13 Oktober 2016

Ein Marshallplan für Afrika

Die Kanzlerin war in Afrika, und in ihrem Gepäck hatte sie das Militär und die Abwehr von Flüchtlingen. Im einen Land sprach sie nur vom Militär und von Krieg (Mali), in anderen sprach sie davon, die Grenzen für Flüchtlinge abzuschotten (Äthiopien), im dritten bekam sie einen Vorschlag, den sie offenbar nicht kapierte, auf einem Silbertablett präsentiert (Niger).

Es ging bei dieser Reise offenbar nicht darum, den Menschen zu helfen, sondern Menschen davon abzuhalten, sich auf den Weg in eine möglicherweise bessere Zukunft zu machen. Ich bin kein Politiker und möchte keiner sein – aber wenn ich die entsprechenden Berichte lese, wundere ich mich eben.

Normalerweise wird die Politik von der Wirtschaft beherrscht. Das lässt sich besonders gut in Baden-Württemberg feststellen, wo ehemalige Marxisten heute als Ministerpräsidenten das umsetzen, was die Konzerne im Neckartal für ihre Gewinne brauchen. Sobald es aber um Afrika geht, setzt der wirtschaftliche Sachverstand in diesem Land offenbar aus.

Südlich der Sahara leben Hunderte von Millionen Menschen. Sieht man von dem Elend ab, an dessen Ursachen die europäischen Nationen zumindest mitschuld sind, haben diese Menschen ein großes Interesse an uns und vor allem an unseren Waren. Nichts würden sie lieber tun, als deutsche und europäische Produkte zu kaufen. Sie können sie sich nicht leisten – schon klar –, aber eigentlich wartet südlich der Sahara ein riesiger wirtschaftlicher Markt nur darauf, dass er sinnvoll erschlossen wird.

Warum also gibt es keine große Initiative der europäischen Wirtschaft, einen gemeinsamen Plan aufzulegen, der die afrikanischen Nationen zu gleichwertigen Wirtschaftspartnern macht? Einen Marshallplan 2.0 gewissermaßen, einer für das 21. Jahrhundert. Am Ende gäbe es mehr Wohlstand für alle – und die Fluchtursachen wären vielleicht eher zu bekämpfen.

(Ich meine: Irgendwoher müssen doch die Leute kommen, die in zwanzig Jahren die Aktien europäischer Unternehmen kaufen, um die Kurse weiter hochzutreiben. Das werden die überalterten Bevölkerungen in Mitteleuropa sicher nicht mehr tun.)

Das wäre alles nicht »für umme« zu kriegen. Das würde Geld und Nerven kosten. Aber das wäre ein Projekt, bei dem die Wirtschaft endlich mal zeigen könnte, dass sie an einem sinnvollen Geldverdienen interessiert ist.

Schon klar – das ist alles utopisch, und kein Mensch in Europa ist ernsthaft an einer Problemlösung dieser Art interessiert. Aber erstens habe ich keine Ahnung von Politik, und zweitens darf ich vielleicht auch mal fünf Minuten lang von einer vernünftigeren Zukunft träumen ...

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