Das Wetter spielte mit, als ich am Sonntagmittag zum Wahllokal spazierte. Die Sonne schien, es war richtig warm. Dass ich eine lange Hose anhatte, bereute ich – aber so sah ich wenigstens halbwegs seriös aus. Immerhin ging es darum, meine bürgerlichen Pflichten zu erfüllen und – viel wichtiger! – ein Recht wahrzunehmen: Ich ging wählen.
Sowohl die Europawahl als auch die Kommunalwahl standen an. Ich hatte meine Entscheidungen zähneknirschend getroffen und mich für das jeweils kleinste Übel entschieden, das ich wahrnehmen konnte.
Von der Tür des Mehrfamilienhauses, in dem ich wohne, bis zum Wahllokal, einer Schule, waren es einige hundert Meter, mehr nicht. Ich kannte die Schule nicht; weil es zu einigen Änderungen gekommen war, hatte ich ein anderes Wahllokal anzusteuern. Aber so konnte ich eine Schule bewundern, deren Bau- und Renovierungsarbeiten ich über einen längeren Zeitraum mitbekommen hatte.
Interessant fand ich – wie an jedem Wahltag der vergangenen Jahre –, welchen Leuten ich begegnete: auf dem Weg zur Schule, im Wahllokal und auf dem Heimweg. Es waren viele Leute unterwegs, die sich grob in zwei Gruppen teilen ließen: Da ich in einem sehr bürgerlichen Viertel wohne, sah ich mehrere viele Leute, die sehr bürgerlich aussahen, Männer im Anzug etwa. Gleichzeitig gab es auch Menschen, die ein wenig »alternativ« wirkten.
Und das ist einer der Gründe, warum ich ins Wahllokal gehe und die Briefwahl nur nutze, wenn es wirklich sein muss: Ich möchte die Leute im Wahllokal sehen, ich mache mir gern einen Kopf über sie und ihre Entscheidung. Zudem glaube ich daran, dass es wichtig ist, seine Entscheidung erst kurz vor dem Wahltag zu treffen. Kurz davor kann schließlich einiges passieren, was einen umstimmen könnte.
Das Entscheidende für diesen Gang zum Wahllokal ist aber eins: der Anblick anderer Leute und das Sinnieren über ihre Gedanken …
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