Es war zwischen sieben und halb acht Uhr, als ich am Montag, 7. Februar 2022, in der Innenstadt von Karlsruhe unterwegs war. Weil ich ein Trommeln und Pfeifen von der Kaiserstraße her hörte, blieb ich neugierig stehen und lauschte. Und weil ich wissen wollte, um was es sich genau handelte, fuhr ich rund fünfzig Meter und wollte am Friedrichsplatz zur Kaiserstraße vorstoßen.
Polizisten auf Motorrädern riegelten die Straße ab, Leute kamen auf mich zu, in einer eher gemütlichen Gangart. Ich schob mein Fahrrad an die Seite, stellte mich direkt vor den Eingang einer Bank und wartete ab. Dann hörte ich das Trommeln und die Sprechchöre.
»Auf die Straße – für die Freiheit!«, riefen die Leute laut. Andere gaben die schon bekannte Parole von sich: »Frieden – Freiheit – Selbstbestimmung!« Dann kamen die Demonstranten an mir vorbei, und ich sah mir den gesamten Zug an.
Jahrelang war ich bei Demonstration auf der Seite gestanden, die von der Polizei als Gegner betrachtet wurde. Diesmal hielt ich mich hinter einer extrem lockeren Kette aus Beamten aus; niemand von den Demonstranten schien mich auch nur zu beachten.
Einige hundert Leute zogen an mir vorüber, ich war angesichts der hohen Zahl sehr überrascht. Sie trugen Schilder wie »Schimpfen statt Impfen« – die wohl witzig gemeinte Umwidmung der Aussage »Impfen statt Schimpfen« – oder auch »Wir sind die rote Linie«.
Wenige Trommler waren unterwegs, die meisten Leute wirkten locker, als ob sie wirklich auf einem Spaziergang wären. Gut die Hälfte trug Maske, die andere Hälfte nicht; die Abstände waren allerdings so, dass die Polizei kaum Grund zum Eingreifen gefunden hätte. (Inwiefern das Brüllen von Parolen jetzt gesetzlich in Zeiten der Pandemie geregelt ist, wenn Schulkinder nicht singen dürfen, weiß ich allerdings nicht.)
Die Leute sahen zumeist normal aus, kleinbürgerlicher Durchschnitt. Einige Gruppen junger Männer hätte ich eher ins »sportliche Spektrum« eingeordnet, einige Langhaarige – eher vom Typ »Ökos« – waren dazwischen, und bei einigen Leuten hatte ich das Gefühl, sie seien ganz schön verstrahlt.
Nachdem der ganze Zug an mir vorbei war, kapierte ich erst, dass ich direkt am Rand der Schlusskundgebung stand. Ich stieg auf mein Rad und fuhr heim; irgendwelche Reden wollte ich mir dann doch nicht antun.
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