Die Handlung lässt sich gar nicht so leicht zusammenfassen: In ferner Zukunft tobt ein Krieg zwischen zwei Mächten. Während die eine Macht auf biologische Mittel zu setzen scheint, ist die andere eher technisch orientiert. Treffen ihre Truppen aufeinander, gibt es fürchterliche Schlachten mit zahlreichen Toten. Dieser Krieg wird vor allem in der Zeit ausgetragen: Die Armeen und Einzelkämpfer begegnen sich in diversen Strängen der Wirklichkeit, wo sie sich gegenseitig umbringen oder versuchen, die jeweilige Geschichtsschreibung zu verändern.
Vor diesem Hintergrund spielt der Roman, der sich auf zwei Figuren konzentriert, die sich offenbar als weiblich verstehen. Sie nennen sich Rot und Blau, und sie sind am Anfang erbitterte Gegnerinnen. Es ist klar, dass jede von ihnen vor der Gegenseite einen großen Respekt hat – und sie beginnen einen Briefkontakt. Aus diesen Kontakten erwächst, während sich die beiden auf verschiedenen Seiten des Krieges durch die Zeiten kämpfen, eine große Liebe, die nichts erschüttern kann. Bis zum bitteren Ende nicht ...
»Verlorene der Zeiten« ist ein ungewöhnlicher Science-Fiction-Roman, der mit vielen Konventionen des Genres bricht. Die Handlung ist nicht immer hundertprozentig nachvollziehbar, zumindest für mich nicht. Und dass die Geschichte in Form von Briefen erzählt wird, zwischen die immer wieder kurze Szenen eingestreut sind, macht sie nicht leichter zu verstehen, aber umso faszinierender.
Die Szenen zeigen faszinierend-phantastische Bilder, die Briefe stecken voller positiver Emotionen. Und ohne dass man als Leser weiß, wie Rot oder Blau aussehen, gewinnt man ein großes Interesse an ihnen und will mehr über sie und ihr Schicksal wissen.
Amar El-Mohtar und Max Gladstone schufen damit einen Roman, der zu Recht viele Genre-Preise gewonnen hat. Keine Ahnung, wie er im englischen Original ist, die deutsche Übersetzung gefällt mir aber sehr gut: sowohl manchmal poetische, aber immer stilistisch auf hohem Niveau befindliche Sprache des Romans als auch die ungewöhnlichen Bilder, die von dem Autorenduo gewählt werden.
Denn ungewöhnlich ist die Kommunikation, die Rot und Blau betreiben. Weil ständig Krieg herrscht und dieser sich durch die Zeiten frisst, können sie sich keine normalen Briefe schicken. Sie benutzen Tricks und Hilfsmittel. So wird ein Brief buchstäblich in die Jahresringe eines Baumes geschrieben und kann so erst Jahrhunderte später gelesen werden. Andere Möglichkeiten der Kommunikation sind dann technischer Natur.
Ob das alles so funktionieren würde, spielt keine Rolle. Wenn Lebewesen in der Lage sind, ständig mit der Zeit zu jonglieren, wie es dieser Science-Fiction-Roman darstellt, werden sie wohl auch solche Tricks hinbekommen.
Man braucht für »Verlorene der Zeiten« ein wenig Geduld und muss sich auf die Sprache und die ruhige Handlung einstellen. Action gibt es praktisch keine, Dialoge ebensowenig. Man kann miträtseln und sollte sich ansonsten auf die Geschichte einlassen. Ein ungewöhnlicher Science-Fiction-Roman, eine empfehlenswerte Lektüre!
Das Buch liegt als Hardcover mit Schutzumschlag vor, umfasst 192 Seiten und kostet 18,00 Euro. (Die E-Book-Version gibt es für 14,99 Euro.)
Der Besuch der Internet-Seite des Piper-Verlags lohnt sich übrigens, wenn man mehr über das Buch wissen möchte: Es steht nicht nur eine Leseprobe zur Verfügung, sondern ebenso ein ausführliches und sehr lesenswertes Interview mit der Autorin und dem Autor.
(Diese Rezension erschien bereits vor Monaten – seufz – auf der Internet-Seite der Science-Fiction-Serie, für die ich arbeite. Hier wiederhole ich sie aus dokumentarischen rünen.)
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