Ich sah Bad Religion zweimal: einmal im Sommer 1989 in eine unfassbar überfüllten Konzertraum in Leonberg (die legendäre »Beat Baracke«) und einmal im Sommer 1990 in der Tonhalle in Villingen-Schwenningen. Beides Mal überzeugte mich die Band mit ihrem schwungvollen Hardcore-Punk und ihren guten Texten; das war großartig!
Danach spielte die Band nur noch in großen Hallen oder auf Festivals, und ich sah sie nicht mehr. Aus den Augen verlor ich sie nie, dazu war die Band im Punkrock-Kontext zu wichtig. Für mich war sie aber auf den Status »alter Herren« abgerutscht und nicht mehr so wichtig. Aber als 2020 das Buch »Die Bad Religion Story« erschien, interessierte es mich doch, was man über die vierzig Jahre, die es die Band schon gibt, alles erzählen kann.
Jim Ruland ist ein Journalist, der auch für Punkrock-Hefte schreibt und die Band sehr genau unter die Lupe nimmt. Er zeigt, aus welchen familiären Verhältnissen die Bandmitglieder kommen, welche Herkunft sie hatten und auf welcher Grundlage sie um 1980 anfingen, Punkrock zu spielen. Dabei kann er sich auf Interviews und Begegnungen mit den Bandmitglieder berufen; er kennt sich sichtlich aus und scheint auch sehr viel über das Umfeld der Band zu wissen.
Das führt dazu, dass vor allem die Anfänge der Band spannend sind: die ersten zwei Jahre. Er verschweigt nicht die peinliche zweite Platte der Band, aber er zeigt, wie sie mit »Suffer« in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre ein Meisterwerk veröffentlichte und danach auf einer Woge des Erfolgs durch die Punkrock- und Hardcore-Szene surfte.
Irgendwann kam bei der Band eine gewisse Normalität ins Spiel: Man ging auf Tour, dann machte man eine neue Platte, dann verließ jemand die Band, jemand neues kam. So verstreichen eben doch unglaubliche vierzig Jahre, die in der zweiten Hälfte dieser langen Zeit tatsächlich nicht mehr so spannend sind.
Schwierig finde ich bei dem Buch, dass Ruland so viel voraussetzt. Wer etwa noch nie von den Circle Jerks gehört hat, kann kaum einschätzen, warum die Band damals so wichtig war. Manchmal scheinen die einzelnen Kapitel aus einem Musikmagazin zu stammen – das ist für jemanden, der sich nicht so gut auskennt, dann sicher nicht so einfach zu beurteilen.
Unterhaltsam ist das Buch allemal. Aber klar: Es ist ein Buch für Fans.
Wer Bad Religion nicht kennt, wird so ein Buch eh nicht kaufen. Mir brachte es ein Wiedersehen mit meiner eigenen Vergangenheit – und während ich das Buch las, hörte ich mir viele der Platten noch einmal an, um am Ende zu beschließen, mir weitere Platten der Band zu kaufen. Sie war ja auch in ihrer späten Phase besser, als ich in meinem Irrglauben annahm.
Ernsthaft: Wer die Band mag, für den ist das Buch sicher spannend. Das Paperback ist 352 Seiten stark, es lässt sich gut lesen. Es gibt einige Fotos, die das Ganze auflockern. Mit 25 Tacken ist das Buch für ein Paperback allerdings nicht gerade preiswert – ob sich das lohnt, muss dann jede Person einfach selbst entscheiden. Fans müssen es wohl haben …
Einige wenige Informationen zu dem Buch gibt es auf der Internet-Seite des Hannibal-Verlages, wo es erschienen ist:
AntwortenLöschenhttp://www.hannibal-verlag.de/cgi-bin/WebObjects/TXTSVHannibal2.woa/640/wo/ik2YSW1TC9Yd2vhuuY925Ofh9FO/2.0.SuperPage.11.1.5.1.1.11.1.0.1.0.BoxArticleSmall.1.1.0
Lieber Klaus,
AntwortenLöschentatsächlich lese ich das Buch gerade auch mit einem ähnlichen Bezug zu der Band wie du: die alten Platten gerne gehört, dann Mitte der 90er irgendwann ausgestiegen. Tatsächlich ist das jüngste Album allerdings sehr empfehlenswert, da könntest du einen Soundtrack für den kommenden Sommer finden...
Viele Grüße!
Danke für den Hinweis. Ich habe mir vorgenommen, einige der Platten bei Flight 13 nachzukaufen. Man kann sie sich ja fast alle via YouTube anhören; aber ich will sie dann halt auch haben ...
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