Wenn ich über »meinen europäischen Moment« nachdenke, fällt mir immer wieder ein, wie das früher war: In den 80er-Jahren war die DDR ein abgeschottetes Land, in das man als Westler nur mit Mühe reisen konnte – die DDR-Bürger kamen erst gar nicht raus aus ihrem Staat. Gleichzeitig überquerte unsereins ohne großes Nachdenken die Grenze zum ehemaligen Erzfeind Frankreich.
Das wurde mir bei einem Besuch in Leipzig besonders bewusst; es war Ende der 80er-Jahre, und das Regime wackelte ganz schön. Wir saßen bei der Familie, die wir besuchten, und ich erzählte ganz locker: »Wir waren am Wochenende im Elsass.« Alle guckten mich irritiert an, aber ich merkte nichts.
Bis dann einer fragte: »Ja, und wir seid ihr über die Grenze gekommen?«
Jetzt war ich irritiert. »Wir sind einfach mit dem Auto über den Rhein, die Grenzer standen an ihrem Häuschen und haben zugeschaut, wie wir vorbeigefahren sind.« Damals gar es noch Grenzer, aber wir wurden in den 80er-Jahren nie kontrolliert.
Die DDR-Bürger waren fassungslos. Und mir wurde klar, dass wir – bei aller Kritik am System – doch gar nicht so schlecht dran waren mit unserer »Bündesrebublück«, wie es die Leipziger aussprachen.
Es passiert einiges um mich herum, und nicht alles gefällt mir. Vieles fasziniert mich, vieles interessiert mich – und das soll Thema dieses Blogs sein.
29 Juli 2016
28 Juli 2016
Ein Investment-Punk?
»Bereits mit 13 Jahren wusste ich, dass das
Durchschnittsleben der Mittelschicht – Arschkriechen, Sachbearbeiter
Job, Eigenheim auf Pump, Konsumschulden, keine Kohle und keine Freiheit –
nicht das ist was ich will.« Das klingt komplett logisch und nachvollziehbar, und ich könnte das auch unterschreiben. Gerald Hörhan ist der Mann, der das sagt, und er hat jetzt eine Firma gegründet, die sich echt »Investment Punk Academy« nennt.
Ich habe versucht, für mich herauszufinden, was das ist, fand aber nicht, dass es etwas für mich ist. (Klingt kompliziert, ist aber genau so ...)
Fakt dürfte sein, dass der Mann – er ist Jahrgang 1975 – tatsächlich mit Punkrock sozialisiert wurde. In einem Interview erzählt er von einem Festival, bei dem er mit Laptop aufgeschlagen ist. Sein Geld hat er mit allerlei Investments verdient, jetzt will er seine Kenntnisse weitergeben.
Wenn ich mir die Seite so anschaue, stelle ich fest, dass die Besucher der Seite »ganz punkig« geduzt werden, dass man eine lockere Ansprache pflegt, dass es aber letztlich doch darum geht, sein Glück damit zu finden, mit Geld zu arbeiten. »Angemacht« fühlte ich mich aber nicht dadurch.
Wahrscheinlich bin ich einfach nicht der Typ, der für »Investment Punk« in Frage kommt. Ich kann ja auch mit »Business Punk« nicht viel anfangen. Das muss jeder für sich selbst ausmachen – ich war in den 90er-Jahren wohl einfach zu lang »Disco-Punk«.
Ich habe versucht, für mich herauszufinden, was das ist, fand aber nicht, dass es etwas für mich ist. (Klingt kompliziert, ist aber genau so ...)
Fakt dürfte sein, dass der Mann – er ist Jahrgang 1975 – tatsächlich mit Punkrock sozialisiert wurde. In einem Interview erzählt er von einem Festival, bei dem er mit Laptop aufgeschlagen ist. Sein Geld hat er mit allerlei Investments verdient, jetzt will er seine Kenntnisse weitergeben.
Wenn ich mir die Seite so anschaue, stelle ich fest, dass die Besucher der Seite »ganz punkig« geduzt werden, dass man eine lockere Ansprache pflegt, dass es aber letztlich doch darum geht, sein Glück damit zu finden, mit Geld zu arbeiten. »Angemacht« fühlte ich mich aber nicht dadurch.
Wahrscheinlich bin ich einfach nicht der Typ, der für »Investment Punk« in Frage kommt. Ich kann ja auch mit »Business Punk« nicht viel anfangen. Das muss jeder für sich selbst ausmachen – ich war in den 90er-Jahren wohl einfach zu lang »Disco-Punk«.
27 Juli 2016
Invasion der Zukunft
Ich gestehe, dass ich den Historiker, Journalisten und Publizisten Hans-Peter von Peschke bis vor einem Jahr nicht kannte. Er arbeitete fürs Fernsehen und fürs Radio, er schrieb für Zeitschriften und Zeitungen, und er publizierte verschiedene Bücher.
Im Oktober 2016 erscheint sein neues Sachbuch, diesmal im Theiss-Verlag in Darmstadt. Es trägt den Titel »Invasion der Zukunft« und den Untertitel »Die Welten der Science Fiction«. Es geht – wie bei dem Titel nicht anders zu erwarten – um mein liebstes Literatur-Genre. Und ich bin sehr neugierig darauf, wie das Buch geworden ist.
In einem Kapitel geht es nämlich um die Science-Fiction-Serie, mit der ich meinen Lebensunterhalt verdiene. Der Journalist führte mit mir ein langes Interview, das sich in diesem Buch selbstverständlich nicht Wort für Wort wiederfindet, sondern nur in einigen Zitaten. Aber es schmeichelt meinem Ego ... und dafür bitte ich um Verständnis.
Im Oktober 2016 erscheint sein neues Sachbuch, diesmal im Theiss-Verlag in Darmstadt. Es trägt den Titel »Invasion der Zukunft« und den Untertitel »Die Welten der Science Fiction«. Es geht – wie bei dem Titel nicht anders zu erwarten – um mein liebstes Literatur-Genre. Und ich bin sehr neugierig darauf, wie das Buch geworden ist.
In einem Kapitel geht es nämlich um die Science-Fiction-Serie, mit der ich meinen Lebensunterhalt verdiene. Der Journalist führte mit mir ein langes Interview, das sich in diesem Buch selbstverständlich nicht Wort für Wort wiederfindet, sondern nur in einigen Zitaten. Aber es schmeichelt meinem Ego ... und dafür bitte ich um Verständnis.
26 Juli 2016
Flanieren bei Nacht
Es war gegen Mitternacht, und ich war mit dem Rad unterwegs. Vom Punk-Konzert war ich noch total aufgeputscht, mein Körper von Adrenalin und guter Laune geschwemmt, der Kopf voller Musik und Energie. Ich hätte mich nicht ins Bett legen können, ich musste mich bewegen. Also fuhr ich nicht direkt nach Hause, sondern flanierte mit dem Rad durch stille Innenstadtstraßen.
Ich radelte nicht schnell, trödelte aber nicht. Während ich in die Pedale trat, nahm ich meine Umgebung bewusst wahr, ließ sie an mir vorbeigleiten, genoss die unterschiedlichen Eindrücke. Es war eine laue Nacht, die Hitze des Tages war verschwunden, oder mein Körper war so übertourt, dass ich die Temperaturen falsch einordnete.
Es war praktisch niemand unterwegs, in der Stunde nach Mitternacht ist die Stadt oft leer und still, vor allem in den Nebenstraßen. Ich glitt durch die Oststadt, die Stadtmitte, die Weststadt und Mühlburg, in einem riesigen Bogen, der mehrere Kilometer länger war als jeder direkte Weg, und ich genoss jeden Meter davon.
Meine Reifen rollten fast lautlos, ich atmete gleichmäßig, und auf diese Weise saugte ich die wenigen Geräusche dieser Nacht in mich auf. Aus der Ferne dröhnte die Autobahn herüber, irgendwo hörte ich Autos durch die Hauptstraßen der Stadt rollen. Aber in den Nebenstraßen, die ich benutzte, war es angenehm ruhig.
Hinter den Fenstern schimmerte manchmal noch Licht oder flackerte ein Fernseher, meist aber waren sie dunkel. Autos schienen am Straßenrand zu schlafen, die Stadt hielt den Atem an.
Es würde eine neue Woche kommen, nur noch wenige Stunden trennten mich von ihr – aber in diesen Minuten der Dunkelheit, der Ruhe und der Einsamkeit fühlte ich mich mit meinem Fahrrad und der Stadt verbunden, sicher und ruhig.
Ich radelte nicht schnell, trödelte aber nicht. Während ich in die Pedale trat, nahm ich meine Umgebung bewusst wahr, ließ sie an mir vorbeigleiten, genoss die unterschiedlichen Eindrücke. Es war eine laue Nacht, die Hitze des Tages war verschwunden, oder mein Körper war so übertourt, dass ich die Temperaturen falsch einordnete.
Es war praktisch niemand unterwegs, in der Stunde nach Mitternacht ist die Stadt oft leer und still, vor allem in den Nebenstraßen. Ich glitt durch die Oststadt, die Stadtmitte, die Weststadt und Mühlburg, in einem riesigen Bogen, der mehrere Kilometer länger war als jeder direkte Weg, und ich genoss jeden Meter davon.
Meine Reifen rollten fast lautlos, ich atmete gleichmäßig, und auf diese Weise saugte ich die wenigen Geräusche dieser Nacht in mich auf. Aus der Ferne dröhnte die Autobahn herüber, irgendwo hörte ich Autos durch die Hauptstraßen der Stadt rollen. Aber in den Nebenstraßen, die ich benutzte, war es angenehm ruhig.
Hinter den Fenstern schimmerte manchmal noch Licht oder flackerte ein Fernseher, meist aber waren sie dunkel. Autos schienen am Straßenrand zu schlafen, die Stadt hielt den Atem an.
Es würde eine neue Woche kommen, nur noch wenige Stunden trennten mich von ihr – aber in diesen Minuten der Dunkelheit, der Ruhe und der Einsamkeit fühlte ich mich mit meinem Fahrrad und der Stadt verbunden, sicher und ruhig.
25 Juli 2016
Senioren-Pogo am Sonntag
Wenn die »Alte Hackerei« sagt, das Programm beginne um 19 Uhr, bin ich kurz vor 21 Uhr in der gepflegten Punkrock-Bar in der Oststadt von Karlsruhe. Dort trinke ich Bier und labere Unfug, bezahle meinen Eintritt und warte ein wenig, bis etwa eine Stunde später dann endlich das Konzert losgeht – bei tropischen Temperaturen an diesem Sonntag abend, 24. Juli 2016, nicht komplett einfach ...
Zuerst sprangen die Clowns auf die Bühne, eine Band aus Melbourne (Australien). Zuerst war ich irritiert: vier junge Typen mit richtig langen Haaren und dämlichen Bärten – das konnte ja nichts sein. Aber ich wurde eines Besseren belehrt: Vom ersten Ton an bolzten die Burschen los, eine rasende Mischung aus rabiatem Pogo-Punk und Metal, die mich echt umhaute.
Jeden Tag wollte ich mir das nicht anhören, aber an diesem Abend begeisterte es mich. Der Sänger sprang auf der Bühne herum, brüllte wie eine angestochene Sau, machte seltsame Ansagen auf Englisch und sorgte mit alledem dazu, dass sich das Publikum echt ein wenig bewegte. Eine sehr gute Vorgruppe für diesen Abend – klasse!
Die alten Herren von den Adolescents ließen sich danach aber auch nicht bitten. Okay, die standen eher gemütlich auf der Bühne herum, knallten dafür von Anfang an einen amtlichen Hochgeschwindigkeits-Punkrock in den Saal. Recht schnell entstand eine schweißtreibende Stimmung, obwohl am Anfang eher unbekanntere und neuere Stücke gespielt wurden.
