Ich weiß nicht, wie oft ich »Nie – nie – nie – nie wieder Deutschland!« auf gewissen Demonstrationen brüllte. Gerne brüllte man das, bevor losgerannt wurde, ein Mob in schwarzen Lederjacken.
Mag sein, daß der Spruch blöd klingt: Ich fand ihn damals klasse, und ich stehe auch heute noch hinter dem Inhalt, der damit propagiert wurde. Wir waren gegen das Deutschland, das von Helmut Kohl und seinen Schergen durchgesetzt wurde, ein Deutschland der neuen Nazis und neuen Bonzen.
Doch dann kam der ZAP-Cup. Das ZAP, das damals führende und vor allem beste Hardcore-Punk-Fanzine, für das ich auch schrieb, veranstaltete ein Fußballturnier: ausgerechnet in Homburg, genauer auf einem Fußballplatz am Waldrand im finsteren Saarland. Es war 1992, im Juni, und das Turnier war am selben Wochenende wie das Finale der Fußball-Europameisterschaft.
Im Finale trafen Deutschland und Dänemark aufeinander – und Beppo (Sänger der Punk-Band Walter Elf) und ich auf 400 Punks und Hardcore-Leute, die Deutschland scheiße fanden. Kein Witz: In meiner Erinnerung waren Beppo und ich die einzigen, die im Festzelt für Deutschland waren, während der Rest fleißig besoffen »We are red – we are white – we are Danish Dynamite« grölte.
Zum Rest der Party habe ich anno dunnemals was geschrieben, aber: Mag sein, daß mein »Für-Deutschland-sein« ein reiner Reflex war – eben gegen die Masse sein, die in diesem Fall punkrockig korrekt für »die anderen« war.
Aber ... Weder fand ich Berti Vogts gut noch seine Mannen. Aber ich konnte ebensowenig für Dänemark sein, mit dem ich nichts verband. Also freute ich mich über gute Spielzüge der Deutschen und war hinterher betrübt.
Beppo sagte irgendwas von »ich bin Fußballdeutscher«, ich kombinierte das ganze zu »Fußballpatrioten«. Im Deutschland-Shirt bin ich dennoch nie rumgelaufen, ich besitze keine Deutschlandfahne und habe nach wie vor kein erhebendes Gefühl, wenn ich an »meine Nation« denke.
Aber beim Fußball bin ich für Deutschland. Und ein bißchen für Ghana – weil ich denen jeden Titel gönne!
1992 gehörte ich zu jenen, die Dänemark lautstark ihre Sympathie bekundeten. Den Bezug zu Dänemark stellte schon die Tatsache her, dass Altona bis 1864 dänisch war. ;) Und ein Faible für Nordeuropa hatte ich schon immer. Außerdem war die "nachgerückte" dänische Nationalmannschaft einfach cool, So entspannt, so locker - ganz im Gegensatz zu den verkrampften Deutschen, die außerdem noch einen unattraktiven Rumpelfußball im B-B-System (vorne Brechstange, hinten Beton) spielten.
AntwortenLöschenHeute drücke ich den Schweden den Daumen. Obwohl das deutsche Team dieses Mal einen schöneren Fußball spielt.
Ich tue es nicht, weil mir das deutsche Team unsympatische wäre, und auch nicht in erster Linie wegen meines Skandinavien-Fimmels. Ich tue ich, weil es ohne Probleme geht! Sehr im Gegensatz zur WM ´58, als eine Niederlage gegen Schweden den häßlichsten und aggressivsten deutschen Nationalimus zu Tage förderte:
(mehr dazu im meinem Blog: http://martinm.twoday.net/stories/2228905 )
Das ist ja das gute an dieser Weltmeisterschaft: Es gibt so gut wie keine Probleme, zu der Mannschaft einer anderen Nationalität zu halten - Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.
AntwortenLöschenIch hänge keine schwedische Nationalflagge raus, und keine deutsche. So weit geht's dann doch nicht ...
Na ja, ich habe keine Schwedenflagge mehr bekommen ... und dann hat Schweden noch (leider hoch verdient) verloren. (Hoffentlich ruft jetzt nicht meine schwedische Ex an und jammert mir die halbe Nacht die Ohren voll ;) )
AntwortenLöschenAch dann jammer ich mal ein bischen rum, denn als Schwede war und ist das gerade heute am Montag auf der Arbeit, ein hartes Brot gewesen. Die Chancentods waren diesmal leider auf Seite der Schweden :(
AntwortenLöschen@Klaus
Und ich hatte sogar eine Fahne mit dabei, naja eigentlich hatte mein Bruder eine dabei aber ich war da ja auch dabei, von daher steh ich auch zur Schwedenfahne ;)