Als ich ein Kind war und in Dietersweiler wohnte, war es stets eine besondere Angelegenheit, nach Freudenstadt zu fahren und durch die Stadt zu spazieren, brav an der Hand meiner Eltern, wie sich das gehörte. Staunend sah ich bei dieser Gelegenheit oft dem »Kurbähnle« nach, wie es durch die Straßen der kleinen Stadt rollte: zwei bis drei Wagen, gezogen von einem VW.
Der Fahrer erläuterte den Passagieren, die in den Wagen saßen, die Sehenswürdigkeiten der Stadt, zeigte ihnen den Marktplatz und das Kurmittelhaus, den Kienberg und den Palmenwald, fuhr ein wenig durch die schmalen Wege des nahen Schwarzwaldes und durch die schmalen Straßen wieder zurück. Es war etwas, das vielen Urlaubern gefiel; vor allem im Sommer war das Kurbähnle gefüllt mit den Kurgästen, die meist »aus dem Ruhrpott« kamen, was sich für uns Kinder so anhörte wie ein finsteres Land mit Kohledampf und Eisenglut.
Das Kurbähnle wurde 1962 eingeführt. (Das Foto, das ich hier zeige, ist aus dem Jahr 1982 und wurde zum zwanzigsten Jubiläum auf eine Postkarte gedruckt.) Für den aufstrebenden Kurort Freudenstadt war das damals eine tolle »Maßnahme«.
Ich selbst durfte nie mit dem Kurbähnle fahren, obwohl ich es als Kind gern wollte. Meinen Eltern waren die zwei Mark – oder wieviel es wirklich kostete – einfach »rausg’schmissenes Geld« und schleppten mich lieber auf endlose Spaziergänge und Wanderungen durch Berg und Tal, Wald und Wiese.
Als ich älter wurde und es mir hätte leisten können, war mir das Kurbähnle zu uncool. Ich wohnte einige Jahre in der Nähe des Freudenstädter Marktplatzes, und mir wäre es peinlich gewesen, in einem solchen Wagen durch die Stadt kutschiert zu werden.
Vielleicht hätte ich es tun sollen. Längst wohne ich nicht mehr in Freudenstadt. Und ob es das Bähnle noch gibt, weiß ich gar nicht …
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