Da ich recht weit vorne stand, kam ich irgendwann in die Verlegenheit, mich ein wenig bewegen zu müssen. Und weil ich eh schon schwitzte, schwang ich ein wenig mein Tanzbein. Bei den alten Hits der Band, die in der zweiten Hälfte des Konzerts kamen, kann ich mich eh kaum zurückhalten; daran hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wenig geändert.
Als das Konzert irgendwann vorüber war, hatte ich keinen trockenen Faden Kleidung mehr am Leib. Dafür hatte ich ein Grinsen im Gesicht, als hätte man es mir hineingetackert – super!
Zuerst sprangen die Clowns auf die Bühne, eine Band aus Melbourne (Australien). Zuerst war ich irritiert: vier junge Typen mit richtig langen Haaren und dämlichen Bärten – das konnte ja nichts sein. Aber ich wurde eines Besseren belehrt: Vom ersten Ton an bolzten die Burschen los, eine rasende Mischung aus rabiatem Pogo-Punk und Metal, die mich echt umhaute.
Jeden Tag wollte ich mir das nicht anhören, aber an diesem Abend begeisterte es mich. Der Sänger sprang auf der Bühne herum, brüllte wie eine angestochene Sau, machte seltsame Ansagen auf Englisch und sorgte mit alledem dazu, dass sich das Publikum echt ein wenig bewegte. Eine sehr gute Vorgruppe für diesen Abend – klasse!
Die alten Herren von den Adolescents ließen sich danach aber auch nicht bitten. Okay, die standen eher gemütlich auf der Bühne herum, knallten dafür von Anfang an einen amtlichen Hochgeschwindigkeits-Punkrock in den Saal. Recht schnell entstand eine schweißtreibende Stimmung, obwohl am Anfang eher unbekanntere und neuere Stücke gespielt wurden.
Da ich recht weit vorne stand, kam ich irgendwann in die Verlegenheit, mich ein wenig bewegen zu müssen. Und weil ich eh schon schwitzte, schwang ich ein wenig mein Tanzbein. Bei den alten Hits der Band, die in der zweiten Hälfte des Konzerts kamen, kann ich mich eh kaum zurückhalten; daran hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wenig geändert.
Als das Konzert irgendwann vorüber war, hatte ich keinen trockenen Faden Kleidung mehr am Leib. Dafür hatte ich ein Grinsen im Gesicht, als hätte man es mir hineingetackert – super!
24 Juli 2016
Sprechblase 234 macht Spaß
Es ist echt unfassbar! Warum gibt es so viele gute Comic-Magazine aus dem deutschsprachigen Raum und so wenig für Science-Fiction- und Fantasy-Fans? Ich habe heute endlich die Lektüre der »Sprechblase«-Ausgabe 234 beendet, die im Januar 2016 erschienen ist, und ich bin einigermaßen beeindruckt.
Klar kann mich nicht alles interessieren, was auf den 100 vollfarbigen Seiten präsentiert wird. So finde ich halt neue »Sigurd«-Comics nicht sonderlich relevant und überblättere einen Uralt-Comic aus der Serie »good girl art« mit einem gewissen Achselzucken. Andererseits gehören genau solche Beiträge zu einem solchen Magazin dazu – also alles okay so.
Richtig schön fand ich den Artikel über die Kinderzeitschrift »Wunderwelt«, die in den fünfziger Jahren die Kinder in Österreich mit Bildergeschichten versorgte. Wer sich darunter nichts vorstellen kann, bewundere bitte das Titelbild der »Sprechblase«.
Lesenswert sind Artikel über den Comic-Verleger Rolf Kauka und seine Versuche, als Schriftsteller erfolgreich zu werden, über unbekannte Comics bekannter Zeichner oder Zeitungs-Comis – es sind so viele Artikel in dem Magazin enthalten, die neue Informationen für mich bereithielte, dass ich lange Zeit mit dem Schmökern beschäftigt war.
Der Zugang zu den Texten ist eher faunisch; trotzdem sind die Fakten journalistisch erarbeitet und wirken stets komplett korrekt. Man merkt den Texten dennoch an, dass Fans schreiben, und das meine ich hier positiv. Seit Gerhard Förster, seines Zeichens selbst ein Comic-Fan, das Magazin übernommen hat, konnte er es auf jeden Fall zu neuen Höhen führen.
Es gibt haufenweise Illustrationen, Rezensionen, Artikelchen und Krimskrams, dass es einen fast erschlägt. Der Spaß kostet 9,90 Euro, was für ein »Special-Interest«-Magazin okay ist – und wer sich für Comics interessiert, sollte sich die – leider nicht sehr aktuelle – Seite des Verlages mal anschauen oder es sich in einem Laden durchblättern.
Rixe aus Paris
Wer wie ich eine Freude am klassischen französischen Punkrock hat, wie man ihn anfangs der 80er-Jahre spielte, für den dürfte die Band Rixe eine echte Offenbarung sein: Drei Oi!-Skins aus Paris machen nämlich genau die Mixtur aus rotzigem Punk und schlichtem Oi!, die in Frankreich für die »Chaos en France«-Ära sprach. Ihre EP »Coups & Blessures« kam im Sommer 2015 auf einem französischen Label heraus, enthält vier Stücke, und die gefallen mir allesamt.
Klar wird hier nichts neu erfunden; die Band orientiert sich musikalisch, optisch und inhaltlich an den klassischen Bands der frühen 80er-Jahre. Die Texte in französisch, und bei dem ruppigen Sound herrschen die verzerrte Gitarre, ein schrabbeliger Bass und der rauhe Ton des Sängers vor. Klar gibt es auch Melodien, die sind aber nicht gerade elegant, sondern werden hervorgestoßen, in einem barschen und wütenden Ton – das hat was!
Klar wird hier nichts neu erfunden; die Band orientiert sich musikalisch, optisch und inhaltlich an den klassischen Bands der frühen 80er-Jahre. Die Texte in französisch, und bei dem ruppigen Sound herrschen die verzerrte Gitarre, ein schrabbeliger Bass und der rauhe Ton des Sängers vor. Klar gibt es auch Melodien, die sind aber nicht gerade elegant, sondern werden hervorgestoßen, in einem barschen und wütenden Ton – das hat was!
23 Juli 2016
Medien und München
Mir ging es am Freitagabend, 22. Juli 2016, wahrscheinlich so wie vielen anderen Menschen in Deutschland auch: Ich bekam mit, dass es in München eine Schießerei gegeben hatte, hörte das Wort »Terror« und befürchtete das Schlimmste. Und wie viele andere auch, stürzte ich mich dann auf die Medien und versuchte herauszubekommen, was wirklich los war.
Wenig zweckdienlich war, sich auf das Fernsehen zu verlassen. Wenn dort allen Ernstes Twtter-Nachrichten als Quelle benutzt werden, kann ich auch gleich auf Twitter umschalten. Das machte ich dann, in der Hoffnung, dort mehr zu erfahren – immerhin kenne ich einige Leute in München und wollte gern wissen, was dort wirklich passiert.
Doch wenn man die Hashtags »München« oder »Munich« benutzte, kam leider haufenweise Unfug an. Damit meine ich nicht einmal den rechtsradikalen Dreck allein. Wer zum Stichwort »München« allen Ernstes ein Fotomontage von Angela Merkel in Umlauf bringt, das sie mit blutverschmiertem Gesicht und blutigen Händen zeigt, der ist in meinen Augen schlichtweg geisteskrank.
Auch diverse Falschmeldungen schlugen bei Twitter schnell durch: Liegende Menschen am Fuß einer Rolltreppe schockierten mich, bis die Meldung rasch verbreitet wurde, dass es sich bei diesem Bild um Aufnahmen aus Südafrika handelte. Da fragt man sich: Wer verbreitet so etwas – und warum tut er oder sie so etwas?
Immerhin sah ich bei Twitter das kurze Video von der Schießerei bei »McDonald's« lange Zeit, bevor es im Fernsehen verbreitet wurde. Auch die Szene auf dem Dach des Parkhauses, die mittlerweile überall im Fernsehen gezeigt wird, wurde mir via Twitter recht schnell zur Kenntnis gebracht.
Später gingen wir doch noch aus dem Haus, noch später setzen wir uns wieder vor die Glotze. Die Informationslage war auch nach Mitternacht dünn, spekuliert wurde aber munter über alles Mögliche. Der einzige, der an diesem Abend so wirkte, als hätte er alle Sinne beisammen, war der Polizeisprecher. (Und die Menschen, die ihre Türen für diejenigen öffneten, die in dieser Nacht keine Möglichkeit hatten, wegen der gesperrten Bahnen nach Hause zu kommen.)
Für mich stellte sich die Medienlandschaft sehr konfus dar. Die Situation war für die Menschen vor Ort schlimm, um die Toten und Verletzten tut es mir leid – die Polizei schien ihre Arbeit so gut wie möglich gemacht zu haben. Aber sich mithilfe von Sozialen Netzen ein objektives Bild zu machen, ist offenbar nicht so einfach ...
22 Juli 2016
Das Fest ohne mich
Heute startet in Karlsruhe »das Fest«, eine riesige Open-Air-Veranstaltung, die ich von meinem Balkon auch hören kann. Es findet zum wiederholten Mal ohne mich statt – was weder die Veranstalter noch die Bands oder das Publikum jucken wird. Aber ich stelle fest, wie wenig mich das interessiert, und ich war jahrelang ein echter »Fan« dieser Großveranstaltung.
Ich kann nicht behaupten, dass mir die Bands der 90er-Jahre alle gefallen hätten. Klassiker wie Simple Minds oder The Stranglers langweilten eher, dafür gab es immer wieder Bands, die mir positiv im Gedächtnis blieben. Bis weit in die Nuller-Jahre hinein ging ich auf »das Fest«; einmal im Jahr war das eine Pflichtveranstaltung in Sachen Musik.
Man hörte sich Bands an, ich trank viel Bier, ich latschte durch die Gegend und redete mit Bekannten, zeitweise waren wir eine echt große Gruppe; es gab Informationsstände verschiedener Firmen und Vereine, es gab kleine Konzerte und große Bands, und über allem lag eine angenehm-friedliche Stimmung. Das mochte ich – egal wer spielte.
Gegen Ende der Nuller-Jahre wurde die Sache immer größer; die Veranstalter bauten einen Zaun ums Gelände, mittlerweile wird auch Eintritt erhoben. Nicht viel – aber vom Charakter eines fröhlichen »Umsonsat & Draußen« ist nichts mehr übrig geblieben.
Das macht nichts: Wenn weit über 100.000 Leute kommen, ist es völlig egal, ob es mir gefällt oder nicht. Ich gehe immer noch gern auf Konzerte, ich mag immer noch Musik – aber ich brauche keine Ansammlung von Zigtausenden von Menschen. Und deshalb werde ich auch 2016 »das Fest« maximal hören, wenn ich auf der Straße unterwegs bin oder auf dem Balkon sitze.
Ich kann nicht behaupten, dass mir die Bands der 90er-Jahre alle gefallen hätten. Klassiker wie Simple Minds oder The Stranglers langweilten eher, dafür gab es immer wieder Bands, die mir positiv im Gedächtnis blieben. Bis weit in die Nuller-Jahre hinein ging ich auf »das Fest«; einmal im Jahr war das eine Pflichtveranstaltung in Sachen Musik.
Man hörte sich Bands an, ich trank viel Bier, ich latschte durch die Gegend und redete mit Bekannten, zeitweise waren wir eine echt große Gruppe; es gab Informationsstände verschiedener Firmen und Vereine, es gab kleine Konzerte und große Bands, und über allem lag eine angenehm-friedliche Stimmung. Das mochte ich – egal wer spielte.
