Ich weiß nicht, wie viele Comic-Umsetzungen von »James Bond« es im Verlauf der Jahre gab. Die Romane und Verfilmungen existieren schon lange und erfolgreich; also lag es nahe, den Mythos des britischen Geheimagenten auch auf Comics zu übertragen. Aber seien wir ehrlich: Frühere »James Bond«-Comics waren eher schlicht, zumindest diejenigen, an die ich mich unscharf erinnere – es ist zudem Jahrzehnte her, seit der letzte dieser Art erschienen ist.
Die neue »James Bond«-Version, die in einer deutschsprachigen Ausgabe beim Splitter-Verlag veröffentlicht wird, ist alles andere als schlicht: Sie ist knallig, sie ist durchaus rabiat, sie ist spannend erzählt und auch sehr realitätsnah gezeichnet. Science-Fiction-Elemente gibt es keine, der Comic bleibt auf der klassischen Krimi- und Thriller-Ebene.
Das ist definitiv ein Comic für Erwachsene, ebenso sicher auch ein Comic, den Leute gut finden dürften, die sonst nicht so gern zu »Bildergeschichten« greifen. Mir hat der erste Band richtig gut gefallen; mittlerweile gibt es weitere.
Band eins trägt den Titel »Vargr« und fasst die ersten sechs Ausgaben zusammen, die in der USA als Hefte erschienen sind. Mit Warren Ellis hat diese neue Comic-Version einen Autor, der sein Geschäft versteht; seit vielen Jahren schreibt er erfolgreiche Comics.
Die Geschichte selbst setzt Bond sehr gut in Szene. Sein »Nachbar-Agent«, die Nummer 008, ist gestorben. Bond soll sich jetzt um den angefangenen Fall kümmern, und deshalb reist er nach Berlin. Dort merkt er schnell, dass es nicht nur um eine neue Droge geht, sondern auch um gesellschaftliche Verwicklungen und die Macht eines großen Konzerns.
Erzählerisch ist das alles ziemlich knallig und oft auch blutig. Die Action ist heftig, Bond agiert wie ein fieser Killer und nicht unbedingt wie ein ruhiger Gentleman. Die anderen Figuren sind als Gegenspieler gut inszeniert oder spielen ihre Rolle als Mitstreiter so glaubhaft, wie das bei einem solchen Ensemble geht.
Die Optik stammt von Jason Masters, einem Zeichner, der mir vorher nicht bekannt war, der aber sein Handwerk versteht. Unter anderem gestaltete er in den vergangenen Jahren immer mal wieder »Batman«-Geschichten. (Empfehlen möchte ich an dieser Stelle unbedingt die Leseprobe auf der Internet-Seite des Splitter-Verlages!)
Seine Grafik ist fast unauffällig und eher zurückhaltend: klare Linien, effektvolle Farben von Guy Major, oftmals krasse Gegensätze von hell und dunkel, manchmal hyperrealistische Gewaltdarstellungen. Damit passt sie zu der Rache- und Verfolgungsgeschichte, die in »Vargr« letztlich erzählt wird. Man kann die Illustrationen in diesem Comic auch als funktional bezeichnen; sie ordnen sich der Story eigentlich immer nur unter, und das machen sie gut.
Seien wir fair: Für Feingeister ist »Vargr« nichts. Wer aber wissen will, wie der schon klassische James Bond in einem anderen Umfeld funktioniert, ist hier bestens beraten. Wer einen actiongeladenen Comic mag, sollte sich auf jeden Fall die Leseprobe anschauen. Und wer wissen möchte, wie man klassische Figuren – ob das nun Perry Rhodan oder James Bond ist – in einem anderen Umfeld dargestellt werden können, hat hier eine mehrfache Freude.
Wer die Leseprobe von »Vargr« sehen möchte, die wirklich sehenswert ist, gehe direkt auf die Internet-Seite des Splitter-Verlages. Hier:
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