coming of Age«. Das mag man ausgelutscht oder gar belanglos nennen, originell ist es sicher nicht.
Wer aber auf den klassischen Hardcore steht, wird von der Band hervorragend bedient. Ich fand und finde die EP großartig – sie ist in dieser Version bei Powered Records erschienen und längst vergriffen. Aber es gibt ja Bandcamp, wo man sich alles anhören kann, sowie eine CD, auf der auch die Demo-Aufnahmen gebrannt wurden ...
20 Juli 2018
Busfahrt mit Pommes
Der Bus hielt an, der Busfahrer stieg aus. Ich war bereits wieder im Halbschlaf an diesem frühen Morgen. Wir hatten früh aufstehen müssen, um den Sammeltransport zum Flughafen zu erwischen, und der Bus steuerte alle paar Minuten ein anderes Hotel an, um dort zwei oder drei Reisende aufzunehmen. Das konnte also dauern, und in solchen Fällen hatte es sich als sinnvoll erwiesen, einfach ein wenig zu schlafen.
Ein Paar in luftiger Sommerkleidung kam aus dem Hotel, gefolgt von zwei Kindern und dem Busfahrer, der eine Liste in der Hand trug, auf die er irgendwas notierte. Sie setzten sich in die Reihe vor uns, die Mutter mit dem Jungen auf die linke, der Vater mit dem Mädchen auf die rechte Seite. Die Kinder waren ziemlich aufgekratzt und quasselten; die Mutter ging mit kurzen Worten darauf ein, während der Vater still zum Fenster hinaussah.
Es waren Engländer, und ihr Dialekt war für mich schwer verständlich. Das war mir recht: Je weniger ich verstand, desto besser konnte ich schlafen. Und je tiefer ich schlief, desto weniger bekam ich von der langweiligen Fahrt mit.
Der Bus fuhr an, eierte durch kurvige Nebenstraßen, holperte über eine »speed bump« und kam langsam in Richtung Hauptstraße. Der Junge vor mir begann zu husten, es klang nicht gesund. Obwohl ich nicht wollte, hörte ich zu. Die Mutter versuchte ihn zu beruhigen, es wurde nicht besser. Sie holte Servietten aus ihrer Handtasche.
Es half nichts: Das Husten ging in einen Würgereiz über, dann erbrach sich der Junge. Das Mädchen fühlte sich dadurch offenbar beeinflusst und begann ebenfalls zu kotzen. Der Geruch vom Pommes frites, die noch nicht lang im Magen gelegen hatten, verbreitete sich durch die vorderen Reihen des Busses, und die Geräusche machten keinen richtig positiven Eindruck.
Na super!, dachte ich. Wieso müssen die Kinder schon zum Frühstück Pommes essen, wenn der Magen es schon nicht verträgt?
Den Rest der Fahrt verbrachte ich mit geschlossenen Augen. Schlafen konnte ich nichts, ich roch zudem die Pommes und hörte die Brechgeräusche. Als wir am Flughafen eintrafen, war ich hellwach und in besonders guter Stimmung …
Ein Paar in luftiger Sommerkleidung kam aus dem Hotel, gefolgt von zwei Kindern und dem Busfahrer, der eine Liste in der Hand trug, auf die er irgendwas notierte. Sie setzten sich in die Reihe vor uns, die Mutter mit dem Jungen auf die linke, der Vater mit dem Mädchen auf die rechte Seite. Die Kinder waren ziemlich aufgekratzt und quasselten; die Mutter ging mit kurzen Worten darauf ein, während der Vater still zum Fenster hinaussah.
Es waren Engländer, und ihr Dialekt war für mich schwer verständlich. Das war mir recht: Je weniger ich verstand, desto besser konnte ich schlafen. Und je tiefer ich schlief, desto weniger bekam ich von der langweiligen Fahrt mit.
Der Bus fuhr an, eierte durch kurvige Nebenstraßen, holperte über eine »speed bump« und kam langsam in Richtung Hauptstraße. Der Junge vor mir begann zu husten, es klang nicht gesund. Obwohl ich nicht wollte, hörte ich zu. Die Mutter versuchte ihn zu beruhigen, es wurde nicht besser. Sie holte Servietten aus ihrer Handtasche.
Es half nichts: Das Husten ging in einen Würgereiz über, dann erbrach sich der Junge. Das Mädchen fühlte sich dadurch offenbar beeinflusst und begann ebenfalls zu kotzen. Der Geruch vom Pommes frites, die noch nicht lang im Magen gelegen hatten, verbreitete sich durch die vorderen Reihen des Busses, und die Geräusche machten keinen richtig positiven Eindruck.
Na super!, dachte ich. Wieso müssen die Kinder schon zum Frühstück Pommes essen, wenn der Magen es schon nicht verträgt?
Den Rest der Fahrt verbrachte ich mit geschlossenen Augen. Schlafen konnte ich nichts, ich roch zudem die Pommes und hörte die Brechgeräusche. Als wir am Flughafen eintrafen, war ich hellwach und in besonders guter Stimmung …
19 Juli 2018
Der zweite ENPUNKT kam im Winter
Mein Fanzine ENPUNKT, dessen erste Ausgabe im Spätsommer 1986 veröffentlicht wurde, war ziemlich ungeplant: Ich wollte ein Egozine machen, in dem ich mich zu den Dingen äußerte, die mich interessierten. Ich wollte über Science Fiction und Punkrock schreiben, über Dosenbier und Comics, und ich wollte vor allem einen Stil benutzen, der mir persönlich gefiel – direkt und aus dem Bauch heraus, ohne umfangreiches Lektorat oder Korrektorat.
Schaue ich mir die zweite ENPUNKT-Ausgabe an, die im verschneiten Dezember 1986 veröffentlicht wurde, macht diese sehr deutlich klar, in welche Richtung sich das Heft später weiter entwickeln sollte. So gibt es beispielsweise einen ausführlichen Konzertbericht vom Nikolaus-Pogo in Geislingen, bei dem so illustre Bands wie Spermbirds und Schließmuskel, Leberwohlstand und Schlimme Kindheit aufspielten; im Heft war aber ebenso ein Nachruf auf einen verstorbenen Fantasy-Fan enthalten, den ich Wochen zuvor erst besucht hatte.
Das Titelbild stammte von Matthias Langer aus Köln. Ich war unfähig, auch nur krakelig zu zeichnen, und ich war immer froh, wenn mir jemand hilfreich unter die Arme griff. Matthias sollte immer wieder Titelbilder liefern – und weil er sich ebenfalls zwischen Comics, Science Fiction, Bier und Krachmusik bewegte, verstand er es stets sehr gut, den Inhalt einer ENPUNKT-Ausgabe gut zusammenzufassen.
Zu den genannten Texten kamen in dem 16 Seiten umfassenden Mini-Fanzine noch Besprechungen anderer Fanzines, allerlei Bemerkungen und ein wütender Artikel unter der Überschrift »Ich will kein viertes Reich!«, der heute reichlich alarmistisch wirkt. Eine Mischung an Themen also, die ich über zwanzig Jahre beibehalten sollte.
1986 war ich 22 Jahre alt und wusste noch nicht so richtig, wo ich hinwollte. Der ENPUNKT war eine Möglichkeit, meine Gedanken in die Welt zu brüllen. Die war zwar recht klein – die Auflage des Heftes betrug rund 100 Exemplare –, aber ich wollte mich äußern. Und ein kopiertes Egozine war hierfür eine tolle Möglichkeit.
Schaue ich mir die zweite ENPUNKT-Ausgabe an, die im verschneiten Dezember 1986 veröffentlicht wurde, macht diese sehr deutlich klar, in welche Richtung sich das Heft später weiter entwickeln sollte. So gibt es beispielsweise einen ausführlichen Konzertbericht vom Nikolaus-Pogo in Geislingen, bei dem so illustre Bands wie Spermbirds und Schließmuskel, Leberwohlstand und Schlimme Kindheit aufspielten; im Heft war aber ebenso ein Nachruf auf einen verstorbenen Fantasy-Fan enthalten, den ich Wochen zuvor erst besucht hatte.
Das Titelbild stammte von Matthias Langer aus Köln. Ich war unfähig, auch nur krakelig zu zeichnen, und ich war immer froh, wenn mir jemand hilfreich unter die Arme griff. Matthias sollte immer wieder Titelbilder liefern – und weil er sich ebenfalls zwischen Comics, Science Fiction, Bier und Krachmusik bewegte, verstand er es stets sehr gut, den Inhalt einer ENPUNKT-Ausgabe gut zusammenzufassen.
Zu den genannten Texten kamen in dem 16 Seiten umfassenden Mini-Fanzine noch Besprechungen anderer Fanzines, allerlei Bemerkungen und ein wütender Artikel unter der Überschrift »Ich will kein viertes Reich!«, der heute reichlich alarmistisch wirkt. Eine Mischung an Themen also, die ich über zwanzig Jahre beibehalten sollte.
1986 war ich 22 Jahre alt und wusste noch nicht so richtig, wo ich hinwollte. Der ENPUNKT war eine Möglichkeit, meine Gedanken in die Welt zu brüllen. Die war zwar recht klein – die Auflage des Heftes betrug rund 100 Exemplare –, aber ich wollte mich äußern. Und ein kopiertes Egozine war hierfür eine tolle Möglichkeit.
18 Juli 2018
Kein Fußballfieber im Sommer 2018
Ich bin alles andere als ein beinharter Fußballfan. Ich gehe nicht ins Stadion, ich kenne mich mit der aktuellen Bundesliga-Tabelle nie aus. Aber ich schaue gern mal ein Spiel an und mutiere bei der Fußball-Weltmeisterschaft zumindest ein bisschen zu einem Fußball-Patrioten.
Seit ich 1974 die erste Weltmeisterschaft im Fernsehen mitbekommen habe – unvergessen die legendäre Wasserschlacht gegen Polen! –, bin ich bei solchen Ereignissen gern ein Zuschauer. Ich erinnere mich an Maradona in den 80er-Jahren, an die Verblüffung im Sommer 1990, an die Niederlage gegen die Kroaten 1998, an das Sommermärchen 2006, an den Erfolg von 2014.
