Ich wohne seit vielen Jahren in Karlsruhe und bin noch kein einziges Mal mit der neuen U-Bahn gefahren – die ja eh nur ein Miniprojekt ist. Es gab bisher schlicht keinen Grund dafür: Innerhalb der Stadt bin ich mit dem Rad und zu Fuß unterwegs. Und wenn ich mit der Straßenbahn zum Bahnhof fahre, nehme ich eine oberirdische Linie.
Doch gestern spazierte ich einmal durch einige Haltestellen. Es war spät am Abend, die unterirdischen Haltestellen waren leer – also konnte ich mir die Kunstwerke angucken, die sie seit einiger Zeit schmücken. Gemeint ist das Kunstprojekt »Genesis« des Malers Markus Lüpertz, das rund eine Million Euro kostete.
Der gute Mann wohnt in meiner Nachbarschaft. Vom Balkon aus kann ich zu seinem Haus sehen, aber in all den Jahre habe ich ihn nur einmal auf der Straße wahrgenommen. Als weltberühmter Künstler muss man sich ja auch nicht unbedingt unters Volk mischen.
Das Kunstwerk besteht aus mehreren Teilen, die man nun in der U-Bahn bewundern kann; insgesamt sechs Jahre lang sollen die Keramik-Reliefs nun hängen. Sie zeigen – so heißt es in allen Informationen – die Schöpfungsgeschichte, sind also ganz schön biblisch angehaucht.
Ich gestehe, dass ich den religiösen Gehalt der Reliefs nicht unbedingt verstanden habe. Die Bilder sehen durchaus eindrucksvoll aus; sie haben eine dreidimensionale Wirkung, weil sie quasi in die U-Bahnhaltestellen hineinragen. Man kann sie ich aus verschiedenen Perspektiven ansehen und bekommt immer wieder einen anderen Eindruck; sie sind ein wenig surreal angehaucht und machen nicht gleich klar, um was es eigentlich geht.
Ob diese Bilder wirklich zu einem »Imagegewinn für Karlsruhe« führen, bezweifle ich. Als ich in den U-Bahnhöfen unterwegs war, gab es außer mir und meiner Begleitung niemanden, der die Bilder auch nur ansatzweise betrachtete. Vielleicht ist das zu anderen Zeiten anders, vielleicht sind die Leute tagsüber interessierter.
Aber gut: So hat ein Maler seine Legende erweitert, und die Stadt Karlsruhe kann sich eines Kunstwerks rühmen. Ich bin gespannt, wann die ersten KSC-Aufkleber auf den Köpfen der Reliefs kleben …
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