Ich möchte endlich mal auf einen Comic hinweisen, der mich seit dem ersten Band erfreut: »Die vier von der Baker Street« ist eine Serie, die im London des ausgehenden 19. Jahrhunderts spielt, immer wieder Sherlock Holmes als Figur in der Handlung hat, die Geschichten aber aus der Sicht von drei Kindern und später Jugendlichen erzählt. Bisher sind sechs Bände erschienen; wie es sich beim Splitter-Verlag gehört, sehen sie sehr gut aus und sind als Hardcover veröffentlicht worden.
Wer sich mit den Geschichten um Sherlock Holmes beschäftigt hat, weiß, dass sich der Detektiv immer wieder Hilfe »von der Straße« holt. Seine Unterstützer sind Bettler und Straßenkinder, die Art von Leuten also, die überall auf den Straßen unterwegs sind, aber kaum wahrgenommen werden. Weder die Polizei noch die mächtigen Gangster achten auf die armen Leute, die sich in den Seitengassen aufhalten oder die in Abbruchhäusern schlafen.
Darauf baut der Comic auf. Zwei Jungs, ein Mädchen – okay, das ist ein Spoiler zum ersten Band – und eine Katze (der Spoiler zum zweiten Band) treiben sich als Bande auf den Straßen des East End herum. Für sie ist das viktorianische Zeitalter keine Zeit mit schicken Klamotten und fetten Partys; sie stehlen, um überleben zu können, sie rennen von der Polizei weg, und sie prügeln sich mit anderen Straßenkindern. Weil sie ab und zu Botendienste für Sherlock Holmes erledigen, werden sie in Kriminalfälle verwickelt.
Das Szenario für die sechs Bände stammt von Jean-Blaise Djian und Olivier Legrand; die zwei erfahrenen Texter sind seit Jahren in der französischen Comic-Szene unterwegs. Sie schaffen es in dieser Serie, sowohl die üblichen Elemente eines Abenteuer-Comics als auch sehr ernsthafte Themen zu vermitteln. Gleich im ersten Band geht es um Zwangsprostitution, in späteren Folgen spielt aber auch Professor Moriarty eine Rolle, der Gegenspieler von Sherlock Holmes, und sein Imperium aus Verbrechern.
Mir gefällt sehr gut, wie die zwei Autoren sowie der Zeichner die gesellschaftliche Realität im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts darstellen. Es gibt Kriminalität in allen Abstufungen, Elend und Prostitution sind allgegenwärtig. Das alles fängt Davie Etien in seinen Bildern hervorragend ein: Er zeigt London nicht nur düster, sondern durchaus abwechslungsreich, aber eben in verschiedenen Facetten. Straßen voller Händler und Arbeiter, Elendsquartiere, bürgerliche Viertel, der Club von reichen Gentlemen und Lagerhallen – das alles bildet die Kulissen für die spannenden Abenteuer der Baker-Street-Jungs.
»Die vier von der Baker Street« liefert spannende Unterhaltung, die mich gefesselt hat. Die Serie ist meiner Ansicht nach eines der vielen Schmuckstücke im Splitter-Programm, und ich dürste bereits nach weiteren Fortsetzungen.
Wer eine Leseprobe zu den »Vier von der Baker Street« haben möchte, wird auf der Internet-Seite des Splitter-Verlages fündig. Hier:
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