Wie gut oder schlecht beeinflussen Geschichten unsere Welt? Wie sehr lassen wir uns als Menschen in unserem Handeln von Geschichten lenken? Wie stark nehmen wir die Heldenfiguren in populären Romanen und Filmen wahr, was machen ihre Taten mit uns und unseren eigenen Lebenszielen? Und was hat das alles mit Rechtspopulismus, Klimawandel oder einer humanistischen Demokratie zu tun?
Diesen spannenden Fragen und den Zusammenhängen, die sich zwischen ihnen ergeben, geht ein lesenswertes Sachbuch auf die Spur. Es trägt den hübschen Titel »Erzählende Affen« und wurde von Samira El Quassil und Friedemann Karig verfasst. Es ist nicht nur für Menschen interessant, die sich für Literatur begeistern – für die aber ganz besonders –, sondern auch vor allem für jene, die Politik und Gesellschaft spannend finden. Ich habe die Hardcover-Ausgabe gelesen; im Dezember kommt die Taschenbuch-Ausgabe heraus.
Die beiden Sachbuchautoren zeigen in ihrem Werk auf, wie die sogenannte Heldenreise funktioniert, wie also viele klassischen Romane und Erzählungen aufgebaut sind und wie sie verlaufen. Menschen sind von Erzählmustern geprägt, und diese erwarten wir nicht nur in fiktionalen Erzählungen, sondern auch bei Themen, die politisch oder gesellschaftlich sind. Letztlich werden hier ebenfalls Erzählungen geliefert: die Geschichte vom wachsenden Wohlstand, die Geschichte vom kommenden Klimawandel, die Geschichte von der geeinten Nation – ohne das politisch werten zu wollen.
Entscheidend ist, dass wir Menschen von Geschichten geradezu abhängig sind. Wir lieben es, altertümlichen Märchen zu lauschen und moderne Fernsehserien anzuschauen, und wir mögen es, wenn politische Auseinandersetzungen so ablaufen, dass sie sich wie ein Krimi oder ein Kampf »Gut gegen Böse« anfühlen. Deshalb werden Diskussionen um politische Inhalte, die eigentlich selbstverständlich sein müssten, oft als »Streit« dargestellt oder als »heftige Auseinandersetzung« inszeniert.
Das Buch zeigt, wie Belohnungssysteme im Hirn funktionieren. Es gibt also neben allerlei Einblicke in die Art und Weise, wie Geschichten auf Menschen wirken, also auch ein wenig Hirnforschung zur Lektüre. Das ist unterhaltsam geschrieben und stets informativ, dabei klar mit einer politischen Haltung, aber ohne einen mahnend erhobenen Zeigefinger. Die beiden Autoren kennen sich mit ihrem Thema aus, das sie in zahlreichen Podcasts schon »bespielt« haben, und sind vor allem in der Lage, komplexe Sachverhalte unterhaltsam darzustellen.
Am Ende bietet das Buch sogar einen positiven Ausblick. Gesucht wird schließlich eine »Erzählung«, die unterm Strich zu einer Welt führen soll, die lebenswerter ist als die jetzige und bei der es einen Ausweg aus der schier unaufhörlichen Krisenstimmung gibt. Das fand ich besonders ansprechend.
»Erzählende Affen« ist ein lesenswertes Sachbuch, nicht nur aus der Sicht von Menschen, die Romane und Filme mögen und wissen wollen, wie sie im Kopf »funktionieren«. Wer sich für gesellschaftliche Themen interessiert, findet auf jeden Fall eine Menge an lesenswerten Gedanken!
(Diese Rezension erschien bereits im Dezember auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie und wird hier nur zur Dokumentation wiederholt.)
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