06 Februar 2017

Im Kaffeehaus am Marktplatz

Relativ spontan entschieden wir uns, im Kaffeehaus Böckeler zu frühstücken. »Mal wieder so ein richtig gemütliches Oma-Café«, so unsere Begründung. Als ich das letzte Mal in diesem Kaffeehaus gesessen war, schrieben wir noch die 90er-Jahre, und meine Mutter war völlig begeistert: Altersmäßig passte sie damals mit ihren 69 Jahren hervorragend zur Einrichtung.

Aus meiner Sicht hatte sich an der Optik des Cafés nicht viel geändert. Kleine Tische, kleine Stühle, eine Treppe, die nach oben führte. Wir ergatterten einen Platz am Fenster, von dem aus wir einen herrlichen Blick auf die Baustelle des Marktplatzes hatten und die Menschen bewundern konnten, die im Nieselregen vorbeihuschten.

Der Service war nett und aufmerksam, das bestellte Frühstück und die Getränke kamen zackig, und alles schmeckte ordentlich. Wir speisten und tranken, redeten nicht so viel, schauten ab und zu zum Fenster hinaus und genossen das Gewirr aus Stimmen, Gläserklirren und Besteckklappern. Es war wie im Urlaub; eigentlich fehlte nur der direkte Zugang zum Strand.

An einem Nachbartisch saß eine junge Frau mit ihrem Begleiter, die Hose modisch über den Knien zerrissen, eine schmucke Lederjacke am Leib. Sie schmierte ihr Brötchen, dann biss sie hinein, und während sie hineinbiss, wischte sie über die Oberfläche ihres Smartphones, Während sie kaute, tippte sie hektisch.

Es ging so weiter. Keine fünf Sekunden am Stück war das Smartphone unbenutzt. Die junge Frau trank und tippte; sie löffelte ihr Ei und wischte über das Display; sie wischte mit der Serviette den Mund ab und las währenddessen etwas, die Stirn gerunzelt und den Blick konzentriert auf das Display gerichtet.

Einerseits bewunderte ich diese moderne Art des Multitasking – ich wäre bei all diesen Unternehmungen kläglich gescheitert –, andererseits fragte ich mich, warum sie einen Mann mitgebracht hatte, den sie zwar ab und zu mal anlächelte, der aber nur einen Buchteil ihrer Aufmerksamkeit erhielt. Vor allem aber kam ich mir unglaublich altmodisch und spießig vor ...

4 Kommentare:

  1. Nix mit altmodisch und spießig. Als Mann hätte ich bei so einer Partnerin das Weite gesucht. Was die gemacht hat, war doch keine Entspannung, kein Genießen, sondern Stress pur.

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  2. Na ja, sie wirkte auf jeden Fall nicht gestresst ...

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  3. Was hat denn ihr Begleiter die ganze Zeit getrieben?

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  4. an J.: Er hat gegessen, ihr zugeschaut und die Klappe gehalten.

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