2018 war alles anders. Nicht einmal das Endspiel begeisterte mich – und es hatte nichts damit zu tun, dass die deutsche Mannschaft so früh das Turnier verlassen musste. In früheren Turnieren sah ich mir auch Vorrundenspiele an, vor allem viele Viertel- und Halbfinalspiele; diesmal verpasste ich den größten Teil.
Es schien mir egal zu sein, auch wenn ich nicht begründen könnte, woran es lag. Ging mir der neue deutsche Patriotismus so auf die Nerven? Lag es an Russland? Stresste mich der Job sehr? Ich werde es wohl nie erfahren. Was bleibt, ist eine Weltmeisterschaft, die mich kalt ließ ...
Seit ich 1974 die erste Weltmeisterschaft im Fernsehen mitbekommen habe – unvergessen die legendäre Wasserschlacht gegen Polen! –, bin ich bei solchen Ereignissen gern ein Zuschauer. Ich erinnere mich an Maradona in den 80er-Jahren, an die Verblüffung im Sommer 1990, an die Niederlage gegen die Kroaten 1998, an das Sommermärchen 2006, an den Erfolg von 2014.
2018 war alles anders. Nicht einmal das Endspiel begeisterte mich – und es hatte nichts damit zu tun, dass die deutsche Mannschaft so früh das Turnier verlassen musste. In früheren Turnieren sah ich mir auch Vorrundenspiele an, vor allem viele Viertel- und Halbfinalspiele; diesmal verpasste ich den größten Teil.
Es schien mir egal zu sein, auch wenn ich nicht begründen könnte, woran es lag. Ging mir der neue deutsche Patriotismus so auf die Nerven? Lag es an Russland? Stresste mich der Job sehr? Ich werde es wohl nie erfahren. Was bleibt, ist eine Weltmeisterschaft, die mich kalt ließ ...
17 Juli 2018
Dann doch lieber mit dem Taxi?
Ich wollte den Zug um 7.36 Uhr bekommen und verließ um 7.05 Uhr das Haus. Meiner Ansicht nach sollte das gut reichen – es gibt ja genügend Straßenbahnen in Karlsruhe. Zudem war ich nicht völlig unerfahren, was das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln anging.
Als dann am Europaplatz die Straßenbahn einige Verspätung hatte, wurde mir klar, dass es eng werden würde ... Sehr eng! Einige andere Menschen, die ebenfalls Gepäck mit sich führte, wirkten ähnlich nervös wie ich.
In der Straßenbahn lief mir der Schweiß in Strömen den Nacken hinunter und nässte mein Hemd. Ich war angespannt und hoffte ausnahmsweise, die Bahn hätte Verspätung. Das gab es schließlich öfter. Aber wenn man sich auf Pünktlichkeit und Verspätung verlassen könnte, wäre ja manches einfacher.
Ich kam auf die Sekunde genau pünktlich am Bahnsteig an, verschwitzt und genervt, weil ich durch den ganzen Bahnhof gerannt war. Der Zug stand vor meiner Nase und bewegte sich nicht, die Türen waren zu.
Mit mir war ein Mann im hellblauen Hemd in der Straßenbahn gesessen, er hatte auch die verschlossene Tür erreicht. Wir schauten dem Zug zu, wie er eine geschlagene Minute vor unserer Nase stand, ohne dass sich etwas tat.
Dann fuhr der Zug ab, elegant und gelassen. Und ich machte mich auf den Weg, nach einem vernünftigen Anschluss zu suchen ... (Künftig, so schwor ich mir zum wiederholten Mal, würde ich mit dem Taxi zum Bahnhof fahren. Egal, was es kostete.)
Als dann am Europaplatz die Straßenbahn einige Verspätung hatte, wurde mir klar, dass es eng werden würde ... Sehr eng! Einige andere Menschen, die ebenfalls Gepäck mit sich führte, wirkten ähnlich nervös wie ich.
In der Straßenbahn lief mir der Schweiß in Strömen den Nacken hinunter und nässte mein Hemd. Ich war angespannt und hoffte ausnahmsweise, die Bahn hätte Verspätung. Das gab es schließlich öfter. Aber wenn man sich auf Pünktlichkeit und Verspätung verlassen könnte, wäre ja manches einfacher.
Ich kam auf die Sekunde genau pünktlich am Bahnsteig an, verschwitzt und genervt, weil ich durch den ganzen Bahnhof gerannt war. Der Zug stand vor meiner Nase und bewegte sich nicht, die Türen waren zu.
Mit mir war ein Mann im hellblauen Hemd in der Straßenbahn gesessen, er hatte auch die verschlossene Tür erreicht. Wir schauten dem Zug zu, wie er eine geschlagene Minute vor unserer Nase stand, ohne dass sich etwas tat.
Dann fuhr der Zug ab, elegant und gelassen. Und ich machte mich auf den Weg, nach einem vernünftigen Anschluss zu suchen ... (Künftig, so schwor ich mir zum wiederholten Mal, würde ich mit dem Taxi zum Bahnhof fahren. Egal, was es kostete.)
16 Juli 2018
Nakam aus Tübingen und ihr Hardcore
Die Band Nakam aus Tübingen hat sich offenbar nach einer jüdischen Gruppierung benannt, die nach dem Zweiten Weltkrieg das Ziel hatte, Rache für den Massenmord an den Juden zu üben. Das Word »Nakam« ließe sich auch schlichtweg mit »Rache« übersetzen – warum die Band sich für diesen Namen entschieden hat, ist mir allerdings unbekannt.
Seit 2014 hat sie diverse Tonträger veröffentlicht, ich habe die gleichnamige EP seit einigen Tagen auf dem Plattenteller – die kleine Platte enthält sechs Stücke, wurde auf 500 Exemplare limitiert und kam im Herbst 2017 bei dem kleinen Label Kink Records heraus. Geboten wird rotziger Hardcore-Punk mit Brüllgesang und treibendem Sound, der gut nach vorne knüppelt.
Okay, manchmal ist mir die Gitarre zu metallisch, ansonsten gibt es an dieser Band nur wenig auszusetzen. Die Stücke sind knackig und klar, sie rotzen richtig gut und versetzen mich nach kurzer Zeit in ein hektisches Gezappel. Sehr gelungen!
Seit 2014 hat sie diverse Tonträger veröffentlicht, ich habe die gleichnamige EP seit einigen Tagen auf dem Plattenteller – die kleine Platte enthält sechs Stücke, wurde auf 500 Exemplare limitiert und kam im Herbst 2017 bei dem kleinen Label Kink Records heraus. Geboten wird rotziger Hardcore-Punk mit Brüllgesang und treibendem Sound, der gut nach vorne knüppelt.
Okay, manchmal ist mir die Gitarre zu metallisch, ansonsten gibt es an dieser Band nur wenig auszusetzen. Die Stücke sind knackig und klar, sie rotzen richtig gut und versetzen mich nach kurzer Zeit in ein hektisches Gezappel. Sehr gelungen!
Ein Sonderheft zu fünfzig Jahren
Wann ich genau zum Mitglied in der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) wurde, weiß ich nicht mehr. Es muss in den ganz frühen 80er-Jahren geworden sein. Ich hatte damals ein Faible für Indianer und informierte mich über die damalige Situation indigener Völker in Nord- und Südamerika.
Die Gesellschaft kann in diesem Jahr 2018 ihren fünfzigsten Geburtstag feiern, und ich bin immer noch Mitglied. Dabei bin ich fürchterlich passiv: Ich zahle meinen Beitrag, ich spende gelegentlich ein wenig, und ich lese die Zeitschrift »Pogrom«. Die aktuelle Ausgabe 305 hat als wichtigstes Thema den Rückblick auf die fünfzigjährige Geschichte der Menschenrechtsorganisation.
Noch einmal wird die Geschichte erzählt, wie sich der Verein aufgrund des Biafra-Krieges und der damals anlaufenden Hilfe für Biafra gründete. Nachgezeichnet wird das Leben einiger Vereinsaktivisten, erzählt wird von den Regionalgruppen (ich wohne in Karlsruhe und mache vor Ort nichts für die GfbV; da ist es natürlich interessant, hier zu lesen, was sich so tut) oder von einzelnen Aktionen.
Die GfbV ist auf keinem Auge blind, das fand ich schon immer gut. Man kritisierte »linke« wie »rechte« Staaten und setzte sich immer für die Rechte von Minderheiten und Unterdrückten ein. Das fand und finde ich charmant, das halte ich nach wie vor für unterstützenswert. (Man kann über das Thema »kleine Nationen« gern auch diskutieren – aber das ist ein anderes Thema.)
Das 88 Seiten starke Heft steckt voller Informationen. Vieles war mir als regelmäßiger »Pogom«-Leser seit vielen Jahren bekannt, in der Zusammenstellung las ich trotzdem viele neue Themen. Eine gelungene Ausgabe, wie ich finde – und vielleicht wird durch mein Textlein hier jemand auf die Vereinigung aufmerksam.
Die Gesellschaft kann in diesem Jahr 2018 ihren fünfzigsten Geburtstag feiern, und ich bin immer noch Mitglied. Dabei bin ich fürchterlich passiv: Ich zahle meinen Beitrag, ich spende gelegentlich ein wenig, und ich lese die Zeitschrift »Pogrom«. Die aktuelle Ausgabe 305 hat als wichtigstes Thema den Rückblick auf die fünfzigjährige Geschichte der Menschenrechtsorganisation.
Noch einmal wird die Geschichte erzählt, wie sich der Verein aufgrund des Biafra-Krieges und der damals anlaufenden Hilfe für Biafra gründete. Nachgezeichnet wird das Leben einiger Vereinsaktivisten, erzählt wird von den Regionalgruppen (ich wohne in Karlsruhe und mache vor Ort nichts für die GfbV; da ist es natürlich interessant, hier zu lesen, was sich so tut) oder von einzelnen Aktionen.
