30 April 2012

Expedition in die Pfalz

»Übernimm dich nicht gleich«, lautete der gutgemeinte Rat. »Jaja, nur ein Stündchen«, versprach ich und meinte es ernst. Trotz Allergie und zugestopfter Nase konnte ich am Samstag nicht daheim bleiben; die frische Luft zerrte mich aus der Wohnung und auf mein Fahrrad.

Im vergangenen Jahr war ich so gut wie nicht gefahren. Der Grund dafür beginnt mit »Per« und hört mit »ltcon« auf; das Jahr 2011 hatte für mich zeitweise nur noch aus dem Dreiklang »Arbeit Arbeit Arbeit« bestanden. In diesem Jahr soll das anders werden, und dazu gehört ein wenig Bewegung in der Natur.

Wobei die Natur entlang der mehrspurigen Bundesstraße, die aus Karlsruhe hinaus, über die Rheinbrücke und hinüber in die Pfalz führt, ja auch nicht so natürlich riecht, sondern einen unangenehmen Beigeschmack von Benzin verströmt. Dann aber erreichte ich die freie Fläche, entschied mich spontan und dummerweise, nicht gleich wieder umzukehren, und fuhr nach Norden.

Um es kurz zu machen: Der kleine Ort Jockgrim hat einen wunderhübschen Ortskern, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, manche Altrheinarme sind ebenfalls sehr hübsch. Nur fühlte sich mein Hintern nach gut zweieinhalb Stunden überhaupt nicht mehr hübsch an.

Der Start in die diesjährige Fahrrad-Saison war also ein Erfolg. Allerdings sollte ich es künftig wirklich einfacher angehen – so völlig untrainiert ...

29 April 2012

Spaß allein genügt nicht mehr

Heimatglück gehören zu den Bands, die ich noch nicht gesehen habe. Eigentlich peinlich: Die Hamburger Band ist schon seit 15 Jahren unterwegs. Immerhin kaufe ich brav die Tonträger und finde sie – ebenso brav – bislang immer außergewöhnlich, interessant und wirklich gut.

Das sehe ich auch bei »Spaß allein genügt nicht mehr«, der aktuellen Platte, die im Herbst 2011 veröffentlicht wurde. (Ich habe natürlich die Vinylscheibe, die es mit beigelegtem Download-Code gibt; ich bin mir aber sicher, dass es ebenso eine CD gibt.) Die kann ich stundenlang anhören – sie hat zwar ihre beabsichtigten Ecken und Kanten, läuft aber gut durch.

Heimatglück machen im Prinzip die Mixtur aus Neue Deutsche Welle und Punkrock, die Ende der 70er-Jahre so Bands wie Ideal oder Hans-A-Plast auszeichnete; mal sind die Stücke mehr teenager-mäßig und rotzig, mal knallen sie punkig. Das ist abwechslungsreich und cool, hat aber mit Deutschpunk oder dergleichen gar nichts zu tun.

Die Sängerin bringt die lakonischen Texte mit ihrer unterkühlten Stimme sehr gut zur Geltung: »Meine Haut besteht aus Eis / die Zeit aus Cellophan / In einer Welt aus Helium / die leicht ist und doch schwer wie Blei« heißt es in dem Stück »Quark und Cornflakes«. Das ist zeitweise richtig abgefahrene Lyrik – toll gemacht!

Da passt halt alles zusammen, schon der Titel ist eine Anspielung (auf die Deutschpunk-Band Hass und ihre Platte »Hass allein genügt nicht mehr«), der Bandname ist eine zynische Replik auf den Heimatwahn hierzulande – und das ganze wird mit einem rotzigen Sound und großartigen Texten gemischt. Verdammt noch mal: Ich will Heimatglück endlich mal live sehen!

27 April 2012

Lesung in Köln


Vor gut dreißig Jahren besuchte ich meinen ersten ColoniaCon - also eines der gefürchteten Science-Fiction-Treffen in Köln. Seither war ich oft in der Stadt und oft auch im »Jugendpark«, wo der Con stattfindet. Eine Fantasy-Lesung hatte ich allerdings noch nie.

Ende Mai ist der diesjährige ColoniaCon, und am Samstag, 26. Mai 2012, habe ich zwei offizielle Programmpunkte. Der eine hat etwas mit meinem Beruf zu tun, was niemand sonderlich überraschen dürfte; der andere ist dann privat.

Ich lese Fantasy-Texte vor, die Details muss ich mir noch ausdenken. Aber ich bin tatsächlich ein wenig nervös: Kommt da überhaupt jemand zu meiner Lesung? Interessiert das überhaupt jemanden? Und wie sehr werde ich mich versprechen?

26 April 2012

Ich will ins »Thalia-Magazin«

Es ist unter Menschen mit Kulturbewusstsein ja ein wenig verpönt, die »Thalia«-Buchhandlungen anzusteuern: zu groß, zu viel Krimskrams, zu viel Marktorientierung und so weiter - alles in allem eben der böse Kapitalismus, der die kleinen Läden verdrängt. Das stimmt teilweise, und darum soll's hier gar nicht gehen.

Als ich beim letzten Mal in der »Thalia«-Filiale stöberte (ich suchte ein Geburtstagsgeschenk, und dazu muss ich Bücher anfassen können, und das mache ich gern bei einer großen Auswahl und in einem Laden, wo ich mich hinterher nicht vor dem kulturbeflissenen Buchhändler für meinen Kauf rechtfertigen muss), nahm ich die aktuelle Ausgabe des »Thalia-Magazins« mit. Es enthält auf 60 illustrierten, farbigen Seiten viel Werbung und eine Reihe von redaktionellen Hinweisen - nicht uninteressant.

