03 Dezember 2025

Ein Essay über fehlende Empathie und die Folgen daraus

Der 7. Oktober 2023 schockte mich in mehrfacher Hinsicht: Die unglaubliche Brutalität, mit der die Hamas über israelische Zivilisten herfiel, machte mich fassungslos. Verstörender fand ich allerdings das Verhalten vieler Menschen, die sich als »links« verstehen oder sich für Menschenrechte engagieren – es wurde schnell klar, dass vielen von ihnen jüdisches Leben nichts bedeutete.

An dieser Stelle will ich nicht über den schrecklichen Gaza-Krieg und die offensichtlichen Fehler und Verbrechen der israelischen Führung schreiben; darum geht's hier nicht. Darum geht's auch Jens Balzer nicht, der in seinem Essay »After Woke« über die Erschütterung nach dem 7. Oktober schreibt.

Sein Text ist als Taschenbuch in der Reihe »Fröhliche Wissenschaft« erschienen, die der Verlag Matthes & Seitz herausgibt, und ist streckenweise durchaus komplex. Für jemanden wie mich, der Habermas oder Adorno nie gelesen hat, boten sich bei der Lektüre einige Stolperfallen – ich fand das Büchlein in seiner strengen Beweisführung aber sehr lesbar und vor allem lesenswert.

Balzer zeichnet nach, wie der Begriff »woke« entstanden ist, was er eigentlich bedeutet und warum er sich zu einem Kampfbegriff der Rechtskonservativen entwickelt hat. Er schildert Parallelen zu Befreiungsbewegungen der Schwarzen in den USA und zeigt auf, wieso Teile der antikolonialen Bewegung in Israel einen Vorposten des Kolonialismus und Imperialismus sehen.

Was mir an dem Buch sehr gut gefallen hat, ist die Art und Weise, wie Balzer die Zusammenhänge darstellt. Vieles von dem, was er schreibt, ist und war mir durchaus bekannt; die Zusammenstellung war aber neu und umfassend; das Quellenverzeichnis lädt zur weiteren Recherche ein.

»After Woke« ist ein sehr gutes Debattenbuch, nicht zu umfangreich und auch nicht zu komplex, dessen Lektüre ich allen Leuten empfehlen möchte, die sich für Politik interessieren.

3 Kommentare:

  1. Informationen zu »After Woke« gibt es auf der Internet-Seite des Verlags Matthes & Seitz Berlin, der weitere interessante Bücher zu relevanten Themen in seinem Programm hat.
    Hier:
    https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/after-woke.html

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  2. Anonym1:46 PM

    Danke, lieber Klaus, das freut mich sehr! Und lustig, dass das heute kommt - ich war gestern zu Gast im Reflektor-Podcast von Jan Müller (Tocotronic), wir plauderten über das Popjahr 2025 und dieses und jenes, und am Ende überraschte er mich mit Zitaten aus einem Text, den ich 1990 (!) für Enpunkt geschrieben hatte bzw. mit einer Leserreaktion darauf. Es kursieren da draußen noch alte Hefte :) Punks not dead, alles Gute von Jens

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  3. Das freut mich jetzt natürlich auch, in mehrfacher Hinsicht. Tocotronic habe ich ja auch einmal gesehen, als sie noch eher klein waren, in einem Club in Karlsruhe, und da mochte ich sie sehr.

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