Gegen Ende der Nuller-Jahre wurde die Sache immer größer; die Veranstalter bauten einen Zaun ums Gelände, mittlerweile wird auch Eintritt erhoben. Nicht viel – aber vom Charakter eines fröhlichen »Umsonsat & Draußen« ist nichts mehr übrig geblieben.
Das macht nichts: Wenn weit über 100.000 Leute kommen, ist es völlig egal, ob es mir gefällt oder nicht. Ich gehe immer noch gern auf Konzerte, ich mag immer noch Musik – aber ich brauche keine Ansammlung von Zigtausenden von Menschen. Und deshalb werde ich auch 2016 »das Fest« maximal hören, wenn ich auf der Straße unterwegs bin oder auf dem Balkon sitze.
20 Juli 2016
Weniger Raumfahrt, mehr Konsalik
Ich habe es jetzt auch bei der Hörspielserie »Mark Brandis – Raumkadett« geschafft, hoffnungslos hinter den Erscheinungsterminen herzuhinken. Das stört hoffentlich niemanden und bewegt vielleicht trotzdem jemanden dazu, doch mal in die Serie reinzuhören. Die Jugendabenteuer des Raumfahrers Mark Brandis sind komplett neu geschrieben; sie basieren nur lose auf den originalen Romanen der »Mark Brandis«-Serie.
In der Folge vier, die den schönen Titel »Hinter den Linien« trägt, geht es allerdings nicht um Raumfahrt. Der junge Mark Brandis darf an einem Patrouillenflug teilnehmen, wird mit einer pfiffigen Kommandantin hinter der Grenze der Asiatischen Republiken abgeschossen und muss sich nun mit dieser bis zur Grenze durchzuschlagen. Dabei lernt er manches über seinen eigenen Überlebenswillen, einiges über Politik und dazu noch wesentliche Dinge über geheimdienstliche Intrigen.
Mit Raumfahrt hat die Geschichte tatsächlich wenig zu tun; sie spielt größtenteils in den Wäldern Russlands. Damit erinnert sie an die klassischen Russlandromane, wie sie etwa der deutsche Schnellschreiber Heinz G. Konsalik verfasste und die in den 50er- bis 70er-Jahre das Russlandbild vieler Deutscher prägten. Die feindlichen Republiken erinnern dabei an die Sowjetunion, während Mark und seine Begleiterin fast wie deutsche Kriegsgefangene wirken, die sich auf der Flucht durch die russische Einöde schlagen.
Mag sein, dass solche Assoziationen nur jemand wie ich hat, der in den 70er-Jahren unter anderem durch Berge von »Konsaliks« sozialisiert wurde. Die Geschichte ist auf jeden Fall spannend und wird mit den entsprechenden Geräuschen und Dialogen sehr gut präsentiert. Der junge Mark und die erfahrene Kommandantin sind ein gutes Duo, ihren Abenteuern folgt man auch als erwachsener Hörer sehr gern.
Obwohl es keine »echte« Science-Fiction-Geschichte ist, sondern eher wie ein Abenteuer daherkommt: »Hinter den Linien« ist wieder gelungene Unterhaltung, die im Hörspiel hervorragend umgesetzt werden ist. Balthasar von Weymarn und sein Team von Interplanar Produktion haben mich damit erneut überzeugt!
In der Folge vier, die den schönen Titel »Hinter den Linien« trägt, geht es allerdings nicht um Raumfahrt. Der junge Mark Brandis darf an einem Patrouillenflug teilnehmen, wird mit einer pfiffigen Kommandantin hinter der Grenze der Asiatischen Republiken abgeschossen und muss sich nun mit dieser bis zur Grenze durchzuschlagen. Dabei lernt er manches über seinen eigenen Überlebenswillen, einiges über Politik und dazu noch wesentliche Dinge über geheimdienstliche Intrigen.
Mit Raumfahrt hat die Geschichte tatsächlich wenig zu tun; sie spielt größtenteils in den Wäldern Russlands. Damit erinnert sie an die klassischen Russlandromane, wie sie etwa der deutsche Schnellschreiber Heinz G. Konsalik verfasste und die in den 50er- bis 70er-Jahre das Russlandbild vieler Deutscher prägten. Die feindlichen Republiken erinnern dabei an die Sowjetunion, während Mark und seine Begleiterin fast wie deutsche Kriegsgefangene wirken, die sich auf der Flucht durch die russische Einöde schlagen.
Mag sein, dass solche Assoziationen nur jemand wie ich hat, der in den 70er-Jahren unter anderem durch Berge von »Konsaliks« sozialisiert wurde. Die Geschichte ist auf jeden Fall spannend und wird mit den entsprechenden Geräuschen und Dialogen sehr gut präsentiert. Der junge Mark und die erfahrene Kommandantin sind ein gutes Duo, ihren Abenteuern folgt man auch als erwachsener Hörer sehr gern.
Obwohl es keine »echte« Science-Fiction-Geschichte ist, sondern eher wie ein Abenteuer daherkommt: »Hinter den Linien« ist wieder gelungene Unterhaltung, die im Hörspiel hervorragend umgesetzt werden ist. Balthasar von Weymarn und sein Team von Interplanar Produktion haben mich damit erneut überzeugt!
19 Juli 2016
Ein Vierteljahrhundert Lombego Surfers
Ich sah sie zu Beginn der 90er-Jahre in einem kleinen Jugendzentrum in Rottenburg am Neckar. Schon damals waren die Lombego Surfers eine absolute Ausnahmeerscheinung: Sie spielten keinen Punkrock, waren von diesem aber beeinflusst, und ihr Surf-Sound hatte damals nichts von »good clean fun«, sondern klang durchaus dreckig und kratzig.
Die Band gibt es immer noch; keine Ahnung, wie viele Umbesetzungen es seitdem gab. Die aktuelle Platte, die ich von den Surfers habe, trägt den schönen Namen »Ticket Out Of Town« trägt. Vom Surf-Sound der frühen Tage hat man sich weit entfernt; das meiste, was ich auf dieser Platte zu hören bekomme, ist kratzige Rock-Musik, die nur einen Fuß breit vom Punk entfernt ist.
Stücke wie »Out Of Touch« sind in ihrer ruppigen Art sicher mehr Punk als manche Melodie-Schunkel-Kapelle; da kommt die manchmal gepresste, dann wieder quäkige Stimme des Sängers besonders aggressiv rüber. Nimmt man aber dieses Stück als Beispiel, folgt auf der Platte halt »Don’t Bug Me«, das sich dann wie ein schmutziger Bastard aus Blues und Hardrock anhört.
Alles in allem ist diese Platte der Surfers keine echte Überraschung für mich – sie passt zu dem, was die Band live bietet. Man ist älter geworden, aber seltsamerweise nicht ruhiger, sondern eher wütender. Dabei wird die Band sicher nicht zum Hochgeschwindigkeitspunk konvertieren – aber das macht nichts.
Respekt. Echt!
Die Band gibt es immer noch; keine Ahnung, wie viele Umbesetzungen es seitdem gab. Die aktuelle Platte, die ich von den Surfers habe, trägt den schönen Namen »Ticket Out Of Town« trägt. Vom Surf-Sound der frühen Tage hat man sich weit entfernt; das meiste, was ich auf dieser Platte zu hören bekomme, ist kratzige Rock-Musik, die nur einen Fuß breit vom Punk entfernt ist.
Stücke wie »Out Of Touch« sind in ihrer ruppigen Art sicher mehr Punk als manche Melodie-Schunkel-Kapelle; da kommt die manchmal gepresste, dann wieder quäkige Stimme des Sängers besonders aggressiv rüber. Nimmt man aber dieses Stück als Beispiel, folgt auf der Platte halt »Don’t Bug Me«, das sich dann wie ein schmutziger Bastard aus Blues und Hardrock anhört.
Alles in allem ist diese Platte der Surfers keine echte Überraschung für mich – sie passt zu dem, was die Band live bietet. Man ist älter geworden, aber seltsamerweise nicht ruhiger, sondern eher wütender. Dabei wird die Band sicher nicht zum Hochgeschwindigkeitspunk konvertieren – aber das macht nichts.
Respekt. Echt!
18 Juli 2016
Maigret akustisch
Ich habe endlich mal einen »Maigret« gehört. Im Auto hatte ich die Hörbuch-Fassung von »Maigret und Mademoiselle Berthe«, eine Erzählung, die bequem auf eine CD mit einer Länge von 78 Minuten passte. Dass ich die Romane von Georges Simenon gern lese, habe ich schon oft genügt erzählt – eine Erzählung zu hören, das ist etwas ganz anderes.
Mitschuld daran ist der Schauspieler Gert Heidenreich, der eine beeindruckende Stimme hat. Sie ist sehr tief, sie dringt einem schnell ins Bewusstsein – und doch liest Heidenreich zurückhaltend, drängt sich nicht zu sehr in den Vordergrund. Trotz seiner tiefen Stimme bringt er auch weibliche Charaktere gut zur Geltung.
Das ist auch bitter nötig, denn eigentlich schildert die Erzählung ein ungewöhnliches Duell. Maigret ist in dieser Geschichte kein Kommissar mehr, sondern lebt im Ruhestand, in einem kleinen Haus an der Loire. Ein verzweifelt klingender Brief, der aber auch »nach Literatur« riecht, abgeschickt von einer jungen Frau, lockt ihn erneut nach Paris.
Mademoiselle Berthe ist eine junge Schneiderin, die sich bedroht fühlt. Sie glaubt, jemand wolle sie umbringen, und in ihrer Not wendet sie sich an Maigret. Der ehemalige Kommissar schnüffelt und ermittelt, und recht schnell erkennt er die Zusammenhänge – und er steht kurz davor, einen ungewöhnlichen Fall aufzulösen.
Man muss kein Maigret-Fan sein, um die Geschichte zu mögen. Sie ist jederzeit verständlich, dank der Heidenreich-Stimme sollte sie jeden Hörer packen. Empfehlenswert, sehr sogar – erschienen ist das Hörbuch bei Diogenes, wo auch die Romane erscheinen. Ich denke, dass dieses Maigret-Hören nicht mehr letzter Versuch war, die Fälle des Kommissars auch akustisch wahrzunehmen.
Mitschuld daran ist der Schauspieler Gert Heidenreich, der eine beeindruckende Stimme hat. Sie ist sehr tief, sie dringt einem schnell ins Bewusstsein – und doch liest Heidenreich zurückhaltend, drängt sich nicht zu sehr in den Vordergrund. Trotz seiner tiefen Stimme bringt er auch weibliche Charaktere gut zur Geltung.
Das ist auch bitter nötig, denn eigentlich schildert die Erzählung ein ungewöhnliches Duell. Maigret ist in dieser Geschichte kein Kommissar mehr, sondern lebt im Ruhestand, in einem kleinen Haus an der Loire. Ein verzweifelt klingender Brief, der aber auch »nach Literatur« riecht, abgeschickt von einer jungen Frau, lockt ihn erneut nach Paris.
Mademoiselle Berthe ist eine junge Schneiderin, die sich bedroht fühlt. Sie glaubt, jemand wolle sie umbringen, und in ihrer Not wendet sie sich an Maigret. Der ehemalige Kommissar schnüffelt und ermittelt, und recht schnell erkennt er die Zusammenhänge – und er steht kurz davor, einen ungewöhnlichen Fall aufzulösen.
Man muss kein Maigret-Fan sein, um die Geschichte zu mögen. Sie ist jederzeit verständlich, dank der Heidenreich-Stimme sollte sie jeden Hörer packen. Empfehlenswert, sehr sogar – erschienen ist das Hörbuch bei Diogenes, wo auch die Romane erscheinen. Ich denke, dass dieses Maigret-Hören nicht mehr letzter Versuch war, die Fälle des Kommissars auch akustisch wahrzunehmen.
