23 Oktober 2017

Klar formuliertes Sachbuch über Demokratiefeinde

In den vergangenen Jahren – so sieht es aus es – ist die Demokratie in Mitteleuropa immer stärker unter Beschuss geraten. Die Demokratiefeinde formieren sich in allen möglichen Bereichen; der islamistische Terror und die neofaschistischen Bewegungen scheinen sich geradezu aufzuschaukeln. Da ist es durchaus sinnvoll, sich einmal in Ruhe anzuschauen, mit wem man es da eigentlich zu tun hat.

Der Wissenschaftler und Autor Claus Leggewie hat in einem Essay-Band, der zum Jahresende 2016 bei Suhrkamp erschienen ist, den Versuch unternommen, die »Anti-Europäer« – so der Titel seines Buches – in einem Band zu präsentieren. Der Massenmörder Anders Breivik aus Norwegen, der russische Nationalist Alexander Dugin und der Islamist Abu Musab al-Suri werden in diesem Buch zu den Protagonisten eines erbarmungslosen Kampfes, der gegen die westliche Lebensart gerichtet ist.

Damit scheinen viele Leser nicht so recht klarzukommen. Zumindest gewinne ich den Eindruck, wenn ich mir die »Rezensionen« im Netz anschaue. Manche verstehen offenbar nicht, dass Leggewie den Terror der Islamisten ablehnt, sich aber gegen eine pauschale Ablehnung von Muslimen ausspricht – was ich für selbstverständlich halte. Andere wiederum verstehen nicht, wieso er die drei unterschiedlichen Demokratiefeinde in einen Topf wirft.

Das tut der Autor, er rührt aber nicht um – wenn ich in diesem Bild bleiben darf. Er entwirft Porträts, die sowohl die persönliche Seite dieser Männer zeigt als auch die Hintergründe, vor denen sie agieren. Wieso ist ein Massenmörder wie Breivik trotz seiner Untaten so populär, woher kommt die Faszination für Dugin? Beides ist mir ebenso unverständlich wie die Begeisterung, die junge Leute für den Dschihad äußern können.

Leggewies Sachbuch gibt keine echte Antwort auf solche Fragen, es liefert Hintergründe. Was mir dabei gefallen hat: Es ist unterhaltsam geschrieben, die Fakten werden so vermittelt, dass man sie auch ohne umfangreiches Studium gut verstehen kann. Ein gewisses Grundwissen zur aktuellen Politik wird allerdings vorausgesetzt – aber das sollte man bei solchen Büchern eh mitbringen.

Besonders wichtig: Leggewie arbeitet mit einem umfangreichen Fußnoten-Apparat. So kann jemand, der sich genauer informieren möchte, die Quellen jederzeit nachprüfen. In Zeiten, wo ständig der irrwitzige Vorwurf der »Lügenpresse« erhoben wird, ist das sinnvoll – wobei ein Wissenschaftler wie Leggewie sowieso stets mit Fußnoten arbeiten dürfte ...

Das sehr lesenswerte Buch ist nach einem Jahr immer noch wichtig. Mit 15 Euro für 176 Seiten ist es nicht gerade preiswert, ich empfehle es aber dennoch für diejenigen, die gern ein wenig mehr Hintergrund mögen. (Wer sich einlesen möchte: Die Kollegen von Suhrkamp stellen auf ihrer Internet-Seite eine Leseprobe zur Verfügung.)

1 Kommentar:

  1. Sali, Klaus.
    Man/frau könnte den Titel des Bandes auch noch ein wenig ausweiten & ihn unter "Anti-Humanisten" firmieren lassen.
    Gemeinsam ist allen vier angeführten Nasen - egal welchen ideologischen Krautsalat sie sich zusammengehobelt haben - eine faschistische Weltsicht.

    bonté

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