Schön ist ein Artikel über den »Deutschen Phantastik Preis«, der alljährlich auf dem BuchmesseCon verliehen wird. Irgendjemand im Umfeld der Veranstalter hat einen Draht zu dem Magazin; das finde ich gut. So kommt eine Fan-Aktion, und das war und ist es unterm Strich ja immer noch, endlich auch mal in der breiten Öffentlichkeit zu ihrem Recht.

Vermerkt wird, dass ich den Preis für die beste Serie »persönlich in Empfang« genommen habe. Stimmt, normalerweise nehmen Autoren den Preis in Empfang, was ich grundsätzlich auch besser finde: Die verfassen schließlich die Romane, während ich für den Redaktionskram verantwortlich bin. Aber so kam ich mal in den Genuss, in diesem auflagenstarken Magazin erwähnt zu werden.

Es bringt mich sowieso bloß dazu, mir ein ehrgeiziges Ziel zu setzen: Ich will mal wieder im »Thalia-Magazin« erwähnt werden. Dann aber bitteschön nicht mehr als Redakteur, sondern als Autor. Dafür sollte ich aber endlich mal ein Thalia-taugliches, massenkompatibles Buch verfassen ...


25 April 2012

Kurzer, fieser Horror-Roman


Im Atlantis-Verlag erschienen in vergangenen Monaten immer mehr Titel, die ich in dem kleinen Verlag zuvor nicht vermutet hatte: unter anderem Lizenzausgaben amerikanischer Autoren . Von denen besorgte ich mir prompt einige Titel. Zuletzt las ich »Eingesperrt« von Brian Keene, der in Horror-Kreisen längst einen guten Namen hat, von dem ich aber bislang keinen Roman in der Hand hatte.

Die Handlung beginnt in einem kleinen Elektronikladen irgendwo in den USA. Nur eine Handvoll von Angestellten ist anwesend, als ein bewaffneter Mann auftritt und sie alle in den Lagerraum treibt. Dort werden sie in einen Käfig gesperrt, in dem sie die Nacht verbringen müssen. Auf jeden von ihnen wartet ein schreckliches Schicksal, das wird ihnen recht schnell klar – aber sie können nichts tun. In ihrem Käfig müssen sie darauf warten, was der Fremde mit ihnen vorhat ...

Die Sprache in diesem Roman ist klar, fast lakonisch; sie erinnert an Thriller oder klassische Detektivgeschichten. Spannung wird über trockene Dialoge vermittelt, Beschreibungen sind eindeutig und ufern nie aus. Wenn die Personen sprechen, »klingt« das stets sehr lebensnah.

Sehr glaubwürdig vermittelt Keene die Angst seiner Helden: Die Männer zittern vor Angst, sie streiten sich, sie wissen nicht, was auf sie zukommt. Der Gerucht in der Abstellkammer, die Enge der Situation, die Auswegslosigkeit – der Autor schildert das Geschehen fast ruhig und verzichtet auf überzogene Schock-Effekte.

Die Angst entsteht im Kopf des Lesers, der nie mehr weiß als die jeweilige Hauptperson. »Eingesperrt« ist richtig fies, der Kurzroman entfaltet beim Lesen einen echten Sog. Als ich das Buch zuklappte, war ich erst einmal eine Weile sehr ruhig und ließ einige Szenen nachwirken: stark gemacht!

Kritiker könnten einwenden, dass der Roman kein Meisterwerk sei. Das mag sein – aber er ist spannend, und er lässt einen bei der Lektüre nicht los. Bei gerade mal 80 Seiten ist das auch das Wichtigste.

Der Roman ist als Paperback erschienen und kann über diverse Versender oder direkt über den Atlantis-Verlag bestellt werden. Für E-Book-Fans gib's eine Kindle-Edition, für Sammler wie ich eine Hardcover-Version – die liefert aber nur der Verlag direkt aus.

24 April 2012

Beim Majer-Bäcker


Warum wir in Venedig so lange brauchten, um herauszukriegen, dass es eine Kette namens Panificio Majer gibt, ist mir im Nachhinein schleierhaft. Nachdem wir es aber kapiert hatten, gingen wir mehrmals zum »Majer-Bäcker«, um dort beispielsweise zu frühstücken oder nachmittags eine Kleinigkeit zu uns zu nehmen.

Die Auswahl fand ich ziemlich klasse, wenngleich sie von der Größe der Bäckerei und ihrer Lage abhängig war: War die Örtlichkeit an einem großen Platz, konnte sie naturgemäß andere Dimensionen haben als am Rand einer schmalen Gasse. Aber überall eröffnete sich die Möglichkeit, einen »schnellen Kaffee« – also einen Espresso – für kleines Geld an der Theke zu trinken.

Und es gab überall leckere Backwaren: süße Stückchen, pikantes Gebäck, belegte Brote und so weiter. Sogar als Vegetarier kam ich auf meine Kosten.

Zu vergleichen ist »Majer« nicht gerade mit einer der hochwertigen Konditoreien, von denen es in Venedig selbstverständlich auch mehrere gibt. Und die jüdische Bäckerei im ehemaligen Ghetto bot ihrerseits besondere Spezialitäten an. Aber für ein Standard-Frühstück und ein gelegentliches »Zwischendurch« erwies sich die Bäckerei als hervorragend geeignet.

23 April 2012

Die Frarikirche

Hierzulande sind Kirchen für mich zwar kein Feindbild, aber sie lassen mich gleichgültig. Ich betrete sie nur, wenn ich muss. In den letzten Jahren war das eigentlich nur bei Hochzeiten oder Todesfällen nötig. Im Ausland ist das anders: Da schaue ich mir eine Kirche durchaus mal unter geschichtlich-künstlerischen Gesichtspunkten an.