17 Juli 2016
Ein Putsch und seine Folgen
Der Militärputsch in der Türkei, der an diesem Wochenende im Keim erstickt werden konnte, erinnert mich sehr an die frühen 80er-Jahre, in denen ich politisiert wurde. Als die Generäle im September 1980 putschten, brachte das eine irrsinnige Verhaftungswelle mit Mord und Totschlag mit sich. Zahlreiche Menschen kamen um, viele Gefangene wurden gefoltert.
Wann genau die Veranstaltung bei uns im Jugendzentrum war, weiß ich nicht mehr: Ende 1980 oder Anfang 1981. Es ging um die Folgen des Militärputsches, und der Veranstaltungsraum – das sogenannte Kleinkunstforum – war gut besetzt. Verschiedene Türken, meist aus dem linken Spektrum, erzählten dabei, wie es ihnen in der Gefangenschaft gegangen war.
Dann hob einer der Türken sein Hemd und zeigte uns seinen Oberkörper. Brust, Rücken und Oberarme waren mit Malen übersät, die offenbar übrig bleiben, wenn man mit Zigaretten verbrannt und mit Elektroschocks trakiert wird. Diesen Anblick werde ich wohl nie vergessen ...
Egal wie man zu Erdogan stehen mag – und ich finde den Mann und seine Politik auch höchst kritisch –, es wäre ein völliger Unfug, auch nur ansatzweise zu glauben, dass eine Militärdiktatur in Folge des Putsches demokratisch und korrekt vorgegangen wäre. Vor allem wären die demokratischen, »linken« und kurdischen Oppositionellen genauso in die Gefängnisse gewandert.
Ausnahmsweise muss ich hier der Mehrheit der Politiker zustimmen: Durch einen Mlitärputsch hätte sich die Lage in der Türkei sicher nicht verbessert.
Wann genau die Veranstaltung bei uns im Jugendzentrum war, weiß ich nicht mehr: Ende 1980 oder Anfang 1981. Es ging um die Folgen des Militärputsches, und der Veranstaltungsraum – das sogenannte Kleinkunstforum – war gut besetzt. Verschiedene Türken, meist aus dem linken Spektrum, erzählten dabei, wie es ihnen in der Gefangenschaft gegangen war.
Dann hob einer der Türken sein Hemd und zeigte uns seinen Oberkörper. Brust, Rücken und Oberarme waren mit Malen übersät, die offenbar übrig bleiben, wenn man mit Zigaretten verbrannt und mit Elektroschocks trakiert wird. Diesen Anblick werde ich wohl nie vergessen ...
Egal wie man zu Erdogan stehen mag – und ich finde den Mann und seine Politik auch höchst kritisch –, es wäre ein völliger Unfug, auch nur ansatzweise zu glauben, dass eine Militärdiktatur in Folge des Putsches demokratisch und korrekt vorgegangen wäre. Vor allem wären die demokratischen, »linken« und kurdischen Oppositionellen genauso in die Gefängnisse gewandert.
Ausnahmsweise muss ich hier der Mehrheit der Politiker zustimmen: Durch einen Mlitärputsch hätte sich die Lage in der Türkei sicher nicht verbessert.
16 Juli 2016
Medienjunkie-Neurosen
Der Freitag, 15. Juli 2016, hatte es für einen Menschen, der sich für Politik und Nachrichten interessiert, echt in sich: Morgens schaltete ich meinen Computer an, checkte meine Twitter-Timeline und stellte irritiert fest, dass viele Leute etwas von »nice« schrieben. Ich benötigte tatsächlich einige Sekunden, um zu erkennen, dass nicht etwa »nettes« gemeint war, sondern der schreckliche Anschlag in Nizza.
Tagsüber checkte ich immer wieder bei Twitter die aktuellen Ereignisse und versuchte, mir aus den verschiedenen Berichten ein eigenes Bild zu bauen. Das war – wie so oft – nicht so einfach. Da bin ich froh, wenn es vernünftigen Journalismus gibt, der mir dabei hilft, ein Bild zu gewinnen.
Nach dem Arbeitstag setzte ich mich abends vor die Glotze, um mir nacheinander die Sondersendung im ZDF, die »Tagesschau« im Ersten und dort gleich die Sondersendung dazu anschauen. Zwar wurden überall viele Bilder wiederholt, aber ich fühlte mich einigermaßen informiert. Richtig echte Neuigkeiten erlangte ich dadurch nicht.
Ich war unterwegs, und ich kam kurz vor Mitternacht zurück. Um »herunterzukommen«, gammelte ich mich aufs Sofa und zappte herum. Im Ersten lief in einem Nachrichtenband die Information, dass es in der Türkei offenbar einen Putschversuch gegeben hatte. Die nächste Stunde verbrachte ich damit, diverse Fernsehsender zu checken, um die wenigen Informationen anzuschauen, die es zur Türkei um diese Zeit gab.
Und der Samstagmorgen? Der begann nicht damit, dass ich in die Dusche ging, um mich zu erfrischen, sondern damit, dass ich die Glotze anmachte, um die Sondersendungen zur Türkei mitzubekommen. In den 80er-Jahren, als genausoviel passierte, verspürte ich nie diesen Drang, ständig »on« zu sein – das hat sich deutlich verändert.
Tagsüber checkte ich immer wieder bei Twitter die aktuellen Ereignisse und versuchte, mir aus den verschiedenen Berichten ein eigenes Bild zu bauen. Das war – wie so oft – nicht so einfach. Da bin ich froh, wenn es vernünftigen Journalismus gibt, der mir dabei hilft, ein Bild zu gewinnen.
Nach dem Arbeitstag setzte ich mich abends vor die Glotze, um mir nacheinander die Sondersendung im ZDF, die »Tagesschau« im Ersten und dort gleich die Sondersendung dazu anschauen. Zwar wurden überall viele Bilder wiederholt, aber ich fühlte mich einigermaßen informiert. Richtig echte Neuigkeiten erlangte ich dadurch nicht.
Ich war unterwegs, und ich kam kurz vor Mitternacht zurück. Um »herunterzukommen«, gammelte ich mich aufs Sofa und zappte herum. Im Ersten lief in einem Nachrichtenband die Information, dass es in der Türkei offenbar einen Putschversuch gegeben hatte. Die nächste Stunde verbrachte ich damit, diverse Fernsehsender zu checken, um die wenigen Informationen anzuschauen, die es zur Türkei um diese Zeit gab.
Und der Samstagmorgen? Der begann nicht damit, dass ich in die Dusche ging, um mich zu erfrischen, sondern damit, dass ich die Glotze anmachte, um die Sondersendungen zur Türkei mitzubekommen. In den 80er-Jahren, als genausoviel passierte, verspürte ich nie diesen Drang, ständig »on« zu sein – das hat sich deutlich verändert.
15 Juli 2016
Historischer Andromeda-Irrtum
Ich war jahre-, nein, jahrzehntelang stolz auf ein Fanzine in meiner Sammlung, stolzer sogar, als ich auf manch anderes war. Ich besitze nämlich die erste Ausgabe von »Andromeda«, erschienen im September 1955 und damit das erste offizielle Fanzine überhaupt, das in deutscher Sprache erschienen ist. Herausgegeben wurde das Heft von Walter Ernsting, der unter dem Pseudonym Clark Darlton zu einem der wichtigsten deutschsprachigen Science-Fiction-Autoren überhaupt wurde.
Als ich das Heft vor einiger Zeit aus der Sammlung fischte und noch einmal durchblätterte, stellte ich fest, dass ich einen Irrtum begangen hatte. Mein Heft war die dritte Auflage – und diese war im August 1963 von Dieter Steinseifer nachgedruckt worden. Das ist immer noch sehr alt, zu der Zeit war ich noch nicht einmal geboren, aber es ist nur halb so cool ...
Ich komme mit dem Verlust wohl klar, die Lektüre des Fanzines ist immer noch bereichernd. Mit welchem Enthusiasmus die Fans an ihr neues Hobby gingen! Die älteren Mitglieder – etwa Walter Ernsting – hatten das Grauen des Krieges lange genug erlebt und sehnten sich nach einer friedlichen Zukunft, nach der Raumfahrt und nach dem Kontakt mit Außerirdischen.
Und wie nett man miteinander umging: »Um eine rege Beteiligung an der Gestaltung von ANDROmeda bittet höflichst und mit viel freudiger Hoffnung – der Herausgeber.« Ganz ehrlich: Hätte ich damals schon gelebt, hätte ich sicher einen Beitrag eingeschickt.
Ansonsten geht es um die echte Raumfahrt, um UFOs, um Geld und Science Fiction. Schön sind die Hinweise auf einen jungen Fan namens Greg Benford, der zu dieser Zeit sein Fanzine »Void« verlegte. Benford war damals 14 Jahre alt, lebte als Sohn eines amerikanischen Soldaten in Gießen und wurde später amerikanischer Physik-Professor und ein populärer Science-Fiction-Autor ...
Ich gestehe: Obwohl es ein Nachdruck ist, bin ich trotzdem stolz darauf, die erste Ausgabe von »Andromeda« zu besitzen. Dieses Heft hat zahlreiche Menschen beeinflusst – und auf diversen Umwegen eben auch mich!
Als ich das Heft vor einiger Zeit aus der Sammlung fischte und noch einmal durchblätterte, stellte ich fest, dass ich einen Irrtum begangen hatte. Mein Heft war die dritte Auflage – und diese war im August 1963 von Dieter Steinseifer nachgedruckt worden. Das ist immer noch sehr alt, zu der Zeit war ich noch nicht einmal geboren, aber es ist nur halb so cool ...
Ich komme mit dem Verlust wohl klar, die Lektüre des Fanzines ist immer noch bereichernd. Mit welchem Enthusiasmus die Fans an ihr neues Hobby gingen! Die älteren Mitglieder – etwa Walter Ernsting – hatten das Grauen des Krieges lange genug erlebt und sehnten sich nach einer friedlichen Zukunft, nach der Raumfahrt und nach dem Kontakt mit Außerirdischen.
Und wie nett man miteinander umging: »Um eine rege Beteiligung an der Gestaltung von ANDROmeda bittet höflichst und mit viel freudiger Hoffnung – der Herausgeber.« Ganz ehrlich: Hätte ich damals schon gelebt, hätte ich sicher einen Beitrag eingeschickt.
Ansonsten geht es um die echte Raumfahrt, um UFOs, um Geld und Science Fiction. Schön sind die Hinweise auf einen jungen Fan namens Greg Benford, der zu dieser Zeit sein Fanzine »Void« verlegte. Benford war damals 14 Jahre alt, lebte als Sohn eines amerikanischen Soldaten in Gießen und wurde später amerikanischer Physik-Professor und ein populärer Science-Fiction-Autor ...
Ich gestehe: Obwohl es ein Nachdruck ist, bin ich trotzdem stolz darauf, die erste Ausgabe von »Andromeda« zu besitzen. Dieses Heft hat zahlreiche Menschen beeinflusst – und auf diversen Umwegen eben auch mich!
14 Juli 2016
Readbox und die digitale Zukunft
Ich habe Ralf Biesemeier von der Firma readbox publishing – die Kleinschreibung ist gewollt – im Frühjahr 2011 auf der Buchmesse in Leipzig kennengelernt; wir trafen uns danach noch einmal aus geschäftlichen Gründen. Bei den Begegnungen mit ihm hatte ich stets den Eindruck, dass der Readbox-Geschäftsführer recht genau wusste, wohin sich der digitale Buchmarkt entwickeln wird.
Auf der Internet-Seite pubiz.de war dieser Tage ein interessantes Interview mit Ralf Biesemeier zu lesen, das diesen Eindruck, den ich gewonnen hatte, weiter bestärkt. In dem Interview geht es vor allem um seine eigene Firma und deren Wachstum, was ich mit Interesse gelesen habe – spannend fand ich ebenso einige allgemeine Thesen, die er aufstellte.
