Ich bin ein großer Verehrer der Familie Flöz. Wer sich darunter nichts vorstellen kann, dem versuche ich es hier zu erklären: Es handelt sich um ein Theater-Ensemble, das mit verschiedenen Stücken auf Tour ist. Kennzeichnend ist, dass die Stücke praktisch ohne Dialog auskommen, dass alle Figuren mit Masken gespielt werden, also eine völlig starre Mimik aufweisen, dass sie zwischen Komödie und Tragödie pendeln und dass sie durchaus ambitioniert sind. Am Sonntagabend schaute ich mir »Dr. Nest« im Theaterhaus Stuttgart an.
Im gut gefüllten Saal spielten fünf Schauspieler gut zwanzig unterschiedliche Charaktere. Von Szene zu Szene wechselte das Bühnenbild, und gezeigt wurde das Schicksal eines Mannes, der als Arzt in eine Heilanstalt kommt und dort irgendwann bleiben wird. Er versucht, die Kranken zu heilen und auf sie einzugehen. Der strenge Direktor der Anstalt und eine zickige Schwester – oder Ärztin? – haben andere Ansichten als er von den Kranken und wie man sie zu behandeln hat.
Dr. Nest geht auf den Mann ein, der sich offenbar für einen begabten Komponisten hält. Er nimmt die Frau ernst, die ein Handtuch so wickelt, dass sie es für ihr Kind hält. Er akzeptiert den seltsamen Mann, der sich mithilfe von Trommeln unterhält und sich ansonsten gern versteckt. Und er muss irgendwann erkennen, dass es offenbar nur der weiße Kittel ist, der die »Normalen« von den »Irren« unterscheidet.
Das klingt jetzt seltsam, trifft es aber sehr genau. Die Handlung des Theaterstückes, das mit vielen Geräuschen auskommt, aber keinen Dialog aufweist, ist mal skurril und witzig, dann wieder sehr traurig; man muss sich durchaus konzentrieren, um alles zu verstehen und richtig einzuordnen. Nach eineinhalb Stunden ging ich auf jeden Fall bewegt aus dem Theatersaal hinaus.
Ich kann jedem Menschen, der sich für ungewöhnliches Theater interessieren kann, nur empfehlen, in eines der Stücke der Familie Flöz zu gehen. Ich kenne jetzt drei verschiedene, und ich fand sie allesamt gut. »Dr. Nest« hat im Moment für mich den stärksten Eindruck hinterlassen ...
Auf der Internet-Seite der Familie Flöz gibt es zu »Dr. Nest« einige Anmerkungen, die leider den Charme des Stückes ebensowenig rüberbringen wie ich – trotzdem empfehlenswert:
AntwortenLöschenhttp://www.floez.net/index.php/nest.de.html
Eindrucksvoll ist das Video zu »Dr. Nest«, das einige Einblicke in das beeindruckende Theaterstück gibt. (Live sah alles dann noch mal ganz anders aus.)
Hier:
https://vimeo.com/279290942