13 Januar 2023

Statt Häusern nur Dreck

Ich war wieder einmal auf der Straße nach Freudenstadt unterwegs. Weil ich gut vorankam und sich das Wetter als schön erwies, bog ich einige Kilometer vor der Stadt rechts ab. Eine schmale Straße führte an dieser Stelle hinunter ins Tal.

Am Hang ließ ich mein Auto stehen und ging den Rest zu Fuß. Es war Jahrzehnte her, seit ich zum letzten Mal an dieser Stelle unterwegs gewesen war. Einige schon alte Häuser standen entlang der Straße, rechts erstreckte sich eine große Fabrikhalle. Ich erinnerte mich gut an die »Schwarzwaldstube«, die in den 80er- und frühen 90er-Jahren so etwas wie eine Szene-Kneipe gewesen war, und an das viele Bier, das wir dort getrunken hatten.

Alles vorbei – und zwar tatsächlich. Das Haus war weg, alle Häuser waren verschwunden. Links von der Fabrik stand nichts mehr. Rechts und links des Baches erstreckte sich eine schmutzigbraune Fläche, einem gerodeten Acker nicht unähnlich. Seltsame Spuren zogen sich wie Rinnen durch das Braun.

Langsam trat ich näher. Ich sah, dass ein Zaun auf der einen Seite die Trennlinie zu einigen Gärten bildete. Dort arbeitete ein Mann. Vielleicht sollte ich ihn fragen, was passiert war?

Von hinten ertönte ein lautes Geräusch, jemand rief »Vorsicht!«, und ich drehte mich um. Ein junger Mann in bunten Sportklamotten raste mit einem Mountainbike auf mich zu, offensichtlich kam er von einem Waldweg herunter, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich sprang zur Seite, der junge Mann flitzte an mir vorüber.

Als er die Fläche erreichte, wo zuvor die Häuser gestanden hatte, wurde er stark ausgebremst. Fast wäre er mit seinem Rad gestürzt, aber er schlidderte in einem weiten Bogen durch den Dreck und erreichte den Rand der Fläche. Da erkannte ich, woher die seltsamen Linien auf der braunen Fläche kamen. Der Radler hob grinsend die Hand und fuhr davon.

Ich blieb stehen, immer noch ratlos. Wo waren die Gebäude geblieben, wo steckte das Haus, mit dem ich so viele Erinnerungen verband? Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Am liebsten hätte ich wegen der alten Geschichten geweint.

Mit einem Gefühl von tiefer Traurigkeit erwachte ich.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Leider ist es auch in diesem Blog nötig geworden, Kommentare vorher zu »filtern« und sie erst danach freizuschalten. Ich bedauere das sehr, möchte diese »Sicherungsfunktion« aber beibehalten. Dieser Blog soll keinen Menschen für Beleidigungen und anderes zur Verfügung stehen, die im Zweifelsfall tagelang online sein könnten.

Bitte habt dafür Verständnis - und nötigenfalls auch mal 24 Stunden oder länger Geduld.