Die GfbV ist auf keinem Auge blind, das fand ich schon immer gut. Man kritisierte »linke« wie »rechte« Staaten und setzte sich immer für die Rechte von Minderheiten und Unterdrückten ein. Das fand und finde ich charmant, das halte ich nach wie vor für unterstützenswert. (Man kann über das Thema »kleine Nationen« gern auch diskutieren – aber das ist ein anderes Thema.)
Das 88 Seiten starke Heft steckt voller Informationen. Vieles war mir als regelmäßiger »Pogom«-Leser seit vielen Jahren bekannt, in der Zusammenstellung las ich trotzdem viele neue Themen. Eine gelungene Ausgabe, wie ich finde – und vielleicht wird durch mein Textlein hier jemand auf die Vereinigung aufmerksam.
15 Juli 2018
Räubereien im Garten
Wie immer im Sommer, wenn es warm ist und ich die Laune dazu habe, sitze ich auf dem Balkon. Ich spanne den Sonnenschirm auf, stelle mir etwas Kühles dazu und tu' die Dinge, die ich dringend erledigen muss: Ich lese Manuskripte und Zeitung, oder ich schreibe allerlei Texte. Manchmal höre ich dazu Musik, meist aber lasse ich die Geräusche der Nachbarschaft auf mich wirken.
Vor etwa zehn Jahren gab sich ein Junge, vielleicht acht Jahre alt, redlich Mühe, mich mit seinen Geräuschen zu euphorisieren. Er hieß Johannes, so viel hatte ich herausbekommen, und er liebte ein ganz bestimmtes Spiel.
Das Spiel war vergleichsweise einfach: Er rannte durch den Garten, hin und her und auf und ab, mal mit einer Spielzeugpistole bewaffnet, mal mit einem kleinen Ast in der Hand. Und mit einer Energie, die nur Kinder aufbringen, schrie er »Ich bin der Räuber Hotzenplotz!« und das mindestens ein Dutzend Mal hintereinander.
Gelegentlich hielt er inne, weil er trinken musste. Dann rannte er wieder los. »Ich bin der Räuber Hotzenplotz!«, schrie er und fuchtelte mit seiner Waffe in der Luft herum. »Ich bin der Räuber Hotzenplotz!«
Anfangs ging er mir ein wenig auf die Nerven, bald aber gewöhnte ich mich an ihn und blendete ihn aus. Weder den kleinen Johannes noch seinen Räuber Hotzenplotz hörte ich mehr. Irgendwelche Geschichten von Raumfahrern auf fremden Welten waren dann doch eingängiger.
Irgendwann zog die Familie weg. Die Kinder, die heute im Haus wohnen, sind pflegeleichter. Sie spielen ab und zu im Garten, sie schreien und kreischen, aber das ist eher abwechslungsreich. Den Räuber Hotzenplotz vermisse ich fast.
Gelegentlich denke ich an den Johannes. Der dürfte jetzt 18 oder gar 20 Jahre alt sein und sich nicht mehr daran erinnern. Oder er hat längst den ehrbaren Beruf eines Räubers ergriffen und eifert dem Herrn Hotzenplotz auch im realen Leben nach ...
Vor etwa zehn Jahren gab sich ein Junge, vielleicht acht Jahre alt, redlich Mühe, mich mit seinen Geräuschen zu euphorisieren. Er hieß Johannes, so viel hatte ich herausbekommen, und er liebte ein ganz bestimmtes Spiel.
Das Spiel war vergleichsweise einfach: Er rannte durch den Garten, hin und her und auf und ab, mal mit einer Spielzeugpistole bewaffnet, mal mit einem kleinen Ast in der Hand. Und mit einer Energie, die nur Kinder aufbringen, schrie er »Ich bin der Räuber Hotzenplotz!« und das mindestens ein Dutzend Mal hintereinander.
Gelegentlich hielt er inne, weil er trinken musste. Dann rannte er wieder los. »Ich bin der Räuber Hotzenplotz!«, schrie er und fuchtelte mit seiner Waffe in der Luft herum. »Ich bin der Räuber Hotzenplotz!«
Anfangs ging er mir ein wenig auf die Nerven, bald aber gewöhnte ich mich an ihn und blendete ihn aus. Weder den kleinen Johannes noch seinen Räuber Hotzenplotz hörte ich mehr. Irgendwelche Geschichten von Raumfahrern auf fremden Welten waren dann doch eingängiger.
Irgendwann zog die Familie weg. Die Kinder, die heute im Haus wohnen, sind pflegeleichter. Sie spielen ab und zu im Garten, sie schreien und kreischen, aber das ist eher abwechslungsreich. Den Räuber Hotzenplotz vermisse ich fast.
Gelegentlich denke ich an den Johannes. Der dürfte jetzt 18 oder gar 20 Jahre alt sein und sich nicht mehr daran erinnern. Oder er hat längst den ehrbaren Beruf eines Räubers ergriffen und eifert dem Herrn Hotzenplotz auch im realen Leben nach ...
14 Juli 2018
Die Science-Fiction-Times vom April 1969
Ein Interview mit dem polnischen Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem, ein großer Artikel über die Kurzgeschichten von Jack Vance: Damit sind die zwei Schwerpunkte umschrieben, die das Fanzine »Science Fiction Times« im April 1969 mit seiner Doppelausgabe 94/95 bot. Verantwortlicher Redakteur der »SFT«, wie das Blatt abgekürzt genannt wurde, war Hans Joachim Alpers, damals wohnhaft in Bremerhaven.
In einer Zeit, in der es nicht einfach war – und vor allem recht kostspielig –, an Informationen aus dem Ausland heranzukommen, lieferte die »SFT« beispielsweise Beiträge, in denen die Inhalte amerikanischer SF-Zeitschriften zusammengefasst wurden. Dazu kamen Berichte zur Szene in aller Welt, umfangreiche Buchbesprechungen und kritische Leserbriefe.
Diese Doppelnummer war vergleichsweise normal, sie lieferte keinerlei Skandale und zeichnete sich nicht durch besondere Angriffe auf »bürgerliche« Autoren und »kapitalistische« Verlagsstrukturen aus. Der Autor Hans Peschke, der auch unter dem Pseudonym Harvey Patton publizierte, wird allerdings wegen eines Leserbriefs attackiert – in einem schriftlichen Angriff, der den Auschwitz-Prozess in Frankfurt, den »Völkischen Beobachter« und das »BRD-Estabilshment« in einen Zusammenhang stellt.
Die Macher der »SFT« hatten große Kenntnisse der Science Fiction und waren den »unkritischen« Fans, die sich zu dieser Zeit in anderen Fanzines wiederfanden, weit voraus, was diese Kenntnisse anging. In der Art und Weise ihrer Argumentation schossen sie aber häufig über das Ziel hinaus. Da bildet diese eigentlich »durchschittliche« und häufig sehr sauber recherchierte Ausgabe 94/95 letztlich doch keine Ausnahme.
In einer Zeit, in der es nicht einfach war – und vor allem recht kostspielig –, an Informationen aus dem Ausland heranzukommen, lieferte die »SFT« beispielsweise Beiträge, in denen die Inhalte amerikanischer SF-Zeitschriften zusammengefasst wurden. Dazu kamen Berichte zur Szene in aller Welt, umfangreiche Buchbesprechungen und kritische Leserbriefe.
Diese Doppelnummer war vergleichsweise normal, sie lieferte keinerlei Skandale und zeichnete sich nicht durch besondere Angriffe auf »bürgerliche« Autoren und »kapitalistische« Verlagsstrukturen aus. Der Autor Hans Peschke, der auch unter dem Pseudonym Harvey Patton publizierte, wird allerdings wegen eines Leserbriefs attackiert – in einem schriftlichen Angriff, der den Auschwitz-Prozess in Frankfurt, den »Völkischen Beobachter« und das »BRD-Estabilshment« in einen Zusammenhang stellt.
Die Macher der »SFT« hatten große Kenntnisse der Science Fiction und waren den »unkritischen« Fans, die sich zu dieser Zeit in anderen Fanzines wiederfanden, weit voraus, was diese Kenntnisse anging. In der Art und Weise ihrer Argumentation schossen sie aber häufig über das Ziel hinaus. Da bildet diese eigentlich »durchschittliche« und häufig sehr sauber recherchierte Ausgabe 94/95 letztlich doch keine Ausnahme.
13 Juli 2018
Der Wüstenkurier 15
Das Fanzine »Wüstenkurier« eröffnete für mich ab 1980 eine buchstäblich neue Welt: Unter der Ägide von Jörg Schukys veröffentlichte in diesem kopierten und zusammengetackerten Heft eine kleine Gruppe von engagierten Leuten ihre Texte, die allesamt in dem Fantasy-Land Esran angesiedelt waren. Sie erzählten von kleinen Stämmen, die in einem wüstenhaften Land angesiedelt sind, von einer Religion, in der ein einziger Gott angebetet wird, von Mythen und Legenden, von Reisen und Kämpfen, von Abenteuern und Gottesträumen.
Das Land wiederum zählte zur sogenannten Magira-Simulation – die Fantasy-Welt Magira wurde von wirklichen Menschen aus dem deutschsprachigen Raum gewissermaßen gespielt. Ich hatte mir den Namen »Ghazir en Dnormest« gegeben, den ich phantastisch fand und der mit meinem eigenen Namen in gewisser Weise verbunden war. Als solcher war ich ein Esraner und zählte zum Volk der Bekassiden.
Schon 1980 entstanden meine ersten Texte, die in dieser Welt und in diesem Land spielten. Einige wurden im »Wüstenkurier« veröffentlicht, viele warf ich aber weg, weil sie mir zu schlecht erschienen, aus vielen wurden nur Fragmente. Teilweise schrieb ich die Geschichten in der Schule oder im Bus zur Arbeit.
Ich hatte im Sommer 1980 nach der zehnten Klasse das Gymnasium verlassen und einen Lehre als Bürokaufmann angefangen, die ich im Frühjahr 1981 erfolgreich schmiss. Für die Erwachsenen war ich sicher sehr anstrengend: ein sturer Jugendlicher mit verwirrendem Zeugs im Kopf, der am liebsten seltsame Musik hörte und seltsame Heftromane las. Die Fantasy-Welt von Magira und das geheimnisvolle Land Esran fand ich spannender als die bundesrepublikanischen Zustände, die mich 1981 reichlich anwiderten.
