Meine Schwester war am Telefon. »Der Konrad ist gestorben«, erzählte sie. Konrad galt bei uns immer als ein Cousin, als Vetter – dabei war er »nur« angeheiratet. Aber er war mit unserer Cousine schon in den 70er-Jahren zusammengekommen, quasi eine Sandkastenliebe, die irgendwann in einer Ehe gemündet hatte.
Ich war ein wenig schockiert. So alt sei er doch gar nicht gewesen. »Gerade mal siebzig«, bestätigte meine Schwester. »Das ist doch kein Alter.« Er sei nicht an Corona gestorben, so viel wisse sie, mehr aber nicht.
Wir unterhielten uns ein wenig über Konrad, den wir beide gemocht hatten. Er hatte mehr als vierzig Jahre zur Familie gehört, und bei den Familienfeiern, die ich ansonsten gehasst hatte, war ich mit seiner konservativen schwäbischen Art sehr gut klargekommen.
Ich hasste Beerdigungen, aber zu seiner wäre ich sogar in das Dorf im Schwarzwald gefahren, wo er zu Grabe getragen wurde. Wegen der Pandemie war das allerdings nicht möglich.
Es war der zweite Vetter, der während der Pandemie gestorben war; der andere im vergangenen Herbst. In beiden Familienzweigen hatten wir also einen Todesfall, den wir nicht in der gewohnten Weise »zu Ende« bringen konnten. Beide wohnten in Dörfern im Schwarzwald, beide rund zwei Dutzend Kilometer von dem Dorf entfernt.
Familienfeiern mag ich nicht. Aber beides Mal handelte es sich um Verwandte, die ich gemocht hatte und die ich beide zuletzt bei Beerdigungen anderer Verwandter gesehen hatte. Da wäre ich »gern« bei der Trauerfeier erschienen. So schickt meine Schwester eben eine Karte, in die sie Geld packt, und ich gebe ihr später die Hälfte zurück.
Das ist distanzlos und irgendwie ohne echte Anteilnahme. Das macht es doppelt traurig, finde ich.
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