27 September 2010

Nachruf im SF-Jahrbuch

Das habe ich noch gar nicht vermeldet: Im Heyne-SF-Jahrbuch 2010 ist ein mehrseitiger Artikel von mir enthalten. Auf fünfeinhalb Druckseiten gehe ich in diesem Jahresrückblick auf den Autor Robert Feldhoff ein, der letzten Sommer verstorben ist.

Mit Robert arbeitete ich jahrelang zusammen, und wenn wir uns zu Besprechungen trafen, wurde häufig über private Dinge geredet. Er war mehr für mich als »nur« ein Autorenkollege, und deshalb hat mich sein früher Tod wohl so sehr getroffen.

Ich haderte ein wenig mit mir, als das Angebot des Heyne-Verlags kam, diesen Nachruf zu schreiben. Dann habe ich ihn doch verfasst. In der Kommentarspalte dieses Blocks zitiere ich ausführlich aus dem Nachruf. (Aber natürlich wäre es besser, ihr kauft das ganze Buch. Das lohnt sich eh.)

3 Kommentare:

  1. Der Schock über den Tod Robert Feldhoffs hielt bei denen, die ihn kannten, sowie bei seinen Lesern lange an. Auch Monate nach dem 17. August 2009, an dem der gerade einmal 47 Jahre alte Autor seiner schweren Krankheit erlegen war, zeigten ehemalige Kollegen und Leser, wie sehr sie im Sommer die völlig überraschende Nachricht getroffen hatte. Mit Robert Feldhoff verlor nicht nur die PERRY RHODAN-Serie den wichtigsten Autoren der letzten zwanzig Jahre, mit ihm ging auch der »allgemeinen« Science Fiction ein Schriftsteller verloren, der – entsprechend Freiraum vorausgesetzt – noch vieles hätte schreiben und veröffentlichen können.

    Als jemand, der mit Robert Feldhoff bald zwanzig Jahre zusammenarbeitete und in den letzten zehn Jahren unzählige Male mit ihm telefonierte und zusammensaß, fällt es mir schwer, einen nüchternen Abriss über sein Leben zu geben. Ich verfasste kurz nach seinem Tod einen offiziellen Nachruf für die PERRY RHODAN-Serie, und ich hielt eine zwischen nüchtern und emotional schwankende Trauerrede – einen Beitrag für das »Heyne-SF-Jahr« kann ich allerdings nicht in kalkulierter Distanz verfassen. Man möge verstehen, dass ich deshalb eine etwas persönliche Form gewählt habe.

    Robert Feldhoff wurde 1962 in der schwäbischen Kleinstadt Schorndorf geboren und verbrachte den größten Teil seines Lebens im niedersächsischen Oldenburg. Nach der Schule begann er mit einem Studium der Wirtschaftswissenschaften. Doch recht schnell interessierte er sich mehr für das Verfassen von Kurzgeschichten, später von Romanen.

    Es gibt einige dazu passende Geschichten aus seiner Kindheit und Jugend, teilweise von ihm erzählt, teilweise von seinen Familienangehörigen bestätigt: wie er bei seinem Vater, der ein PERRY RHODAN-Fan war, irgendwann die ersten Romane vom Nachttisch entwand und sich in die Science-Fiction-Serie einlas, wie er seine erste Schreibmaschine dazu nutzte, eigene Geschichten zu schreiben, wie er seinen ersten Roman auf dieser Schreibmaschine gleich mehrfach verfasste, um ihn bei jeder neuen Form komplett umzuschreiben – und wie er irgendwann seine ersten Manuskripte an Verlage schickte.

    Das war Mitte der 80er Jahre, und Robert Feldhoff, Jahrgang 1962, war eigentlich Student. Er verfasste zu jener Zeit bereits Beiträge für die »Science Fiction Times«, war mit seinem Studium höchst unzufrieden und meldete sich per Brief bei dem Bielefelder Comic-Zeichner Dirk Schulz. Wie es denn wäre, einmal einen Comic gemeinsam zu gestalten? Ob er nicht vielleicht die Texte dafür liefern könnte?

    Die Folge war die Comic-Serie »Indigo«, gezeichnet von Dirk Schulz und getextet von Robert Feldhoff, die in den 80er Jahren im Münchener Splitter-Verlag herauskam und in den 90er Jahren von Carlsen neu aufgelegt wurde. (Heute gestaltet Dirk Schulz als Illustrator viele Covers für den Heyne-Verlag oder für die PERRY RHODAN-Serie, ist Mit-Inhaber einer Werbeagentur und des neu gegründeten Splitter-Verlages. Aber das ist eine andere Geschichte.)
    Feldhoffs Ziel blieb dennoch, Romane zu verfassen, und in der PERRY RHODAN-Redaktion fand man seine Arbeiten sehr ansprechend. Horst Hoffmann, damals Chefredakteur in der Verlagsunion Pabel-Moewig, kaufte das erste Manuskript des jungen Schriftstellers an, der daraufhin sein Studium an den Nagel hängte. Bereits im Frühjahr 1987 erschien mit »Der Alpha-Asteroid« sein erstes PERRY RHODAN-Taschenbuch.

    Kurze Zeit später wurde Robert Feldhoff ins Autorenteam aufgenommen – als 25 Jahre alter »Jungautor« entwickelte er sich dank glänzend geschriebener Romane innerhalb kürzester Zeit zu einem Liebling der Leserschaft.

