Bei manchen Büchern bin ich mir nicht so sicher, wie man sie einordnen soll. »Lass uns mit den Toten tanzen« betrachte ich als ein sehr gutes Beispiel dafür: Es ist ein Roman, klar, denn der Stil ist nicht der eines Sachbuches; es gibt Dialoge und Beschreibungen, es gibt Sex und Drogen und Alkohol. Doch der Roman orientiert sich derart eng an Fakten und Tatsachen, dass es beispielsweise schwerfällt, die Autorin gedanklich von der Hauptperson zu trennen.
Aber das ist eigentlich egal: Bei dem Roman handelt es sich um ein ausgesprochen lesenswertes Buch, das eindrucksvoll von den Seerettungsmissionen im Mittelmeer erzählt. Wer eine Vorstellung davon haben möchte, was sich dabei abspielt, sollte diesen Roman lesen.
Und wer ist Pia Klemp? Bei ihr handelt es sich um eine Kapitänin, die mit einem Schiff auf dem Mittelmeer unterwegs ist, um Menschen zu retten, die mit irgendwelchen Ruderbooten versuchen, nach Europa zu kommen. Manchmal schafft sie es mit ihrer Mannschaft rechtzeitig und kann Menschen aus dem Wasser fischen, manchmal treffen sie nur Reste eines Bootes und Leichen an. Und immer wieder gibt es Ärger mit ignoranten Beamten und arrogantem Militär.
Die Autorin erzählt aus einer krass-subjektiven Perspektive heraus; das ist extrem lebensnah. An Bord des Schiffes oder im Hafen wird auch mal gefeiert, es wird Alkohol getrunken, es wummert Punkrock übers Deck, und das Thema Sex spielt ebenfalls eine Rolle. Klemp hält mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg; sie ist Anarchistin, Veganerin und Tierrechtlerin, was bei Beziehungen dann eben mal zu Konflikten führen kann. Ihre politischen Vorstellungen vertritt sie knallig, und das wird im Roman immer wieder thematisiert.
Wer an dieser Stelle einen feinfühligen Roman erwartet, in dem zartbesaitete Menschenfreunde gemeinsam versuchen, die Welt zu verbessern, ist völlig falsch. »Lass uns mit den Toten tanzen« ist ein Stück praller Literatur, das eine konsequente Weltsicht mit viel Lebensfreude vermittelt. Die Autorin lässt ihre Leserinnen teilnehmen an ihren Missionen und an ihren Versuchen, ihr eigenes Leben zu leben.
Wer dem nicht folgen möchte, muss das auch nicht – aber er (oder sie) erhält einen spannenden Blick auf Menschen, die versuchen, Haupt- und Nebenwidersprüche irgendwie im eigenen Kopf und darüber hinaus so zu sortieren, dass sie den eigenen Blick in den Spiegel noch ertragen. Erschienen ist das Buch im Maro-Verlag; es ist ein schöner Hardcover-Band (ohne Schutzumschlag), den ich jederzeit empfehlen kann.
Echte Realität in Form von Literatur gewissermaßen!
Wer mehr über das Buch »Lass uns mit den Toten tanzen« wissen möchte, kann sich auf der Internet-Seite des MaroVerlages informieren; dort gibt es auch eine Leseprobe. Hier:
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