Was er über E-Books sagt, gilt gleichermaßen für andere digitale Produkte: »Ich glaube, dass grundsätzlich die Chancen im Internet so groß sind wie noch nie, auch kleine Nischen profitabel zu bedienen.« Mit den »gelernten Mechanismen der physischen Welt« funktioniere das aber nicht mehr; die Verlage müssten »weniger Handel und (wesentlich) mehr Direktgeschäft« anstreben.
Auch ein spannender Ansatz, den ich hundertprozentig teile: Er denkt an »kurze, eher schnell (und vor allem einfach und auch günstig) zu konsumierende Stücke«, wenn es um die Zukunft des E-Books geht. Es gehe dabei auch um »ein attraktives Alternativangebot zu CandyCrush und Facebook-Katzenvideos«.
Die Musik-Industrie überlebte unter anderem dadurch, dass sie ein »Album« in einzelne Stücke zerlegte und diese einzeln für recht viel Geld verkaufte. Vielleicht ist ein Teil der Zukunft für digitale Literatur die Sammlung kurzer Texte: keine Kurzgeschichtensammlung, weil so was echt nur Minderheiten kaufen und lesen wollen, sondern die Rückkehr der klassischen Fortsetzungsgeschichte, wie es sie schon im 19. Jahrhundert in den Tageszeitungen gab ...
Auf der Internet-Seite pubiz.de war dieser Tage ein interessantes Interview mit Ralf Biesemeier zu lesen, das diesen Eindruck, den ich gewonnen hatte, weiter bestärkt. In dem Interview geht es vor allem um seine eigene Firma und deren Wachstum, was ich mit Interesse gelesen habe – spannend fand ich ebenso einige allgemeine Thesen, die er aufstellte.
Was er über E-Books sagt, gilt gleichermaßen für andere digitale Produkte: »Ich glaube, dass grundsätzlich die Chancen im Internet so groß sind wie noch nie, auch kleine Nischen profitabel zu bedienen.« Mit den »gelernten Mechanismen der physischen Welt« funktioniere das aber nicht mehr; die Verlage müssten »weniger Handel und (wesentlich) mehr Direktgeschäft« anstreben.
Auch ein spannender Ansatz, den ich hundertprozentig teile: Er denkt an »kurze, eher schnell (und vor allem einfach und auch günstig) zu konsumierende Stücke«, wenn es um die Zukunft des E-Books geht. Es gehe dabei auch um »ein attraktives Alternativangebot zu CandyCrush und Facebook-Katzenvideos«.
Die Musik-Industrie überlebte unter anderem dadurch, dass sie ein »Album« in einzelne Stücke zerlegte und diese einzeln für recht viel Geld verkaufte. Vielleicht ist ein Teil der Zukunft für digitale Literatur die Sammlung kurzer Texte: keine Kurzgeschichtensammlung, weil so was echt nur Minderheiten kaufen und lesen wollen, sondern die Rückkehr der klassischen Fortsetzungsgeschichte, wie es sie schon im 19. Jahrhundert in den Tageszeitungen gab ...
13 Juli 2016
Wendepunkt im Historienkrimi
Der erste Band der Serie »Golden Dogs«, die auf vier Bände angelegt ist, gefiel mir im Sommer 2015 schon sehr gut. Umso gespannter war ich auf den zweiten Band, der unter dem Titel »Orwood« im Januar 2016 in den Handel kam. Auch dieses Hardcover-Album, für das der Panini-Verlag verantwortlich zeichnet, begeisterte mich in punkto Gestaltung und Verarbeitung.
Als Autor erzählt Stephen Desberg die Geschichte seiner Hauptperson Fanny weiter, wenngleich der Titel des Einzelbandes – »Orwood« – einen anderen Hinweis gibt. Die Golden Dogs sind eine Diebesbande, die im viktorianischen London ihr Unwesen treibt. Anführer der Bande ist der charismatische Orwood, während Fanny als Prostituierte immer dann zum Einsatz kommt, wenn es darum geht, Geheimnisse auf unkonventionelle Weise herauszufinden.
Während der erste Band der Serie vor allem die vier Hauptfiguren vorstellte, geht es im zweiten Band heftiger zur Sache. Die Bande fliegt auf, offensichtlich durch Verrat, und zerstreut sich in alle Winde. Auch Fanny flieht: zuerst nach Frankreich, später über den Atlantik. Doch es zieht sie zurück an die alten Wirkungsstätten ...
Auch jetzt ist die Geschichte wieder schnell, sie wird spannend erzählt und vor allem hervorragend illustriert. Ich mag den realistisch anmutenden Stil, den der Zeichner Griffo anwendet; er zieht in das Geschehen herein und wirkt fast glaubhaft.
»Golden Dogs« wird mit dem zweiten Band spannender und in gewisser Weise auch epischer. Nun warte ich gespannt auf die weiteren Teile. (Ach ja: 60 Seiten Umfang diesmal, eine Reihe von schönen Skizzen zum Abschluss!)
Als Autor erzählt Stephen Desberg die Geschichte seiner Hauptperson Fanny weiter, wenngleich der Titel des Einzelbandes – »Orwood« – einen anderen Hinweis gibt. Die Golden Dogs sind eine Diebesbande, die im viktorianischen London ihr Unwesen treibt. Anführer der Bande ist der charismatische Orwood, während Fanny als Prostituierte immer dann zum Einsatz kommt, wenn es darum geht, Geheimnisse auf unkonventionelle Weise herauszufinden.
Während der erste Band der Serie vor allem die vier Hauptfiguren vorstellte, geht es im zweiten Band heftiger zur Sache. Die Bande fliegt auf, offensichtlich durch Verrat, und zerstreut sich in alle Winde. Auch Fanny flieht: zuerst nach Frankreich, später über den Atlantik. Doch es zieht sie zurück an die alten Wirkungsstätten ...
Auch jetzt ist die Geschichte wieder schnell, sie wird spannend erzählt und vor allem hervorragend illustriert. Ich mag den realistisch anmutenden Stil, den der Zeichner Griffo anwendet; er zieht in das Geschehen herein und wirkt fast glaubhaft.
»Golden Dogs« wird mit dem zweiten Band spannender und in gewisser Weise auch epischer. Nun warte ich gespannt auf die weiteren Teile. (Ach ja: 60 Seiten Umfang diesmal, eine Reihe von schönen Skizzen zum Abschluss!)
12 Juli 2016
Europäische Momente in den 90er-Jahren
Unlängst startete via Twitter eine schöne Intiative. Unter dem Titel »Mein europäischer Moment« sollten einzelne Menschen über Dinge schreiben, die sie positiv mit Europa verbinden. Da fiel mir einiges ein, allerdings noch viel mehr, was ich nicht in 140 Zeichen packen kann.
Deshalb gibt's heute einen kurzen Text dazu, was mir Europa zweimal in den 90er-Jahren bedeutete. Das Schöne dabei: Der Text umfasst die beiden Seiten meines Lebens – einmal geht's um Science Fiction, einmal um Punkrock.
Ich werde nie den FreuCon '92 vergessen. Durch einen »Wink des Schicksals« und vor allem den kurz davor ausgebrochenen Krieg in Jugoslawien wurde Freudenstadt zum Schauplatz eines sogenannten EuroCons. Der Europäische Science-Fiction-Kongress wurde also im Frühjahr 1992 im beschaulichen Schwarzwald veranstaltet – die Einheimischen bekamen davon so gut wie nichts mit.
Wir hatten auf einmal rund 800 Leute aus zwanzig verschiedenen Ländern in Freudenstadt. Ungarn und Rumänen unterhielten sich auf Russisch, Briten kommunizierten nachts via Fax mit Weißrussen, Ukrainer, Polen, Spanier, Italiener und Niederländer waren da, Rumänen kamen mit einem Reisebus ... es war ein unglaublich positives Europa.
Ganz im Gegensatz dazu standen die Chaostage '95 im August 1995 in Hannover. Einige tausend Punks aus Portugal und Polen, aus Großbritannien und den Niederlanden, aus Frankreich und Italien und sonstwoher wollten miteinander feiern.
Dummerweise hatte die Polizei etwas dagegen, und es entwickelten sich heftige Straßenschlachten. Die internationale Punkrock-Szene hielt der Polizei tage- und nächtelang stand, bis sie sich der Übermacht geschlagen geben musste. (Mich würde echt interessieren, was aus den damaligen Punk-Kids geworden ist, fünfzehn Jahre alte Jungs und Mädels, die mit Hass im Herzen und Steinen in der Hand auf die Polizei losgerannt sind.)
Für mich waren es europäische Momente, und ich möchte sie in meiner Erinnerung nicht missen. Wie man neudeutsch zu sagen pflegt: »never ever« ...
Deshalb gibt's heute einen kurzen Text dazu, was mir Europa zweimal in den 90er-Jahren bedeutete. Das Schöne dabei: Der Text umfasst die beiden Seiten meines Lebens – einmal geht's um Science Fiction, einmal um Punkrock.
Ich werde nie den FreuCon '92 vergessen. Durch einen »Wink des Schicksals« und vor allem den kurz davor ausgebrochenen Krieg in Jugoslawien wurde Freudenstadt zum Schauplatz eines sogenannten EuroCons. Der Europäische Science-Fiction-Kongress wurde also im Frühjahr 1992 im beschaulichen Schwarzwald veranstaltet – die Einheimischen bekamen davon so gut wie nichts mit.
Wir hatten auf einmal rund 800 Leute aus zwanzig verschiedenen Ländern in Freudenstadt. Ungarn und Rumänen unterhielten sich auf Russisch, Briten kommunizierten nachts via Fax mit Weißrussen, Ukrainer, Polen, Spanier, Italiener und Niederländer waren da, Rumänen kamen mit einem Reisebus ... es war ein unglaublich positives Europa.
Ganz im Gegensatz dazu standen die Chaostage '95 im August 1995 in Hannover. Einige tausend Punks aus Portugal und Polen, aus Großbritannien und den Niederlanden, aus Frankreich und Italien und sonstwoher wollten miteinander feiern.
Dummerweise hatte die Polizei etwas dagegen, und es entwickelten sich heftige Straßenschlachten. Die internationale Punkrock-Szene hielt der Polizei tage- und nächtelang stand, bis sie sich der Übermacht geschlagen geben musste. (Mich würde echt interessieren, was aus den damaligen Punk-Kids geworden ist, fünfzehn Jahre alte Jungs und Mädels, die mit Hass im Herzen und Steinen in der Hand auf die Polizei losgerannt sind.)
Für mich waren es europäische Momente, und ich möchte sie in meiner Erinnerung nicht missen. Wie man neudeutsch zu sagen pflegt: »never ever« ...
11 Juli 2016
Der Lehrerfreund und ich
Jetzt ist es amtlich: Mein »literarisches Werk« wurde endgültig für den Deutsch-Unterricht geadelt. Okay, Scherz beiseite – über den Unterricht auf Basis des Roman-Klassikers »Simplicius Simplicissimus« sowie meines Romans »Vielen Dank Peter Pank« hatte ich ja schon einmal berichtet. Jetzt ist das ganze Material auch auf der Website »Lehrerfreund« zu finden.
Die Seite bezeichnet sich selbst als »der Freund der Lehrer/innen« und ist im Wesentlichen ein »Portal rund um das Thema Schule und Bildung«. Zu finden gibt es Unterrichtsmaterialien, Analysen, Tipps und andere Inhalte. Begründet wurde die Seite im Jahr 2000; in heutigen Zeiten ist sie damit richtig alt.
