31 März 2015

Kritik an der Medienkritik

Ich weiß, ich bin kein Journalist mehr. Seit über zwanzig Jahren arbeite ich »nur noch« als Redakteur, der mit Autoren, Lektoren, Zeichnern und Vertriebsleuten zu tun hat. Auf der Straße bin ich nur selten unterwegs, um irgendwelche Berichte zu schreiben. Trotzdem erinnere ich mich gern an meine Zeiten bei der »Südwest-Presse« und auch beim »Anzeiger« zurück. Und wenn ich bemerkte, wie sehr die Medien derzeit in der Kritik stehen, trifft mich das.

Nach dem Absturz der Gemanwings-Maschine in Südfrankreich gab es eine teilweise effekthascherische, häufig miese und oftmals völlig überzogene Berichterstattung. Über diese oftmals sehr schlechte Arbeit der Medien wurde in den »sozialen Netzwerken« und in Blogs eifrig diskutiert.

Das ließen die Medienschaffenden nicht auf sich sitzen. Der Kritik an den Medien begegnen sie mittlerweile mit Kritik an der Medienkritik. Dabei wird auf überzogene Facebook-Einträge oder verletzende Blog-Artikel verwiesen.

Längst geht es also nicht mehr darum, was bei diesem Unglück passiert ist. Man wird selbstverständlich weiter versuchen, auf widerlichste Art und Weise das Leid der Opfer auszuschlachten. Das alles diene der Wahrheitsfindung, das alles sei Journalismus, bei dem es darum gehe, die guten Geschichten aus der Tragödie entstehen zu lassen.

Und gleichzeitig sichert mancher Medienmensch seinen Einfluss, indem er auf die einprügelt, die seine Arbeit kritisieren – daraus kann er dann wieder einen Beitrag machen und veröffentlichen. Manch bescheuerter Facebook-Eintrag wirkt allerdings nicht so schlimm wie manch ach so seriöser Beitrag eines seriösen Journalisten.

Vielleicht sollten sich »die Medien« mal ernsthaft darüber Gedanken machen, warum man sie nicht mehr so richtig ernstnimmt ...

1 Kommentar:

  1. Servus, Klaus.
    Einiges was so durch das mediale Unterholz walzt würde ich jetzt auch weniger unter "Journalismus" subsumieren wollen.

    Der markante Unterschied zu früher ist wohl die Beschleunigung des Reigens. Reporter "berichten" wo es nix gibt. Experten & Politiker haben noch weniger Zeit zu denken. Und die Meinungs-Diarrhoe im Net ist beim Hyperdrive angekommen.

    Gut, in den Club-Zines des Fandoms ist auch viel Undurchdachtes schon erzählt worden...

    "Kritik ist angebracht wo weise formuliert und notwendig wo immer angebracht."
    (Saoirse O'Boinor)

    bonté

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