25 August 2015

300 Jahre Karlsruhe

Hätte man mich vor zehn Jahren gefragt, ob mich die 300-Jahres-Feier der Stadt Karlsruhe interessiert, hätte ich schlichtweg mit einem gelangweilten »Nö« geantwortet. Ich fühlte mich nicht als »echter« Bürger der Stadt, wohnte zwar seit 1994 dort, zählte mich aber nicht dazu.

Das hatte einiges damit zu tun, dass die seltsame Mixtur aus Minderwertigkeitskomplex und Größenwahn, die in der Stadt immer wieder aufflackerte, nicht dazu beitrug, mich für Karlsruhe zu begeistern. Einerseits jammerten viele Bürger gern darüber, wie sehr sie sich von »Stuttgart« drangsaliert fühlten, wie sie ihre Ehre als Badener gekränkt sei; andererseits wurden auch kleine Erfolg des Karlsruher Fußballvereins bejubelt, als habe man eine Weltmeisterschaft gewonnen. Eine vernünftige Balance schien es nicht zu geben.

Ich kann nicht sagen, dass das im Jahr 2015 grundsätzlich besser geworden sei. Doch habe ich im Verlauf dieses Sommers ein zumindest entspannteres Verhältnis zur Stadt Karlsruhe und ihren Bewohnern – zu denen ich seit 21 Jahren gehöre – gewonnen. Schuld daran ist der Stadtgeburtstag, wenngleich ich so viel von ihm dann doch nicht mitbekommen habe.

Wobei ich in diesem Jahr schon mehrfach zweifelte, ob das mit mir und Karlsruhe noch etwas wird ... Die Pegida-Aufmärsche und die rassistischen Kommentare auf diversen Online-Seiten machten mir zu schaffen. Es ist für mich nach wie vor unbegreiflich, dass sich Rassenhass so frei austoben kann und dass Nazis zeitweise alle zwei Wochen durch die Innenstadt marschieren durften, beschützt und abgeschirmt von einem massiven Polizeiaufgebot.

Den unglaublich positiven Ausgleich dazu boten die Schlosslichtspiele und die anderen Veranstaltungen während des Stadtgeburtstages. Man kann auch hier nicht sagen, dass mir alles gefiel: Die unglaubliche Geschmacklosigkeit des sogenannten Pavillons, den man in den Schlossgarten setzte, werde ich wohl in traumatisierter Erinnerung behalten. Aber die Stimmung, die ich an vielen Abenden direkt vor dem Schloss und in den Nebenstraßen erlebte, die fand ich klasse.

Wer immer die Idee hatte, die fantastischen Schlossfestspiele so international anzulegen – es war eine wunderbare Idee! Ob aus Schweden, Ungarn oder Südafrika: Die einzelnen Präsentationen faszinierten und begeisterten, und dank des schönen Wetters fanden sich an den verschiedensten Tagen immer Tausende von Menschen vor dem Schloss ein.

Das Stimmengewirr war international. Ich hörte alle möglichen deutschen Dialekte, dazu viel englisch und französisch; häufig nahm ich türkisch oder arabisch wahr, häufig russisch vielleicht auch polnisch – ich kann die slawischen Sprachen nur schlecht auseinanderhalten. Dazu kamen Spanier, Italiener, Portugiesen – zumindest vernahm ich diese Sprachen oder glaubte sie zu vernehmen.

Menschen aus dem Ausland bekamen, wenn sie vor dem Schloss standen, saßen oder lagen, einen wunderbaren Eindruck von Karlsruhe. Die Stadt präsentierte sich in diesen Stunden vor und kurz nach Mitternacht sehr künstlerisch und sehr weltoffen, sehr positiv und lebensbejahend, nicht in ihren Komplexen verhaftet oder nach größerem sehnend.

Das gleiche gilt für manche Kunst auf den Straßen. Die Frau in Rot, das schwebende Haus oder Künstlergruppen in den Straßen, die Klavier-Aktion oder das »Heaven's Carousel« – all diese Dinge wurden nicht nur von den Bürgern Karlsruhes wahrgenommen, sondern ebenso von zahlreichen Menschen aus aller Herren Länder.

Die Stadt Karlsruhe hat sich somit in diesem Sommer 2015 anders präsentiert als sonst. Verantwortlich dafür sind die Globale als Kunstaktion, aber auch die vielen Menschen, die die Innenstadt zeitweise in eine Multikulti-Meile ersten Ranges verwandelt haben: friedlich und positiv, der Zukunft zugewandt und mit bester Laune.

1 Kommentar:

  1. Hoi, Klaus.
    Vermutbar haben die besorgten Peggis auch gegen diese Form der Überfremdung ihren Unmut formuliert. "Fremde! Pappi ich habe ganz viel große Angst!"

    bonté

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