Die Ausgabe 15 des Fanzines »Wüstenkurier« präsentierte meine erste »große« Fantasy-Geschichte. Sie hieß »In den Salzstöcken von Bekassan« und erzählte von einem jungen Sheik, der mit einigen Getreuen ein Abenteuer in einem Sandstock erlebt. Ich war irrsinnig stolz auf diese Veröffentlichung im Sommer 1981.
Für das Buch, das ich in diesen Tagen zusammenstelle, griff ich diese Geschichte noch einmal heraus. Ich packte sie in einen neuen Zusammenhang, um sie an meinen heutigen Stil anzupassen – sonst hätte ich sie entweder eins zu eins im damaligen Stil veröffentlichen müssen, der mir mittlerweile doch ein wenig peinlich ist, oder eben komplett neu schreiben. Blättere ich das alte Fanzine heute durch, kann ich den Stolz von damals trotzdem gut nachvollziehen …
Das Land wiederum zählte zur sogenannten Magira-Simulation – die Fantasy-Welt Magira wurde von wirklichen Menschen aus dem deutschsprachigen Raum gewissermaßen gespielt. Ich hatte mir den Namen »Ghazir en Dnormest« gegeben, den ich phantastisch fand und der mit meinem eigenen Namen in gewisser Weise verbunden war. Als solcher war ich ein Esraner und zählte zum Volk der Bekassiden.
Schon 1980 entstanden meine ersten Texte, die in dieser Welt und in diesem Land spielten. Einige wurden im »Wüstenkurier« veröffentlicht, viele warf ich aber weg, weil sie mir zu schlecht erschienen, aus vielen wurden nur Fragmente. Teilweise schrieb ich die Geschichten in der Schule oder im Bus zur Arbeit.
Ich hatte im Sommer 1980 nach der zehnten Klasse das Gymnasium verlassen und einen Lehre als Bürokaufmann angefangen, die ich im Frühjahr 1981 erfolgreich schmiss. Für die Erwachsenen war ich sicher sehr anstrengend: ein sturer Jugendlicher mit verwirrendem Zeugs im Kopf, der am liebsten seltsame Musik hörte und seltsame Heftromane las. Die Fantasy-Welt von Magira und das geheimnisvolle Land Esran fand ich spannender als die bundesrepublikanischen Zustände, die mich 1981 reichlich anwiderten.
Die Ausgabe 15 des Fanzines »Wüstenkurier« präsentierte meine erste »große« Fantasy-Geschichte. Sie hieß »In den Salzstöcken von Bekassan« und erzählte von einem jungen Sheik, der mit einigen Getreuen ein Abenteuer in einem Sandstock erlebt. Ich war irrsinnig stolz auf diese Veröffentlichung im Sommer 1981.
Für das Buch, das ich in diesen Tagen zusammenstelle, griff ich diese Geschichte noch einmal heraus. Ich packte sie in einen neuen Zusammenhang, um sie an meinen heutigen Stil anzupassen – sonst hätte ich sie entweder eins zu eins im damaligen Stil veröffentlichen müssen, der mir mittlerweile doch ein wenig peinlich ist, oder eben komplett neu schreiben. Blättere ich das alte Fanzine heute durch, kann ich den Stolz von damals trotzdem gut nachvollziehen …
12 Juli 2018
Sogar ein ZineWiki
Es gibt immer wieder Dinge, die mich im ersten Augenblick überraschen, bei denen ich im zweiten Augenblick aber ein »na ja, warum eigentlich nicht?« denke. Ein schönes Beispiel dafür ist die oder das ZineWiki, von dem ich dieser Tage zum ersten Mal hörte – ich recherchierte zum »International Zine Month«, von dem ich in all meinen Jahrzehnten des Fanzineschreibens und Fanzinelesens noch nie gehört hatte, und stolperte über eine Wikipedia, die sich nur mit Fanzines beschäftigt.
Die Idee finde ich super. Fanzines gibt es seit den 20er- oder 30er-Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, sie decken eine irrsinnige Breite an Themen ab, und ich mag die Vielfalt, die man auf ihren Seiten finden kann.
Die Seite solle eine »open-source encyclopedia devoted to zines and independent media« sein, versprechen die Macher. Zudem: »It covers the history, production, distribution and culture of the small press.« Das klingt alles gut.
Egomane, der ich bin, schaute ich erst einmal, ob es etwas von mir gäbe. Doch weder mein Science-Fiction-Fanzine SAGITTARIUS noch mein Punkrock- und Egozine ENPUNKT ließen sich in der Liste finden. Ich checkte weitere Fanzines, an denen ich mitgewirkt hatte – es gab auch kein ZAP zu sehen.
Okay, die Macher haben offenbar die deutschsprachige Szene nicht im Blick. Mir wurde klar, ich müsste mich anmelden, um Beiträge in diese Seite zu schreiben. Dazu habe ich allerdings weder Lust noch Zeit.
Und dann fiel mir der entscheidende Satz auf: »This page was last modified on 4 August 2017, at 16:30.« Daraus schließe ich messerscharf, dass das Engagement auf dieser Seite eben auch eingeschränkt ist.
Wenn's jetzt jemanden gäbe, der sich um solche Themen kümmert, wäre das sicher nicht schlecht. Andererseits dreht sich die Welt auch ohne Fanzines und Fanzine-Listen weiter ...
Die Idee finde ich super. Fanzines gibt es seit den 20er- oder 30er-Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, sie decken eine irrsinnige Breite an Themen ab, und ich mag die Vielfalt, die man auf ihren Seiten finden kann.
Die Seite solle eine »open-source encyclopedia devoted to zines and independent media« sein, versprechen die Macher. Zudem: »It covers the history, production, distribution and culture of the small press.« Das klingt alles gut.
Egomane, der ich bin, schaute ich erst einmal, ob es etwas von mir gäbe. Doch weder mein Science-Fiction-Fanzine SAGITTARIUS noch mein Punkrock- und Egozine ENPUNKT ließen sich in der Liste finden. Ich checkte weitere Fanzines, an denen ich mitgewirkt hatte – es gab auch kein ZAP zu sehen.
Okay, die Macher haben offenbar die deutschsprachige Szene nicht im Blick. Mir wurde klar, ich müsste mich anmelden, um Beiträge in diese Seite zu schreiben. Dazu habe ich allerdings weder Lust noch Zeit.
Und dann fiel mir der entscheidende Satz auf: »This page was last modified on 4 August 2017, at 16:30.« Daraus schließe ich messerscharf, dass das Engagement auf dieser Seite eben auch eingeschränkt ist.
Wenn's jetzt jemanden gäbe, der sich um solche Themen kümmert, wäre das sicher nicht schlecht. Andererseits dreht sich die Welt auch ohne Fanzines und Fanzine-Listen weiter ...
11 Juli 2018
Bekassan auf einer Landkarte
Weil ich mich derzeit damit beschäftige, alte Erzählungen und Kurzgeschichten von mir für ein Buch zusammenzupacken, habe ich in alten Fanzines gestöbert. Unter anderem fand ich die Landkarte von Bekassan, die ein gewisser »H.G.« gezeichnet hat. (Hans Grünberger?) Sie wurde 1980 veröffentlicht, genau zu der Zeit also, in der ich meine ersten Geschichten veröffentlichte, die im Wüstenland Bekassan spielen.
Wahrscheinlich ist es heute keinem Menschen mehr begreiflich zu machen, wie toll ich es 1980 fand, eine Landkarte für »mein« Reich zu haben. Das kannte ich ansonsten nur von »Herr der Ringe« oder »Conan« sowie den anderen Fantasy-Romanen, die es zu jener Zeit gab. Die Szene war 1980 ja noch völlig übersichtlich.
Das Gebiet auf dieer Landkarte gehört zur Fantasy-Welt Magira, auf dieser gibt es einen Kontinent namens Hondanan, und in diesem wiederum liegt im Süden das Land Esran. Dabei handelt es sich um ein vor allem von Wüste geprägtes Gebiet; man stellte sich damals also eine Art mittelalterliches Nordafrika vor.
Bekassan wiederum ist in dieser Fantasy-Welt ein Teil von Esran. Meine Fantasy-Figur, die ich auf der Fantasy-Welt Magira simulierte, sollte ein Bekasside sein – woher 1980 mein Interesse an Afrika kam, weiß ich leider nicht mehr.
Auf der Landkarte konnte ich auf jeden Fall sehen, wo »mein« Stamm lebt, wo der Salzstock zu finden ist und über welche Straßen mein Held in welche Gemeinde reiten kann. Und so siedelte ich eine Reihe von Geschichten in dieser Region an, viele von ihnen kamen über das Stadium eines Konzeptes nicht hinaus.
1980 ist sehr lange her. Schaue ich mir heute die Landkarte an, kann ich die Empfindungen von damals teilweise noch nachspüren. Ich fand die Fantasy-Welt Magira toll, ich liebte das Land Esran mit seiner exotischen Kultur, und ich war begeistert davon, in »meinem« Bekassan meine eigenen Geschichten erzählen zu können.
Wahrscheinlich ist es heute keinem Menschen mehr begreiflich zu machen, wie toll ich es 1980 fand, eine Landkarte für »mein« Reich zu haben. Das kannte ich ansonsten nur von »Herr der Ringe« oder »Conan« sowie den anderen Fantasy-Romanen, die es zu jener Zeit gab. Die Szene war 1980 ja noch völlig übersichtlich.
Das Gebiet auf dieer Landkarte gehört zur Fantasy-Welt Magira, auf dieser gibt es einen Kontinent namens Hondanan, und in diesem wiederum liegt im Süden das Land Esran. Dabei handelt es sich um ein vor allem von Wüste geprägtes Gebiet; man stellte sich damals also eine Art mittelalterliches Nordafrika vor.
