22 Juli 2022

Steine unter der Brücke

Der Aufgang war steil, ich erklomm Stufe um Stufe. Über mir erstreckte sich eine breite Brücke, von der es unaufhörlich herunterdröhnte; schwere Lastwagen und zahlreiche Autos rollten über mich hinweg. Warum die Treppe ausgerechnet unter dieser Brücke, die zudem einen Teil des Sonnenlichts zu schlucken schien, hindurchführte, war mir unklar.

Rechts erhoben sich große Brocken aus Beton, sie sahen aus wie riesige Würfel, von deren Ecken man Stücke abgebrochen hatte. Ich fand die Steine erdrückend, und ich bekam das Gefühl nicht los, sie würden sich bald lösen und nach unten poltern. Aber weil ich an ihnen vorbeimusste, ging ich schneller.

Da stellte ich fest, dass junge Männer auf diesen Steinen standen und saßen. Sie trugen weiße Jacken und helle Hosen, dunkle Hemden und helle Krawatten; wie so eine Gruppe junger Männer, die in den fünfziger Jahren in weißen Anzügen ihre Lieder sangen. Auch diese jungen Männer sangen, aber es war sehr leise, kam kaum gegen den Lärm der Straße an.

Ich blieb stehen, wartete eine Weile, bis sich mein Atem beruhigt hatte. Dann hörte ich mir den Gesang an, der mir immer intensiver vorkam, je länger ich unter der Brücke stand. Als die jungen Männer fertig waren, applaudierte ich ihnen, bevor ich weiterging.

Während ich die Treppe weiter hinaufging, hörte ich, wie sie ein neues Lied anstimmten. Die Melodie kam mir entfernt bekannt vor, ich erkannte es aber nicht.

Ich erreichte das obere Ende der Treppe und stand neben der Straße. Rechts von mir brausten die Autos vorbei, links von mir war ein Hügel, der sanft abfiel. Von meiner Position aus sah ich auf das Häusermeer von Stuttgart hinunter. Dort lag irgendwo mein Ziel. Ich musste nur den richtigen Weg finden.

Als ich loslaufen wollte, klingelte der Wecker …

1 Kommentar:

  1. Hallo Klaus,

    deine Traumgeschichten sind immer wieder sehr unterhaltsam. Ich bin fasziniert, wie detailreich Du sie wiedergeben kannst! Vielen Dank hierfür!
    Beste Grüße

    Stefan

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