Das aktuelle Thema steht im Bereich »Unterrichtssequenz Deutsch« und trägt einen schönen Untertitel: »Bauernjunge Simplicius Simplicissimus und der Punker Peter Pank – zwei Antihelden im Vergleich«. Verglichen werden zwei Kapitel aus dem »Simplicissimus« sowie der Anfang meines Romans, der als »moderne Picaro-Punker-Roman der 80er« bezeichnet wird. Ich wusste natürlich nicht, was ein Picaro-Roman ist, las den Begriff in diesem Zusammenhang zum ersten Mal.
Für Lehrerinnen und Lehrer, die Jugendliche mit Literatur konfrontieren wollen, ist so eine Punkrock-Geschichte wahrscheinlich sogar sehr sinnvoll. Ich fand und finde den Aufbau des Unterrichtes sehr interessant, auch die Kommntare und Hinweise sind spannend. Ein ganz anderer Zugang für mich ist das – so habe ich ein eigenes Werk noch nie gesehen!
Die Seite bezeichnet sich selbst als »der Freund der Lehrer/innen« und ist im Wesentlichen ein »Portal rund um das Thema Schule und Bildung«. Zu finden gibt es Unterrichtsmaterialien, Analysen, Tipps und andere Inhalte. Begründet wurde die Seite im Jahr 2000; in heutigen Zeiten ist sie damit richtig alt.
Das aktuelle Thema steht im Bereich »Unterrichtssequenz Deutsch« und trägt einen schönen Untertitel: »Bauernjunge Simplicius Simplicissimus und der Punker Peter Pank – zwei Antihelden im Vergleich«. Verglichen werden zwei Kapitel aus dem »Simplicissimus« sowie der Anfang meines Romans, der als »moderne Picaro-Punker-Roman der 80er« bezeichnet wird. Ich wusste natürlich nicht, was ein Picaro-Roman ist, las den Begriff in diesem Zusammenhang zum ersten Mal.
Für Lehrerinnen und Lehrer, die Jugendliche mit Literatur konfrontieren wollen, ist so eine Punkrock-Geschichte wahrscheinlich sogar sehr sinnvoll. Ich fand und finde den Aufbau des Unterrichtes sehr interessant, auch die Kommntare und Hinweise sind spannend. Ein ganz anderer Zugang für mich ist das – so habe ich ein eigenes Werk noch nie gesehen!
10 Juli 2016
Die Schlosslichtspiele kommen!
Im Sommer 2015 war es einer der Höhepunkte: An mehreren Abenden spazierte ich mit Freunden und Bekannten zum Schloss Karlsruhe, gern nahm ich auch Besucher von »außerhalb« mit. Dann setzten wir uns irgendwo auf den Boden, entweder auf den von der Tageshitze angewärmten Asphalt oder auf den Rasen, und warteten. Es war abends, die Luft war warm, und die Schlosslichtspiele verzauberten die Nacht.
Das wird im Sommer 2016 ebenso sein. Die Stadt Karlsruhe ist pleite, keiner weiß, wie es mit dem Tunnel unter der Stadt weitergehen wird. Aber wir lassen es im Sommer noch einmal krachen – da bin ich egoistisch und freue mich darüber. (Die Kultureinrichtungen, die ich mag, bekommen eh keinen Cent aus der leeren Kasse der Stadt. Weder vor noch nach der Krise ...)
Ich zitiere aus der Presse-Information: »In diesem Sommer schaffen die Arbeiten wieder überwältigende visuelle Formen und Narrationen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft«. es werden verschiedene Arbeiten präsentiert. Unter anderem wir die Projektion »Paperlife« – im Bild – die Schlossfassade aus Papier erbauen. »Wie die Seite eines Buches wird sie gefaltet, gerissen und geknittert«, verspricht die Information.
Was ich in den bisherigen Informationen gelesen habe, klingt auf jeden Fall höchst spannend. Ich freue mich auf die Schlosslichtspiele, die in diesem Sommer vom 7. August bis 17. September zu sehen sein werden.
Das wird im Sommer 2016 ebenso sein. Die Stadt Karlsruhe ist pleite, keiner weiß, wie es mit dem Tunnel unter der Stadt weitergehen wird. Aber wir lassen es im Sommer noch einmal krachen – da bin ich egoistisch und freue mich darüber. (Die Kultureinrichtungen, die ich mag, bekommen eh keinen Cent aus der leeren Kasse der Stadt. Weder vor noch nach der Krise ...)
Ich zitiere aus der Presse-Information: »In diesem Sommer schaffen die Arbeiten wieder überwältigende visuelle Formen und Narrationen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft«. es werden verschiedene Arbeiten präsentiert. Unter anderem wir die Projektion »Paperlife« – im Bild – die Schlossfassade aus Papier erbauen. »Wie die Seite eines Buches wird sie gefaltet, gerissen und geknittert«, verspricht die Information.
Was ich in den bisherigen Informationen gelesen habe, klingt auf jeden Fall höchst spannend. Ich freue mich auf die Schlosslichtspiele, die in diesem Sommer vom 7. August bis 17. September zu sehen sein werden.
09 Juli 2016
Drei Räder und ein Weg
Im Norden von Karlsruhe: Ich fege mit einiger Geschwindigkeit über den Radweg in Richtung Innenstadt, rechts und links ist die Wiese ordentlich gemäht. Ich sehe, dass mir zwei sportlich gekleidete Radfahrer entgegen kommen, beide eher auf meiner Seite. Aber ich mache mir keine Sorgen.
Wir nähern uns einander. Eigentlich ist der Radweg breit genug, dass drei Räder aneinander vorbeipassen müssten. Doch die beiden, die mir entgegen kommen, bleiben stur: der eine in der Mitte, der andere auf der linken Seite – was dann dummerweise die rechte Seite von mir ist, auf der ich fahre. Sie machen keine Anstalten, fünfzig oder sechzig Zentimeter zur Seite zu gehen.
Ich habe, wie mir auffällt, drei Möglichkeiten: Wenn ich so weiterfahre wie bisher, stoßen wir zusammen und liegen alle miteinander auf dem Boden. Ich kann nach links rüberziehen, die beiden anderen damit schneiden und mich an ihnen vorbeiquetschen; das könnte reichen, aber dabei könnten wir zusammenstoßen. Oder ich weiche nach rechts in die gemähte Wiese aus.
Ich entscheide mich für die Wiese, bremse ab, holpere einige Meter durch das Gras – die beiden Typen fahren an mir vorüber, die Augen hinter wuchtigen Sonnenbrillen verborgen, die Körper in edle Radlerklamotten gehüllt, und scheinen mich nicht zu beobachten. Immerhin stürze ich nicht, komme nach der Rasenfläche wieder auf den Radweg und fahre weiter.
Das Interessante dabei: Ich rege mich nicht einmal auf. Offenbar bin ich, was Radfahrer in Karlsruhe angeht, doch schon einiges gewöhnt.
Wir nähern uns einander. Eigentlich ist der Radweg breit genug, dass drei Räder aneinander vorbeipassen müssten. Doch die beiden, die mir entgegen kommen, bleiben stur: der eine in der Mitte, der andere auf der linken Seite – was dann dummerweise die rechte Seite von mir ist, auf der ich fahre. Sie machen keine Anstalten, fünfzig oder sechzig Zentimeter zur Seite zu gehen.
Ich habe, wie mir auffällt, drei Möglichkeiten: Wenn ich so weiterfahre wie bisher, stoßen wir zusammen und liegen alle miteinander auf dem Boden. Ich kann nach links rüberziehen, die beiden anderen damit schneiden und mich an ihnen vorbeiquetschen; das könnte reichen, aber dabei könnten wir zusammenstoßen. Oder ich weiche nach rechts in die gemähte Wiese aus.
Ich entscheide mich für die Wiese, bremse ab, holpere einige Meter durch das Gras – die beiden Typen fahren an mir vorüber, die Augen hinter wuchtigen Sonnenbrillen verborgen, die Körper in edle Radlerklamotten gehüllt, und scheinen mich nicht zu beobachten. Immerhin stürze ich nicht, komme nach der Rasenfläche wieder auf den Radweg und fahre weiter.
Das Interessante dabei: Ich rege mich nicht einmal auf. Offenbar bin ich, was Radfahrer in Karlsruhe angeht, doch schon einiges gewöhnt.
08 Juli 2016
Denn wir brauchen einen Führer
Jetzt wird wieder ein Führer vermisst. War ja klar – geht in Deutschland mal nicht alles so, wie es sich »die Nation« vorstellt, wird der Ruf nach einem »Führer« laut. Heute nennt man das dann neudeutsch einen »Leader« oder – sozialhygienisch korrekter – eine »Führungspersönlichkeit«. Aber es ändert nichts daran, dass viele Leute hierzulande nicht damit klarkommen, dass es verschiedene Persönlichkeiten geben kann, die gleichwertig sind und trotzdem »funktionieren«.
Ich rede natürlich vom Fußball. Und von »la Mannschaft«, der deutschen Fußballnationalmannschaft der Männer, die bei der Europameisterschaft im Halbfinale an den Franzosen gescheitert ist.
Es mangelt jetzt nicht an Menschen, die – kurz gefasst – aussagen, das deutsche Team hätte gewonnen, wenn es einen eindeutigen Führer auf dem Platz gegeben hätte. Wenn man mit mehr »deutscher Härte« gespielt hätte. Vielleicht, vielleicht, vielleicht.
Ja, ich habe das Spiel gesehen. Im Vergleich zu vielen anderen Spielen, die ich bei dieser Europameisterschaft mitbekommen habe, war es spannend und energiegeladen. Es machte Spaß, bei diesem Spiel zuzuschauen, und ich fieberte bis kurz vor dem Ende mit.
Die Franzosen starteten stark in die erste Halbzeit. Die Deutschen brauchten eine Weile, um damit klarzukommen, beharkten dann die ganze Zeit das französische Tor. Ein dämliches Handspiel brachte einen Elfmeter, und die Franzosen beendeten die erste Halbzeit mit eins zu null. Die zweite Halbzeit ist eh auch schon Geschichte.
Es fehlt nicht an Gemecker; die Medien sind voll, und in den Sozialen Netzwerken steht viel dummes Zeugs. Ich bin kein Fußballexperte und werde auch nie einer sein. Ich bin ein Laie, der seit vielen Jahren zuschaut und der in seiner Jugend schlecht für die örtliche Pizzeria-Mannschaft gekickt hat – besser konnte ich es nicht. Aber der Unfug, den manche Fußballgucker jetzt wieder über die deutsche Mannschaft auskübeln, ist mir unverständlich.
Aber gut. Am Sonntag schauen wir dann zu, wie die Franzosen die Portugiesen aus dem Turnier werfen und den Titel holen. Das hätten sie verdient – die Mannschaft hat sich in den vorherigen Spielen gesteigert und gegen »la Mannschaft« letztlich zu Recht und mit einigem Glück gewonnen.
Und die 80 Millionen Fußballtrainer in diesem Land können sich endlich wichtigeren Themen zuwenden. Vielleicht lässt sich in diesem Sommer noch trefflich über die anstehende Hitzewelle, den Bildungsnotstand oder sonst irgendein Thema reden, bei dem jeder sehr leicht eine Meinung formulieren kann ...
Ich rede natürlich vom Fußball. Und von »la Mannschaft«, der deutschen Fußballnationalmannschaft der Männer, die bei der Europameisterschaft im Halbfinale an den Franzosen gescheitert ist.
Es mangelt jetzt nicht an Menschen, die – kurz gefasst – aussagen, das deutsche Team hätte gewonnen, wenn es einen eindeutigen Führer auf dem Platz gegeben hätte. Wenn man mit mehr »deutscher Härte« gespielt hätte. Vielleicht, vielleicht, vielleicht.
