Zu den großen Klassikern der europäischen Comic-Geschichte zählen »Spirou & Fantasio«. Die beiden alterslosen Jungmänner erleben seit vielen Jahrzehnten ihre Abenteuer. Vor allem früher blieben irgendwelche Liebesgeschichten allerdings stets ausgespart. Bis heute: In dem Band »Fantasio heiratet«, den ich erst dieser Tage las, steuert der Journalist Fantasio den sogenannten Hafen der Ehe an.
Erschienen ist das Album in der Reihe »Spirou & Fantasio spezial«, in der immer wieder ungewöhnliche Comics veröffentlicht werden. Sie passen häufig weder optisch noch inhaltlich zum Mainstream der Serie, bieten aber oft sehr schöne Einblicke. Diesmal ist der Autor und Zeichner Benoit Feroumont für die Geschichte und die Bilder verantwortlich – und er macht es wirklich gut.
Klar, der Mann hat seinen eigenen Stil, der nicht zu den Klassikern von Franquin passen mag. Es gibt im Netz entsprechend viele Aussagen, die sowohl die Zeichnungen als auch den Inhalt kritisieren. Es sind die üblichen Äußerungen von Leuten, die keinerlei Änderungen möchten: Was in den sechziger Jahren von Franquin definiert worden ist, darf ihrer Ansicht nach nicht verändert werden. Ich finde das albern, und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ich die Franquin-Klassiker schätze.
Die Geschichte um den verliebten Journalisten Fantasio, der sich auf eine Ehe mit einer reichen Erbin einlassen möchte, ist ausgesprochen turbulent. Gleichzeitig zieht die junge Journalistin Steffani bei Spirou ein – es geht also in Sachen Frau ziemlich hektisch zu. Dazu kommt die Herkunft des Geldes, von dem Fantasio gern profitieren würde und das mit Nazi-Deutschland in Verbindung steht ...
Man kann sich über Details der Geschichte durchaus streiten (müssen magische Elemente wirklich sein?), flott erzählt ist sie allemal. Fantasio wirkt häufig sehr trottelig, auch Spirou hat seine Probleme mit den Frauen; es gibt schnelle Verfolgungsjagden und zugespitzte Dialoge. Langeweile kommt bei dieser Lektüre keine auf.
Rein optisch entfernt sich Feroumont weit von den Originalen. Man kann die beiden Helden, das Eichhörnchen Pips und Steffani jederzeit erkennen, aber sie sehen halt nicht mehr so aus wie früher. Hat man sich an die neue Optik gewöhnt, ist sie allerdings sehr frisch und gelungen. Würde man die Serie starten, sähe sie vielleicht genau so aus ...
Wer nicht in Erinnerungen an »gestern« verharrt und sich gern die gelungene Neu-Interpretation eines Comic-Klassikers zu Gemüte führen möchte, ist bei »Fantasio heiratet« absolut richtig. Diesen Comic kann man auch mehrfach lesen – er ergänzt die Klassiker in wunderbarer Weise.
Weitere Informationen zu »Fantasio heiratet« gibt es unter anderem auf der Internet-Seite des Carlsen-Verlages. Hier:
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