Am zweiten Tag unseres Venedig-Aufenanthaltes standen wir auf einmal vor einem riesigen Sakralbau. Ein Blick in den Reiseführer belehrte uns, dass es sich um die Frarikirche handelte, genauer gesagt, die Santa Maria Gloriosa dei Frari. Es kostete drei Euro Eintritt, das Gebäude wurde empfohlen – also gingen wir hinein.

Ich war gebührend beeindruckt. Schon die Architektur ist faszinierend: hohe Decken, eine strenge und zugleich verwirrende Gliederung, Altäre und Seitenschiffe. Dazu kommen haufenweise Bilder und Statuen, die allesamt Jahrhunderte alt sind.

Künstler wie Tizian, dessen Name sogar mir etwas sagte, oder Bellini sind vertreten: Die Bilder sind riesengroß, die Statuen geradezu lebensecht – sieht man von den Dimensionen ab. Ich verbrachte viel Zeit damit, mir diese Kunstwerke anzuschauen, und fand das alles ziemlich klasse.

Die Vorstellung, in einem Gebäude zu stehen, dessen Kunst vor Jahrhunderten erschaffen wurde, und so quasi eine Zeitmaschine zu betreten, fand ich faszinierend. Ich kam mir vor wie in einem historischen Roman. Als ich Stunden später wieder an das Sonnenlicht trat, wirkten die Bilder und Statuen geradezu nach.

22 April 2012

Fans und ihr Engagement

Die Begeisterung, die vor allem weibliche Musikfans ihren Lieblings-Bands entgegen bringen, habe ich nie verstanden. Schaue ich mir Aufnahmen aus den 60er-Jahren an, die zeigen, wie sich kreischende Fans um die Beatles drängen, bin ich ebenso irritiert bei vergleichbaren Bildern aus den 90er-Jahren, als Take That und Konsorten auftraten.

Einen Einblick in die Denkweise dieser Hardcore-Fans gibt das Buch »Backstreet Girl« von Jennie Hermann. So richtig aktuell ist das nicht: Es erschien bereits 2009 im Verlag des Archivs der Jugendkulturen; gelesen habe ich es allerdings jetzt erst. Unterhalten habe ich mich dabei bestens.

Der Untertitel stellt klar, worum es geht: »Projektionsfläche Popstar – Wenn der Fan zum Schriftsteller wird«. Was bringt Musik-Fans dazu, sich mit ihrer Lieblingsmusik so stark auseinanderzusetzen, dass sie literarisch tätig werden?

Im Prinzip sind's drei Bücher: Der erste Teil ist das Tagebuch der Autorin, die als begeisterter Fan der Backstreet Boys dieser Band hinterher reiste, in einen der Sänger heftig verliebt war und sich jahrelang nicht davon lösen konnte.

Darüber schrieb sie ein Buch, das hier enthalten ist. Der Text ist teilweise richtig bitter zu lesen, andererseits im Abstand von 15 Jahren auch mit einer gewissen Selbstironie unterlegt – und es gibt lesenswerte Eindrücke in die Denkweise eines hartgesottenen Fans.

Im zweiten Teil schildert die studierte Musikwissenschaftlerin dann das Fantum aus einer wissenschaftlichen Distanz. Sie will herausfinden, warum vor allem Frauen über Stars schreiben – sowohl Tagebücher als auch Romane und Erzählungen. Dieser Teil ist der schwächste des Buches: Man merkt zu deutlich, dass die Auswahl an Texten, auf die sich Jennie Hermann beruft, unterm Strich zu dünn ist.

Der dritte Teil besteht aus Interviews, wobei hier die Partner sehr unterschiedlich sind. Kompetente Musikjournalisten wie Christian Gasser, Kerstin Grether und Frank Schäfer haben naturgemäß einen anderen Zugang zur Musik und zu ihren Texten als beispielsweise eine Frau, die jahrelang dort Urlaub machte, wo der Musiker Peter Maffay wohnt.

Das Buch erschien als sehr schön gestalteter Hardcover-Band mit 219 Seiten Umfang und zahlreichen Abbildungen. Es kostet 28 Euro, die ISBN ist 978-3-940213-50-1 – und wer sich dafür interessiert, kriegt das lesenswerte, unterhaltsame Werk in jeder Buchhandlung oder direkt beim Archiv der Jugendkulturen.

Pop aus Österreich und der Schweiz

Gleich zwei Mini-CDs oder CD-Singles – oder wie immer man das nennen mag – hörte ich mir in den letzten Tagen an. Die eine Band war mir durchaus bekannt; sie stammt aus Österreich. Von der anderen hatte ich vorher noch nie gehört.

Jellybeat gefallen mir auch mit ihrer neuen Single – und das bezieht sich ausdrücklich auf ihre Promo-CD, auf der sich drei Versionen desselben Stücks finden. "Burundi", ein Stück aus den 70er-Jahren, das mir nicht einmal bekannt war, wird von den Österreichern in mitreißender Art modernisiert und aufgefrischt.

Packende Trommelrhytmen, dazu ein wenig Elektro-Mix – das alles vereint sich zu einer Mixtur, die schon beim ersten Anhören in die Beine geht. Ich schwinge mit, ich wackle mit dem Kopf, ich mache im Auto den Sound sofort lauter: Der gelungene Mix elektrisiert und begeistert. Saugute Popmusik!