Bekassan wiederum ist in dieser Fantasy-Welt ein Teil von Esran. Meine Fantasy-Figur, die ich auf der Fantasy-Welt Magira simulierte, sollte ein Bekasside sein – woher 1980 mein Interesse an Afrika kam, weiß ich leider nicht mehr.
Auf der Landkarte konnte ich auf jeden Fall sehen, wo »mein« Stamm lebt, wo der Salzstock zu finden ist und über welche Straßen mein Held in welche Gemeinde reiten kann. Und so siedelte ich eine Reihe von Geschichten in dieser Region an, viele von ihnen kamen über das Stadium eines Konzeptes nicht hinaus.
1980 ist sehr lange her. Schaue ich mir heute die Landkarte an, kann ich die Empfindungen von damals teilweise noch nachspüren. Ich fand die Fantasy-Welt Magira toll, ich liebte das Land Esran mit seiner exotischen Kultur, und ich war begeistert davon, in »meinem« Bekassan meine eigenen Geschichten erzählen zu können.
10 Juli 2018
Rinderhirsch
Eine touristische Begebenheit im Schwarzwald
Die Welt ist ein seltsamer Ort. Und die Menschen, die man gelegentlich trifft, machen sie erst recht zu einem Territorium der Seltsamkeiten. Kommen Touristen in eine Region der Erde, die sie als ein bisschen zurückgeblieben betrachten, verhalten sie sich gerne ein bisschen »von oben herab«. Das gilt auch für die touristische Region Schwarzwald, aus der ich ursprünglich komme und in der ich die ersten zwei Dutzend Jahre meines Lebens und einiges darüber hinaus verbracht habe.
In einer Silvesternacht kam es zu einer Begebenheit in der Kleinstadt meiner Herkunft, die für einige Menschen das Leben verändern sollte. Für das Tier, um das es letztlich ging, war aber alles zu spät: Es war schon tot, als die Geschichte begann.
Das junge Paar kam aus einer größeren Stadt in Nordrhein-Westfalen. Ausgerechnet im beschaulichen Freudenstadt, der Stadt mit dem angeblich größten Marktplatz in Deutschland, verbrachte es seine Flitterwochen. Schöne Flitterwochen sollten es sein, im Winter und unter Tannen, auf dem romantischen Marktplatz und im wunderschönen Tannenwald, so richtig zum Gleich-noch-einmal-Verlieben. Man kann sich richtig vorstellen, in welch beschwingter Stimmung das junge Paar von West- nach Süddeutschland kam.
Das Paar bekam Appetit und ließ sich auf einen Restaurant-Tip ein. Ich hätte ihnen das Lokal sogar selbst empfohlen: Es war die »Alte Kanzlei« unweit des Marktplatzes, ein sehr rustikales Lokal, in dem man aber sehr gut essen konnte. Der Wirt, ein unglaublich dicker Mann, war das beste Beispiel für seine Küche. Wer es gut bürgerlich mochte, wer gerne Wild aß, wer gerne die schwäbische Küche ausprobierte und es gerne trotzdem mit ein bisschen Niveau wollte, der war in diesem Lokal am richtigen Ort.
Das Lokal genoss einen guten Ruf, und das zu Recht. Ein idealer Tip. Und das Hirschrückensteak, das sich das Paar aus dem Ruhrgebiet bestellte, klang wirklich nach einer erstklassigen Wahl.
Die beiden fanden das Essen gut; sie lobten es hinterher sogar, als sie bezahlten. Trotzdem passte ihnen etwas nicht. Und als keiner hinschaute, rochen sie besonders intensiv daran, fanden, dass es nicht richtig schmeckte, und ließen sich die Reste einpacken. Die wiederum schleppten sie in das Hotel, in dem sie offiziell abgestiegen waren, und präsentierten sie dort dem Küchenchef.
Und der Mann bestätigte den Verdacht, den das Paar geäußert hatte: Man hatte ihnen keinen Hirsch serviert, sondern schnödes Rindfleisch angedreht.
Panik! Herzattacke! Weltuntergang!
Zu der Zeit, so muss man berichten, war die BSE-Krise in aller Munde. Auch hartherzige Fleischfresser verzichteten in dieser Zeit auf den Konsum von Rindfleisch, weil sie keine Lust hatten, vom Rinderwahnsinn und seinen Folgen beeinträchtigt zu werden. Eine durchaus nachvollziehbare Reaktion – man hätte allerdings der Einfachheit halber gleich Vegetarier werden können, und alles wäre viel einfacher gewesen.
So auch die Dame in unserer kleinen Geschichte. Aufgrund der BSE-Krise aß sie nämlich kein Rindfleisch mehr, nur noch Wild. Das war zwar unwesentlich teurer, aber das stört ja wohlhabende Touristen aus dem Ruhrgebiet nicht so richtig.
Die arme Frau litt auch prompt unter den Folgen des falschen Hirschbratens: Sie musste sich mehrfach übergeben, ihr Mann alarmierte die Polizei, die anscheinend nichts anders zu tun hatte und tatsächlich die Ermittlungen aufnahm.
Jetzt wurde die Provinzposse richtig lustig. Es gab am bewussten Abend, so fand die Polizei heraus, nämlich gar kein Rindfleisch auf der Karte. Eine Vertauschung von Rind und Hirsch sei also gar nicht möglich gewesen.
Seltsame Angelegenheit. Aussage stand gegen Aussage.
Und dann schaltete sich der Wirtschaftskontrolldienst der Polizei ein. So einfach sollte der Fall nicht gelöst werden ... Reste des umstrittenen Gerichtes wurden tatsächlich nach Karlsruhe geschickt, um dort von Nahrungsmittelchemikern des Chemischen Veterniär-Untersuchungsamtes genauer unter die Lupe genommen zu werden. Als dieses Amt nicht hundertprozentig zu einer Lösung des Falls kam, schaltete sich auch noch das Chemische Veterinär-Untersuchungsamt in Freiburg ein. Grund: Man wollte eine DNA-Analyse vornehmen, um die Essensreste hundertprozentig genau unterstützen zu können.
Das kostete richtig viel Geld – und das alles nur deshalb, weil ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen in seinem Urlaub unbedingt einen Hirsch futtern wollte ...
Der Wirt drehte in den ersten Tagen des Januars 2001 fast durch. Kein Wunder, die Gerüchte konnten seinem ohnehin nicht richtig gut gehenden Gasthaus das Genick brechen. Seine Argumentation war: »Ich stand an diesem Abend selbst am Herd, und ich kann jederzeit nachweisen, dass ich im Großmarkt etwa acht Kilo Hirschkalbsrücken gekauft habe.« Besonders hübsch war allerdings sein wichtigstes Argument: »Ich würde meine Gäste doch nie betrügen.«
Immerhin räumte er ein, dass die schöne Geschichte, am bewussten Abend habe es kein Rindfleisch gegeben, nicht stimme: Die Polizei hatte die Speisekarte nicht richtig lesen können, so scheint es, denn an diesem Abend standen zwei verschiedene Rindfleischgerichte auf der Karte. Nun ja, dass die Polizei aus Analphabeten besteht, hat mancher schon vermutet; das Ausmaß des Schreckens scheint aber doch verwunderlich zu sein.
Es dauerte alles seine Zeit, doch irgendwann kam der Befund, der offizielle, bestätigt durch einen Polizeioberrat. Es sei in der Tat kein Rindfleisch serviert worden; wobei er nach wie vor nicht sagen konnte, welches Fleisch denn nun die freundlichen Urlauber verzehrt hatten. Und während der Ruf des Wirtes weiterhin seinen Schaden nahm, weil buchstäblich im ganzen Land über den Rinderhirsch aus der Schwarzwaldstadt diskutiert wurde, zogen sich die weiteren Ermittlungen hin ...
Der Freudenstädter Hotelier erhob nun Anklage gegen die Gäste aus Nordrhein-Westfalen. Klar … Und er korrespondierte ganz nebenbei mit dem Chef des anderen Hotels nur noch über Rechtsanwälte. Die Provinzposse weitete sich immer mehr aus, bald ging es nicht mehr nur noch um den Wirt und seine Gäste, sondern es ging auch um Veterinäre, den Wirtschaftskontrolldienst, verschiedene Polizeistationen und diverse Rechtsanwälte, von den Journalisten landauf, landab, die über den Unfug schrieben, einmal ganz zu schweigen.
Und das End' vom Lied: Der dicke Wirt musste seine »Alte Kanzlei« schließen, weil ihm die Gerüchteküche das Genick brach. Die Gäste von außerhalb blieben aus, Geschäftsessen wurden in andere gastronomische Einrichtungen verlegt, und die Einheimischen guckten als gute Schwaben ohnehin stets aufs Geld und gingen der Einfachheit halber lieber in ein preiswertes Gasthaus um die Ecke, in dem es dieselbe Art von Gerichten für fünf Mark weniger gab.
So hatte der Rinderhirsch doch noch ein Ende genommen, wenngleich kein gutes. Was aus den Anzeigen des Wirtes gegen die jeweils anderen Beteiligten wurde, ist übrigens nicht bekannt, genauso, was aus ihm selbst wurde. Aus der gastronomischen Landschaft meiner Ex-Heimatstadt ist der Mann, der doch eigentlich nicht zu übersehen war, auf jeden Fall verschwunden …
(Der Text wurde im Sommer 2003 geschrieben und Ende 2003 in der Ausgabe 40 meines Fanzines ENPUNKT veröffentlicht. Ich finde, das kann ich hier locker mal dokumentieren.)
Die Welt ist ein seltsamer Ort. Und die Menschen, die man gelegentlich trifft, machen sie erst recht zu einem Territorium der Seltsamkeiten. Kommen Touristen in eine Region der Erde, die sie als ein bisschen zurückgeblieben betrachten, verhalten sie sich gerne ein bisschen »von oben herab«. Das gilt auch für die touristische Region Schwarzwald, aus der ich ursprünglich komme und in der ich die ersten zwei Dutzend Jahre meines Lebens und einiges darüber hinaus verbracht habe.