Ja, ich habe das Spiel gesehen. Im Vergleich zu vielen anderen Spielen, die ich bei dieser Europameisterschaft mitbekommen habe, war es spannend und energiegeladen. Es machte Spaß, bei diesem Spiel zuzuschauen, und ich fieberte bis kurz vor dem Ende mit.
Die Franzosen starteten stark in die erste Halbzeit. Die Deutschen brauchten eine Weile, um damit klarzukommen, beharkten dann die ganze Zeit das französische Tor. Ein dämliches Handspiel brachte einen Elfmeter, und die Franzosen beendeten die erste Halbzeit mit eins zu null. Die zweite Halbzeit ist eh auch schon Geschichte.
Es fehlt nicht an Gemecker; die Medien sind voll, und in den Sozialen Netzwerken steht viel dummes Zeugs. Ich bin kein Fußballexperte und werde auch nie einer sein. Ich bin ein Laie, der seit vielen Jahren zuschaut und der in seiner Jugend schlecht für die örtliche Pizzeria-Mannschaft gekickt hat – besser konnte ich es nicht. Aber der Unfug, den manche Fußballgucker jetzt wieder über die deutsche Mannschaft auskübeln, ist mir unverständlich.
Aber gut. Am Sonntag schauen wir dann zu, wie die Franzosen die Portugiesen aus dem Turnier werfen und den Titel holen. Das hätten sie verdient – die Mannschaft hat sich in den vorherigen Spielen gesteigert und gegen »la Mannschaft« letztlich zu Recht und mit einigem Glück gewonnen.
Und die 80 Millionen Fußballtrainer in diesem Land können sich endlich wichtigeren Themen zuwenden. Vielleicht lässt sich in diesem Sommer noch trefflich über die anstehende Hitzewelle, den Bildungsnotstand oder sonst irgendein Thema reden, bei dem jeder sehr leicht eine Meinung formulieren kann ...
07 Juli 2016
Dunkle Metaphern
Wann genau ich die drei »Gedichte« geschrieben hatte, weiß ich nicht mehr: Am 20. Dezember 1982 tippte ich drei Texte so ab, dass sie schwäbisch und platzsparend auf eine A4-Seite passten. Die Texte mit den lakonischen Titeln »Sturmwarnungen«, »Modern« und »Spiegel« wurden also von einem Jugendlichen verfasst, der zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 18 Jahre alt geworden war und aufs Gymnasium ging.
Viele Inhalte sind gar nicht mehr nachvollziehen. So geht es in »Sturmwarnungen« unter anderem um »kommende Unwetter«, die aus dem Westen kommen; man bereitet sich auf »braunes Sickerwasser« vor. Mäuse flüchten sich in den Schutz eines Katzenkörpers – ich bin sicher, dass sich der junge Autor vor über dreißig Jahren einiges dabei gedacht hat.
Bezieht sich so ein Text auf Ronald Reagan und die damalige Kriegsangst? Das lässt sich kaum noch nachvollziehen.
Noch weniger lässt sich bei »Modern« nachprüfen, worum es eigentlich ging. Da tauchen Nornen auf, die Uresche Yggdrasil wird erwähnt, und am Ende kommt noch ein Mercedes-Stern ins Spiel ...
Ganz schön metaphorisch geht es beim dritten Text zu. In »Spiegel« wird ein Gesicht beschrieben, das sich »in dichten Wolken« versteckt und »einem Hohlspiegel ähnlich« ist. Die Ich-Bezogenheit des Textes ist in gewisser Weise schon wieder amüsant – wenn man sie mit heutigem Auge betrachtet. Im Dezember 1982 war das sicher sehr wichtig.
Viele Inhalte sind gar nicht mehr nachvollziehen. So geht es in »Sturmwarnungen« unter anderem um »kommende Unwetter«, die aus dem Westen kommen; man bereitet sich auf »braunes Sickerwasser« vor. Mäuse flüchten sich in den Schutz eines Katzenkörpers – ich bin sicher, dass sich der junge Autor vor über dreißig Jahren einiges dabei gedacht hat.
Bezieht sich so ein Text auf Ronald Reagan und die damalige Kriegsangst? Das lässt sich kaum noch nachvollziehen.
Noch weniger lässt sich bei »Modern« nachprüfen, worum es eigentlich ging. Da tauchen Nornen auf, die Uresche Yggdrasil wird erwähnt, und am Ende kommt noch ein Mercedes-Stern ins Spiel ...
Ganz schön metaphorisch geht es beim dritten Text zu. In »Spiegel« wird ein Gesicht beschrieben, das sich »in dichten Wolken« versteckt und »einem Hohlspiegel ähnlich« ist. Die Ich-Bezogenheit des Textes ist in gewisser Weise schon wieder amüsant – wenn man sie mit heutigem Auge betrachtet. Im Dezember 1982 war das sicher sehr wichtig.
06 Juli 2016
Steakknife sind immer noch super
Ich weiß nicht, wie oft ich die Band Steakknife gesehen habe. Vor allem in den 90er-Jahren zählten ihre Auftritte zu schweißtreibenden Höhepunkten der jeweiligen Konzertsaison. In den vergangenen Jahren wurde es ein wenig ruhiger um die Herren aus dem Saarland – kein Wunder, die sind alle in meinem Alter, und da hält das Leben die eine oder andere Herausforderung für einen bereit, die nicht unbedingt etwas mit Punkrock zu tun hat.
Nach langer Pause liegt seit September 2015 die Platte »One Eyed Bomb« vor, auf der sich insgesamt 16 Stücke befinden. Die Band klingt ein Stück erwachsener als früher, es wird nicht mehr dem Rotzlöffel-Punkrock gefrönt, manche Stücke sind richtig schwungvoll. Trotzdem wird nach Herzenslust gebolzt und geknallt, die Melodien packen mich, die treibende Stimme von Lee Hollis ist immer das Zentrum eines jeden Songs.
Vor allem die längeren Stücke haben es mir diesmal angetan. Es sind keine Balladen, jedwede Angst in dieser Richtung wäre hier fehl am Platz – die Band bleibt dem Punkrock der früh-amerikanischen Prägung verhaftet und zeigt noch einmal, was sie kann.
Ich mache jetzt nicht den Versuch auf, die aktuelle Platte mit früheren Werken zu vergleichen; davon halte ich nicht so viel. Fakt ist, dass die Band mit »One Eyed Bomb« noch mal ein richtig starkes Album vorgelegt hat, das ich mir auch fünf- oder sechsmal hintereinander anhören kann, ohne dass sie mich langweilt. Die Band ist einfach nach wie vor super!
Nach langer Pause liegt seit September 2015 die Platte »One Eyed Bomb« vor, auf der sich insgesamt 16 Stücke befinden. Die Band klingt ein Stück erwachsener als früher, es wird nicht mehr dem Rotzlöffel-Punkrock gefrönt, manche Stücke sind richtig schwungvoll. Trotzdem wird nach Herzenslust gebolzt und geknallt, die Melodien packen mich, die treibende Stimme von Lee Hollis ist immer das Zentrum eines jeden Songs.
Vor allem die längeren Stücke haben es mir diesmal angetan. Es sind keine Balladen, jedwede Angst in dieser Richtung wäre hier fehl am Platz – die Band bleibt dem Punkrock der früh-amerikanischen Prägung verhaftet und zeigt noch einmal, was sie kann.
Ich mache jetzt nicht den Versuch auf, die aktuelle Platte mit früheren Werken zu vergleichen; davon halte ich nicht so viel. Fakt ist, dass die Band mit »One Eyed Bomb« noch mal ein richtig starkes Album vorgelegt hat, das ich mir auch fünf- oder sechsmal hintereinander anhören kann, ohne dass sie mich langweilt. Die Band ist einfach nach wie vor super!
05 Juli 2016
Deutscher Phantastik-Preis 2016
Ich habe jahrelang über den Deutschen Phantastik-Preis gelästert. »Da gewinnen ja Leute, die nichts können«, behauptete ich großkotzig. Oder auch gern: »Da stimmen halt die Freunde der Kleinverlage über die Produkte der Kleinverlage ab.« Manches preisgekrönte Buch fand ich nämlich völlig unlesbar, manchen preisgekrönten Grafiker hätte ich in den 80er-Jahren nicht in einem meiner Fanzines veröffentlicht.
Bei allem Geläster war ich allerdings auch immer ein wenig neidisch, wenn es für mich als Person oder für »meine« Serie keinen Preis gab. Und selbstverständlich war mein Geläster überheblich und nicht angebracht.
Meine Sicht der Dinge hat sich mittlerweile geändert. Zwar finde ich die Form der Preisverleihung immer noch ein wenig zu »bemüht lustig«, aber ich habe akzeptiert, dass es sich beim Deutschen Phantastik-Preis um einen Publikumspreis handelt. Wer also sein Publikum am besten dazu animieren kann, bei diesem Preis abzustimmen, der gewinnt zu Recht. So einfach ist das.
Fürs Jahr 2016 habe ich fleißig nominiert, und ich habe bereits abgestimmt. Aussagekräftig wird der Preis in der Tat nur dann, wenn viele Leute abstimmen – nicht nur die Bekannten von Bekannten, sondern auch Leute, die sich engagiert um die phantastische Literatur kümmern und einen kritischen Blick mitbringen.
Mein freundlicher Hinweis also an die Fans von Science Fiction, Fantasy, Horror, Phantastik und was es mittlerweile an skurrilen Unterteilungen gibt: Macht mit, stimmt ab, beteiligt euch! Und beschwert euch hinterher nicht ...
Bei allem Geläster war ich allerdings auch immer ein wenig neidisch, wenn es für mich als Person oder für »meine« Serie keinen Preis gab. Und selbstverständlich war mein Geläster überheblich und nicht angebracht.
Meine Sicht der Dinge hat sich mittlerweile geändert. Zwar finde ich die Form der Preisverleihung immer noch ein wenig zu »bemüht lustig«, aber ich habe akzeptiert, dass es sich beim Deutschen Phantastik-Preis um einen Publikumspreis handelt. Wer also sein Publikum am besten dazu animieren kann, bei diesem Preis abzustimmen, der gewinnt zu Recht. So einfach ist das.
Fürs Jahr 2016 habe ich fleißig nominiert, und ich habe bereits abgestimmt. Aussagekräftig wird der Preis in der Tat nur dann, wenn viele Leute abstimmen – nicht nur die Bekannten von Bekannten, sondern auch Leute, die sich engagiert um die phantastische Literatur kümmern und einen kritischen Blick mitbringen.
Mein freundlicher Hinweis also an die Fans von Science Fiction, Fantasy, Horror, Phantastik und was es mittlerweile an skurrilen Unterteilungen gibt: Macht mit, stimmt ab, beteiligt euch! Und beschwert euch hinterher nicht ...
Kommunikation vor dem Verlag
Eine kleine Szene vor dem Verlag: Ein LKW steht mit laufendem Motor vor dem Gebäude, er liefert Waren für die Druckerei. Laut Aufschrift auf der Seite kommt er aus Spanien. Der Fahrer sitzt in der Kabine, starrt blicklos nach vorne, während der Motor läuft und stinkt.
Im Stockwerk über mir öffnet sich ein Fenster. Eine Frau ist zu hören, ich erkenne ihre Stimme nicht. »Hey!«, schreit sie herunter. »Können Sie den Motor ausmachen – es stinkt.«
Der Fahrer scheint sie zu hören, er schaut in ihre Richtung. Dann fährt er mit seinem LKW etwa zehn Meter vor und bleibt mit laufendem Motor stehen. Ich schließe mein Fenster, obwohl es recht warm ist.
Und ich warte darauf, dass wieder ein Fenster aufgeht und jemand von einem der höheren Stockwerke mit badischem Akzent einen Fahrer anschreit, der aus Spanien kommt ...