Kaum zu glauben, aber wahr: Die Band Penta-Tonic stammt aus der Schweiz, singt aber in lupenreinem Hochdeutsch, ohne jeglichen Anflug von Dialekt oder eigener Färbung. Ihre CD »Auf und davon« ist im Prinzip eine Single: zwei Versionen des Titelstücks sowie das gelegentlich krachige »Leuchten«.

Die Musik ist angenehm, im Prinzip moderne Popmusik mit einem Hang zum Pompösen, sauber instrumentiert, mit einigen aufgesetzten Effekten; die Melodien stimmen. Nach dem zweiten und dritten Mal flutschen einem die gehörten Stücke übrigens ins Ohr – gegen solche Musik im Radio hätte ich nichts. Auf Dauer wäre es mir zu schlapp, zu ruhig und zu brav; wer aber gerne poprockige Musik mit deutschen Texten mag, sollte der Band mal eine Chance geben.

Ach ja, die Texte nochmal. Eigentlich ist das Emo. Es geht um Gefühle, es geht um die Zeit, die um einen verstreicht, und um Menschen, die man verloren hat – alles in allem ein wenig pathetisch, aber nicht schlechter als beispielsweise Kettcar.

21 April 2012

Drei Punkrock-Kracher aus der Schweiz

Der Freitag abend, 20. April 2012, stand in Karlsruhe im Zeichen der Schweiz. Zumindest in der »Alten Hackerei«, der »gepflegten Punkrock-Bar«, wo an diesem Abend gleich drei Bands aufspielten.

Um es vorwegzunehmen: Noch einen Tag danach bekam ich das Brummen nicht aus den Ohren heraus; entweder habe ich jetzt einen fiesen Tinnitus, oder die Anlage in der »Hackerei« war ziemlich übersteuert. Vielleicht sollte man sich in meinem Alter auch nicht mehr vorne aufhalten ...

Ich kam ein wenig zu spät, um den Anfang der Seniles noch mitzukriegen. Aber was ich sah und hörte, war ziemlich klasse: knalliger Punkrock, wie man ihn anfangs der 80er-Jahre in England spielte, meinetwegen darf man auch Streetpunk dazu sagen; in die Menge gebrüllt von einem Sänger, der im Lauf der Jahrzehnte ordentlich an Bauch und grauen Haaren zugelegt hat, aber immer noch den Punkrock-Spirit glaubhaft verköperte. Das ganze rumpelte und krachte ordentlich – sehr schön!

Das Highlight des Abends waren Wicked: Die Ansagen waren in Züridütsch, die Musik knalliger Punkrock, der schwer nach 1977 roch, aber komplett überzeugte. Die Stücke waren zackig und schnell, sie knallten, und sie waren voller Melodie und Schmackes. Obwohl ich eigentlich nur faul herumstehen wollte, kam ich nicht umhin, meinen faulen Hintern ein wenig auf- und ab zu bewegen. Super-Band!

Zwischendrin kam auf einmal eine junge Frau in Motorrad-Klamotten auf die Bühne, die sie dann – Überraschung! – auszog. So wurde ich endlich einmal Zeuge einer Burlesque-Show, oder wie immer man das jetzt nennt, und war hinterher nicht viel schlauer: Was zum Teufel hat das jetzt mit Punkrock zu tun?

Den Abschluss bildeten Transporter: zwei Schweizer und ein Schlagzeuger aus Karlsruhe, dem im wirklichen Leben auch die »Hackerei« gehört. Der Sound war knallig, eher Marke '82 aus den USA, dazu ein Gesang in Schwyzerdütsch – die Band brachte erneut gute Bewegung in den mittlerweile sehr anständig gefüllten Saal.

Ein sehr gelungener Abend!

20 April 2012

Blaues Glas und Haare

Gestern abend habe ich endlich die Sammlung »Ihr Haar zersprang wie blaues Glas« zu Ende gelesen. Ich habe für das 52 Seiten umfassende Heft richtig lange gebraucht, was mir ja ein wenig peinlich ist – aber wenn ich immer mal wieder einen Text lese, dann wieder eine Pause einlege, dann wieder lese, dauert das einfach seine Zeit.

Wer sich über den seltsamen Titel wundert: Für ein Symposium an der Phantastischen Bibliothek Wetzlar sollten ungewöhnliche Texte verfasst werden. Sie sollten zweierlei gemeinsam haben: eine vorgegebene Länge – oder eher Kürze – sowie einen Satz. Dieser Satz wurde dann zum Titel der Geschichtensammlung.

Entstanden ist eine ungewöhnliche Mischung aus Science Fiction und Fantasy, allgemeiner Phantastik und »normaler« Literatur, zwischen richtig guten Texten und eher durchschnittlichem Material. Bei einer Sammlung von 22 Geschichten kann auch nichts anderes herauskommen; letztlich hat eh jeder Leser seinen eigenen Geschmack.

Herausgegeben wurde das Heft, das wie ein Fanzine daherkommt, was ich positiv meine, von Thomas Le Blanc und Falko Löffler. Von Falko Löffler stammt auch einer der Texte; andere wurden von bekannten Autorinnen wie Monika Niehaus und Karla Weigand oder Autoren wie Carsten Steenbergen und Jörg Weigand verfasst, die allesamt schon verschiedene Texte veröffentlicht haben. Kein Text ist länger als zwei Druckseiten.

Die gelungene Sammlung hat eine Auflage von nur 300 Exemplaren und kann für zwei Euro bezogen werden – direkt bei der Phantastischen Bibliothek. Bisher fand sie in der Science-Fiction- und Fantasy-Szene nur eine höchst bescheidene Resonanz, was ich bedauerlich finde. Kürzestgeschichten scheinen es noch schwerer zu haben als »nur« Kurzgeschichten.

