Teil zwei der Serie »Wie mich Franz-Josef Strauß politisierte«
Ich war kein sehr politischer Jugendlicher in jenem Jahr 1980. Gelegentlich las ich den »Schwarzwälder Boten«, den meine Eltern abonniert hatten und der mir schon damals reichlich »schwarz« vorkam. Selten diskutierte ich ernsthaft mit, wenn es um Politik ging – dazu wusste ich zu wenig.
Doch mir war aus den Berichten meiner Eltern klargeworden, dass das Nazi-Regime vor allem das eigene Land ins Unglück gestürzt hatte – so erzählten es meine Eltern gar nicht, aber so kam es bei mir an. Ich wuchs mit Geschichten vom Krieg auf, und die waren alle nicht lustig.
Gelegentlich schaute ich bei einer alten Tante fern. Wir hatten selbst keinen Fernseher, also musste ich ab und zu zur »Dande Chrischdee«, wie wir sie auf gut Schwäbisch nannten. Sie wohnte in der Nähe, es gab meist selbstgebackene Kekse, und dort konnte ich auch mal einen »Tarzan« angucken.
Einmal liefen auch die Nachrichten, die meine Tante mit einer älteren Nachbarin gemeinsam konsumierte. Die Nachbarin, selbst eine alte Bauernfrau, schaute andächtig auf den Bildschirm und sagte irgendwann einmal mit überraschender Zärtlichkeit in der Stimme: »Des isch unser Führer.«
Gemeint war nicht Adolf Hitler. In den späten 70er- und frühen 80er-Jahren kam nicht jeden Tag irgendeine Hitler-Dokumentation im Fernsehen. Über den Bildschirm flimmerte Franz-Josef Strauß; der Bayer hielt wieder irgendeine Rede und polterte ins Mikrofon.
So wurde ich politisiert. Wenn das der neue Führer für die alten Damen war, leuchtete mir ein, dass er ein Faschist sein musste ...
Filmtipp: Die Spiegel-Affäre! Echt sehenswerter deutscher Politthriller. Sehr spannend!
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