In einer Silvesternacht kam es zu einer Begebenheit in der Kleinstadt meiner Herkunft, die für einige Menschen das Leben verändern sollte. Für das Tier, um das es letztlich ging, war aber alles zu spät: Es war schon tot, als die Geschichte begann.
Das junge Paar kam aus einer größeren Stadt in Nordrhein-Westfalen. Ausgerechnet im beschaulichen Freudenstadt, der Stadt mit dem angeblich größten Marktplatz in Deutschland, verbrachte es seine Flitterwochen. Schöne Flitterwochen sollten es sein, im Winter und unter Tannen, auf dem romantischen Marktplatz und im wunderschönen Tannenwald, so richtig zum Gleich-noch-einmal-Verlieben. Man kann sich richtig vorstellen, in welch beschwingter Stimmung das junge Paar von West- nach Süddeutschland kam.
Das Paar bekam Appetit und ließ sich auf einen Restaurant-Tip ein. Ich hätte ihnen das Lokal sogar selbst empfohlen: Es war die »Alte Kanzlei« unweit des Marktplatzes, ein sehr rustikales Lokal, in dem man aber sehr gut essen konnte. Der Wirt, ein unglaublich dicker Mann, war das beste Beispiel für seine Küche. Wer es gut bürgerlich mochte, wer gerne Wild aß, wer gerne die schwäbische Küche ausprobierte und es gerne trotzdem mit ein bisschen Niveau wollte, der war in diesem Lokal am richtigen Ort.
Das Lokal genoss einen guten Ruf, und das zu Recht. Ein idealer Tip. Und das Hirschrückensteak, das sich das Paar aus dem Ruhrgebiet bestellte, klang wirklich nach einer erstklassigen Wahl.
Die beiden fanden das Essen gut; sie lobten es hinterher sogar, als sie bezahlten. Trotzdem passte ihnen etwas nicht. Und als keiner hinschaute, rochen sie besonders intensiv daran, fanden, dass es nicht richtig schmeckte, und ließen sich die Reste einpacken. Die wiederum schleppten sie in das Hotel, in dem sie offiziell abgestiegen waren, und präsentierten sie dort dem Küchenchef.
Und der Mann bestätigte den Verdacht, den das Paar geäußert hatte: Man hatte ihnen keinen Hirsch serviert, sondern schnödes Rindfleisch angedreht.
Panik! Herzattacke! Weltuntergang!
Zu der Zeit, so muss man berichten, war die BSE-Krise in aller Munde. Auch hartherzige Fleischfresser verzichteten in dieser Zeit auf den Konsum von Rindfleisch, weil sie keine Lust hatten, vom Rinderwahnsinn und seinen Folgen beeinträchtigt zu werden. Eine durchaus nachvollziehbare Reaktion – man hätte allerdings der Einfachheit halber gleich Vegetarier werden können, und alles wäre viel einfacher gewesen.
So auch die Dame in unserer kleinen Geschichte. Aufgrund der BSE-Krise aß sie nämlich kein Rindfleisch mehr, nur noch Wild. Das war zwar unwesentlich teurer, aber das stört ja wohlhabende Touristen aus dem Ruhrgebiet nicht so richtig.
Die arme Frau litt auch prompt unter den Folgen des falschen Hirschbratens: Sie musste sich mehrfach übergeben, ihr Mann alarmierte die Polizei, die anscheinend nichts anders zu tun hatte und tatsächlich die Ermittlungen aufnahm.
Jetzt wurde die Provinzposse richtig lustig. Es gab am bewussten Abend, so fand die Polizei heraus, nämlich gar kein Rindfleisch auf der Karte. Eine Vertauschung von Rind und Hirsch sei also gar nicht möglich gewesen.
Seltsame Angelegenheit. Aussage stand gegen Aussage.
Und dann schaltete sich der Wirtschaftskontrolldienst der Polizei ein. So einfach sollte der Fall nicht gelöst werden ... Reste des umstrittenen Gerichtes wurden tatsächlich nach Karlsruhe geschickt, um dort von Nahrungsmittelchemikern des Chemischen Veterniär-Untersuchungsamtes genauer unter die Lupe genommen zu werden. Als dieses Amt nicht hundertprozentig zu einer Lösung des Falls kam, schaltete sich auch noch das Chemische Veterinär-Untersuchungsamt in Freiburg ein. Grund: Man wollte eine DNA-Analyse vornehmen, um die Essensreste hundertprozentig genau unterstützen zu können.
Das kostete richtig viel Geld – und das alles nur deshalb, weil ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen in seinem Urlaub unbedingt einen Hirsch futtern wollte ...
Der Wirt drehte in den ersten Tagen des Januars 2001 fast durch. Kein Wunder, die Gerüchte konnten seinem ohnehin nicht richtig gut gehenden Gasthaus das Genick brechen. Seine Argumentation war: »Ich stand an diesem Abend selbst am Herd, und ich kann jederzeit nachweisen, dass ich im Großmarkt etwa acht Kilo Hirschkalbsrücken gekauft habe.« Besonders hübsch war allerdings sein wichtigstes Argument: »Ich würde meine Gäste doch nie betrügen.«
Immerhin räumte er ein, dass die schöne Geschichte, am bewussten Abend habe es kein Rindfleisch gegeben, nicht stimme: Die Polizei hatte die Speisekarte nicht richtig lesen können, so scheint es, denn an diesem Abend standen zwei verschiedene Rindfleischgerichte auf der Karte. Nun ja, dass die Polizei aus Analphabeten besteht, hat mancher schon vermutet; das Ausmaß des Schreckens scheint aber doch verwunderlich zu sein.
Es dauerte alles seine Zeit, doch irgendwann kam der Befund, der offizielle, bestätigt durch einen Polizeioberrat. Es sei in der Tat kein Rindfleisch serviert worden; wobei er nach wie vor nicht sagen konnte, welches Fleisch denn nun die freundlichen Urlauber verzehrt hatten. Und während der Ruf des Wirtes weiterhin seinen Schaden nahm, weil buchstäblich im ganzen Land über den Rinderhirsch aus der Schwarzwaldstadt diskutiert wurde, zogen sich die weiteren Ermittlungen hin ...
Der Freudenstädter Hotelier erhob nun Anklage gegen die Gäste aus Nordrhein-Westfalen. Klar … Und er korrespondierte ganz nebenbei mit dem Chef des anderen Hotels nur noch über Rechtsanwälte. Die Provinzposse weitete sich immer mehr aus, bald ging es nicht mehr nur noch um den Wirt und seine Gäste, sondern es ging auch um Veterinäre, den Wirtschaftskontrolldienst, verschiedene Polizeistationen und diverse Rechtsanwälte, von den Journalisten landauf, landab, die über den Unfug schrieben, einmal ganz zu schweigen.
Und das End' vom Lied: Der dicke Wirt musste seine »Alte Kanzlei« schließen, weil ihm die Gerüchteküche das Genick brach. Die Gäste von außerhalb blieben aus, Geschäftsessen wurden in andere gastronomische Einrichtungen verlegt, und die Einheimischen guckten als gute Schwaben ohnehin stets aufs Geld und gingen der Einfachheit halber lieber in ein preiswertes Gasthaus um die Ecke, in dem es dieselbe Art von Gerichten für fünf Mark weniger gab.
So hatte der Rinderhirsch doch noch ein Ende genommen, wenngleich kein gutes. Was aus den Anzeigen des Wirtes gegen die jeweils anderen Beteiligten wurde, ist übrigens nicht bekannt, genauso, was aus ihm selbst wurde. Aus der gastronomischen Landschaft meiner Ex-Heimatstadt ist der Mann, der doch eigentlich nicht zu übersehen war, auf jeden Fall verschwunden …
(Der Text wurde im Sommer 2003 geschrieben und Ende 2003 in der Ausgabe 40 meines Fanzines ENPUNKT veröffentlicht. Ich finde, das kann ich hier locker mal dokumentieren.)
09 Juli 2018
Pleite mit treibendem Deutschpunk
Der Bandname ist klasse und passt zur Heimatstadt: Pleite kommen aus Berlin, nahmen 2017 ihr erstes Demo auf und publizierten 2018 die erste »echte« Platte. Ich holte mir die einseitig bespielte Vinyl-Langspielplatte bei Twisted Chords und hörte sie seitdem sehr häufig.
Für mich ist das Deutschpunk, auch wenn die Band diesen Begriff womöglich gar nicht so gern hört. Texte in deutscher Sprache werden rausgebrüllt, dazu kommt ein treibender Sound mit sägenden Gitarren – das rattert und knattert und ist richtig gut. Gelegentlich lodert mal eine Emo-Gitarre dazwischen, vor allem aber wird mit Wucht und Energie nach vorne gespielt.
Was die Band macht, klingt ziemlich kompakt. Zu den sarkastischen Texten, die man sich auch gern noch mal durchliest, kommt die Musik, die eingängig ist, aber nicht zu viel Melodie riskiert. Für mein Gehör machen die Musiker alles ziemlich richtig, die Stücke sind abwechslungsreich und lassen auch mal einen Tempowechsel zu.
Wer jetzt Vergleiche sucht, nehme einfach die eine oder andere aktuelle Band, meinetwegen die zu Recht populären Pascow, und ergänze hier noch einen dunkel brüllenden und einen heller schreienden Sänger – dann haben wir eine halbwegs brauchbare Beschreibung von Pleite. Oder man gehe halt auf Bandcamp und höre sich dort mal an, was die Band so liefert. Ich find's ziemlich klasse!
Für mich ist das Deutschpunk, auch wenn die Band diesen Begriff womöglich gar nicht so gern hört. Texte in deutscher Sprache werden rausgebrüllt, dazu kommt ein treibender Sound mit sägenden Gitarren – das rattert und knattert und ist richtig gut. Gelegentlich lodert mal eine Emo-Gitarre dazwischen, vor allem aber wird mit Wucht und Energie nach vorne gespielt.
Was die Band macht, klingt ziemlich kompakt. Zu den sarkastischen Texten, die man sich auch gern noch mal durchliest, kommt die Musik, die eingängig ist, aber nicht zu viel Melodie riskiert. Für mein Gehör machen die Musiker alles ziemlich richtig, die Stücke sind abwechslungsreich und lassen auch mal einen Tempowechsel zu.