19 April 2012

Partymeile Rialto

Wer sich in Venedig aufhält, wer schon mal von der Stadt gehört hat oder wer gerne die einschlägigen Filme guckt oder die bekannten Bücher liest, der kennt die Rialtobrücke: ein steinernes Gebilde, das sich in einem faszinierenden Bogen über den Canale Grande erstreckt. Tagsüber ist es ein Hauptverbindungsstück zwischen zwei Stadtteilen, und im Sommer drücken sich die Touristen auf den Steinen der Brücke fast platt.

Als wir in der ersten Nacht in Venedig durch das Gassengewirr in Richtung der Brücke spazierten, regnete es leicht. Unsere Schritte hallten von den Wänden der schmalen Gassen wieder, und wir bemühten uns, den größten Pfützen auszuweichen.

Während wir uns dem Kanal näherten, hörten wir auf einmal die Musik. Bässe wummerten durch die Nacht, es klang, als hätten Jugendliche einen Ghetto-Blaster aufgestellt. Tatsächlich: Ein Platz, keine hundert Meter von der legendären Brücke entfernt, erwies sich als Treffpunkt für die ortsansässige Jugend.

Unter den Arkaden der umliegenden Häuser, die tagsüber von Andenkenläden belegt waren, schützten sich die Jugendlichen gegen den Nieselregen. Sie standen in Gruppen zusammen, sie redeten lautstark, telefonierten mit ihren Handys, rannten auch mal über den Platz, hörten Musik oder standen vor offenen Bars, wo sie Getränke holten, die sie im Freien tranken.

Es herrschte eine friedliche, geradezu gelassene Stimmung. Man ignorierte uns, als ob es uns nicht gäbe, was ich angesichts der Touristenmassen in der Stadt gut verstand, und schien sich bestens zu amüsieren. Und über alledem wummerte die Musik – es war wie in einer Open-Air-Disko.

Auch an den späteren Abenden – wir kamen ständig an diesem Platz vorbei – herrschte dort dasselbe Treiben. Bei schönem Wetter standen die Jugendlichen auf dem Platz herum; regnete es, suchten sie unter den Arkaden Schutz. Und es war stets eine touristenfreie Zone – wenn wir uns dort bewegten, wurde rings um uns stets nur italienisch gesprochen.

Detonatori aus Serbien

Dass aus Jugoslawien und seinen Nachfolgestaaten richtig guter Punkrock kommt, ist eigentlich seit den späten 70er-Jahren bekannt, geriet aber wegen des dauernden politischen Hickhacks und diverser Kriege in den 90er-Jahren ein wenig in Vergessenheit.

Im Rahmen einer »Collector Series« veröffentlichte das Label Bandworm Records eine Platte mit fünf Stücken einer serbischen Band – und die ist richtig gut. Detonatori stammen aus Novi Sad, also aus Nord-Serbien; es sind drei Männer und eine Frau. Die singt aber nicht, wie das häufig üblich ist, sondern die spielt den großartigen Bass. Die seit 2008 bestehende Band hängt irgendwo zwischen den Stühlen Psychobilly und Punkrock, das macht sie ziemlich gut.

Die Stücke sind schmissig und machen Laune, der ruppige Kontrabass gibt das Tempo vor, darüber knallt die rauhe Stimme des Sängers; zudem gibt's noch gelungene Melodien, die einen unweigerlich dazu bringen, mit dem Kopf zu wackeln und mit den Füßen zu wippen. Textlich ist man auf der sicheren Seite: keine Politik, stattdessen Stücke über schmutzige Herzen, Freunde und verlorene Träume – alles in serbischer Sprache.

Saugut.

18 April 2012

Beim ollen Fridolin

Die junge Frau, die uns in Venedig den Weg in die gemietete Wohnung zeigte, war sehr hilfsbereit: »Wenn Sie heute abend noch etwas essen möchten, gehen Sie die Gasse entlang und dann links – dort ist eine ausgezeichnete und preiswerte Pizzeria.« Es klang gut, und wir wollten uns daran halten.

Aber an der Stelle, wo wir links abbiegen wollten, blieben wir stehen und blickten durch die Fenster in ein schön ausehendes Restaurant auf der rechten Seite der Gasse. Es handelte sich um die Osteria Vecio Fritolin, die wir im Verlauf des Abends nur noch als den »alten Fridolin« bezeichneten. (Deutsche Touristen und ihre Unart, sich das Italienische ordentlich beizubringen!)

Das Restaurant war schön eingerichtet: ein wenig auf alt getrimmt, mit korrektem Ober und superfreundlicher Chefin, mit einem aufmerksamen Service und hübscher Dekoration ... Fast kamen wir uns bei unserem Besuch vor, als säßen wir im Klischee eines venezianischen Restaurants.

Dafür stimmten die Weine – wir nahmen sehr leckere aus der Region – und das Essen. Für Vegetarier gab's nur eine höchst eingeschränkte Auswahl, für die Fischfreunde war das Restaurant das Paradies auf Erden. Alle Beteiligten schwärmten in den höchsten Tönen. Das Huhn schien allerdings ein wenig trocken zu sein ...

Venedig ist nicht preiswert, dieses Restaurant zählt aber preislich zum Durchschnitt. Pro Person landet man mit Wein und zwei Gängen bei 40 bis 50 Euro, wird allerdings mit sehr gutem Essen belohnt.

Während des Essens wunderten wir uns über die zwei Tische mit deutschen Touristen, die außer uns in dem Lokal waren. Hinterher erst stellten wir fest, dass »Vecio Fritolin« so ziemlich in jedem deutschsprachigen Reiseführer empfohlen wird. Eine solche Empfehlung muss nicht falsch sein, wie sich zum wiederholten Mal erwies.