Im Stockwerk über mir öffnet sich ein Fenster. Eine Frau ist zu hören, ich erkenne ihre Stimme nicht. »Hey!«, schreit sie herunter. »Können Sie den Motor ausmachen – es stinkt.«
Der Fahrer scheint sie zu hören, er schaut in ihre Richtung. Dann fährt er mit seinem LKW etwa zehn Meter vor und bleibt mit laufendem Motor stehen. Ich schließe mein Fenster, obwohl es recht warm ist.
Und ich warte darauf, dass wieder ein Fenster aufgeht und jemand von einem der höheren Stockwerke mit badischem Akzent einen Fahrer anschreit, der aus Spanien kommt ...
04 Juli 2016
Sendung abgebrochen
Eigentlich wollte ich am Sonntag abend, 3. Juli, das tun, was viele Fußballfreunde machten: Ich wollte den Isländern in ihrem Spiel gegen die Franzosen die Daumen drücken, weil ich darauf hoffte, dass die Jungs von der nördlichen Insel ihre Erfolgslaufbahn fortsetzen. Aber ich konnte nicht einmal die erste Halbzeit zu Ende gucken.
Es war der erste Sonntag im Monat, also musste ich meine Radiosendung produzieren; das mache ich am liebsten live. Ich hatte ein schönes Programm vorbereitet, ich wollte Lookout! Records ins Zentrum stellen, also viel amerikanischen Turnschuh-Punkrock aus den 90er-Jahren spielen. Darauf hatte ich richtig Lust.
Als ich ins Querfunk-Studio kam, wiesen mich allerlei Zettel darauf hin, dass das Studio 2 – in dem ich seit gut einem Dutzend Jahren meine Sendung mache – nicht funktionsfähig sei. Man sollte in das Studio 1 gehen. In dem hatte ich vor 21 Jahren angefangen, es war also gewissermaßen eine Rückkehr in die alte Heimat.
Mit dem einen Unterschied: Jemand hatte dem alten Studio eine neue Technik spendiert. Und ich kapierte nichts; ich hatte keine fünf Minuten, um mich mit der Technik vertraut zu machen, was ich nicht schaffte.
Den CD-Player bedienen, das konnte ich recht schnell. Aber als ich ins Mikrofon sprach, verstand ich mich selbst nicht über die Kopfhörer. Und die Vinylscheiben, die ich dabei hatte, konnte ich nicht abspielen – ich verstand auch nach gründlichsten Versuchen nicht, wie sich die Plattenspieler starten ließen.
Nach zehn Minuten gab ich frustriert auf, brach die Sendung ab und startete die Wiederholungssendung. Das tut mir für die paar Leute leid, die sich vielleicht auf meine Sendung gefreut hatten – es sollte einfach nicht sein. Aber dafür konnte ich daheim noch sehen, wie sich die Isländer tapfer gegen die spielerisch-technische Übermacht der französischen Nationalmannschaft stellten ...
Es war der erste Sonntag im Monat, also musste ich meine Radiosendung produzieren; das mache ich am liebsten live. Ich hatte ein schönes Programm vorbereitet, ich wollte Lookout! Records ins Zentrum stellen, also viel amerikanischen Turnschuh-Punkrock aus den 90er-Jahren spielen. Darauf hatte ich richtig Lust.
Als ich ins Querfunk-Studio kam, wiesen mich allerlei Zettel darauf hin, dass das Studio 2 – in dem ich seit gut einem Dutzend Jahren meine Sendung mache – nicht funktionsfähig sei. Man sollte in das Studio 1 gehen. In dem hatte ich vor 21 Jahren angefangen, es war also gewissermaßen eine Rückkehr in die alte Heimat.
Mit dem einen Unterschied: Jemand hatte dem alten Studio eine neue Technik spendiert. Und ich kapierte nichts; ich hatte keine fünf Minuten, um mich mit der Technik vertraut zu machen, was ich nicht schaffte.
Den CD-Player bedienen, das konnte ich recht schnell. Aber als ich ins Mikrofon sprach, verstand ich mich selbst nicht über die Kopfhörer. Und die Vinylscheiben, die ich dabei hatte, konnte ich nicht abspielen – ich verstand auch nach gründlichsten Versuchen nicht, wie sich die Plattenspieler starten ließen.
Nach zehn Minuten gab ich frustriert auf, brach die Sendung ab und startete die Wiederholungssendung. Das tut mir für die paar Leute leid, die sich vielleicht auf meine Sendung gefreut hatten – es sollte einfach nicht sein. Aber dafür konnte ich daheim noch sehen, wie sich die Isländer tapfer gegen die spielerisch-technische Übermacht der französischen Nationalmannschaft stellten ...
03 Juli 2016
Abschwellende Schlandgesänge
Im Jahr 2016 beherrscht die Europameisterschaft die Gemüter in Deutschland. Millionen von Menschen verfolgen die entscheidenden Spieler vor dem heimischen Fernseher, in Kneipen oder bei sonstigen öffentlichen Gelegenheiten. Es ist also alles wie bei früheren Meisterschaften.
Doch es gibt einen zentralen Unterschied zu den Welt- und Europameisterschaften seit 2006: Die Fahnen fehlen. Es gibt zwar einige Autofahrer, die mit Fähnchen unterwegs sind, und auch an einigen Balkons in der Innenstadt hängen große Banner – aber es fehlt die riesige Fahnenhysterie, die in früheren Jahren aufgefallen war.
Hätte man mich vor 2006 gefragt, hätte ich gesagt, dass ich jemanden, der die Deutschlandfahne hisst, zumindest des übertriebenen Patriotismus' verdächtige. Ich weiß schon, dass die schwarzrotgoldene Fahne die des demokratischen Deutschlands ist – aber das wissen ja die Rechten nicht, und deshalb fand ich auch diese Fahne höchst verdächtig.
2006 änderte einiges. Auf einmal wedelten Leute, die »nichtdeutscher« Herkunft waren, mit der Fahne herum. Es sah so aus, als könnte es auch in Deutschland auf einmal einen sauberen Patriotismus geben, was immer das sein mag.
Warum ist das in diesen Tagen anders? Weil die Fahne umgewidmet wurde. Diese Überlegung ist nicht auf meinem Mist gewachsen, die habe ich gelesen. Seit die Pegida und die AfD und andere Rechtsausleger mit der schwarzrotgoldenen Fahne operieren, ist sie nicht mehr »sauber«. Auch schwarzrotgold ist jetzt eine Fahne der Rechten, der Superpatrioten. Und das merken wohl auch die Leute, die nicht so viel über Politik nachdenken.
Wer 2016 die Deutschlandfahne schwenkt, macht sich wieder verdächtig. Deswegen lassen das viele Leute gleich bleiben, auch wenn sie für die deutsche Fußballnationalmannschaft sind und sich sehnlich wünschen, dass Jogis Jungs den Titel holen. Ich halte das für eine sehr brauchbare Erklärung für den Mangel an deutschen Fahnen – dass mir das rein optisch gefällt, steht sowieso auf einem anderen Blatt ...
02 Juli 2016
Rowohlt lehnte ab
»Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen keine ermunternde Antwort schreiben.« Das schrieb mir eine Lektorin des Rowohlt-Verlages am 11. Juli 1983. Ich hatte mein Manuskript von »Wolf im Schafstall« an den Verlag geschickt, und es wurde abgelehnt. Wobei man sich damals noch Mühe gab, eine solche Ablehnung zu begründen – heute erhalten viele Autorinnen und Autoren von den Verlagen nicht einmal mehr das.
»... erhalten wir so viele Manuskripte von Jugendlichen, die ihre eigene Situation und ihre Erfahrungen reflektieren, daß wir damit mehrere Programme füllen könnten«, schrieb die Lektorin. Nach einigem Blabla fügte sie tröstend an: »Das mag für Sie entmutigend klingen, aber vielen Autoren mit unbekannten Namen geht es ähnlich.«
Ich war ziemlich frustriert, weil es nicht die einzige Ablehnung war, die ich in diesem Sommer 1983 auf mein Manuskript erhielt. Zu der Zeit ging ich morgens zur Schule, arbeitete mittags im Supermarkt und war nachts oft noch für die Zeitung unterwegs, um meine ersten Artikel und Reportagen zu verfassen.
Aber eigentlich wollte ich weder Lokaljournalist werden noch irgendwie studieren – ich wollte Bücher schreiben und Schriftsteller werden. Mit 19 Jahren hat man wohl einfach noch Träume ...
»Ich wünsche Ihnen einen guten Erfolg«, endete das Schreiben aus dem Rowohlt-Verlag, genauer gesagt der »redaktion rotfuchs«, wie damals die Abteilung für Jugendliteratur in diesem Verlagshaus hieß.
»... erhalten wir so viele Manuskripte von Jugendlichen, die ihre eigene Situation und ihre Erfahrungen reflektieren, daß wir damit mehrere Programme füllen könnten«, schrieb die Lektorin. Nach einigem Blabla fügte sie tröstend an: »Das mag für Sie entmutigend klingen, aber vielen Autoren mit unbekannten Namen geht es ähnlich.«
Ich war ziemlich frustriert, weil es nicht die einzige Ablehnung war, die ich in diesem Sommer 1983 auf mein Manuskript erhielt. Zu der Zeit ging ich morgens zur Schule, arbeitete mittags im Supermarkt und war nachts oft noch für die Zeitung unterwegs, um meine ersten Artikel und Reportagen zu verfassen.
Aber eigentlich wollte ich weder Lokaljournalist werden noch irgendwie studieren – ich wollte Bücher schreiben und Schriftsteller werden. Mit 19 Jahren hat man wohl einfach noch Träume ...
»Ich wünsche Ihnen einen guten Erfolg«, endete das Schreiben aus dem Rowohlt-Verlag, genauer gesagt der »redaktion rotfuchs«, wie damals die Abteilung für Jugendliteratur in diesem Verlagshaus hieß.
01 Juli 2016
Interview mit dem Würfelwerfer
Ich gestehe, dass ich von der Internet-Seite »Würfelwerfer« noch nie gehört hatte. Das liegt sicher daran, dass ich wenig Ahnung von Spielen habe und auch eher zu den Menschen gehöre, die spielefaul sind. Wenn im Freundeskreis von »Spieleabenden« gesprochen wird, bin ich derjenige, der sich allerlei Ausreden überlegt, um nicht hinzugehen, oder der dann abends den anderen den Spaß durch seine miese Laune verdirbt.
Aber ich war sehr geschmeichelt, als mich Steffen Rühl fragte, ob ich Lust hätte, ein Interview für den Podcast zu geben. Das Interview führten wir dieser Tage – und seit einiger Zeit ist es online. Man kann es sich auf Soundcloud anhören, es ist fast eine Stunde lang.
Ich zitiere aus der Information zu dem Interview: »Das volle Interview mit dem Chefredakteur von Perry Rhodan, Klaus N. Frick, über Science Fiction, Punk & Dosenbier.« Damit ist der Inhalt des Interviews wirklich sehr gut umschrieben; ich hoffe, nicht zu viel Unfug gelabert zu haben ...
Aber ich war sehr geschmeichelt, als mich Steffen Rühl fragte, ob ich Lust hätte, ein Interview für den Podcast zu geben. Das Interview führten wir dieser Tage – und seit einiger Zeit ist es online. Man kann es sich auf Soundcloud anhören, es ist fast eine Stunde lang.
Ich zitiere aus der Information zu dem Interview: »Das volle Interview mit dem Chefredakteur von Perry Rhodan, Klaus N. Frick, über Science Fiction, Punk & Dosenbier.« Damit ist der Inhalt des Interviews wirklich sehr gut umschrieben; ich hoffe, nicht zu viel Unfug gelabert zu haben ...