Mitte der 90er-Jahre hörte ich erstmals von einer neuen amerikanischen Band namens Avail, sie wurde mir von Leuten empfohlen, deren Szene-Kenntnisse ich sehr schätzte. Und so fuhr ich an einem denkwürdigen Abend nach Baden-Baden, wo die Band in dem kleinen Jugendhaus unweit des bonzigen Spielcasinos aufspielte.
Es war ein unfassbares Konzert: eine völlig entfesselte Band auf der Bühne, ein vielleicht hundert Köpfe starkes Publikum, das begeistert tanzte und lachte und sprang, und eine Bande junger Frauen, die ununterbrochen Stagediving betrieben. Als »die Nacht der fliegenden Mädels« bezeichnete ich das Konzert noch lange Zeit danach.
Ich sah die Band später noch einmal in Filderstadt, wo sie vor einem größeren Publikum im »Z« ebenfalls ein großartiges Konzert spielte. Und dann verschwand sie in den großen Hallen, wo sie mich nicht mehr interessierte. Ich kaufte mir aber die Platten weiter …
Höre ich mir mit dem Abstand von mehr als einem Vierteljahrhundert die Platte »dixie« an, die 1994 veröffentlicht wurde, kann diese natürlich nicht den Eindruck eines berauschenden Live-Konzerts ersetzen. Aber sie vermittelt die Spielfreude der Band, die in den 90er-Jahren hochmelodischen Punkrock spielte, der auf modische Sperenzien weitestgehend verzichtete, sondern es durchaus auch mal »rocken« ließ.
Die Stücke auf der »dixie« sind immer noch dynamisch, sie sind abwechslungsreich, wechseln mal das Tempo, überraschen mit gelegentlichem Gebrüll, sind weit entfernt vom damals modischen MelodyCore und lassen mich auch heute noch zappeln. Dabei sind sie oft kratzig, nicht ganz so eingängig wie die späteren Platten.
Keine Ahnung, ab wann eine Band und ihre Platten zu Klassikern werden. Fragt man mich, welche amerikanische Band in den 90er-Jahren auch heute noch jederzeit anhörbar ist, werde ich wohl Avail nennen. (Ich hab noch ein T-Shirt der Band, das ich immer mal wieder trage.) So viel Energie, so viel Melodie!
Die gesamte Platte »dixie« von Avail wurde bei YouTube eingestellt. Ob das nun so legal ist oder nicht, weiß ich nicht – aber hier kann man sich das Ding auf jeden Fall anhören:
AntwortenLöschenhttps://www.youtube.com/watch?v=uMPYatJGH7w