Die Geschichte von Moby Dick, dem weißen Wal, ist ein Klassiker der modernen Literatur. Herman Melvilles Meisterwerk von der Jagd des verzweifelten Captain Ahab auf den Wal wurde mehrfach verfilmt und liegt in den unterschiedlichsten Versionen vor, selbstverständlich auch als Comic. Im Splitter-Verlag ist seit längerem eine Graphic Novel erschienen, die den klassischen Stoff auf packende Weise aufbereitet und neu erzählt.
Die Geschichte dürfte bekannt sein: Ein junger Mann heuert auf einem Walfängerschiff an, das von einem besessenen Kapitän gesteuert wird. Man jagt Wale, die Arbeit ist hart, und der junge Mann schließt Bekanntschaft mit dem seltsamen Kannibalen Quequeg – dieser wird ein guter Kamerad. Letztlich steuert das Schiff aber einen Kurs in den Untergang, weil der Kapitän nur einen weißen Wal namens Moby Dick erlegen möchte und seine Augen vor dem Rest der Welt verschließt.
Hermann Melvilles Roman ist hierzulande meist in einer Jugendbuchfassung berühmt geworden. Ich habe die neue und opulent aufgemachte Präsentation des Werkes, die vor einiger Zeit als Hardcover veröffentlicht wurde, noch nicht gelesen. Aber ich erinnere mich daran, dass Melville viele Seiten damit verbrachte, die beinharte Arbeit an Bord des Schiffes zu schildern, die Sitten und Gebräuche der Walfänger an Bord sowie an Land; die Jagd auf Moby Dick beginnt erst nach einiger Zeit.
Bei einem Comic gelten andere Gesetze, und das zeigt sich auch bei dieser Version. Olivier Jouvray konzentriert sich bei der eigentlichen Geschichte auf das zentrale Element: auf die Jagd, auf Captain Ahab, auf die wesentlichen Hauptfiguren. Das macht er geschickt, seine Adaption ist geglückt, wenngleich sie auf viele Details verzichtet.
Ähnliches gilt für die oftmals skizzenhaften Zeichnungen und die manchmal verschleiert wirkenden Farben: Pierre Alary geht häufig nicht zu sehr ins Detail, belässt es gern beim Ungefähren, schafft damit aber eine ungewöhnliche Stimmung, die der Geschichte nicht schadet, sondern sie unterstreicht.
Beide Künstler machen etwas, das ich in diesem Zusammenhang gut finde: Sie holen die Essenz der Geschichte in Bild und Text in ein anderes Medium – und schaffen damit einen frischen Zugang zu einer alten Geschichte. Diese Version von »Moby Dick« ist gelungen; sie ist gut gezeichnet und vor allem spannend erzählt.
Wer den Klassiker kennt, ihn aber – so wie ich – nie in der kompletten Version gelesen hat, bekommt hier eine neue Version mit schönen Aspekten geliefert. Wer »Moby Dick« überhaupt nicht kennt, erhält hier einen lesenswerten Blick auf einen Literatur- und Abenteuer-Klassiker. Lohnenswert!
(Ach ja: schickes Hardcover im Kleinformat übrigens; schaut euch die Leseprobe auf der Internet-Seite des Splitter-Verlags an, und ihr wisst mehr.)
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