Weil Walter Ernsting im Jahr 2020 seinen hundertsten Geburtstag hätte feiern können, interessierte ich mich für einige seiner klassischen Romane. Aus diesem Grund griff ich nach »Die dritte Chance«. Dieser Roman war 1964 als Band 90 der Reihe TERRA-Sonderband erschienen; in die Clark-Darlton-Werkausgabe in den 80er-Jahren war er nicht aufgenommen worden. Also kannte ich das Buch noch gar nicht.
Dabei ist die Geschichte absolut unterhaltsam und hat mich bei der Lektüre nicht gelangweilt. Die Science-Fiction-Idee, die dem Roman zugrunde liegt, ist allerdings ein wenig dünn: Ein Mann von der Erde wird von Außerirdischen entführt. Sie zeigen ihm den Untergang der Menschheit, die sich mit einem Atomkrieg vernichtet – und sagen ihm, dass er die letzte Chance der Menschheit sei. Mit einer Zeitmaschine wird er ein Jahr in die Vergangenheit versetzt und erhält dann die Chance, die Menschheit zu retten …
Als der Roman 1964 veröffentlicht wurde, stand die Gefahr des Atomkrieges drohend am Horizont. Die damaligen Leser dürften den Roman deshalb als spannend empfunden haben. Wie Fabian, so der Name des Helden, mit allerlei Mitteln versucht, den Untergang der Menschheit aufzuhalten, das ist auch spannend erzählt. Er will den Frieden für die Welt, er will die Rettung der Menschheit – also setzt er sich für die friedliche Nutzung der Atomkraft für Raumschiffe ein und versucht alles, scheitert aber immer wieder an der Borniertheit von Geheimdienstlern oder Wissenschaftlern.
Den Roman erzählt der Autor stur aus der Sicht seines Helden, man bleibt als Leser immer bei Fabian und ist dicht an ihm dran. Das ist unterhaltsam und reißt auch richtig mit, weil man alle Irrungen und Wirrungen miterlebt. Es ist letztlich ein Spannungsroman mit dünnem Science-Fiction-Anstrich: Fabian wird entführt, er trifft russische Spione und amerikanische Agenten, es gibt Verfolgungsjagden und Befreiungsversuche. Wer das als trivial betrachtet, hat sicher recht – aber es macht durchaus Spaß, ist sauber geschrieben und in sich stimmig.
(Übrigens: Frauen gibt es in diesem Roman so gut wie gar nicht. Selten werden »Mädchen« erwähnt, aber ansonsten hat der Held offenbar kein Interesse an ihnen. Heute fällt einem das auf, damals störte es die Leser wohl kaum.)
Seien wir ehrlich: »Die dritte Chance« ist keiner der wichtigen Clark-Darlton-Romane, vermochte mich bei der Lektüre aber immer noch zu fesseln. Das ist bei einem derart alten Werk doch ein positiver Befund!
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