Wer jetzt Vergleiche sucht, nehme einfach die eine oder andere aktuelle Band, meinetwegen die zu Recht populären Pascow, und ergänze hier noch einen dunkel brüllenden und einen heller schreienden Sänger – dann haben wir eine halbwegs brauchbare Beschreibung von Pleite. Oder man gehe halt auf Bandcamp und höre sich dort mal an, was die Band so liefert. Ich find's ziemlich klasse!
06 Juli 2018
Mit Vivaldi zum Abendessen
Früher konnte ich mir nicht vorstellen, in einem großen Hotel am Strand meinen Urlaub zu genießen. Das Abenteuer war mir wichtiger, das Umherziehen mit dem Seesack auf dem Rücken. Doch in diesem Jahr genoss ich es beispielsweise sehr, mich nur um ganz wenig selbst kümmern zu müssen. So war beispielsweise immer klar, um welche Zeit es das Abendessen gab, und ich konnte mich darauf verlassen, dass es schmeckte.
Im Innenhof des Gran Mélia genoss ich das erholsame Nichtstun. Die Sonne wärmte den Boden auf, die Wasserbecken schimmerten im hellen Licht. Einzelne Menschen waren unterwegs, zumeist Touristen wie ich. Kinder rannten lachend zwischen Erwachsenen hin und her, ein junges Paar ging Hand in Hand, dazwischen bewegten sich einzelne Hotelangestellte, sofort an der Uniform und am schellen Schritt zu erkennen.
Es war schon Zeit zum Abendessen, der Geruch nach frisch gebratenem Fisch drang durch die geöffneten Türen des Speisesaals ins Freie. Ich hatte noch Lust, die frische Luft zu genießen und einen Cocktail zu trinken, saß auf einem Stuhl und döste ein wenig vor mich hin.
Bis auf einmal laute Musik ertönte. Streicher setzten ein, die Lautsprecherboxen im Innenhof des Hotels verbreiteten den Sound eines kompletten Orchesters. Und während ich noch erkannte, dass es Vivaldis berühmte »Vier Jahreszeiten« waren, setzte auch schon das Wasserballet ein.
Aus bisher verborgenen Düsen innerhalb der Brunnen spuckten Fontänen in die Höhe, mal höher, mal stärker, mal leichter, mal niedriger. Zum Tosen der Instrumente kam das Plätschern des Wassers.
Kameras wurden gezückt, Kinder johlten vor Begeisterung, Erwachsene ließen ihre Smartphones klicken und klackern. Auch wenn es irgendwie kitschig war, fand ich den Vivaldi-Einsatz tatsächlich schön. Er passte zu einem Hotel, das auf Teneriffa so tat, als sei es eine Mischung aus maurischem Palast und mitteleuropäischer Gastronomie. Ich trank mein Glas aus und ging – buchstäblich beschwingt – zum Abendessen in den Speisesaal.
Im Innenhof des Gran Mélia genoss ich das erholsame Nichtstun. Die Sonne wärmte den Boden auf, die Wasserbecken schimmerten im hellen Licht. Einzelne Menschen waren unterwegs, zumeist Touristen wie ich. Kinder rannten lachend zwischen Erwachsenen hin und her, ein junges Paar ging Hand in Hand, dazwischen bewegten sich einzelne Hotelangestellte, sofort an der Uniform und am schellen Schritt zu erkennen.
Es war schon Zeit zum Abendessen, der Geruch nach frisch gebratenem Fisch drang durch die geöffneten Türen des Speisesaals ins Freie. Ich hatte noch Lust, die frische Luft zu genießen und einen Cocktail zu trinken, saß auf einem Stuhl und döste ein wenig vor mich hin.
Bis auf einmal laute Musik ertönte. Streicher setzten ein, die Lautsprecherboxen im Innenhof des Hotels verbreiteten den Sound eines kompletten Orchesters. Und während ich noch erkannte, dass es Vivaldis berühmte »Vier Jahreszeiten« waren, setzte auch schon das Wasserballet ein.
Aus bisher verborgenen Düsen innerhalb der Brunnen spuckten Fontänen in die Höhe, mal höher, mal stärker, mal leichter, mal niedriger. Zum Tosen der Instrumente kam das Plätschern des Wassers.
Kameras wurden gezückt, Kinder johlten vor Begeisterung, Erwachsene ließen ihre Smartphones klicken und klackern. Auch wenn es irgendwie kitschig war, fand ich den Vivaldi-Einsatz tatsächlich schön. Er passte zu einem Hotel, das auf Teneriffa so tat, als sei es eine Mischung aus maurischem Palast und mitteleuropäischer Gastronomie. Ich trank mein Glas aus und ging – buchstäblich beschwingt – zum Abendessen in den Speisesaal.
05 Juli 2018
Den Selfpublisher gelesen
Die Zeitschrift »Der Selfpublisher« ist mir seit längerem bekannt, ich lese sie aber nicht regelmäßig. Der einleuchtende Grund: Ich bin nicht die Zielgruppe, weder als Redakteur noch als Gelegenheitsautor ist Selfpublishing für mich eine spannende Option. Als mir im Juni aber die Ausgabe 1/2018 in die Hände fiel, die im März diesen Jahres veröffentlicht worden ist, las ich sie komplett durch.
Interessant fand ich den Bericht von Emily Bold, die auch auf dem Cover abgebildet ist. Die Autorin fing als Selfpublisherin an, hat es zu einer gewissen Beliebtheit gebracht und wird mittlerweile auch von »normalen« Verlagen veröffentlicht. Ich hätte mir bei diesem Bericht noch die eine oder andere kritische Nachfrage gewünscht, aber man kann ja nicht alles haben.
So hätte mich beispielsweise interessiert, woher die Beliebtheit der Autorin kommt: Sind ihre Geschichten so gut, vermarktet sie sich besser als andere Autorinnen, oder war sie schlichtweg die erste, die in »ihrem« Genre haufenweise eigene E-Books publizierte? Manchmal sind die Antworten ja ganz einfach.
Das ist übrigens die hauptsächliche Schwäche des ansonsten professionell gemachten Magazins: Die meisten Beiträge bleiben an der Oberfläche, die Autorinnen und Autoren steigen selten in die Tiefe und fragen noch seltener nach Hintergründen. Klar, es geht um Buchblogger und die Verbindung zu Selfpublishern, es wird auch über die Buchhandlung »Otherland« geschrieben, aber unterm Strich herrscht in den Texten ein Fanzine-Charakter vor: Man findet sich gegenseitig gut und liebt den Erfolg. Dagegen spricht ja auch nichts ...
Schön ist das Porträt der Autorin und »Social-Media-Ikone« – was immer das zu bedeuten hat – Karena John, die ich seit dem LiteraturCamp unter ihrem Twitter-Namen Bordsteinprosa kenne, durchaus lesenswert ist ein Artikel, der mithilfe eines Typenindikators zeigten soll, wie man glaubwürdige Charaktere erschaffen kann. Dazu kommen haufenweise Tipps und Ratschläge, alles in allem ein höchst unterhaltsames und informatives Gesamtpaket.
Das Heft ist 60 Seiten stark, und ich empfand die Lektüre als interessant. Klar bin ich nicht die Zielgruppe, aber ich denke, dass es für Selfpublisher und Leute, die sich für Schreiben und Veröffentlichen interessieren, wertvolle Hinweise liefern kann. Es war übrigens die letzte Ausgabe, die Jennifer Jäger als Chefredakteurin betreut hat; mittlerweile geht sie als Buchautorin und Verlagslektorin ganz andere Wege.
Interessant fand ich den Bericht von Emily Bold, die auch auf dem Cover abgebildet ist. Die Autorin fing als Selfpublisherin an, hat es zu einer gewissen Beliebtheit gebracht und wird mittlerweile auch von »normalen« Verlagen veröffentlicht. Ich hätte mir bei diesem Bericht noch die eine oder andere kritische Nachfrage gewünscht, aber man kann ja nicht alles haben.
So hätte mich beispielsweise interessiert, woher die Beliebtheit der Autorin kommt: Sind ihre Geschichten so gut, vermarktet sie sich besser als andere Autorinnen, oder war sie schlichtweg die erste, die in »ihrem« Genre haufenweise eigene E-Books publizierte? Manchmal sind die Antworten ja ganz einfach.
Das ist übrigens die hauptsächliche Schwäche des ansonsten professionell gemachten Magazins: Die meisten Beiträge bleiben an der Oberfläche, die Autorinnen und Autoren steigen selten in die Tiefe und fragen noch seltener nach Hintergründen. Klar, es geht um Buchblogger und die Verbindung zu Selfpublishern, es wird auch über die Buchhandlung »Otherland« geschrieben, aber unterm Strich herrscht in den Texten ein Fanzine-Charakter vor: Man findet sich gegenseitig gut und liebt den Erfolg. Dagegen spricht ja auch nichts ...
Schön ist das Porträt der Autorin und »Social-Media-Ikone« – was immer das zu bedeuten hat – Karena John, die ich seit dem LiteraturCamp unter ihrem Twitter-Namen Bordsteinprosa kenne, durchaus lesenswert ist ein Artikel, der mithilfe eines Typenindikators zeigten soll, wie man glaubwürdige Charaktere erschaffen kann. Dazu kommen haufenweise Tipps und Ratschläge, alles in allem ein höchst unterhaltsames und informatives Gesamtpaket.
Das Heft ist 60 Seiten stark, und ich empfand die Lektüre als interessant. Klar bin ich nicht die Zielgruppe, aber ich denke, dass es für Selfpublisher und Leute, die sich für Schreiben und Veröffentlichen interessieren, wertvolle Hinweise liefern kann. Es war übrigens die letzte Ausgabe, die Jennifer Jäger als Chefredakteurin betreut hat; mittlerweile geht sie als Buchautorin und Verlagslektorin ganz andere Wege.
