Wenn ich es auf die Reihe bekomme, fahre ich mit meinem Rad gern mal nach Philippsburg. Nicht weil die kleine Stadt zwischen Karlsruhe und Mannheim so schön wäre oder weil ich das Atomkraftwerk so dufte fände, sondern weil die Strecke durch die Rheinauen und recht nette Dörfer angenehm zu fahren ist und man auch was von der Gegend sieht.
Demnächst fahre ich auf einen Lagerplatz für Atommüll zu. Die grün-rote Regierung von Baden-Württemberg hat sich dazu bereit erklärt, fünf Castor-Behälter aus dem dem französischen Atomlager La Hague auf dem Gelände von Philippsburg zwischenzulagern. Der Dreck stamme aus Baden-Württemberg, und wenn ihn die Franzosen zurückschicken, müsste man ihn ja wohl auch »bei uns« lagern.
So weit so schlecht. Absurd wird das Theater jetzt, wenn man sich anguckt, mit welchen Konstellationen die Parteien das Thema diskutieren.
Ausgerechnet der Philippsburger Bürgermeister Stefan Martus von der CDU und der CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk wehren sich massiv gegen die Einlagerung, argumentieren mit »Sicherheitsgefährdung« und so weiter. Und die Grünen sindn dafür, den Atommüll zu deponieren.
Habe ich in den vergangenen Jahren zu viel Bier gesoffen, bringe ich jetzt alles durcheinander? Die Grünen in Baden-Württemberg sind für, die Christdemokraten sind gegen Atommüll?
Nein. Die Wahrheit ist einfacher: Die CDU in Baden-Württemberg ist noch kaltschnäuziger, als ich es jemals geglaubt habe.
Ausgerechnet die Partei, die sich noch vor Jahren von der Atomlobby bezahlen ließ und die Grünen als Chaoten abqualifizierte, stellt sich jetzt als Umweltschützer- und Atomgegner-Organisation hin. Ausgerechnet die Partei, deren Protagonisten noch in den 80er-Jahren davon faselten, dass ohne neue Atomkraftwerke im Südwesten bald das Licht ausgehe, stellt sich an die Spitze der Atomkraftkritiker – vorneweg dann noch der Bürgermeister einer kleinen Stadt, die stets hervorragend mit dem Atomkraftwerk und seinen Besitzern klargekommen ist. Man fand in Philippsburg nie einen Atomkraftgegner ...
Ganz ehrlich: Atommüll ist Mist. Aber irgendwohin muss er wohl. Und da »wir« nicht davon ausgehen können, dass andere unseren strahlenden Dreck aufbewahren, müssen wir uns selbst drum kümmern. Auch wenn das heißt, dass ich demnächst nicht nur zum ehemaligen Kernforschungszentrum radeln kann, sondern auch zum atomaren Zwischenlager ...
Die Strecke mit dem Rad ist klasse. Und man kann schön Gas geben.
AntwortenLöschen