Wer mich schon einmal besucht hat, kann es sich kaum vorstellen – aber es ist eine Tatsache: Ich gebe Bücher weg. Ich verschenke sie, ich stelle sie in Bücherschränke, ich schicke sie an die Phantastische Bibliothek. Das mache ich immer wieder, und bei manchem Buch schmerzt es mich – aber täte ich das nicht, hätte ich wirklich keine Bewegungsfreiheit mehr.
Aktuell habe ich ein besonderes Buch, das ich wegtun möchte. Es tut mir weh, und ich habe es seit Jahrzehnten nicht mehr angeschaut. Ich fürchte, ich habe es in all den Jahrzehnten nur geblättert und nie gelesen.
Es handelt sich um »Rom«, verfasst von Gilbert Picard und mit zahlreichen Illustrationen ausgestattet, ein Bildband, der vor allem die Kunst des Römischen Imperiums präsentiert. Veröffentlicht wurde es im Pawlak-Verlag.
Meine Mutter schenkte mir das Buch zu Ostern 1977; eine handschriftliche Notiz belegt das. Das war einige Monate, bevor ich damit anfing, wie ein Besessener allerlei Raketenheftchen zu lesen.
Vielleicht wollte sie damit meinen »Bildungshunger« stillen, vielleicht war es ein Verlegenheitskauf. Sie selbst hatte sich mit dem Inhalt nicht befasst, das wusste ich.
Über all die Jahrzehnte behielt ich das Buch, weniger wegen des Inhalts, mehr wegen der Erinnerung. Es ist groß und dick, und es macht auch einen ordentlichen Eindruck. Ich habe es bei allen Umzügen mitgeschleppt, es hat alle Baustellen überstanden. Aber jetzt kommt es weg.
Ganz ehrlich: Ich werde es mit einem weinenden Auge in den Bücherschrank stellen. Vielleicht findet es jemanden, der es gerne liest und sich über die Notiz meiner Mutter freut. Ostern 1977 ist schließlich schon einige Jahre her ...
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