Afrika ist nicht gleich Afrika
Seit ich das letzte Mal eine Reise in ein afrikanisches Land unternommen habe, sind viele Jahre vergangen. Wohl deshalb lese ich so gern die Reportagen, die Simone Schlindwein für die »taz« schreibt. Sie vermitteln ein lebendiges Bild des Kontinents, bei dem es nicht um touristische Schönheiten, sondern wirtschaftlich-gesellschaftliche Realität geht.
Im aktuellen Artikel der Journalistin, der den schönen Titel »Ruandische Wertarbeit« trägt, geht es um das kleine Land Ruanda. Das liegt in Ostafrika, wurde in den 90er-Jahren von einem fürchterlichen Massenmord erschüttert und wird seit vielen Jahren recht streng und stramm regiert. In ihrer Reportage zeigt Schlindwein, wie die Staatsführung versucht, das Land nach vorne zu bringen.
Dauerstau und stressiger Verkehr: Das ist das Afrika, das ich aus den 80er- und 90er-Jahren kenne. Ruanda möchte moderne Wege gehen und setzt unter anderem auf Digitalisierung. Das finde ich spannend, das ist eine Entwicklung, die in der normalen Afrika-Alarm-Berichterstattung nicht vorkommt. Nicht zuletzt aus diesem Grund empfehle ich, die interessante Reportage zu lesen.
Im aktuellen Artikel der Journalistin, der den schönen Titel »Ruandische Wertarbeit« trägt, geht es um das kleine Land Ruanda. Das liegt in Ostafrika, wurde in den 90er-Jahren von einem fürchterlichen Massenmord erschüttert und wird seit vielen Jahren recht streng und stramm regiert. In ihrer Reportage zeigt Schlindwein, wie die Staatsführung versucht, das Land nach vorne zu bringen.
Dauerstau und stressiger Verkehr: Das ist das Afrika, das ich aus den 80er- und 90er-Jahren kenne. Ruanda möchte moderne Wege gehen und setzt unter anderem auf Digitalisierung. Das finde ich spannend, das ist eine Entwicklung, die in der normalen Afrika-Alarm-Berichterstattung nicht vorkommt. Nicht zuletzt aus diesem Grund empfehle ich, die interessante Reportage zu lesen.
04 Juli 2018
Kampf gegen Linksterroristen
Der Staat nimmt den Kampf gegen den Terror sehr ernst. Vor allem, wenn es darum geht, die Horden an Linksfaschisten – so der Ausdruck eines CSU-Wichtigmannes über friedliche Demonstranten gegen die AfD – im Zaum zu halten. Da darf man nicht an den richtigen und wichtigen Mitteln sparen.
Wie unter anderem die Badische Zeitung beispielsweise auf ihrer Online-Seite erwähnt, wurden in Heilbronn gewalttätige Linksterroristen sogar mithilfe eines Hubschraubers gesucht. Anscheinend hatten einige Aktivisten eine Versammlung der AfD angegriffen: Man hatte eine Konfetti-Kanone benutzt, um den Veranstaltungsraum mit Papierschnipseln zu bewerfen.
Laut Polizei gab es keine Verletzten, auch wenn die AfD – wie so oft – das Gegenteil behauptet. Immerhin suchte die Polizei mit einem Großaufgebot nach den schrecklichen Übeltätern. Sogar ein Hubschrauber kam zum Einsatz, man fand aber niemanden.
Die Not des Staatsschutzes ist groß, der Linksterrorismus wird immer schlimmer. Da muss man halt alles versuchen – wenn dann ein Mitarbeiter eines Amtes einen Menschen an der S-Bahn-Haltestelle anspricht und auch sonst Kontakt sucht, kann das zu unterschiedlichen Verwirrungen führen. Zumindest berichtet die Rote Hilfe darüber.
Wie das alles zusammenhängt? Ich bin weder Journalist noch Verschwörungstheoretiker ...
Wie unter anderem die Badische Zeitung beispielsweise auf ihrer Online-Seite erwähnt, wurden in Heilbronn gewalttätige Linksterroristen sogar mithilfe eines Hubschraubers gesucht. Anscheinend hatten einige Aktivisten eine Versammlung der AfD angegriffen: Man hatte eine Konfetti-Kanone benutzt, um den Veranstaltungsraum mit Papierschnipseln zu bewerfen.
Laut Polizei gab es keine Verletzten, auch wenn die AfD – wie so oft – das Gegenteil behauptet. Immerhin suchte die Polizei mit einem Großaufgebot nach den schrecklichen Übeltätern. Sogar ein Hubschrauber kam zum Einsatz, man fand aber niemanden.
Die Not des Staatsschutzes ist groß, der Linksterrorismus wird immer schlimmer. Da muss man halt alles versuchen – wenn dann ein Mitarbeiter eines Amtes einen Menschen an der S-Bahn-Haltestelle anspricht und auch sonst Kontakt sucht, kann das zu unterschiedlichen Verwirrungen führen. Zumindest berichtet die Rote Hilfe darüber.
Wie das alles zusammenhängt? Ich bin weder Journalist noch Verschwörungstheoretiker ...
Für mich unbekannte SF aus den fünfziger Jahren
Den ersten Band des »Hall of Fame«-Zweiteilers, den Robert Silverberg zusammengestellt und der Golkonda-Verlag in deutscher Sprache veröffentlicht hat, habe ich bereits gelesen. Eine Rezension muss ich noch schreiben – das Buch fand ich hervorragend, und ich halte es für eine echte Pflichtlektüre für jeden Science-Fiction-Fan.
Interessanterweise kannte ich die meisten Kurzgeschichten und Erzählungen schon. Sie waren Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre in Anthologien des Heyne- und des Hohenheim-Verlages veröffentlicht worden; in dieser Zusammenstellung sah ich sie allerdings nie. Eine großartige Anthologie!
Derzeit lese ich mich durch den zweiten Band der »Hall of Fame«, in dem sich Erzählungen und Kurzgeschichten finden, die ich noch nicht kannte. Da ich ja Science Fiction mag, möchte ich auf einzelne Geschichten dann hinweisen, wenn ich sie lese …
Völlig unbekannt war mir »Die Suche nach dem heiligen Aquin«, auch der Autor Anthony Boucher war mir bisher durch die Lappen gerutscht. In einer Zukunft, die nicht genauer definiert wird, müssen sich Christen und Juden vor ihrer Regierung im Untergrund verstecken. In dieser Zeit bricht ein Mönch auf, natürlich alles unter großen Sicherheitsvorkehrungen, um mit seinem Robot-Esel nach dem Aquin zu suchen.
Die moralische Frage wird in vielen Diskussionen zwischen dem Roboter und dem Mönch besprochen: Ab wann ist es richtig, etwas Falsches als wahr hinzustellen, um dem Glauben damit zu helfen?
James Blish ist ein Autor, den ich vor allem von seinen »Star Trek«-Romanen her kannte. Als Autor von Kurzgeschichten oder Novellen hatte ich ihn nicht auf dem Schirm. Ein echter Fehler, wie mir »Oberflächenspannung« bewiesen hat: Die Erzählung schildert die Anpassung von Menschen an eine fremde Umgebung, es geht also um sogenannte Umweltangepasste. Wie sie an die Umwelt angepasst werden und warum, das zeigt der Autor nur kurz – dann aber zeigt er in einer fulmimanten Erzählung, wie winzige Menschen zu einer Reise ins Unbekannte aufbrechen, voller Mut und Elan, voller Zweifel aber auch.
Beide Geschichten entstammen den allerfrühesten fünfziger Jahren. Man kann davon ausgehen, dass sie für viele amerikanische Science-Fiction-Autoren stilprägend waren. Ich habe sie dieser Tage gelesen und kann nur sagen: Sie sind toll. Und ich freue mich schon darauf, die nächsten Geschichten in diesem Buch zu lesen, die ich für mich neu entdecken kann.
Interessanterweise kannte ich die meisten Kurzgeschichten und Erzählungen schon. Sie waren Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre in Anthologien des Heyne- und des Hohenheim-Verlages veröffentlicht worden; in dieser Zusammenstellung sah ich sie allerdings nie. Eine großartige Anthologie!
Derzeit lese ich mich durch den zweiten Band der »Hall of Fame«, in dem sich Erzählungen und Kurzgeschichten finden, die ich noch nicht kannte. Da ich ja Science Fiction mag, möchte ich auf einzelne Geschichten dann hinweisen, wenn ich sie lese …
Völlig unbekannt war mir »Die Suche nach dem heiligen Aquin«, auch der Autor Anthony Boucher war mir bisher durch die Lappen gerutscht. In einer Zukunft, die nicht genauer definiert wird, müssen sich Christen und Juden vor ihrer Regierung im Untergrund verstecken. In dieser Zeit bricht ein Mönch auf, natürlich alles unter großen Sicherheitsvorkehrungen, um mit seinem Robot-Esel nach dem Aquin zu suchen.
Die moralische Frage wird in vielen Diskussionen zwischen dem Roboter und dem Mönch besprochen: Ab wann ist es richtig, etwas Falsches als wahr hinzustellen, um dem Glauben damit zu helfen?
James Blish ist ein Autor, den ich vor allem von seinen »Star Trek«-Romanen her kannte. Als Autor von Kurzgeschichten oder Novellen hatte ich ihn nicht auf dem Schirm. Ein echter Fehler, wie mir »Oberflächenspannung« bewiesen hat: Die Erzählung schildert die Anpassung von Menschen an eine fremde Umgebung, es geht also um sogenannte Umweltangepasste. Wie sie an die Umwelt angepasst werden und warum, das zeigt der Autor nur kurz – dann aber zeigt er in einer fulmimanten Erzählung, wie winzige Menschen zu einer Reise ins Unbekannte aufbrechen, voller Mut und Elan, voller Zweifel aber auch.
Beide Geschichten entstammen den allerfrühesten fünfziger Jahren. Man kann davon ausgehen, dass sie für viele amerikanische Science-Fiction-Autoren stilprägend waren. Ich habe sie dieser Tage gelesen und kann nur sagen: Sie sind toll. Und ich freue mich schon darauf, die nächsten Geschichten in diesem Buch zu lesen, die ich für mich neu entdecken kann.