Der Mann kam auf mich zu, groß und kräftig und mit einer Glatze, in der sich das Licht der Bürolampe spiegelte. Er humpelte, anscheinend war sein rechtes Bein beeinträchtig.
Lächelnd streckte er die Hand aus. »Willkommen, Herr Frick. Schön, dass Sie da sind.« Es klang nett, auch wenn es wahrscheinlich sein üblicher Spruch war.
Wir schüttelten uns die Hände, dann bat er mich, Platz zu nehmen. Ächzend ließ er sich hinter einem Schreibtisch nieder, ich davor. Ich reichte ihm meinen Personalausweis.
»Sie heißen Frick, und Sie kommen aus Dietersweiler«, sagte er, nachdem er meinen Ausweis angesehen und mir zurückgegeben hatte. »Sind Sie mit dem Emil Frick verwandt?«
Ich nickte. »Er ist mein Vater, und er hat mich auch hierher empfohlen. Er hat seinen Schein bei Ihrem Vater gemacht, hat er mir erzählt, und er kenne Sie.«
»Ja ja, der Emil. Familiäre Beziehungen. Was wären wir ohne sie?« Er lächelte erneut, bevor er wieder ernst wurde. »Wir waren beide bei dem großen Scheiß dabei, und er hatte unterm Strich ein bisschen mehr Glück als ich.«
Was er mit dem großen Scheiß meinte, war mir klar. Wenn die alten Männer über den Zweiten Weltkrieg redeten, was selten genug vorkam, benutzt sie gelegentlich solche Begriffe und vermieden Wörter wie »Krieg« oder »Front«.
»Na ja«, wandte ich ein, »er wurde ja auch zweimal schwerverwundet.«
»Weiß ich, weiß ich.« Er winkte ab. »Ich wollte das nicht abwerten. Er kann aber gehen, den haben sie wieder zusammengeflickt; ich humple halt durchs Leben.« Er klopfte sich gegen sein Bein. »Das hier wurde mir noch Ende April zusammengeschossen. In Nürnberg, weil wir meinten, wir müssten die Stadt gegen die Amis verteidigen. Da war ich noch jünger als Sie jetzt.« Er starrte zur Decke. »Nürnberg«, fügte er nach einer kurzen Pause hinzu.
Ich sagte nichts, auch das hatte ich gelernt. Wenn die alten Männer vom Krieg redeten – und nicht am Stammtisch mit ihren Heldentaten prahlten, was ich gelegentlich mitbekommen hatte –, war es gut, einfach die Klappe zu halten. Sie hörten von selbst auf. Der Krieg war in diesem Sommer 1984 noch keine vierzig Jahre vorüber.
Mein Gegenüber lächelte mich an, als hätte er sein Profi-Gesicht wieder aufgesetzt. »Aber ich kann noch Auto fahren, und deshalb sind Sie ja hier. Herzlich willkommen in meiner Fahrschule.«
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