Der Dienstag abend war kühl und frisch, zugleich sonnig. Eigentlich ein ideales Wetter, um einen gemütlichen Abend zu verbringen. Da aber in Karlsruhe die Pegida zu ihrem »Spaziergang« aufgerufen hatte, fühlte ich mich dazu gedrängt, zur Gegendemonstration zu gehen.
Leider war ich nicht so pünktlich unterwegs, wie ich das eigentlich geplant hatte. Als ich auf dem Stephansplatz eintraf, hatten die Pegidioten bereits mit ihrer Kundgebung begonnen. Wie immer war nicht viel zu sehen, weil die Polizei alles weiträumig abgeriegelt hatte.
Die »bürgerliche« Gegendemonstration bestand zu diesem Zeitpunkt aus vielleicht 300 Leuten. Aus den Boxen drang nette Musik, einige Leute tanzten sogar; ansonsten wurde mit Trillerpfeifen und Trommeln ordentlich Radau gemacht. Die Stimmung war recht gelassen, auch deshalb, weil die Polizei offenbar nicht auf Krawall gebürstet war.
Die einzige Auseinandersetzung an diesem Tag fand wohl an einer Straßenbahnhaltestelle statt. Die Polizei setzte Pfefferspray ein und verletzte vor allem Unbeteiligte. Denn Sinn dieses Vorgehens mögen bitte andere Leute diskutieren ...
Mit meinem Rad fuhr ich ein wenig durch die Gegend. Von der »anderen Seite« her kam ich ein wenig näher an die Pegidioten heran. Das einzige, was ich vom Lautsprecher aus hörte, waren zwei Worte: Der Redner brüllte etwas von »abschieben« und »Deutschland«; diese beiden Worte kamen praktisch ununterbrochen an mein Ohr, alles andere ging im Lärm der Trillerpfeifen unter.
Ich begab mich in die Sophienstraße, an die Ecke zur Waldstraße. Dort sollte der Versuch unternommen werden, den angeblichien »Spaziergang« zu blockieren. Es waren vielleicht 150 Demonstranten, die von gut hundert Polizisten buchstäblich eingekreist waren. Die Stimmung war trotzdem locker; Musik lief, einige tanzten wieder. Und es kamen ständig neue Leute hinzu.
Als später der Aufmarsch der Pegidioten die Waldstraße hochzog, waren wir wohl um die 300 Leute. Parolen wurden gebrüllt, es wurde getrillert und getrommelt. Anwohner hängten ein riesiges »Gegen Nazis«-Transparent aus ihren Fenstern, unter dem die Pegida hindurchspazieren durfte.
Interessiert schaute ich dem Haufen der Pegidioten nach; nach meiner Schätzung waren es nicht mehr als 80 Leute, die von starken Polizeikräften eskortiert wurden. Als sie vorbei waren, begab ich mich mit den anderen Demonstranten zurück zum Stephansplatz.
Dort herrschte geruhsame Stimmung, bis die Pegida-Leute wieder auftauchten, um ihre Abschlusskundgebung abzuhalten. Unter gellenden Pfiffen und Sprechchören hielten die Redner ihren Vortrag; ich verstand kein Wort. Später begab ich mich mit anderen Leuten an eine andere Stelle des Platzes, direkt vor das Lokal am Eingang zur Postgalerie.
Dutzende von Leuten kletterten auf die Tische und Stühle. Verzweifelt versuchte eine junge Restaurantangestellte, die Demonstranten davon abzuhalten; es war vergeblich. Wer auf einem Tisch stand, konnte zumindest besser zur Pegida hinüberbrüllen.
Und da war es richtig witzig. Die Sprechchöre waren abwechslungsreich, die Demonstranten waren bester Laune, es wurde auch gelacht. Die Polizei setzte zwischendurch mal die Helme auf, was sie sofort martialisch machte, dann wieder ab – unterm Strich blieb aber alles sehr friedlich.
Nach 21 Uhr war der Spuk endlich vorüber. Die Pegida-Leute wurden zum Bahnhof gekarrt, die Antifa zog in einer Spontan-Demonstration quer durch die Stadt in Richtung Südstadt. Und ich machte, dass ich heimkam: Ich wollte das Pokal-Halbfinalspiel zwischen Dortmund und München zumindest noch teilweise angucken – das wurde dann ein spannender Abschluss eines friedlichen Abends.
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