Die Zeitschrift »Am Erker« lese ich seit vielen Jahren. Nicht immer gefallen mir die Ausgaben; oft sind mir zu viele Texte enthalten, die ich als belanglos und langweilig empfinde, vor allem dann, wenn Autorinnen und Autoren vor lauter Experimentierfreude vergessen, eine Geschichte zu erzählen.
Die Ausgabe 80, die Anfang 2021 erschien, bildet eine wohltuende Ausnahme. Auf den 140 Seiten des schönen Paperback-Bandes fand ich eine Reihe von Texten, die mir gut gefiel. Vielleicht lag’s am Thema, das diesmal »Gefangen« hieß und zu einigen starken Kurzgeschichten führte.
Schön fand ich »In der Fremde« von Norbert Stöbe. Der Verfasser ist mir als Autor und Übersetzer aus der Science-Fiction-Szene bekannt; seine knappe Kurzgeschichte erzählt von einem Touristen, der das Hotel verlässt und sich in einer fremdartigen Szenerie wiederfindet.
»Komm schon, beiß zu« von Anke Laufer trägt ebenfalls einen phantastischen Zug, ist ein wenig experimentiell und lässt bis zum Ende offen, aus wessen Sicht eigentlich wirklich erzählt wird. Bei diesem Text passen die Sprachbilder und der Inhalt sehr gut zusammen.
In lakonische Sätze wird in Manuela Rassaus‘ Geschichte »Nina« ein ganzes Leben gepackt. Der manchmal kalte Stil ist dem Inhalt absolut angepasst, das ist keine fröhliche Lektüre, und die Story wirkt im Lesenden sicher eine Weile nach.
Das sind nur drei der vielen Texte in diesem Buch. Dazu kommen einige Grafiken, einige Gedichte und viele Rezensionen – die mich teilweise zu einem Kauf bewegen könnten –, alles in allem ein gelungenes Sammelsurium. Die Ausgabe lohnt sich auf jeden Fall, und sie ist ein Beispiel dafür, warum ich »Am Erker« nach all den Jahren immer noch so gern lese.
Weitere Informationen zur Ausgabe 80 der Zeitschrift »Am Erker« sind auf der Internet-Seite der Zeitschrift zu finden.
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