Was für eine Heldin! Caroline Baldwin ist eine Detektivin, wie man sie nur selten sieht: Sie trinkt gern mal in einer Bar, sie leistet sich wechselnde Partner, und sie ist in der Lage, selbst mit modischem Schuhwerk einem Verdächtigen durch eine Straße nachzurennen. In Szene gesetzt wird sie von dem belgischen Comic-Künstler André Taymans, und seit einiger Zeit werden die Geschichten über sie in einer schönen Gesamtausgabe präsentiert. Ich habe den ersten Band davon endlich gelesen.
André Taymans erzählt und zeichnet die Serie, und beides gelingt ihm gut. Er schreibt spannend und hat einen originellen Zeichenstil. Dazu gleich mehr – erst einmal einen Blick auf den Inhalt der Serie, die seit der Mitte der 90er-Jahre mit Erfolg in mehreren Ländern veröffentlicht wird.
In der ersten Geschichte geht es um einen Astronauten, der offensichtlich von der Mondsucht geplagt wird. Caroline Baldwin soll ihn aufstöbern, dabei werden auch die Tricks einer Hightech-Firma angedeutet. Die Ermittlerin fragt herum, sie reist nach Europa, es kommt zu Begegnungen in Venedig und zu einem Showdown auf einer Straße über irgendwelchen Klippen.
Die Ermittlerin trinkt Cocktails in Bars, sie tritt einem Mann in die Weichteile, sie ist verbissen und zäh – unterm Strich hat die Geschichte neben all der Action stets eine melancholische Seite, die sich in den traurigen Gesichtszügen des alten Astronauten zeigen.
Melancholisch wird es in dieser Serie immer wieder. Caroline Baldwin ist eine Figur, wie man sie normalerweise eher von männlichen Krimi-Helden her kennt. Sie ist eigentlich einsam, sie sehnt sich irgendwie nach festen Beziehungen, sie scheitert auch am Leben – aber sie ist natürlich in der Lage, stets die Fälle zu lösen, die sie übernommen hat.
Der erste Band der Gesamtausgabe bietet insgesamt vier Abenteuer der Detektivin. Die Geschichten spielen in den USA und in Europa oder gar auf Kuba. Es gibt Kämpfe und Action, Szenen aus der Stadt und aus der Natur; die Handlung läuft rasant ab und ist mit einer gut gemachten Krimi-Serie im Fernsehen zu vergleichen.
Taymans weiß zu erzählen. Seine Geschichten sind nicht gerade intellektuell, aber stets abwechslungsreich und spannend. Sie funktionieren als Krimis, vor allem natürlich, weil sie eine interessante Hauptfigur aufweisen.
Sie haben mich vor allem zeichnerisch überzeugt. Taymans hat einen Stil, der klassisch wirkt, fast ein wenig altmodisch also. Er kennt die frankobelgischen Comics früherer Jahrzehnte offensichtlich sehr gut und übernimmt von ihnen manche stilistischen Eigenheiten, bleibt dabei aber stets eigenständig.
Wer Krimis mag und auch mal einen ernsthaften Comic lesen möchte, der mit klassischen Krimi-Elementen arbeitet, dem kann ich »Caroline Baldwin« auf jeden Fall empfehlen. Auf der Internet-Seite des Verlages steht eine Leseprobe für den ersten Eindruck zur Verfügung.
Erschienen ist der erste Band der »Caroline Baldwin«-Gesamtausgabe im Verlag Schreiber & Leser. Das vierfarbig gedruckte Buch ist 240 Seiten stark und kostet 39,80 Euro.
(Die Rezension wurde bereits vor Wochen auf der Internet-Seite der PERRY RHODAN-Serie veröffentlicht. Hier wiederhole ich sie aus Gründen der Dokumentation.)
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