Die Pizzeria, die gerade mal zwei Häuser weiter war – eine Gasse nach links –, war übrigens deutlich preiswerter und sah von außen nett aus, hatte zudem einen hübschen kleinen »Biergarten«. Wir schafften es aber nie, dort auch einmal essen zu gehen. Ein andermal ...

17 April 2012

Werbung zum Umfallen

In den letzten Jahren wurden sogenannte Virals ziemlich populär: Der singende Paul Potts wurde dank der Telekom und ihrem Flashmob-Filmchen noch berühmter, in Belgien wird eine Schießerei auf der Straße ausgetragen, in irgendwelchen Bahnhöfen tanzen die Menschen.

Das Ziel ist klar: Man möchte die Leute dazu bringen, sich die coolen Filme anzuschauen und ganz nebenbei die Werbebotschaft mitzukriegen. Virales Marketing eben, eine Botschaft soll sich wie eine Seuche verbreiten. In Punkrock-Kreisen der 80er-Jahre sagte man »spread the disease«.

Da spricht nichts dagegen. Ich mag gut gemachte Virals und gucke mir solche Filmchen gern an. Aber ich guck' ja auch gerne Kinowerbung, ärgere mich bei diesen Gelegenheiten höchstens über schlechte Vorfilme. Wenn eine Firma sich Mühe gibt, mich als Kunden zu gewinnen, finde ich das sogar sympathisch.

Absolut gelungen ist der neue Film, den die Agentur Ogilvy & Mather in Frankreich für die Marke »Tic Tac« veröffentlicht hat. Das Ding wurde schon millionenfach angeklickt, und ich weise ebenfalls auf die Youtube-Version hin.

Mag ja sein, dass da Gefühle verletzt werden oder dass der Schockeffekt zu groß ist. Aber mal ernsthaft: Alle, die in dem Film auftreten, wissen genau, was sie tun. Auch die »Passanten« sind meiner Ansicht nach Schauspieler und tun nur, als ob sie überrascht wären.

Und ... Hey, das ist doch eine gelungene Umsetzung von Endzeit-Romanen in der Tradition von Stephen Kings »The Stand« - haben wir uns das nicht immer genau so vorgestellt? Schöner Kurzfilm!

16 April 2012

Miniaturen zu Venedig

Für die Reise nach Venedig wollte ich unbedingt ein Buch einpacken, das von einem Menschen stammt, der in der Stadt geboren worden ist und einen großen Teil seines Lebens dort verbracht hat. Gemeint ist der italienische Schriftsteller Tiziano Scarpa, von dem hierzulande einige Bände mit Kurzgeschichten erschienen sind.

In insgesamt zehn Texten, jeweils eingeleitet durch eine Schwarzweiß-Fotografie, führt der Autor durch seine Heimatstadt: Er beschreibt »Füße« und »Gesicht«, »Ohren« und »Herz«, um einige der Überschriften zu nennen. Dabei handelt es sich um literarische Miniaturen, gewissermaßen Spaziergänge durch eine phantastische Stadt.

Scarpas Buch ist kein Reiseführer, und es will einen solchen auch nicht ersetzen. Der Autor setzt auf den Zufall, er möchte die Leser dazu verleiten, sich intuitiv den Gassen der Stadt anzuvertrauen. Und wer sich darauf einlässt, bekommt Einblicke in dunkle Gassen und abgeschirmte Höfe, die er mithilfe eines Reiseführers nie gehabt hätte.

Der Autor beschreibt skurrile Menschen, er notiert Spiele der venezianischen Kinder oder erzählt Schauderhaftes aus der Vergangenheit der Stadt. Man erfährt einiges über die Unterschiede zwischen italienisch und venezianisch, hört von den Feinheiten der Gondeln und bekommt vermittelt, wie fragil die Schönheit der Stadt ist.

»Venedig ist ein Fisch« erweist sich als dünnes Buch mit eindrucksvollem Inhalt: Auf gerade 116 Seiten gibt es Einblicke zu Venedig, die ich in dieser Form sonst nirgends gelesen und gesehen habe. Wer schon mal in der Stadt war, für den ist es eine empfehlenswerte Lektüre. Und wer sich überlegt, nach Venedig zu reisen, sollte es in den Koffer packen – ich empfehle es reinen Gewissens.

15 April 2012

Stuttgart anfangs 1987

Die aktuelle Ausgabe 101 des OX-Fanzines liegt vor, und sie enthält die Folge 37 meines Fortsetzungsromans »Und: Hardcore!«, der in den ersten Wochen des Jahres 1987 spielt. Wieder einmal ist Peter Meißner alias Peter Pank die Hauptperson, und es zeichnet sich ab, dass er sich in neue Schwierigkeiten manövriert.

Mit Chris, einer jungen Frau aus der Hardcore-Szene, ist er unterwegs nach Stuttgart. Genauer gesagt: In dieser Folge erreicht er die baden-württembergische Landeshauptstadt. Dort trifft er auf besoffene Punks und später auch auf unliebsame Mitbürger ...

Hier konnte ich mir übrigens einige sarkastische Kommentare zur laufenden Diskussion um den Bahnhof nicht verkneifen, die ich den Hauptpersonen in den Mund legte. In den 80er-Jahren fand ich den Bahnhof potthässlich, und die meisten Leute, die ihre Meinung dazu äußerten, waren weit davon entfernt, dem Ding irgendwelche Sentimentalitäten anzudichten. (Dass ich Stuttgart 21 dennoch für Humbug halte, steht auf einem anderen Blatt.)

