Es ist eine Weile her, seit ich die erste Diskussion um die sogenannte Grauzone mitbekommen habe. Wer den Begriff nicht kennt, dem sei er hier sehr grob zusammengefasst: Wer zwar nicht rechtsradikal ist, aber kein Problem damit hat, mit beinharten Nazis befreundet zu sein, wird zur »Grauzone« gezählt und idealerweise wie ein Nazi behandelt. Das betraf in den 90er-Jahren vor allem Bands, die sich des Vorwurfs erwehren mussten, zur rechtsradikalen Szene gezählt zu werden.
Ich will an dieser Stelle keine alten Diskussionen aufwärmen. Es geht um das Hier und das Heute: Wir haben längst eine Situation, wo es nicht mehr darum geht, dass irgendwelche Leute ihre kleine kuschelige Punkrock-Szene sauber halten wollen. Wir haben ein ganzes Land, das nicht mehr – wie in den 80er- und 90er-Jahren – in weiten Teilen sehr konservativ ist und immer gern mit faschistischem Gedankengut liebäugelte, sondern das jetzt in immer stärkerem Umfang dazu neigt, eine offen rechtsradikale Partei gutzufinden und wählbar zu machen.
Da ist es gut, wenn Leute auf die Straße gehen und Flagge gegen Nazis zeigen. Aber das reicht nicht aus. Es muss ein gesellschaftlicher Druck entstehen. Klar – da müssen die Politik und die Medien mitmachen. Solange die Medien – ich weiß, »die Medien« ist zu pauschal – aber die AfD und andere Braundenker ständig hofieren, wird sich daran nicht viel ändern.
Also muss der brave Bürger sich entsprechend verhalten, Leute wie ich also. Das heißt jetzt nicht, dass man Konservative mit Nazis in einen Topf wirft. Das heißt nicht, dass man Leute hasst, die vielleicht »rechts« stehen, aber noch keine Faschisten sind. Aber das heißt, dass man klare Linien zieht.
Man setzt sich nicht zu Nazis an den Tisch (wenn man weiß, dass es Nazis sind). Man teilt nicht ihre Aussagen in den Sozialen Medien. Man redet nicht mit ihnen. Man diskutiert nicht mit ihnen. Man grenzt sie aus, wo es geht und wo man kann. Das geht nicht immer, schon klar – aber wenn ich weiß, dass ein örtlicher Gastwirt oder der Betreiber einer Ladenkette sich aktiv bei der AfD betätigt, dann gehe ich da nicht mehr hin. Es gibt schließlich andere Firmen, wo ich mein Geld ausgeben kann.
Und so weiter. Ich fasse auch an meine eigene Nase. Klar pflege ich keinen Umgang mit Rechtsradikalen. Und klar: Ich fange jetzt nicht an, Gesinnungsschnüffelei zu betreiben. Wenn aber jemand in diesen Tagen allen Ernstes das Wort »Remigration« abfeiert, weiß ich einfach, wohin ich diesen Menschen zu stecken habe. Und so weiter …
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