03 Oktober 2015

25 Jahre schon?

Am 3. Oktober 2015 feiert man in Deutschland die erfolgreiche »Wiedervereinigung«, die am 3. Oktober 1990 vollzogen wurde. Mir ist nicht nach Feiern zumute, aber das hat weniger etwas mit dem Ereignis zu tun als der Tatsache, dass ich mich so völlig »unbetroffen« fühle.

Tatsächlich fand ich die Ereignisse damals unglaublich spannend: die Demonstrationen der mutigen DDR-Bürger im Sommer 1989, die Fluchtwelle über Ungarn und Tschechien, die erstaunlich friedliche Revolution, der Fall der Mauer, die positive Aufbruchstimmung im ehemals »sozialistischen« Ostdeutschland.

Wie dann allerdings die Industrie und die Wirtschaft eines 17-Millionen-Volkes zerschlagen wurden, das war nicht schön. Auf Kosten des Steuerzahlers sanierten sich westdeutsche Konzerne, plünderten Versicherungsagenten und Immobilienmakler die ostdeutschen Bürger geradezu aus. Unfassbar ist für mich bis heute, dass für diese zahlreichen Wirtschaftsverbrechen – die zahlreiche Opfer forderten – bis heute eigentlich niemand gerade stehen musste.

Das Entscheidende für mich aber ist, und das überrascht nach 25 Jahren echt: Mein eigenes Leben als das eines Menschen aus Südwestdeutschland hat sich kaum geändert. Okay, Berlin ist jetzt Hauptstadt – aber das ändert nichts. Okay, die Nazis marschieren wieder – aber das hat nichts mit der Ex-DDR zu tun.

Mein Leben ist praktisch so, als hätte es nie eine »Wiedervereinigung« gegeben. Allein aus dem Grund, weil sich für den Großteil der Wessis nichts änderte, ist der Begriff falsch.

Der Westen hat den Osten für viel Geld gekauft, bezahlt haben die Bürger, kassiert hat die Oberschicht. Ich bin mir nicht sicher, ob man das jetzt unbedingt feiern muss ...

4 Kommentare:

  1. Christina6:52 PM

    Ich stimme mit Dir völlig überein. Genauso sehe ich das auch, man hätte damals etwas Großes daraus machen können, wenn die wirtschaftlichen Interessen nicht im Vordergrund gestanden hätten.

    Aber im Gegensatz zu Dir hat sich mein Leben von heute auf morgen grundlegend verändert.
    http://www.christina-hacker.de/2015/10/das-ende-des-sozialismus-aus-der-sicht-seiner-letzten-generation/

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  2. Tja, es ist halt ein großer Unterschied, ob man aus Ostdeutschland oder aus Westdeutschland stammt. Und ja, was die Firmen gemacht haben, war ein Verbrechen, das wohl nie angeklagt werden wird. Hätte man das verhindert, hätten die Leute, die im Ostteil gelebt haben, wohl heute dort ihre Arbeitsstelle und hätten ihre Heimat nicht verlassen müssen.

    Aber Geld - regiert nunmal die Welt!

    Widerlich!

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  3. Wir zahlen noch immer einen Soli. Das hat sich geändert damals.

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  4. Bore da, Klaus.
    Pathetische Feierlaune ist mir persönlich eh fremd und wenn ich die rhetorische Selbstbesalbung zum Einheitstag zu Gehör kriege, wird mir eh anders. Konkreter sind mir die Menschen - aber die spielen im Machtgebälk lediglich eine Rolle, wenn sie sich nutzen laßen. Wenn es nur die Politur des eigenen Heiligenscheins ist.
    Der aktuelle Grüß-August ist da ausgesprochen penetrant zu Gange. :-)

    bonté

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