Der Mann sprach mich in der Zähringerstraße an; er hatte dunkle Hautfarbe, und sein Englisch war nicht unbedingt besser als meines. Ob ich denn Englisch könne. Ich sagte, es ginge so, und dann unterhielten wir uns.
Er wies auf die Reihen der Polizisten, die sich am Kronenplatz und in der Zähringerstraße aufgebaut hatten, die Absperrgitter, die uns von den paar Dutzend Pegidioten trennten, und die Antifa-Leute, die überall unterwegs waren. »Können Sie mir erklären, was hier eigentlich los ist?«
Zwei Männer, deren Englisch jeweils vom Heimatland (meins: Schwaben, seins: eher aus Südostasien) geprägt sind, unterhalten sich über ein komplexes politisches Thema. Ich sehe schon, wie das in einem satirischen Film über die Multikulti-Gesellschaft ausgeschlachtet wird ...
»Also ...« Ich versuchte es wirklich. »Die da auf der anderen Seite, das sind die von der Pegida. P heißt Patrioten, E heißt Europäer, G heißt Gegen, I ist die Islamisierung ...« Ich stockte. »Die heißen jetzt auch nicht mehr Pegida, die nennen sich jetzt Widerstand.«
Ich stockte erneut. Die Verwirrungen der Karlsruher Rechtsaußen-Politik wollte ich nicht einmal selbst verstehe. Wie sollte ich das einem Nichtdeutschen klarmachen?
»Wir sagen, das sind die Nazis, weil sie gegen Ausländer hetzen«, sprudelte es aus mir heraus. »Die sagen, sie seien keine Nazis, sie seien nur gegen den Islam. Das ist mir egal, weil ... Wir sind gegen die Nazis. Und die Polizei schützt die Nazis.«
Die einfache Logik, auf die ich mich irgendwann einigte, war am leichtesten zu vermitteln. Der Mann bedankte sich nach meinem Gestammel und zog weiter; ich stieg auf mein Fahrrad und fuhr heim.
Das Gespräch war am Dienstag abend, 16. Juni 2015, tatsächlich das, was mir vom Pegida- oder Widerstand-Aufmarksch in der Innenstadt von Karlsruhe im Gedächtnis blieb. Die Polizei sprach von 60 Nazis, ich schätzte es auf drei, vier Dutzend – es war ein kleiner Haufen. Anscheinend tut denen die politische Spaltung nicht sonderlich gut.
Aber auch die Gegendemonstranten waren nicht viel. Wenn ich alles zusammenzählte, was an den verschiedenen Ecken stand und pfiff und trillerte, so waren das vielleicht 300 oder 400 Personen. Und die Stimmung war eher verhalten – die Pegidioten bekamen wir dank der Abriegelung der Polizei kaum zu Gesicht.
Nur die Polizei war sehr engagiert. Ein eifriger Bereitschaftspolizist, bis an die Zähne bewaffnet, hielt mich an, als ich durch die Kaiserstraße radelte. »Das hier ist eine Fußgängerzone«, sagte er freundlich. »Hier müssen Sie Ihr Rad schieben.«
Das tat ich dann brav. Ich nehme an, ich stehe seitdem als einziger Problemfall an diesem Dienstag abend im Polizeibereicht ...
Kia ora, Klaus.
AntwortenLöschenOb Peggies oder die Ahnungslosen für Deutschland - unser aller Glück bleibt, daß sich rechte Profilneurotiker, Führersyndromlinge oder die Rechthaber von der Parkbank alsbald die Augen auspicken. Schmutzwäsche im Tiefflug.
bonté
Ich bin für jeden Ordnungshüter dankbar, der "militante" Radfahrer auf dieses Problem aufmerksam macht. Ist es so schwer einige Meter zu laufen um dadurch sich und andere nicht zu gefährden?
AntwortenLöschenEs ist rückblickend immer noch ein herrliches Gefühl, dass sich der Pegidaalbtraum so schnell erledigt hat.
AntwortenLöschenAuf jeden Fall ein sehr surreales Ergebnis, dass du schilderst. Da hätte ich mich auch schwer getan.