14 April 2012

Mit dem Vaporetto

Hat man sich einmal daran gewöhnt, macht es richtig Spaß: die Fahrt mit dem Vaporetto, also dem Wasserbus, der durch den Canale Grande von Venedig, zu den umliegenden Inseln in der Lagune und rings um die eigentliche Stadt fährt. Eine einzelne Fahrt ist recht hochpreisig, weshalb sich Tages- oder Mehrtages- oder gar Wochen-Tickets sehr schnell lohnen.

Die Boote sind vergleichsweise groß; zumindest in der Innenstadt passen recht viele Menschen hinein. Sowohl in der Kabine, die gut vor Wind und Wetter schützt, als auch im Außenbereich kann man sich aufhalten; im Außenbereich ist es im April allerdings häufig sehr kühl, so dass ich nicht nur einmal durchgefroren von Bord ging.

Aber es macht einfach Spaß: Man geht zur nächstgelegenen Vaporetto-Haltestelle, wartet einige Minuten und besteigt dann das Boot in die richtige Richtung. Beim Aussteigen geht es auch recht formlos zu, die meisten Einheimischen sind mit dem System sowieso blindlings vertraut, und die Touristen gewöhnen sich meist schnell daran.

Ich liebe Vaporetto-Fahrten! Allein aus diesem Grund sollte ich wieder einmal nach Venedig reisen.

13 April 2012

Wohnung im Zentrum

Die junge Frau mit den langen schwarzen Locken holte uns an der Wasserbus-Station ab; es war schon Nacht, und es nieselte leicht. In schnellem Schritt führte sie uns über eine schmale Brücke, dann entlang eines Kanals, dann links durch eine Gasse, die nicht viel breiter war als vielleicht ein Meter. Es war mein erster Abend in Venedig, und ich wusste schon nach zwei Minuten nicht mehr, wo ich genau war.

Wieder ging es an einem schmalen Kanal entlang, wieder eine Brücke, wieder eine Gasse, eine Brücke, eine Gasse und dann links. Von dieser Gasse aus ging es durch einen schmalen Gang zur Seite, dann kam noch eine Gasse, an deren Eingang tatsächlich ein Einbahnstraßenschild stand – und wir waren vor dem Haus, in dem wir die nächsten Tage wohnen sollten.

Es ging zwei Treppen nach oben, steif und ungleich waren die Stufen. Die Wohnung selbst empfing uns mit einem riesigen Wohnzimmer, beherrscht von einer Sofagarnitur, gefolgt von einem Esszimmer, ausgerichtet für acht Besucher, an das sich eine offene Küche anschloss. Auf demselben Stock gab es noch ein Schlafzimmer sowie ein Bad.

Die Treppe hoch, dann kamen bereits Dachbalken. Unter der Dachschräge wartete das Zimmer, in dessen Bett ich die nächsten Nächte schlafen sollte; dazu kamen ein weiteres großes Zimmer unter einer Dachschräge sowie ein Bad. Von meinem Schlafzimmer aus blickte ich auf einen Kanal hinunter, vom Bad aus blickte ich über die Dächer der umliegenden Häuser.

Ich war in Venedig angekommen, und ich freute mich bereits. Laut Stadtplan waren die legendären Rialtobrücke ebenso nahe wie irgendwelche Plätze mit großen Kirchen – von hier aus sollte also nichts mehr schiefgehen.

12 April 2012

Eine Woche Venedig

Wieder einmal hat es mich nach Italien verschlagen, einen ganze Woche lang: Über Ostern waren wir in Venedig, der Stadt an, nein, in der Adria. Ich war vor Jahren schon einmal auf der Insel, damals nur für einen Tagesausflug, und diesmal nutzte ich die Zeit, eine Woche zu bleiben.

Bereut habe ich es keine Sekunde lang. Die Insel ist vielseitig und spannend, abwechslungsreich und voller Überraschungen. Da wir auch über Nacht waren und die Tagestouristen ab 18 Uhr die Insel verlassen, blieben wir oftmals von den schlimmsten Menschenmengen verschont - zudem war es noch deutlich vor der Saison.

Ich genoss es, durch die engen Gassen zu stromern. Ich liebte es, mit dem Vaporetto über den Kanal und zu den anderen Inseln zu schippern. Ich erfreute mich an Besuchen im Museum und in beeindruckenden Kirchen, ohne auch nur eine Sekunde lang religiöse Gefühle zu empfinden.

Wir tranken Wein, wir gingen essen, wir saßen eisessend am Kanal, wir froren im feuchten Wind auf der Friedhofsinsel, wir staunten über den nassen Markusplatz - es war eine vielseitige und abwechslungsreiche Woche. Gerne fahre ich mal wieder nach Venedig; nach diesem Aufenthalt habe ich ein anderes, ein frischeres Bild von dieser Insel.

03 April 2012

Leipzig-Bericht 2012


In der Ausgabe 274 des sowieso immer wieder empfehlenswerten »Fandom Observer« geht es unter anderem um die Buchmesse in Leipzig, die vor wenigen Wochen erst gefeiert wurde - anders kann man es kaum nennen. Es gibt Messeberichte von Jürgen Eglseer und mir; beide schlagen wir sehr unterschiedliche Blickwinkel ein.

Wer sich für das Fanzine interessiert, kann es auf der Internet-Seite downloaden; kostenlos natürlich. Der Besuch des Blogs lohnt sich übrigens ebenfalls ...

