Als ich am Sonntag kurz vor 16 Uhr in den Zug stieg, war ich ordentlich müde. Nicht lange nach der Abfahrt in Braunschweig schlief ich ein; das ist für mich nichts ungewöhnliches, in Zügen kann ich hervorragend pennen.
Ich wurde wach, weil mir ein Rucksack ins Gesicht gedrückt wurde. Einige Momente der Orientierungslosigkeit folgten, bis ich zweierlei erkannte: Der Zug stand in Kassel im Bahnhof und fuhr nicht weiter. Und der Zug stand voll. Überall waren Menschen, die nach einem Platz suchten.
Nachdem ich meinen Nebensitzer gefragt hatte, gab dieser mir bereitwillig Auskunft. Es habe eine Durchsage gegeben. Irgendwie sei ein Zug liegen geblieben, wegen vereister Geleise, und deshalb seien jetzt so viele Leute bei uns im Zug.
»Vereiste Geleise?« Ich war entsetzt. »Bei dem bisschen Spätherbst oder Frühwinter? Wie soll das noch werden.«
Genervt sah ich zu, wie die Menschen sich durch den Zug drängten. Wer keinen Platz reserviert hatte, musste stehen oder setzte sich auf den Boden. Es sah so aus, als könnte ich mir das Pinkeln in den nächsten zwei Stunden völlig abschminken; ein echtes Luxusproblem zwar, aber immerhin.
Dann kam die Durchsage der Zugführerin. Sie informierte darüber, dass der Zug sehr voll sei. Man solle auch Plätze, auf denen man seine Tasche gelegt habe, räumen, um allen Menschen einen Platz anzubieten. Ihr Ton wurde schneidig: »Wenn der Zug überfüllt ist, muss ich ihn räumen lassen.«
Im Abteil lachten mehrere Leute schallend auf. »Das soll sie doch mal versuchen«, sagte mein Nebensitzer. Und ich stellte mir vor, wie eine Hundertschaft Polizisten einen Zug vor renitenten Leuten räumten, die gern weiterreisen wollten und über hundert Euro für einen Stehplatz bezahlt hatten ...
Hyvää iltaa, Klaus.
AntwortenLöschenEs bleibt das Problem der Sesselfurzer-Etagen, daß die selbstdeklarierten "Sonnenkönige des Globalismus", vom Handwerk an sich keinen blaßen Dunst mehr haben. Was "gut" auf Papieren aussieht wird abgesegnet und "die da unten" sollen das erledigen. Egal ob etwas Sinn macht - wichtig, daß die Quartalszahlen* stimmen! Solange Zahlenschubser das Sagen in der Bahn haben, wird die Presseabteilung nach wie vor aljährlich Mitteilungen raushauen, wie "der Bahnbetrieb wurde von winterlichem Schneefall überrascht".
bonté
* die religiöse Inbrunst, die in der Zahlengläubigkeit steckt, erinnert irgendwie an die "Schicksalsergebenheit" der ehemaligen Fünfjahrespläne