In den vergangenen Jahren hat sich Anthony Horowitz für mich zu einem Autor entwickelt, von dem ich praktisch alle neuen Romane kaufe und lese. Er hat einen ausgesprochen angenehmen Stil: Auf Experimente wird verzichtet, es herrscht eine klare Erzählweise vor, die mit sauber getakteten Dialogen und klaren Beschreibungen, mit toll gezeichneten Charakteren und sehr wenig Action zu überzeugen weiß.
Das zeigt sich auch bei dem Roman, den ich zuletzt las: »Der Tote aus Zimmer 12«, der bereits im Frühjahr 2022 als Hardcover bei Suhrkamp erschienen ist.
Wer mag, kann das Werk als Literatur-Krimi bezeichnen. Die Hauptfigur ist nämlich eine Lektorin, und zur Aufklärung des Mordes bedarf es der Lektüre eines Krimis, der den Mittelteil von »Der Tote aus Zimmer 12« bildet. Man bekommt also quasi gleich zwei Krimis, und wer mag, kann bei beiden Fällen miträtseln und mitermitteln. (Ich bekam die Fälle übrigens nicht gelöst, obwohl die Hinweise eigentlich vorlagen.)
Die Lektorin arbeitet nicht mehr in ihrem bisherigen Beruf, sondern hat mit ihrem Lebenspartner ein kleines Hotel in Griechenland übernommen. Das bringt durchaus Probleme mit sich, und eigentlich sind die beiden pleite. Da kommt ihr der Auftrag eines reichen Ehepaars gerade recht: Die beiden informieren die Lektorin darüber, dass ihre Tochter verschwunden sei. Offensichtlich die Hinweise auf das Verbrechen in einem Roman zu finden seien, den die Lektorin vor einigen Jahren veröffentlicht hat.
Es ist der zweite Band, den Horowitz über diese Lektorin geschrieben hat, und es ist hilfreich, den ersten Roman zu kennen. Man versteht »Der Tote aus Zimmer 12« allerdings auch ohne diese Vorkenntnisse; die Geschichte trägt sich selbst.
Horowitz versteht es, Sympathien für seine Heldin zu erzeugen, die eigentlich keine Ermittlerin sein soll, sicher aber unvermittelt als Detektivin wiederfindet. Sie muss diversen Spuren folgen, sie bekommt Einblicke in fremde Familien, und sie muss nebenbei versuchen, ihr Verhältnis zu ihrer Schwester zu kitten und ihre bröckelnde Beziehung zu retten. Genug zu tun also …
Das Ganze ist spannend erzählt, läuft mit den üblichen Wendungen ab, liefert hervorragende Dialoge und kurz gehaltene Beschreibungen. Horowitz kann‘s einfach – wer hier stilistische oder inhaltliche Experimente erwartet, ist allerdings falsch beraten. Wer einen guten Krimi der klassischen Art mag, dürfte diesen Roman lieben.
Weitere Informationen zu dem unterhaltsamen Krimi »Der Tote aus Zimmer 12« gibt es auf der Internet-Seite des Suhrkamp-Verlages.
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