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  2. Fortsetzung des Nachruf-Textes:

    Die meisten PERRY RHODAN-Leser mochten seine Romane, weil sie nicht nur gut geschrieben waren, sondern auch eine Frische aufwiesen, die Ende der 80er Jahre nicht alle Autoren schafften. Robert Feldhoffs Figuren überzeugten bei der Lektüre, und es war dabei gleichgültig, ob es sich um Menschen, Außerirdische oder Roboter handelte. Er liebte es, geheimnisvolle Figuren in die Handlung einzubauen, sie auch über Dutzende von Romanen nicht mehr auftauchen zu lassen und ihnen dann eine neue Bedeutung im Gesamtkonzept der Serie zu verleihen.

    Gleichzeitig ging es ihm stets darum, innerhalb des eigentlichen Romans mit seinen durch die Seitenzahl beschränkten Möglichkeiten für Höhepunkte zu sorgen: Wo immer es ging, führte er in sich gespaltene oder von ihren Problemen getriebene Figuren durch die Handlung. Wer in den späten 80er Jahren einen Feldhoff-Roman las, merkte sofort, dass hier ein Autor an der Arbeit war, der zwar das Medium Heftroman »bediente«, in diesem aber längst zur Spitze gehörte.

    Kein Wunder, dass er ab 1993 in die Exposé-Arbeit für die Serie einbezogen wurde. Anfangs erstellte er zusammen mit dem Österreicher Ernst Vlcek die Handlungsvorgaben für die anderen Autoren, ab dem Jahr 1999 war er allein für die Steuerung der größten Science-Fiction-Serie der Welt zuständig. Für mehr als 500 PERRY RHODAN-Romane sowie zahlreiche Nebenprojekte erstellte er die Handlungsvorgaben, nach denen die wöchentlichen Folgen der Serie geschrieben wurden. Seine Arbeit gestaltete den roten Faden und die großen Zusammenhänge.

    Dabei stellte er sich immer in den »Dienst der Sache«, wie er mir in vielen Gesprächen bestätigte. Er wollte, dass die Autoren mit ihren Romanen glänzen konnten; es reizte ihn nicht, seine persönliche Eitelkeit zu befriedigen. Zwar reservierte er die »wichtigen« Jubiläumsbände für sich, zugleich übernahm er aber immer wieder schwierige Themen. Sogenannte Elfmeter-Exposés, bei denen ein Autor stets ein gutes Ergebnis erzielen kann, schanzte er bewusst den Kollegen zu.

    Darüber hinaus arbeitete er an zahlreichen PERRY RHODAN-Nebenprojekten mit; ohne seine Ideenarbeit wären viele Erweiterungen des Programms in den letzten zehn Jahren nicht möglich gewesen. Er lieferte die Grundlagen für die neuen PERRY RHODAN-Taschenbücher bei Heyne, erarbeitete die Konzepte für Computerspiele oder dachte sich wertvollen Input für Marketing-Besprechungen aus. Für Pressegespräche stand er jederzeit zur Verfügung und überzeugte beispielsweise Kollegen der »Spiegel«-Redaktion durch seine überlegte, ruhige Art, Antworten zu geben.

    Vielen Außenstehenden erschien Robert Feldhof dennoch recht introvertiert: Auf Buchmessen oder auf Science-Fiction-Veranstaltungen saß er meist mit seinem Laptop an einem Tisch, dachte nach, schrieb konzentriert und wirkte, als wende er sich von der Welt ab. Wer ihn besser kannte, erlebte einen politisch und gesellschaftlich interessierten Menschen, der kenntnisreich und mit eigener Meinung über unzählige Themen zu diskutieren verstand, der einen eigenen Kopf in jeglicher Hinsicht bewahrte und der – wenn er in fröhlicher Stimmung war – zu ausgelassen-albernen Späßen neigte.

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  3. Schluss des Nachruftextes:

    Auf offiziellen Veranstaltungen aber, und zu diesen zählte er Cons, Seminare oder Buchmessen, hielt er sich zurück; hier zeigte er sich als Autor und nicht als Privatmensch, hier schien er vielleicht unbewusst eine Distanz aufzubauen. Im Gegensatz zu anderen Schriftstellern in der Science-Fiction-Szene suchte er nicht bewusst den Kontakt zu seinen Lesern und fuhr auch nicht freiwillig zu Fan-Treffen; er antwortete zwar dann, wenn er angesprochen wurde, auf die Fragen der Leser, mischte sich aber nicht von sich aus in Diskussionen ein.

    Wer Feldhoff beispielsweise an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel erlebte, wo er jahrelang als Dozent seine Erfahrungen an angehende Autoren weitergab, bekam mit, wie engagiert er mit Autoren und Lesern diskutieren konnte. Jeglicher Rummel um seine Person war ihm jedoch zuwider.

    Das war einer der Gründe, warum er nicht wollte, dass wir seine Krankheit öffentlich machen. Er wollte nicht zum Objekt von Tratschereien werden, wollte weiterhin, dass seine Arbeit im Zentrum stand, und er ging ebenso wie seine Kollegen im Verlag und im Autorenteam davon aus, dass er wieder gesund werden würde.

    Auch als seine Erkrankung im Frühjahr 2009 schlimmer wurde und er erstmals seit über zwanzig Jahren nicht an der Autorenkonferenz teilnehmen konnte, lieferte er wie selbstverständlich seine Handlungsvorgaben an die Autoren oder nahm an internen Diskussionen per Mail teil. Er verfolgte das Leserforum auf der Serien-Homepage, schrieb parallel dazu an einem eigenen Roman außerhalb der PERRY RHODAN-Serie und war bis zuletzt engagiert am Geschehen beteiligt.

    Zuletzt verlor Robert Feldhoff den Kampf gegen die Krankheit. Er wurde in seiner Heimatstadt Oldenburg beigesetzt; die Trauerfeier fand im Kreis seiner Freunde, seiner Kollegen und seiner Familie statt.

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