Im Best Exotic Marigold Hotel

Dass wir am Montag abend, 2. April 2012, in den Film »Best Exotic Marigold Hotel« gingen, lag an mir – und das trotz meiner schlechten Erinnerung. Ich hatte nämlich die Vorschau gesehen und für toll befunden, dann aber konsequenterweise alles vergessen. Glücklicherweise habe ich Freunde, die mitdenken und mich dennoch in den Film schleppten.

Ich bereute es nicht: »Best Exotic Marigold Hotel« ist ein sogenanntes Feelgood-Movie, an dem ein halbes Dutzend englischer Schauspieler beteiligt ist, deren Gesichter man kennt; vorneweg Judi Dench. Die indischen Schauspieler, deren Namen mir durch die Bank nicht sagten, brauchen sich dahinter nicht zu verstecken.

Der Film ist eine amüsante und zu Herzen gehende Darstellung eines Zusammenpralls unterschiedlicher Kulturen und Wertvorstellungen: Sieben alte Engländer beschließen, ihren Lebensabend in einer Seniorenresidenz in Indien zu verbringen, und landen in einem Hotel, dessen beste Zeiten schon Jahrzehnte zurückliegen. Der junge Hotelmanager hat einen Traum, an dem er zu scheitern droht, und für manche der Engländer zerbricht auch jeglicher Traum.

Es ist ein Film über gescheiterte und sich erfüllende Lebenshoffnungen, über das Leben an sich – und es ist ein ungeheurer Werbefilm für Indien. Das Land wird mit einer Farbenpracht und Lebensfreude präsentiert, dass es einem fast den Atem raubt. Sensationell! Ein gelungener Streifen, ein schöner Kino-Abend!

02 April 2012

Frankreich im Fokus

Zum zweiten Mal in diesem Jahr hatte ich massive technische Probleme bei meiner ENPUNKT-Radiosendung im Freien Radio Querfunk in Karlsruhe. Irgendwelche Leute hatten irgendwelche Knöpfe verstellt, was dazu führte, dass ich den einen Plattenspieler zwar gut im Kopfhörer vernehmen konnte, aber kein Ton aus dem Studio ging. Als ob mich jemand zwingen wollte, künftig das gute Vinyl daheim zu lassen.

Dann aber ging es doch gut zur Sache: Punkrock, ein wenig Hardcore und Ska aus Frankreich brachte ich zu Gehör. Unser Nachbarland hat hier viel zu bieten, erstaunlicherweise ist im deutschsprachigen Raum so viel nicht davon bekannt.

Mit Skarface und Ya Basta! hatte ich klar antifaschistische Skinheads aus Paris, die Ska und Streepunk spielten; mit Legitime Defonce eine schon fast klassische Anarchopunk-Band aus Toulouse. Klassischer Irokesen-Punkrock kam von Le Partisans aus Lyon, die nach mir sendende Jazz-Kollegin machte sich über den schlichten Rhythmus lustig.

Neurotic Explosion aus Rennes machten zu Beginn der Nuller-Jahre so eine Hardcore-Oi!-Mischung, Banane Mekanik aus derselben Stadt spielen stattdessen so was wie modernen »Dance Punk«. Dann noch ein wenig Steroids aus Bescancon, und fertig war die Sendung, die mir musikalisch sehr gut gefiel.

01 April 2012

Ein Leben im Punkrock-Zirkus


Ich weiß nicht, wie oft ich die kanadische Punkrock-Band D.O.A. gesehen habe: sicher mehr als ein halbes Dutzend mal. Keines der Konzerte war schlecht, die Band brachte immer enormen Dampf auf die Bühne. Deshalb war das Buch »Ich, Shithead« vom Sänger Joey Keithley geradezu eine Pflichtlektüre für mich – es dauerte nur seine Zeit, bis ich es endlich lesen konnte.

In lockerem Plauderton erzählt Shithead, wie er mit einigen Kumpels bereits Mitte der 70er-Jahre anfing, Musik zu machen, wie dann der Punkrock nach Vancouver kam und wie aus einer Bande von Kumpels D.O.A. entstand. Aus einfachsten Anfängen in den 70er-Jahren kämpfte sich die Band auf die großen Bühnen der 80er-Jahre: immer »do it yourself«, nie kommerziell erfolgreich, immer politisch und immer klar gegen die üblichen Regeln der Gesellschaft.

Die Band tourte ständig; mit altersschwachen Bussen und Transportern durchquerte man Nordamerika, später auch Europa. Selbstverständlich ging vieles schief, es wurde gesoffen und geprügelt, gelacht und gestritten.

In zahllosen Episoden plaudert Shithead über diese Zeit, und man merkt als Leser, dass hinter den Geschichten noch unzählige weiterer Geschichten lauern. Bei vielen Episoden hätte ich mir gewünscht, sie seien ausführlicher – aber dann hätte das Buch gut und gern 1500 Seiten haben müssen.

Seien wir ehrlich: Manches Mal holpert die Übersetzung ganz schön. Wer damit seine Probleme hat, muss zur englischen Originalausgabe greifen; mich störte es nicht so sehr. Viele Abbildungen und eine sehr ordentliche Gestaltung entschädigen für gelegentliche Schwächen der Übersetzung.

Mit 224 Seiten im Paperback-Format handelt sich um eine volle Ladung an Punk-Historie. Für 18,90 Euro sollte das Buch bei allen einschlägigen Punkrock- und Hardcore-Vertrieben zu haben sein; mithilfe der ISBN 978-3-931624-32-3 kann es zudem in jeder Buchhandlung bestellt werden, ebenso bei den üblichen Kommerz-Versendern wie amazon.

Super-unterhaltsame Lektüre über eine Band, die Punkrock seit über dreißig Jahren betreibt – und das, ohne jemals peinlich zu werden. Das ist super-respektabel!