Heute stelle ich zwei neue Alben aus diesem Programm vor …
Chris Regnault / Dobbs: Jesse James
Wenn eine Reihe schon mit »Die wahre Geschichte des Wilden Westens« betitelt wird, macht das neugierig. Ist das nun Effekthascherei, oder steckt ernsthafte Absicht dahinter? Bei der genannten Reihe wirkt der Historiker Farid Ameur als Berater im Hintergrund mit – im Vordergrund ist es ein spannender Comic. Ich las mit »Jesse James« den ersten Band.
Das Buch ist toll gestaltet: Vor- und Nachsatz wirken bewusst altmodisch; es gibt historische Fotos und allerlei erklärende Texte. Auch der Comic selbst hat durch die Verwendung von Zeitungsseiten einen realitätsnahen Anspruch. Die Geschichte selbst entstammt schließlich ebenfalls der wirklichen Welt.
Jesse James wird im Bürgerkrieg zu einem fanatischen Kämpfer für die Sache des Südens. Nachdem der Krieg verloren gegangen ist, führt er diesen als Bandit weiter. Mit seiner Bande überfällt er Banken und Postkutschen oder Züge. Er wird zu einer Legende: Schreiber von Heftromanen entdecken ihn, und als er am Ende erschossen wird, entwickelt sich die Geschichten um ihn weiter.
Die Autoren Chris Regnault und Dobbs verfassten das packende Szenario, das sich auf historische Tatsachen stützt; für die Zeichnungen und Farben steht Chris Regnault allein. Die Bilder sind stets realistisch; sie zeigen die brutalen Auseinandersetzungen ebenso wie Dialoge oder Szenen in der freien Natur. Die eingestreuten Darstellungen historischer Zeugnisse empfinde ich als Bereicherung.
Mit »Jesse James« ist der neuen Reihe ein sehr guter Start gelungen. Wer realistische Western mag, sollte einen Blick wagen.
Anlor / Olivier Bocquet: Ladies With Guns
Ein junge schwarze Frau sitzt in einem Käfig, aus dem sie sich befreien will, irgendwo in der amerikanischen Wildnis. Eine junge weiße Frau taucht mit einem Gewehr auf, eine junge indianische Frau mit Pfeil und Bogen. Wie geht die Konfrontation aus?
So beginnt der erste Band einer Comic-Trilogie, die im Wilden Westen spielt und die den schönen Titel »Ladies With Guns« trägt. Mittlerweile sind zwei Teile erschienen, ich kenne bislang nur den ersten Teil.
Und wer mag, kann das Ganze als ein »feministischen Western« verstehen. Die Heldinnen des Comics sind nämlich – nach einiger Zeit – genau fünf Frauen, die aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen stammen, sich aber zusammentun müssen.
Für die Texte ist Olivier Bocquet zuständig, der bisher vor allem durch amüsante Comics aufgefallen ist. Auch sein Western enthält viel Humor, allerdings manchmal von der groben Sorte. Da geht’s zur Sache, es werden Menschen getötet, und es fließt Blut – für Kinder ist der Comic nicht unbedingt geeignet.
Die Illustration durch Anlor, die mir bisher nicht bekannt war, ist dem Thema angemessen. Sie hält die Waage zwischen amüsant und ernsthaft, ihre Figuren wirken manchmal wie Karikaturen, dafür sind die Hintergründe – etwa eine Stadt oder die Wildnis – sehr realitätsnah gezeichnet.
Dadurch entsteht eine gelungene Mixtur, die auf weitere Bände von »Ladies With Guns« neugierig macht. Ich bin sehr gespannt, wie sich die fünf Frauen weiterhin durch Amerika schlagen werden …
(Diese Rezension wurde bereits im Oktober auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie veröffentlicht. Hier wiederhole ich sie vor allem aus dokumentarischen Gründen.)
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