Es ist eine vergleichsweise einfache Geschichte, nicht gerade umfangreich, eher eine Erzählung oder eine Novelle, aber sie hat eine solche Qualität, dass man sie eigentlich jedes Jahr lesen kann: Ich meine »Weihnachten bei den Maigrets«, verfasst von Georges Simenon und seit einiger Zeit in einer schönen Neuauflage im Kampa-Verlag vorliegend.
Die Geschichte beginnt harmlos: Sie erzählt vom Ehepaar Maigret, das kinderlos zusammenlebt, das eigentlich glücklich ist, bei dem aber offensichtlich ein verschwiegener Kinderwunsch in der Luft hängt. Als im Haus gegenüber etwas Seltsames geschieht, in das ein Kind verwickelt ist, erweckt dies nicht nur die kriminalistischen Sinne des erfahrenen Ermittlers. Auch seine Frau interessiert sich mehr für den Fall, als sie das sonst tut.
Angeblich hat sich ein Weihnachtsmann im Zimmer des Kindes zu schaffen gemacht, ein unbekannter Mann, der danach aber verschwunden ist. Maigret wird von einer tratschenden Nachbarin überhaupt erst auf das Thema aufmerksam gemacht und kümmert sich darum, merkt schnell, dass einiges an der Geschichte nicht stimmt, und beginnt zu ermitteln – um dann festzustellen, dass er auf die Spur eines Kriminalfalls in direkter Nachbarschaft kommt.
Der kurze Roman wurde 1950 geschrieben und atmet den Duft dieser Zeit. Der Krieg ist vorüber, die starren Moralvorstellungen bestimmen immer noch das Leben der Menschen. Wer sich dagegen auflehnt, bekommt Probleme, und deshalb versuchen vor allem die Frauen, ihre Fehltritte so gut wie möglich zu tarnen. Gleichzeitig bestehen die kleinbürgerlichen Träume – man möchte halt gern ein Kind haben – fort wie ehedem.
Und so ist »Weihnachten bei den Maigrets« nicht nur eine schöne Weihnachtsgeschichte, sondern auch ein Krimi, in dem es um einen lange zurück liegenden Mord geht, und vor allem eine Geschichte über kleinbürgerliche Träume und Hoffnungen. In seinem Nachwort hebt der israelische Krimi-Schriftsteller Dror Mishani ebenfalls die sozialen Aspekte dieses Romans hervor. (Die Nachworte hat der Kampa-Verlag bei seiner Simenon-Gesamtausgabe eingeführt, und ich finde sie wirklich toll.)
Sehr lohnenswert, nicht nur an Weihnachten!
Auf der Internet-Seite des Kampa-Verlags gibt es einige wenige Informationen zu »Weihnachten bei den Maigrets«; hier:
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