Ich erinnere mich noch gut an eine politische Diskussion in der Schule, etwa 1983. Auf der Bühne saßen die Kandidaten, im Saal saßen wir Schüler. Und einer von der Jungen Union stand auf und stellte die ultimate Frage: »Ich möchte die Kandidaten von der SPD und von den Grünen fragen, mit welchem Verkehrsmittel sie zu dieser Veranstaltung gekommen sind.« Gelächter im Saal ...
Ganz klar, was er wollte: Er wollte, dass sowohl der Sozialdemokrat als auch der Grüne zugaben, mit dem Auto gefahren zu sein. Beide redeten sich auf der Bühne aus der Klemme, so gut es ging, erzählten was von schlechtem Öffentlichen Personennahverkehr und anderem Kram. Alles Ausflüchte, die keiner glaubte. Der Jungunionist hatte einen klaren Punkt-Sieg errungen.
Der Krawattenheini von der CDU hätte mit einem Hubschrauber anreisen können oder mit einem Panzer, der hundert Liter Sprit für die Strecke brauchte - es hätte niemand interessiert. Der Mann setzte sich schließlich nur für Arbeitsplätze und seinen eigenen Geldbeutel und nicht für den Umweltschutz ein. Die anderen aber, die sich wenigstens ein bißchen engagierten, die sollten bitteschön einen kompletten Kotau leisten.
Der Trick funktionierte, und das tut er auch heute noch. Jungunionisten und andere Konservative betreiben das Spiel wunderbar: Wer selbst zynisch und selbstgerecht durchs Leben marschiert, hat leichtes Spiel damit, mit dem Zeigefinger auf andere zu weisen und diesen ihre Versäumnisse vorzuhalten.
Und schaut man sich die Pofallas und Oettingers dieser Republik an, diese Generation von ausgewachsenen Jungunionisten, die bereits mit zwölf Jahren mit Aktenköfferchen und Lederschlips in die Schule kamen, dann sieht man, daß sie immer noch verfahren wie mein Schulkamerad vor einem Vierteljahrhundert - und daß der Trick immer noch funktioniert. Und die Linken und Grünen und was auch immer sind so blöd, daß sie nach wie vor drauf reinfallen.
Der Trick heute ist: Heute sitzen die Jungunionisten und ihre Claquere in den Redaktionen und sonstigen Machtstuben dieser Republik. Sie betreiben alle dasselbe Spiel wie damalsl. Und so werden eben aus Arbeitslosen pauschal Arbeitverweigerer, wird aus dem Linken-Chef Lafontaine ein Demagoge und wird das Wort »Reform« zu einer Keule gegen all jene, die an klassischer Moral festhalten möchten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Leider ist es auch in diesem Blog nötig geworden, Kommentare vorher zu »filtern« und sie erst danach freizuschalten. Ich bedauere das sehr, möchte diese »Sicherungsfunktion« aber beibehalten. Dieser Blog soll keinen Menschen für Beleidigungen und anderes zur Verfügung stehen, die im Zweifelsfall tagelang online sein könnten.
Bitte habt dafür Verständnis - und nötigenfalls auch mal 24 Stunden oder länger Geduld.