In der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag konnte ich nicht gleich einschlafen, ich war unruhig und umtriebig zugleich. Also verließ ich die heiligen Hallen des Caritas-Heimes, in dem ich einquartiert worden war, und begab mich auf die Straße.
In der Nacht der Nürnberger Altstadt brodelte das Leben. Gruppen junger Leute waren unterwegs, ich kam mir richtig alt vor. Vor einer Diskothek zog sich eine lange Schlange über einen Platz, viele junge Leute, darunter auffallend viele junge Frauen mit kurzen Röcken und hochhackigen Schuhen. Es war kein sonderlich warmer Abend, und ich kam mir schon vor wie in Glasgow oder einer anderen britischen Stadt ...
Die meisten Kneipen hatten allerdings geschlossen, nur noch zwei Döner-Buden hatten offen. Ich stromerte durch schmale Gassen und über große Plätze, das Licht der Straßenlaternen glitzerte auf dem feuchten Kopfsteinpflaster, und überall um mich herum war Kichern und Lachen und Raunen und Sprechen.
Im Bahnhof, wohin es mich zuletzt - nach der Unterführung - auch verschlug, war die Stimmung angespannter. Eine Gruppe von Polizisten, die Knüppel teilweise schon in den Händen, stand mitten im Bahnhof, als ob ernsthafte Gefahr drohte.
Angesichts der vielen jungen Leute, die allesamt friedlich aussahen, wirkte das martialisch und übertrieben. Ich war mir sicher, dass es dafür einen nachvollziehbaren Grund gab, und verließ kopfschüttelnd wieder den Bahnhof.
Es reichte mir irgendwann, aber der fast eine Stunde dauernde Spaziergang mit all diesem unschlüssigen Schlendern und Bummeln hatte mir einen ganz anderen Eindruck von Nürnberg vermittelt als der Aufenthalt in der Buchhandlung und in einer Kneipe wenige Stunden zuvor. Wäre ja auch schlimm, wenn es nicht so wäre ...
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