Auf einmal ertönte Musik. Ich schreckte aus meinem Buch hoch, in dem ich bisher gelesen hatte, faul auf der Liege gammelnd, im Schatten eines Sonnenschirms. Bis zu dieser Minute hatte ich den Pool des Hotels geliebt, in dem wir für zwei Wochen urlaubten – es war ruhig, die Leute ließen mich die Dinge tun, die ich endlich einmal tun wollte, und ich wurde nicht unnötig von der Seite angequatscht. Doch jetzt ertönte die Musik.
Ich erhob mich aus meiner liegenden Position, stützte mich auf den Ellbogen auf. Tatsächlich hatte jemand auf der anderen Seite des Pools, ganz in der Nähe des Eingangs zum unteren Teil des Hotels, jemand zwei große Boxen aufgestellt, aus denen jetzt alberne Disco-Techno-Musik wummerte.
Es war nicht übertrieben laut, ich würde es gut ausblenden können, aber ich wunderte mich. Zu einem »calm hotel« passte das wohl kaum.
Ein schlanker Mann in kurzer Hose und Polohemd griff nach einem Manuskript. Erst jetzt verstand ich, was die zwei schlanken Damen in knappen Bikinis auf der anderen Seite des Pools zu bedeuten hatten: Es war eine Art von Show. Der Mann erklärte es auf deutsch und auf englisch, und dann kapierte ich es auch – ich erlebte die erste Bikini-Show meines Lebens.
Insgesamt drei junge Frauen, allesamt hochgewachsen und schlank, stöckelten danach um den Pool herum. Sie zogen sich immer wieder um, irgendwo im Hotel wahrscheinlich, und drehten danach erneut eine Runde. Sie drehten sich, präsentierten dem staunenden Publikum – zu gut 60 Prozent waren es Rentnerinnen und Rentner – die Hintern und die Oberteile, sie lächelten strahlend und stöckelten weiter.
Der Moderator erklärte die Mode, die Musik wummerte im Hintergrund, und ich verlor das Interesse. Weder für die Kleidung war ich die richtige Zielgruppe noch für die Damen und die Musik. Da fand ich das Buch einfach spannend.
Aber ich freute mich über die kostenlose Erweiterung meines kulturellen Horizonts. Manchmal muss man bis nach Andalusien reisen, um endlich mal eine Mode-Präsentation mit viel nackter Haut zu sehen ...
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