23 Juni 2025

Dreißig Jahre und ein kleines Fest

Als ich am Gewerbehof eintraf, wurde ich von einem Satz empfangen, der meine Laune ein wenig senkte: »Die Punkrock-Band hat schon gespielt, aber es kommt ja noch HipHop.« Und das mir! Da fährt man quasi am ersten Tag nach dem Urlaub mit dem Rad quer durch die Stadt, um sich zur Feier von dreißig Jahren Querfunk einzufinden, und kommt zu spät zum Punk. So kann's passieren.

Vier Bier später war meine Laune wieder super. Bei wunderbarem Abendwetter hatten sich im Gewerbehof, wo seit Juni 1995 der Querfunk sein Studio und seine Büros hat, vielleicht hundert Leute versammelt: Veteranen des Radioprojekts, neue Leute, einige Freunde und Bekannte, eine Heerschar an Kindern, die irgendwie dazu gehörten.

Ich laberte viel. Bei einigen Leuten, die ich teilweise seit acht Jahren nicht mehr gesehen hatte, kam es mir vor, als würden wir eine Unterhaltung aus längst vergangener Zeit nach einer kurzen Unterbrechung einfach fortsetzen. Die jungen Leute von damals hatten teils graue Haare, teils gar keine Haare mehr; leider waren einige der Aktivisten jener Zeit schon gestorben.

Ich sah mir die Büroräume an, stand voller Wehmut vor dem Regal, in dem es natürlich kein ENUNKT-Fach mehr gab, und staunte über den Fußboden im Büro: Der sah immer noch gut aus, dabei war ich bei der Verlegung und dem Abschleifen des Holzbodens im schweißtreibenden Sommer 1995 beteiligt gewesen.

Einige Biere später spielte Orgel Krüger. Ich hatte den Musiker, der sich immer mit einem speziellen Helm und einem Anzug verkleidet, noch nie live gesehen, mochte den Auftritt aber sehr: elektronische Musik, viel Quäken und Quieken von der Orgel, Kunstnebel, der durch die laue Sommerluft waberte – das war großes Kino.

Mit der Nomaden Clique konnte ich nicht so viel anfangen. Die Frau und der Mann rappten sich durch ziemlich clevere deutschsprachige Texte, die mit politischen Inhalten und gut verständlichen Aussagen aufwarteten; die Musik fand ich allerdings – wie eigentlich immer bei Hip Hop – komplett langweilig. Aber mir muss ja nicht alles gefallen.

Irgendwann war es Zeit zu gehen. Als einer der letzten wurde ich aus dem Hof gekehrt. Die Nachbarn wollten ihre Ruhe haben, was ich ja verstehen konnte. (Man kann sich kaum vorstellen, dass in diesem Gelände in den 80er-Jahren Punkrock-Konzerte stattfanden und wir noch in den 90er-Jahren recht krachige Partys feiern konnten. Aber so ändern sich die Zeiten und das Lärmempfinden.)

Ein wunderbarer Abend! Auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte des Freien Radios in Karlsruhe!

1 Kommentar:

  1. Wer wisen will, wie sich Orgel Krüger anhört, möge sich die Bandcamp-Seite antun – live ist das aber wesentlich zugänglicher. Hier:
    https://orgelkrueger.bandcamp.com/

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