27 Mai 2008

Bundespräsidentenpeinlichkeiten

Riesengeschrei in der Republik; das Ende des Abendlandes droht. Der Grund: Die SPD, der man ansonsten nichts mehr zugetraut hätte, traut sich, gegen die Schlaftablette im Amt des Bundespräsidenten eine sehr intelligente, resolute Frau aufzustellen. Das verdient ausnahmsweise Respekt.

Nicht so bei der politischen Konkurrenz. Ausgerechnet der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, von dem die rassistische Kampagne »Kinder statt Inder« kam, behauptet, dies sei »das Ende der SPD als staatstragende Partei«. Andere Unionisten äußern sich ebenso.


Die SPD stelle sich gegen die eigene Bevölkerung. (Okay, das tut sie. Aber das tun doch derzeit eh alle Parteien.) Und so proletet und populisieren die Medien in Tateinheit mit Unionisten-Politikern (die sonst gern die Sprüche der Rechten aufgreifen, wenn es darum geht, gegen Ausländer zu hetzen), wie schrecklich es denn sei, wenn die SPD sich auf ihre Tradition als »linke« Partei besinne und mit den Stimmen der ach so fürchterlichen Linkspartei eine Frau wählen könnte.

Die nackte Angst geht um bei der CDU. Da haben sie es sich so schön eingerichtet mit einer geschwächten SPD, mit einer nicht existierenden Konkurrenz, mit kleinen Parteien, die sich an den Tisch der Macht schleimen, mit einer Kanzlerin, die schön tut und nichts leistet. Und jetzt droht glatt eine linke Mehrheit in diesem Land ... na ja, nicht heute, nicht nächstes Jahr, aber vielleicht 2010 oder 2011 ... eine Mehrheit, die vielleicht aufhören könnte mit dem permanenten Umverteilen von unten nach oben. (Mein Glaube an diese Theorie hält sich in Grenzen, aber immerhin ist sie vorhanden.)

Ich weiß nicht, was ich ekelhafter finden soll: das Geschrei der Rechten oder das widerliche Anbiedern der Medien, die in dieses Geschrei permanent einstimmen und die Linken zum gefährlichsten Feind seit 1945 stilisieren.

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