Mit meinem Rad flitzte ich durch die Bismarckstraße in Karlsruhe. Es war dunkel, feiner Regen fiel, ich passte also auf, dass mir nichts passierte. Vor allem achtete ich auf Autofahrer, die rückwärts ausparkten; da konnte mein Frontlicht noch so hell sein, sie konnten mich leicht übersehen.
Deshalb bremste ich ab, als gut fünfzig Meter vor mir und auf der anderen Straßenseite ein Fahrer aus einer Parklücke rollte. Langsam fuhr ich auf die Stelle zu, immer dazu bereit, eine Vollbremsung einzulegen. Da erkannte ich: Der Fahrer oder die Fahrerin wollte nicht ausparken, sondern nur die Position korrigieren.
Als das Auto wieder nach vorne fahren sollte, wurde offensichtlich der falsche Gang eingelegt, oder es wurde die Kupplung nicht vernünftig betätigt. Ein fürchterliches Krachen ertönte.
»Ich bin ein Getriebemörder!« schrie ich, als sei ich in den 80er-Jahren gelandet, und lachte sofort danach über mich selbst.
Ein Fußgänger, der auf dem Gehweg gerade auf der gleichen Höhe wie ich unterwegs war, wenngleich zu Fuß, reagierte auf seine Weise. »Na, wir waren wohl zur gleichen Zeit im gleichen Verein!«, rief er.
Ich hielt an. »Bruchsal, Eichelberg«, sagte ich trocken.
Er lachte. »Ich auch. 1983 und 1984.«
Wie es sich herausstellte, waren wir im Abstand von einem Jahr in der gleichen Kaserne gewesen, beide als wehrpflichtige junge Männer. Unser Gespräch bestand aus schnellen »Wissen Sie noch?«; ins Duzen verfielen wir nicht. Tatsächlich hatte er ein gutes Gedächtnis, er wusste von manchen Offizieren und Feldwebeln noch die Namen, die ich längst vergessen hatte.
Er hatte seinen Führerschein bei der Bundeswehr gemacht, ich hatte in Ulm die Fahrschule besuchen müssen. Und wir beide hatten die Sprüche zu Genüge gehört. Immerhin war mir das mit dem Getriebe nie selbst passiert.
Wer seinen Wagen so abwürgte, wie es der einparkende Mensch vor meiner Nase getan hatte, musste aus dem Auto springen, sich neben das Fahrzeug stellen und lauthals »Ich bin ein Getriebemörder« schreien. Wer ein Verkehrsschild übersah, musste zurücksetzen und bekam die Aufgabe, das Schild zu putzen – weil dieses ja offensichtlich nur schlecht zu sehen war.
Der mir unbekannte Mann und ich warfen uns in den zwei, drei Minuten des Gespräches in rasendem Tempo allerlei Bundeswehr-Erinnerungen an den Kopf, das meiste nur reines Hörensagen. Wir lachten mehrfach auf, wenn wir uns an Geschehnisse und Geschichten aus den 80er-Jahren erinnerten.
Mittlerweile war der Fahrer auf der anderen Straßenseite mit seinem Parkvorgang fertig. Er stieg aus, schloss sein Fahrzeug ab und bog schnellen Schrittes in einen Hof ab.
Ich verabschiedete mich von meinem Gesprächspartner und fuhr weiter. Während ich in die Pedale trat, wunderte ich mich über mich selbst. Was ich alles noch gewusst hatte, wie präsent mir auf einmal eine Episode in meinem Leben war, die Jahrzehnte zurück lag!
»Bescheuerte Bundewehr«, murmelte ich, als ich schwungvoll in den Zirkel einbog. »Jetzt sind die ganzen Geschichten wieder da.«
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